Dienstag, 2. Januar 2024

Zwischen den Zeiten

Ich hoffe ihr seid alle gut in das neue Jahr gekommen, ich wollte hinein schlafen, doch Böller ließen es nicht zu. Ich bin nicht dagegen um Mitternacht  das neue Jahr zu begrüßen, aber warum dann einige um drei UHR nochmals anfangen.

  Viel Spaß beim Lesen!
 
Den bayrischen Dialekt habe ich verfeinert, damit ihr ihn auch versteht. (zwinkern)
Viel Spaß beim Lesen!








Zwischen den Zeiten



Draußen tobt der Sturm und wütend treibt er die Schneeflocken vor sich her.
Die frostigen Gesellen treiben es heute besonders arg und die alte Frau mit der Kraxen auf dem Rücken kommt nur mühsam voran. Das Tuch tief in die Stirn gezogen kämpft sie sich durch die wild wirbelnden Flocken, die ihr die Sicht nehmen.
Vor sich sieht sie ein Licht aufblinken, das muss der Sternerhof sein.
Aufatmend überquert sie den Hof und drückt die Tür auf und betritt die warme Bauernstube.
Sie schüttelt sich den Schnee ab und blickt sich um.
Guten Abend zusammen.“
Ein junges Mädchen kommt ihr entgegen und hilft ihr die Kraxe vom Rücken zu heben.
Dank dir Veverl, das ist ein vielleicht ein Wetter.“
Komm setz dich an den Ofen, ich bring dir einen Tee.“
Während das Mädchen in die Küche eilt, schlurft die Alte zum Kachelofen und lässt sich schwer atmend neben der Magd nieder.
Sie reibt sich die Hände und blickt auf das Strickzeug in der Hand der jungen Frau neben sich.
Was wird denn des Annamierl.“
A Schal für mei Mam, der Bauer hoat mir über Weihnachten frei gem. Und waos treibt di bei dem Wetter no aussi?“
Am Schneider seine Kinder ham Fiaber, hoab a paar Kräuter vorbei bracht und am Rückweg bin i vom Wetter überrascht worn.“
So Gretl, da hast du einen warmen Tee, hab dir a bisserl Honig rein dan.“
Dank der Veverl.“
Sie deutet mit dem Kinn auf den alten Mann, der in einer Ecke des Sofas saß, den Mund etwas geöffnet und leise schnarchte.
Der Sepp is aber ganz schee müad.“
Ja, der Arme,“ sagt Veverl mitleidig., „er hat wieder es Reißen, bei dem Wetter is es ganz bsonders schlimm. Vielleicht hast ja a paar Kräuter dabei, die ihm helfen können.“
Wo ist denn der Bauer?“
Annamierl lacht, „der ist mit dem Brandner Konrad und dem Roserl in der guten Stube.“
Sie zwinkert der alten Frau zu.
Die Tür wird aufgestoßen und ein junger Bursche kommt herein und bringt einen Schwall kalter Luft mit. Er zieht sich die Mütze vom Kopf.
Das Vieh ist versorgt.“
Gretl bemerkt wie Veverls Augen aufleuchten und eine leicht Röte ihr ins Gesicht steigt.
Ich bring dir ein heißen Tee, „ ruft sie und eilt hinaus.
Gretl schmunzelt und beugt sich zum Annnamierl.“
Wer ist das?“
Der neie Knecht, Anderl, stammt ausm bergischen.“
ich glaub das Veverl sieht ihn recht gern.“
Ja und er sie auch.Aber sie ham hoat beide nix.“ seufzt Annamierl traurig.
Moanst net, dass der Bauer ihr a Heiratsgut gibt, ist doch seine Nichte.“
Die Magd zuckt die Schulter.
Der aolde Bauer hat ja sei Tochter damals rausgschmissen, als den armen Lehrer gheirat hoat. Wenn er no leben dat, hät die Veverl hier nach dem Tod der Eltern koa Heimat gfunden.“
Die Tür wird aufgerissen und knallt gegen die Wand.
Die Tochter des Hauses stürmt ins Zimmer, mit wütend funkelnden Augen, die Hände zu Fäusten geballt.
Veverl, Veverl!“
Das kommt kommt erschrocken aus der Küche.
Bring mir an Schnaps.“
Ich werd dir lieber an Tee bringen.“
Roserl lässt sich auf den Stuhl fallen und knirscht mit den Zähnen.
Was hat die denn so aufgregt.“ Veverl schiebt ihr die Tasse hin.
Ausgelacht haoat a mi, der Hallodrie, richtig ausgelacht,“ schnaubt das Mädchen.
Wissen wollt er ob ich kochen kann, na hoabe gesagt, dafür hama schließlich die Mägde, dann wollt er wissen, ob i die Melkmaschine bedienen kann und bevor er auch no fragen könnt, ob i den Stall asumisten koa, hoabn angschnauzt; ich denk du suchst a Frau und koa Magd.Da hoat er schallend zum lacha aogfangt, der der ausgschamte Flegel.
Am liabsten hätte erm Pest an Hoas gwüntscht.“
Vorsicht mit dem Wünschen, bald kommen die Rauhnächte,“ warnt Gretl.
Roserl knallt die Tasse auf den Teller, springt auf und poltert die Treppe hinauf. Erst als die Tür zu ihrem Zimmer zuschlägt, prusten sie los.
Annamierl wischt sich die Tränen aus den Augen.
Da hoat oane ihrn Meister gfunden.“
Veverl wischt den verschüttetenTee auf und trägt die Tasse in die Küche. 





Als sie zurück kommt blickt sie fragend die Gretl an.
Was sind den die Rauhnächte, du weiß ich habe vor kurzem noch in der Stadt gelebt.“
Gretl sieht sie mit gerunzelter Stirn an.
Rauhnächte, das ist eine besondere und bedeutsame Zeit voller Magie und Wunder.“
Sie wirft einen ärgerlichen Blick auf den schlafenden Knecht.
Ich kann net weiterreden, wenn der do so schnarcht.“
Anderl gibt dem neben ihm sitzenden einen leichten Rempler.
Der alte Mann fährt hoch.
was, was ist los?“
Es schnarche sosst aufhern, de Gretl will uns was von de Rauhnächte erzähln und da müss ma mucksmäuschenstill sein.“
Ah, de Rauhnächt, a gefährliche Zeit, da gehen Geister um.“
Veverl, wennst Angst hoast, dann setz de zu mir,“ grinst der junge Knecht und klopft neben sich auf das Sofa.
Als endlich Stille eintritt, selbst die frostigen Gesellen rütteln nicht mehr an Fenster und Türen, als würden sie innehalten, um zu lauschen, fragt Gretl.
Ververl, du weißt aber schon was die Zwischenzeiten sind.“
Ja, die Sonnwende zwischen Winter und Frühling und auch die Dämmerung zwischen Morgen und Abend.“
Richtig und die Rauhnächte ist die längste Zwischenzeit, die zwölf Tage zwischen dem Jahreswechsel.
Die erste Rauhnacht ist die vom 24.12. auf den 25.12 und man behauptet in dieser Nacht können die Tiere sprechen.
Anderl lacht vergnügt. „Ich habs no nie ghört.“
Gretl wirft ihm einen strafenden Blick zu.
Die Nacht vom 31.12. auf den 1.1. hat eine besondere Wirkung auf die Wahrsagerei und daher kommt auch der Brauch vom Bleigießen.
Und die Nacht vom 5.1. auf den 6.1. ist besonders wichtig, um alles überflüssige und belastende aus der Vergangenheit zu vertreiben.
Deshalb wird auch am sechsten Januar die Weihnachtsdekoration und der Christbaum entsorgt.
Auch sollte man man diesem Tag die Fenster weit öffnen, um die bösen Geister hinaus zu lassen und die guten herein bitten.“
Gretl zwinkert dem jungen Mädchen zu.
Aber weißt du in den Rauhnächten werden auch Wünsche erfüllt. Man muss auf zwölf Zetteln jeweils einen Wunsch schreiben und den gefaltet in ein Kästchen legen jeden Tag zieht man einen Zettel und ohne ihn anzusehen, muss man ihn verbrennen.“
Aber wenn man keine zwölf Wünsche hat?“
Dann schreibst du eben einige Wünsche mehrmals auf. Wichtig ist, du musst jeden Tag einen Zettel verbrennen und darfst ihn vorher nicht anschauen. Sonst wirkst nicht.“
Die alte Frau steht auf. „Der Wind hat nachgelassen, denn werde ich mal gehen.“
Sitz de wieder hin, ich richte dir ein Zimmer her, bei dem kalten Wetter sollst doch nimmer raus gehen.“
Veverl eilt hinaus.

Die frostigen Gesellen haben sich zurück gezogen und das volle pausbäckige Gesicht des Mondes leuchtet am Himmel und taucht den Schnee in geisterhaftes Licht.
Im Haus ist es dunkel, alle schlafen.
Leise wird die Tür zu Veverls Zimmer geöffnet und eine Gestalt schlüpft herein, beugt sich über das schlafende Mädchen und rüttelt es an der Schulter.
Die Schlafende fährt erschrocken hoch.
Ich bins Roserl.“
Was willst du denn mitten in der Nacht?“
Ich brauche deine Hilfe, komm rutsch a bisserl, mi frierts an die Füß.“
Veverl rückt zur Seite und macht ihrer Kusine Platz.
Weißt,“ flüstertet diese, „am zweiten Weihnachtsfeiertag kommt der Konrad mit seinen Eltern und ich will dann das Essen kochen. Kannst du es mir bis dahin beibringen.“
Gerne, du wirst es schnell lernen, du warst nur bisher zu faul.“
Da hast wohl recht und in der Schul hat mirs kochen sogar gefallen.“
Siehst, die Grundkenntnisse hast du scho, den Rest bring ich dir bei.“
Aber bitte die andern dürfens net mitkriegn, di Lachen mi bloß aus.“
Des is ko Problem, Annamierl fahrt morgen sowieso zu ihre Eltern und die Mannsbilder, die gehen nur in die Küche, wenns was zum Essen gibt.“
Die Mädchen schweigen, dann fragt Veverl leise.
Hast ihn wohl sehr gern den Konrad.“
Ja, wenn er mi so oschaut mit seine frechen Augen, dann wirds mir ganz komisch im Bauch, wenn er bloß net so a Sturkopf wär.“
Bsonders weil du so ein sanftes Lamperl (Lämmchen) bist,“ lacht Veverl.
Die Mädchen kichern, Roserl umarmt ihr Kusine, flüstert leise „Danke“, schlüpft aus dem Bett und huscht aus dem Zimmer.

Veverl winkt Annamierl nach, die zu Anderl ins Auto steigt, der sie zum Bahnhof bringt, dann geht sie zu Roserl in die Küche, die sie schon erwartet.

Am Morgen des Heiligen Abends sitzt Veverl in ihrem Zimmer und schreibt auf zwölf vorbereitete Zettel ihr Wünsche, faltet sie sorgfältig zusammen und legt sie in das Kästchen in denen sie kleine Andenken an ihre Eltern aufbewahrt.

Sie betrachtet das Hochzeitsbild ihrer Eltern und es ist ihr als würden sie sie anlächeln und mit einem kleinem Hoffnungsschimmer im Herz eilt sie nach unten.
Anderl steht unten im Hausflur, den Rucksack auf dem Rücken, als hätte er auf sie gewartet.
Ich geh jetzt zu meiner Mutter, am 7. Januar komm ich wieder, wollt mich noch von dir verabschieden.
Wirst denn heut Nacht deinen ersten Wunsch verbrennen.“
Das Mädchen wird rot, „Woher weißt,“ stammelt es.
Ich habs mir gedacht, ich habe nämlich auch zwölf Zettel. Was hälts davon, wenn wir jede Nacht um zehn unsere Zettel verbrennen, vielleicht treffen sich dann unser Wünsche.“
Veverl nickt schüchtern.
Der junge Mann schaut sich um und beugt sich dann zu dem Mädchen.
Darf ich meinem Mutterl erzählen, dass ich a Madl gfunden hab, das ich liab hoab.“
Das Mädchen nickt und Anderl gibt ihr einen schnellen Kuss auf den Mund, stößt einen Juchzer aus und verlässt das Haus.

Das Essen am zweiten Weihnachtsfeiertag wird ein voller Erfolg. Konrad aber sieht Roserl mit aufleuchtendem Blick an, als er erfährt, dass sie ganz allein dieses gekocht hat.
An Neujahr ist Verlobung.

Anderl kommt 7. Januar und geht gleich zum Bauern.
Dieser ruft das Veverl und zu dritt gehen sie in die gute Stube zu Roserl und Konrad.
Jubelnd fällt diese ihrer Kusine um den Hals und schlägt gleich eine Doppelhochzeit vor.
Konrad holt Wein aus dem Keller und füllt die Gläser.
Roserl aber flüstert ihm etwas ins Ohr und als ihr Bräutigam nickt, geht sie zu ihrem Vater und flüstert auch diesem ins Ohr.
Der alte Mann strahlt und wendet sie an die frisch Verlobten.
Veverl, mein Vater war ein harter Mann und als deine Mutter nicht von deinem Vater lassen wollte, der nur ein armer Lehrer war, da hat er sie einfach aus dem Haus geworfen. Nicht mal ihr Heiratsgut hat er ihr mitgem. Dies steht jetzt dir zu, dir gehört die Hälfte des Hofes und die andere Hälfte will Roserl dir zur Hochzeit schenken.“
Fassungslos sehen die jungen Leute ihn an, dann springt Veverl auf und umarmt ihren Onkel und Anderl drückt ihm die Hand.
Dem alten Mann steht das Wasser in den Augen, denn trotz all seiner Brummigkeit, hat er doch ein butterweiches Herz.
Eins bitt ich mir aus, dass ihr mir ein warmes Plätzchen an eurem Ofen lasst und die Mutter vom Anderl holen wir auch zu uns. Nun lasst uns auf die Zukunft trinken.“

Ich weiß nicht, was die beiden auf ihren Wunschzetteln hatten, aber besser konnte es doch gar nicht kommen.

© Lore Platz


9 Kommentare:

  1. Wieder eine wunderbare Geschichte Lore! Deine Fantasie ist echt grenzenlos!

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  2. Das war ein schöner Einblick in die ländlichen, bayrischen Bräuche.
    Inzwischen lese ich bayrisch ohne PROBLEME. Dadurch bekommt aber deine Geschichte richtig Charme.
    Meine Oma erzählte auch von den Rauhnächten und der WILDEN JAGD.
    WÄSCHE SOLLTE MAN NICHT IN DER Zeit. Da könnten sich die Geister in Leine und Wäsche verfangen, was sie dann erzürnt würde.
    Toll, deine Ideen, weiter so.
    Ganz liebe Grüße Monika

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  3. Hoffentlich wird heute nicht mehr so draufgeschaut wer was mitbringt.Schöne Erinnerung an meine Großeltern die mir damals schon gesagt haben das in der heiligen Nacht die Tiere reden können. Danke Lore! Lg Eva ♥️

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  4. Wunderbare Geschichte Lore!

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  5. Ganz reizend hast du die Verliebtheit der beiden ,Veverl und Knecht, beschrieben. LGMonika

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  6. Danke für diese schöne Geschichte Lore. LG Gabielli

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  7. Genau diese Geschichte habe ich heute gebraucht. Danke liebe Lore!

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  8. Ei guck,sehr schön Lore, das Marktweib hängt ganz tapfer, an der Hintertreppe.

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  9. Liebe Lore,
    ich wünsche dir ein gutes Neues Jahr. Bleib gesund und schreibe auch weiterhin so schöne Geschichten.
    Ganz herzliche Grüße
    Astrid

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