Die
Geschichte, die ich euch heute erzählen möchte, beruht auf einer
wahren Begebenheit.
Aus
Gründen des Datenschutzes werde ich keine Namen nennen.
Die
betreffenden Zeilen aus der Weihnachtsansprache werden ich nicht
wörtlich zitieren, sondern nur sinngemäß weiter geben.
Ich
erzähle euch diese Geschichte, um zu zeigen, dass Weihnachten immer
noch Wunder bewirken kann.
Es
wurde mir erlaubt diese Geschichte zu schreiben.
Die
Weihnachtsansprache
Der
alte Mann sitzt in seinem braunen Ledersessel
mit
hoher Lehne.
Auf
einem Tischchen vor ihm steht ein Glas Rotwein, und in einem
Aschenbecher glimmt eine dicke Zigarre vor sich hin.
Der
alte Mann aber ist tief in Gedanken versunken und wie es aussieht
sind es keine guten Gedanken, nach dem grimmigen Ausdruck seines
Gesichtes zu schließen.
Sieht
man sich um in dem großen Zimmer, das wohlhabende Gemütlichkeit
ausstrahlt, kann man sich nicht vorstellen, dass jemand hier nicht
glücklich und zufrieden ist.
Doch
einen glücklichen Eindruck macht der Mann auf dem Lehnstuhl nicht.
Die
Augen hinter den Gläsern der Brille blicken finster und mürrisch
und bittere Linien haben sich in seine Mundwinkel eingegraben.
Man
kann sich nicht vorstellen, dass dieser Mann jemals gelacht hat.
Auch
seine Körperhaltung drückt arrogante Überheblichkeit aus.
Es
klopft leise an der Tür und eine ältere Frau fragt schüchtern.
„Ich
gehe jetzt, brauchen sie noch etwas?“
„Nein
gehen sie nur. Ich werde nur noch die Weihnachtsansprache unseres
Bundespräsidenten anschauen, dann gehe ich ins Bett.
„Gute
Nacht,“ die Frau schließt die Tür.
Der
Mann hat inzwischen das Fernsehgerät eingeschaltet, den Ton aber auf
leise gestellt.
Heute
hielt ihn eine eigenartige Stimmung umfangen
und
seine Gedanken wandern in die Vergangenheit.
Seine
Frau war ein verschüchtertes kleines Ding, das ihm niemals
widersprach aber loyal zu ihm hielt, selbst als er seinen jüngsten
Sohn aus dem Haus wies.
Ob
sie glücklich an seiner Seite war, darüber hatte er sich nie
Gedanken gemacht.
Er
hielt nicht viel von Gefühlen, damit konnte man keine Firma
aufbauen.
Warum
fühlte er sich heute nur so seltsam.
Unsinn!
Schnell verwarf er diesen Gedanken.
Zwei
Söhne hatte seine Frau ihm geschenkt.
Wie
stolz war er, als er seinen Erstgeborenen zum ersten Mal auf dem Arm
hielt.
Pläne
hatte er für ihn, zu seinem Erben und Nachfolger wollte er ihn
aufbauen.
Als
sein zweiter Sohn geboren wurde, hielt sich seine Freude in Grenzen,
denn er wusste einfach nicht was er mit ihm anfangen sollte.
Hatte
er doch schon einen Sohn als Nachfolger, der ihn auch nicht
enttäuschte und heute die Firma führte und auch die richtige Frau
aus ihren Kreisen geheiratet hatte, auch wenn sie inzwischen
geschieden sind.
Im
Gegensatz zu seinem jüngsten Sohn, der blutjung noch, eines Tages
ein Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen mitbrachte, dass so gar
nicht in ihre Familie passte.
Er
verbot ihm den Umgang, doch sein Sohn hielt zu ihr und die beiden
sind noch heute zusammen.
Und
als er sein Studium beendet hatte, heiratet er das Mädchen und sie
bekamen einen Sohn.
Doch
das Verhältnis blieb angespannt.
Und
als seine Frau vor zehn Jahren starb, sein Enkel war damals 11 Jahre
alt, wurde das Band endgültig zerschnitten.
Sein
Sohn zog mit seiner Familie viele Kilometer weit weg und seitdem
hatten sie keinen Kontakt mehr.
Das
sympathische,freundliche Gesicht des Bundespräsidenten taucht auf
dem Bildschirm auf.
Der
alte Mann stellt den Ton lauter, lehnt sich zurück und lauscht den
Worten.
Lange
nachdem die Ansprache zu Ende war und er den Fernsehapparat
abgeschaltet hatte, saß der alte Mann immer noch in seinem Sessel
und sinnierte vor sich hin.
Die
Worte des Bundespräsidenten hatten etwas in seinem Inneren zum
klingen gebracht.
Er
dachte an seinen jüngsten Sohn, den er seit zehn Jahren ignoriert
hatte, nicht mal, als dieser schwer krank war und sein Leben am
seidenen Faden hing, konnte er sich überwinden, seine
Schwiegertochter anzurufen.
Wie
gut, dass sein Ältester sich mit der Familie seines Bruders in
Verbindung setzte und wie froh war er innerlich, als er ihm
mitteilte, dass es seinem Bruder wieder besser ging.
Mühsam
stemmte er sich aus dem Sessel und langsam verließ er das Zimmer.
Unruhige
Träume quälten ihn und als er morgens erwachte führte ihn sein
erster Weg in sein Arbeitszimmer.
Er
hob den Hörer vom Telefon, tippte die Nummer seines jüngsten Sohnes
ein und als er seine Stimme hörte, fing sein Gesicht zu strahlen an.
Es
war nicht einfach für mich, diese Geschichte zu schreiben, da ich
den alten Mann nicht persönlich kenne und auch sehr spärliche
Informationen über ihn habe.
Doch
mein Weihnachtswunsch für diesen Mann, der die achtzig bereits
überschritten hat, ist :
Dass
ihm noch soviel Zeit bleibt, um einige seiner Fehler wieder gut zu
machen, damit er als guter Mensch und besonders als guter Vater in
der Erinnerung seiner Familie erhalten bleibt.
©
Lore Platz