Donnerstag, 30. Juni 2022

Geschichten aus dem Zauberwald - Der gute Kobold 4

Heute ist wieder Reizwortgeschichtentag und leider konnte ich wieder keine neue Geschichte schreiben, da ich immer noch unter den Folgen  meines Sturzes leide. 
Die Reizwörter sind: Ferien, Fühstück, flott, freuen, fauchen. 
Lest bitte, was Regina und Martina dazu eingefallen ist.




Bald haben sie die kleine Gärtnerei von Melisandes Eltern erreicht und das Mädchen öffnet das Tor.
Kommst du mit?“
Mateo zögert.
Sie haben dich verspottet, meinetwegen.“
Melisande zuckt mit den Schultern.
Ach, das sind doch nur dumme Gänse. Ich mag dich und bin stolz auf unsere Freundschaft.“
Mit glücklich leuchtenden Augen folgt der Kobold dem Mädchen ins Haus.
Melisandes Mutter ist am Anfang etwas zurückhaltend dem Gast gegenüber, doch Mateos freundliche, bescheidene Art gewinnt auch ihr Herz.
Als Viktor das Zimmer betritt sitzen die drei gemütlich plaudern
bei Kaffee und Kuchen.




Hallo Viktor, möchtest du auch eine Tasse Kaffee?“ begrüßt ihn Agnes.
Ja, ja, ich will nur schnell meine Hände waschen,“ brummt dieser und mustert Mateo mit einem nachdenklichem Blick.
Doch wenig später sitzt er dann in seinem gemütlichen Sessel und fachsimpelt mit dem Kobold über Kräuter.




Draußen wird es dunkel und Agnes zündet die Lampen an.
Mateo wirft einen Blick aus dem Fenster und meint bedauernd:
Leider muss ich jetzt gehen, denn Zenko und Pummelchen machen sich bestimmt schon Sorgen.“
Sicher doch mein lieber Mateo und komm bald wieder vorbei du bist immer willkommen bei uns,“ erklärt Agnes.
Viktor räuspert sich.
Hättest du nicht Lust, mein Junge, mir in der Gärtnerei zu helfen. Ich könnte einen tüchtigen Gesellen gebrauchen.“
Der Kobold strahlt. „Gerne!“
Na, dann bis morgen früh, abgemacht?“
Abgemacht!“
Melisande nimmt seine Hand.
Ich begleite dich noch hinaus.“
Ohne seine Hand loszulassen schlendert sie mit ihm durch den Garten.
Bis morgen Mateo,“ sagt sie leise, stellt sich auf die Zehenspitzen und küsst ihn auf die Wange.
Schnell schließt sie das Tor und läuft ins Haus.




Mateo aber schwebt wie auf Wolken.
Zenko und Pummelchen haben sich schon Sorgen gemacht und sind froh, als sie ihn sehen.
Mit leuchtenden Augen erzählt er ihnen von seinen neuen Freunden.
Zenke sieht versonnen dem Rauch seiner Pfeife nach und schmunzelt.
So,so, ausgerechnet die Kinderfrau des Prinzen hat dich in ihr Herz geschlossen.

Mateo kniet vor den Bohnenstangen, lockert vorsichtig die Erde und zupft hier und da ein gelbes Blatt ab.
Er ist so vertieft in seine Arbeit und bemerkt gar nicht, dass er beobachtet wird.




Königin Rosamund hatte den Garten betreten, um ihre Freundin Agnes zu besuchen und steht nun hinter ihm.
Und obwohl sie Kobolde hasst, fühlt sie sich seltsamerweise
zu Mateo hingezogen.
Verwundert über ihre eigenen Gefühle, geht sie leise weiter.
Agnes hat schon Kaffee gekocht und ein leckerer Napfkuchen steht auf dem schön gedeckten Tisch.
Wie so oft, reden sie von dem kleinen Prinzen Mirzel, was für süße Pausbäckchen er hatte, wie herzhaft er kichern konnte und... .
Melisande kommt ins Zimmer und begrüßt den Gast freundlich.
Mit einem liebevollen Blick betrachtet die Königin das Mädchen.
Melisande, du wirst immer hübscher.“
Sie zwinkert vergnügt.
Hast du denn schon einen Liebsten?“
Das Mädchen errötet und Agnes lächelt.
Ich weiß zwar nicht, ob Meli schon einen Freund hat, aber ich bin sehr stolz auf sie.“
Melisande winkt verlegen ab: 
„Nun hör schon auf, Mama, gib mir lieber ein Stück Kuchen, oder besser noch zwei.“
Agnes lacht und schneidet zwei dicke Scheiben ab.
Hier für dich und Mateo, und nun lauf schon.“
Die Königin sieht nachdenklich dem davon eilendem Mädchen nach.
Weißt du Agnes, obwohl Mateo einer dieser schrecklichen Kobolde ist, gelingt es mir nicht ihn zu hassen. Es ist ganz eigenartig.“
Ihre Freundin nickt heftig.
Uns geht es genauso. Wir haben Mateo ins Herz geschlossen, fast wie einen Sohn!“
Rosamund sieht sie ernst an.
Ich glaube, Melisande liebt ihn?“
Agnes nickt bekümmert.
Sie werden es nicht einfach haben,“ meint die Königin,
 „ aber wenn ich helfen kann, wendet euch an mich.“
Die Tür geht auf und Viktor guckt vergnügt herein.
Hmmm, hier duftet es nach Kaffee, habt ihr noch ein Tässchen über, für einen schwer arbeitenden Mann?“
Bald sitzt auch Viktor bei ihnen und die Gespräche drehen sich um andere Themen.
Doch auch der schönste Nachmittag geht zu Ende und die Königin muss ich verabschieden.
Als sie an Mateo vorbei geht, der gerade die Gurkenpflanzen gießt, grüßt sie freundlich.
Mateo sieht ihr versonnen hinterher und es ist ihm ganz seltsam ums Herz.



Gemächlich schreitet Schneeflocke durch den Wald.
Lilofee ist auf dem Weg zu ihrem Patenonkel, dem Zauberer Hokuspokus.
Der Wald lichtet sich und vor ihnen breitet sich eine weite blühende Wiese aus.
Freudig wiehert die Stute und trabt übermütig durch das Gras.
Lilofee lenkt das Pferd den gewundenen Pfad hinauf und mit fliegender Mähne galoppiert Schneeflocke in den Schlosshof.
Dem herbeieilenden Stallburschen reicht Lilofee die Zügel der übermütigen Schneeflocke und eilt die breiten Marmorstufen hinauf.
Mit strahlendem Lächeln wird sie von der Hausdame Friska, einer pummeligen Zwergin, begrüßt.
Vergnügt beugt sich Lilofee zu dem alten Fräulein hinunter und drückt ihr einen Schmatz auf die Backe.
Hallo, Friska, lange war ich nicht mehr da.“
Und ihr kommt gerade zur rechten Zeit. Seit Tagen schon verkriecht sich der Herr in seinem Arbeitszimmer, murmelt ständig vor sich hin und will nichts essen und trinken.“
Die Zwergin sieht ganz bekümmert aus.
Beruhigend klopft ihr Lilofee auf die Schulter.
Dann will ich mal sehen, was ich machen kann!“
Sie klopft an die hohe Tür und tritt leise ein.
Hokuspokus sitzt an seinem Schreibtisch, sein Gesicht in
beiden Händen vergraben und hat das Klopfen überhaupt nicht gehört.
Er zuckt zusammen, als Lilofee ihm die Hand auf die Schulter legt, doch dann strahlt er.
Hallo Onkel Pokus!“
Das Mädchen benutzt den Kosenamen aus Kindertagen.
Meine kleine Lilly, wie schön, dass du mich wieder einmal besuchst.“
Besorgt betrachtet Lilofee das graue kummervolle Gesicht.
Was ist los?“
Ich habe ein schlimmes Problem.“
Erzähl mir, wo drückt der Schuh?“
Die Fee setzt sich auf den Schreibtisch und sieht ihren Paten erwartungsvoll an.
Dieser kraust kummervoll die Stirn.




Du kennst doch die Hexe Wally. Sie hat mir ihren Ring, den mit dem großen Rubin, vorbei gebracht, da der Stein aus der Fassung gebrochen war.
Der Ring ist ein wertvolles Familienerbstück.
Und du weißt, dass ich mich ein wenig mit der Goldschmiedekunst befasse.
Morgen ist Walpurgisnacht und Wally will vorher den Ring abholen.“
Der alte Zauberer seufzt tief auf und starrt bekümmert vor sich hin.
Lilofee betrachtet ihn liebevoll.
Onkel Pokus, wo liegt das Problem, kannst du den Ring nicht reparieren?“
Doch, doch, der Ring ist wieder wie neu, eine gut Arbeit von mir.“
Er schmunzelt zufrieden, doch dann wird sein Gesicht wieder düster.
Ich kann den Ring nicht mehr finden und dabei war ich mir sicher, dass ich ihn hier auf den Tisch gelegt habe. Aber du weißt ja, wie zerstreut ich manchmal bin.“
Du denkst, du hast ihn verschusselt, komm wir suchen nach dem Ring.“
Hokuspokus winkt müde ab.
Kind, seit Tagen mache ich nichts anderes!“
Lilofee setzt sich auf die Fensterbank, schlingt die Arme um die Knie und blickt nachdenklich ins Grüne.
Wally kann sehr ungemütlich werden, wenn es nicht nach ihrem Kopf geht.“
Ich weiß, deshalb versuche ich auch immer, mit ihr gute Nachbarschaft zu halten.“
Hokuspokus senkt traurig den Kopf.




Eine Weile ist es still im Zimmer.
Lächelnd beobachtet Lilofee einen Zitronenfalter, der fröhlich über die Wiese gaukelt und sich dann auf einer Blume niederlässt.
Eifrige Bienen schwirren laut summend um die Blüten des Kirschbaumes.
Eine Elster flattert auf das Turmfenster zu, als sie Lilofee sieht, erschrickt sie, schlägt einen Bogen und verschwindet im Wald.
Nanu?“ wundert sich Lilofee, “ das war doch Esmeralda, sieht aus, als hätte sie ein schlechtes Gewissen.“
Lilofee hüpft von der Fensterbank, umarmt ihren Onkel und läuft die Treppen hinunter.
Schnell dreht sie ihren Zauberring und verwandelt sich in eine braune, unauffällige Lerche.

Morgen geht es weiter

Mittwoch, 29. Juni 2022

Geschichten aus dem Zauberwald - Der gute Kobold 3







Doch nun wollen wir das Zwergenreich verlassen und bei Lilofee vorbei schauen.
Den ganzen Vormittag hat die Königin des Zauberwaldes sich um die großen und kleinen Sorgen ihrer Freunde gekümmert, musste viel trösten, manchen Streit schlichten.
Nun sitzt sie in ihrem Garten und genießt die friedliche Stille.

 
(c) Werner Borgfeldt

Summend fliegt eine Hummel auf  eine Blume zu und Lilofee beobachtet sie lächelnd und erschrickt, als plötzlich anstelle der Biene ein großer, plumper Frosch die Blume ziert.



Natürlich ist er zu schwer für die arme Blume und sie neigt ihren Kopf und das grüne Ungetüm purzelt hinunter.
Verflixt und zugenäht,“ schimpft es los, „ nun habe ich schon wieder die Zaubersprüche verwechselt!“
Lilofee lacht herzlich: „ Nanu, die Stimme kenne ich doch?“
Der Frosch verschwindet und an seiner Stelle steht nun ein großer grauer Elefant.




Die Feenprinzessin tritt zu dem riesigen Tier.
Muhme Immerzerstreut, du lernst es wohl nie!“
Traraaaaa!“, trompetet der Elefant und verschwindet in Donner und Rauch und eine kleine zierliche Waldfee mit einem riesigen Blumenhut auf dem Kopf, erscheint an seiner Stelle.
Liebevoll umarmt Lilofee ihre Tante.
Schön dich zu sehen, Muhme.“
Ja,ja freu mich auch, wollte eigentlich deinen Vater besuchen,
aber wenn ich schon mal hier bin … .“
Geistesabwesend tätschelt sie die Schulter ihrer Nichte und sieht sich unruhig im Garten um.
Kind hast du irgendwo mein Gepäck gesehen?“
Lilofee schüttelt schmunzelnd den Kopf.
Wenn ich nur wüsste … ?“ murmelt Immerzerstreut und schnipst mit den Fingern.
Zwischen den Bäumen fliegt eine kunterbunte Reisetasche, an deren Griff ein rosaroter Schirm befestigt ist, heran.
Lilofee springt schnell zur Seite, die Tasche saust an ihr vorbei und klirrend durch Scheibe und landet mitten in der Küche.
Mathilda, das Känguruh kommt schreiend aus dem Haus gehüpft.
Ein Ungeheuer, ein Ungeheuer!“
Muhme Immerzerstreut betrachtet sie kopfschüttelnd.
Albernes Ding, das ist doch nur eine Tasche. Ich habe den Geschwindigkeitszauber verwechselt.“
Lilofee schnippt mit den Fingern, die Glassplitter schweben in die Höhe, setzen sich zusammen und gleiten in den Fensterrahmen.
Mathilda, bring das Gepäck in das Gästezimmer und mache uns dann einen Tee,“ bittet Lilofee ihr Hausmädchen.
Diese wirft Immerzerstreut noch einen bösen Blick zu und verschwindet leise schimpfend im Haus.



Lilofee führt ihre Tante zu der gemütlichen Bank unter der Kastanie.
Es ist schön, dass du gerade jetzt zu mir gekommen bist, denn ich muss für einige Tage verreisen und es würde mich freuen, wenn du während der Zeit hier bleiben würdest.“
Mathilde die gerade mit dem Tee in den Garten kommt, verzieht angewidert das Gesicht.
Das würde ein schöner Wirrwarr werden, wenn Immerzerstreut hier bleibt. Nicht auszudenken, was sie in ihrer Zerstreutheit alles anstellen wird.
Mit einem lauten Knall, der ihren Unmut zum Ausdruck bringt, stellt sie das Tablett auf dem Tisch ab.
Lilofee runzelt leicht die Stirn, doch Mathilda wirft ihr nur einen finsteren Blick zu und hüpft zurück ins Haus.
Muhme Immerzerstreut hat sich inzwischen Tee eingeschenkt und führt die Tasse zum Mund.
Pfui! Schmeckt der bitter!“ ruft sie und schüttelt sich.
Lilofee lacht vergnügt.
Du hast den Zucker vergessen!“
Schrecklich, schrecklich, was bin ich manchmal auch schusselig.“
Lilofee umarmt sie liebevoll.
Lass nur Tante, du bist einfach wunderbar und ich liebe dich.“






Nun folgt mir wieder ins Zwergenreich.

Mateo schlendert in Gedanken versunken am Bach entlang und setzt sich in der Nähe des Ufers ins Gras.
Silberne Forellen schlängeln blitzschnell durch das klare Wasser.
Libellen sausen dicht über der Wasseroberfläche auf Jagd nach Beute.
Ein dicker Frosch quakt und plumpst in den Bach.
Der Himmel spiegelt sich in dem ruhig dahin fließendem Wasser und die Sonne wirft goldene Pünktchen in die klare Oberfläche des Baches.
Mateo spürt, wie seine traurigen Gedanken verschwinden und sein Herz auf einmal ganz leicht wird.
Es raschelt in den Büschen und ein Zwergenmädchen bahnt sich einen Weg durch das Gebüsch, einen Korb mit schmutziger Wäsche unterm Arm.
Erschrocken bleibt es stehen, als es den Kobold erblickt.




Mateo springt auf, stolpert und landet bäuchlings vor dem Mädchen.
Kläglich lächelt er.
Du musst keine Angst haben.“
Das Mädchen lacht fröhlich und reicht ihm die Hand.
Das denke ich auch,“ meint es vergnügt und betrachtet den verlegenen Mateo.
Ich habe von dir gehört, du wohnst bei Zenko.
Zenko ist mein Patenonkel und wenn er dir vertraut, dann vertraue ich dir auch.“
Dieser Meinung sind nicht viele hier,“ murmelt Mateo bitter.
Die Kobolde haben mich verstoßen und die Zwerge können mich nicht leiden.
Ich bin ein Heimatloser, eine Niemand!“
Lass ihnen Zeit, die Wut auf die Kobolde ist sehr groß, seit der Prinz verschwunden ist,“ tröstet ihn das Mädchen.
Sie geht zum Ufer und stellt den Korb ab.
Mateo wendet sich um und will gehen.
Bleib doch, ich will dich nicht vertreiben, ich heiße übrigens Melisande.“

Du hast nichts dagegen?“
Nein, Mateo!“ Das Mädchen schenkt ihm eine strahlendes Lächeln.
Gemeinsam knien sie nun am Bach und schwenken die Wäsche.
Während die sauberen Teile dann ausgebreitet im Gras in der Sonne trocknen, lassen die zwei ihre nackten Füße im Wasser baumeln.
Mateo erzählt von seinem Leben bei den Kobolden und dass er sich immer als Außenseiter gefühlt hat.
Und Melisande erzählt von ihrem Zuhause.
Von ihrem Vater, der Gärtner ist und ihrer Mutter, die das Kindermädchen von dem kleinen verschwundenem Prinzen war.
Die Königin besucht sie heute noch oft, um mit ihr über den verschwundenen Sohn zu plaudern.
Als die Wäsche trocken ist, sind sie bereits die besten Freunde.
Gemeinsam legen sie die sauberen Stücke zusammen und tragen dann den Korb durch das Dorf.
Manch verwundeter Blick folgt ihnen und am Brunnen stehen
einige junge Mädchen und stecken kichernd die Köpfe zusammen.
Hallo, Melisande, ist das dein Freund!“ ruft ein besonders keckes junges Fräulein.
Melisande hebt stolz und Kopf und sieht sie ruhig an.
Ja, das ist mein Freund!“
Dann geht sie weiter, begleitet von einem schweigenden Mateo.

Morgen geht es weiter

Dienstag, 28. Juni 2022

Geschichten aus dem Zauberwald - Der gute Kobold 2








Frau Rotkehlchen erzählt ihrem Mann von Mateos Missgeschick, während sie eifrig ihre kleinen Schreihälse mit Würmern füttert.
„“Schrecklich, wie hungrig unsere Lieblinge heute wieder sind!“
Herr Rotkehlchen, der ständig hin und her fliegt, um neue Nahrung zu bringen, brummt ungeduldig vor sich hin.
Endlich sind die kleinen Nesthocker satt, kuscheln sich zusammen und sind bald eingeschlafen.
Was für ein Glück!“ ruft der geplagte Vater erleichtert und lässt sich erschöpft auf einen Ast sinken.
Ich dachte schon, wir bekommen sie heute gar nicht mehr satt!“
Sorgfältig putzt er sein Gefieder.
Argwöhnisch beobachtet ihn seine Frau.
Du willst doch nicht mehr weg?“
Ach, ich...,“ stottert Herr Rotkelchen ertappt.
Ich dachte, eigentlich dachte ich... , Mateo braucht doch Hilfe?“
Seine Frau lacht, dass die roten Federn an ihrer Kehle sich auf plustern.
Deine Hilfe kenne ich, du willst doch nur mit dem Fink und dem Sperber in den Waldkrug.“
Herr Rotkehlchen zuckt verlegen mit den Flügeln und seine Frau meint gutmütig:
Nun flieg schon los, aber komme nicht zu spät nach Hause und wegen Mateo werde ich morgen mit Lilofee sprechen.“
Ihr Ehemann atmet erleichtert auf.
Liebling, du bist doch die Beste!“
Noch ein Küsschen auf den Schnabel und weg ist er.
Frau Rotkehlchen aber kuschelt sich zu ihren Kindern ins Nest und schließt die Augen.
Friedliche Stille liegt über dem Wald.



Am nächsten Morgen, als kaum die ersten Sonnenstrahlen durch die Zweige spitzen, macht Frau Rotkehlchen sich auf den Weg zu Liliofee.
Diese sitzt bereits im Garten und frühstückt.
Guten Morgen Kehlchen, muss ja etwas ungeheuer Wichtiges sein, wenn du so früh schon zu mir kommst.“
Während der kleine Vogel aufgeregt zwischen dem Geschirr auf dem Tisch herum läuft, erzählt er von Mateo, wie gut und nett er immer zu den Tieren war und dass er nun im Turm bei den Zwergen eingesperrt ist.
Erschöpft setzt sich das Rotkehlchen, plustert ihre Federn auf und steckt einen Moment den Kopf unter ihren Flügel.
Liebevoll streichelt Lilofee über das Gefieder.
Ich habe von Mateo gehört.
Ich weiß auch, dass er von der alten Kräuterfrau sehr viel über Heilkunde gelernt hat und meine kleinen Freunde oft verarztet.
Ziemlich ungewöhnlich für einen Kobold. Ich frag mich …?“
Gedankenverloren rührt sie in ihrer Tasse.
Nun was ist?“ 
Nervös trippelt das Rotkehlchen wieder über den Tisch.
Lilofee lacht.
Du kannst nach Hause fliegen, ich werde mich um Mateo kümmern.“
Während Frau Rotkehlchen zufrieden zurück zu ihrem Nest
fliegt, schickt Lilofee Mathilda mit einer Botschaft zu Purzel.
Nachdem dieser das Schreiben aufmerksam studiert hat, macht er sich auf den Weg in die Zwergenstadt zu seinem besten Freund Zenko.
Zenko ist der erste Minister von König Murzel und freut sich seinen Freund zu sehen.
Lange sitzen die beiden alten Herren dann zusammen und überlegen, wie sie Mateo helfen können.
Purzel erzählt seinem Freund alles, was er über Mateo weiß, wie gut er zu den Tieren ist und dass er mit der alten Kräuterfrau befreundet ist und sie oft in Schutz nimmt vor den bösartigen Streichen der Kobolde.
Hm, recht ungewöhnlich,“ murmelt Zenko und zieht so heftig an seiner Pfeife, dass er zu husten beginnt.
Lachend klopft ihm Purzel den Rücken, doch dann wird sein Gesicht wieder ernst.
Das Schlimme an der Sache ist nur, dass der König die Kobolde hasst, seit sie ihm seinen Sohn gestohlen haben.
Denkst du, dass der Prinz noch lebt?“
Ja und ich habe so meinen Verdacht. Weißt du ich beobachte Mateo schon seit einiger Zeit, er benimmt sich doch eher wie ein Zwerg, als ein Kobold.“
Aber er sieht doch so hässlich aus wie diese Kobolde!“ ruft Purzel entsetzt.
Zenko lacht. „ Nun man kann durch Magie das Aussehen eines Geschöpfes verändern, aber niemals den Charakter.“
Aber die Kobolde haben keine Zauberkräfte!“
Aber die Hexe Warzenkopf, sie ist doch dick mit den Kobolden befreundet und ist sogar die Patin von Kuddelmuddel.“
Purzel nickt verstehend.
Seltsam auch Lilofee hat den Verdacht geäußert, dass Mateo vielleicht der verschwundene Prinz sein könnte.“
Ein kluges Mädchen!“, lacht Zenko und klopft seine Pfeife aus.
Nun lass uns aber zum König gehen und sehen, was wir für Mateo tun können. Aber kein Wort von unser Vermutung, erst wenn wir Beweise haben.“
Es war nicht einfach König Murzel zu überreden und erst, als Königin Rosamund sich den Bitten anschloss, gab der König nach.
Mateo durfte den Turm verlassen, aber Zenko musste ihn in seine Obhut nehmen und dafür sorgen, dass der Kobold nichts Bösen anstellte.
Zenko macht sich darüber keine Sorgen und zwinkert Purzel vergnügt zu.




Gemeinsam gehen sie zum Turm und lassen sich die Zelle öffnen, in der Mateo verschüchtert in der Ecke kauert.
Erschrocken hebt er den Kopf und sieht direkt in Zenkos freundliches Gesicht.
Komm mein Junge, du darfst diesen ungastlichen Ort verlassen und bei mir wohnen, bis wir den König überzeugt haben, dass du einer von den Guten bist.“
Hilflos hebt Mateo die Schultern.
Ich weiß ja selbst nicht mehr was ich eigentlich bin, ein guter Kobold, oder ein schlechter Zwerg? Ein Niemand!“
Kameradschaftlich legt Zenko ihm die Hand auf die Schulter.
Das wird sich alles finden, komm erst mal mit zu mir, meine Frau Pummelchen freut sich schon und hat extra einen Kuchen gebacken.




Da wir leider keine Kinder haben, wird sie dich von hinten und vorn bemuttern!“
Zenko lacht vergnügt und ein kleines zaghaftes Lächeln erscheint nun auf Mateos Gesicht.
Und Zenko sollte recht behalten, Pummelchen schließt ihn sofort in ihr großes Herz und beginnt ihn eifrig zu bemuttern.
Durch ihr liebevolle Art verliert Mateo schnell seine Schüchternheit und er fühlt sich wohl bei den zwei freundlichen Zwergen.





Leider sind die anderen Zwerge nicht so tolerant und überall im Dorf begegnet Mateo unfreundlichen, grimmigen Gesichtern und manche Faust wird drohend geballt.


Morgen geht es weiter







Montag, 27. Juni 2022

Geschichten aus dem Zauberwald Der gute Kobold

Wieder liegt ein heißes schönes Sommerwochenende hinter uns.
Deshalb will ich euch heute wieder in den Zauberwald mitnehmen, dort ist es schön kühl.
Ich habe euch ja versprochen, dass ich euch die Geschichte von Prinz Mirzel und Melisande erzählen werde, die ihr in der Zwergenhochzeit kennen gelernt habt.
Viel Spaß beim Lesen!

 
(c) meine Tochter



Der gute Kobold

Nicht weit vom Zauberwald liegt ein Felsengebirge mit vielen unterirdischen Höhlen, in denen die Kobolde leben.
Sie sind ein boshaftes, hinterlistiges Völkchen.
Obwohl entfernte Verwandte der Zwerge, wurden sie doch vor langer Zeit aus der Zwergenzunft ausgestoßen.
Denn anstatt fleißig zu arbeiten spielten sie den Zwergen nur schlimme Streiche.
Sie zerstörten die schön gepflegten Gärten, stahlen den Zwergen die mühsam erworben Schätze und trieben nur bösen Unfug.
Deshalb beschloss auch der Zwergenkönig Murzel die Kobolde aus dem Reich zu vertreiben.
Mit spitzen Speeren bewaffnet jagten die tapferen Zwerge die Kobolde aus dem Zwergenland.
Seltsam war nur, dass wenige Zeit später der kleine Zwergenprinz Mirzel aus seiner Wiege gestohlen wurde.
Bis heute weiß niemand was aus dem kleinen Prinzen geworden ist.





Koboldkönig Kuddelmuddel sitzt auf seinem Felsenthron und langweilt sich.
Missmutig trommelt er mit den Fingern auf die Armlehne und seine Augen blitzen zornig auf, als die Tür des Saales aufgerissen wird und sein erster Minister, Graf Diskus, herein stürmt.
Was soll das!“, faucht der König, „ könnt ihr euch nicht anmelden lassen?“
Verzeihung, Majestät!“
Der Minister verbeugt sich kurz und lässt sich erschöpft auf den nächsten Sessel fallen.
Neugierig betrachtet ihn Kuddelmuddel.
Was hat euch denn so aus der Fassung gebracht?“
Majestät, es ist entsetzlich, unmöglich und nicht mehr auszuhalten mit ihm!“
Von wem sprecht ihr?“
Graf Diskus wischt sich über die Stirn.
Natürlich von Mateo, diesem Nichtsnutz!“
Wütend springt der König auf.
Mateo! Habe ich nicht gesagt, wenn er sich noch einmal die geringste Kleinigkeit zuschulden kommen lässt, wird er des Landes verwiesen!“
Jawohl! Und dieses Mal ist es wohl kaum zu umgehen!“
Der Koboldkönig setzt sich.
Nun erzählt, was hat er getan.“
Majestät können sich sicher an die alte Kräuterfrau erinnern, die am Rande des Waldes wohnt.“
Ja,ja, ich kenne sie, erzählt weiter!“
Ungeduldig wedelt Kuddelmuddel mit der Hand.
Die alte Frau hat den ganzen Tag Kräuter gesammelt und sie dann am Abend vor ihrer Hütte zum Trocknen aufgehängt.
Darauf haben Flip und Flap nur gewartet.
In Windeseile haben sie aus den Kräutern ein schönes Lagerfeuer gemacht und die ganze Jugend tanzte kreischen darum herum.“
Begeistert schlägt sich der König auf die Knie.
Meine Söhne, ich kann stolz auf sie sein.
Sie wissen wie richtige Kobolde sich zu verhalten haben!“
Oh ja!“
Mit leuchtenden Augen berichtet der Graf weiter.
Ihr hättet eure Freude an dem Gejammer der alten Frau gehabt.“
Kuddelmuddel klatscht vergnügt in die Hände.
Welch herrlicher Streich, aber was hat Mateo damit zu tun?“
Nur Geduld, Majestät!



Am nächsten, als das Jungvolk sich noch einmal zu der Hütte schlich, um sich am Kummer der Alten zu ergötzen, was sehen sie da?
Mateo! Er schleppt einen riesigen Korb voller Kräuter, die er die ganze Nacht gesammelt hat.
Entsetzlich die Freude der Frau!“
Der Graf schüttelt angewidert den Kopf und der König wird blutrot vor Zorn.
Wache! Wache!“ brüllt er und sogleich werden die Flügeltüren aufgestoßen und Hauptmann Geschoss eilt herbei und schlägt die Haken zusammen.
Majestät befehlen!“
Marschiere sofort mit deinen kräftigsten Männern zu Gernot und bringe den jungen Mateo!“
Jawohl, Majestät, Befehl wird sofort ausgeführt!“
In der kahlen Felsenhöhle sitzt Gernot Pfeife rauchend über seiner Zeitung, während seine Frau Huxta Wurzeln schabt.
Die Kinder toben in ihren Zimmern und hänseln, wie so oft, ihren Bruder Mateo.
Rechtsum! Geradeaus! Halt Stillgestanden!“ schallt es auf der Straße.
Gleich darauf klopft es kräftig an der Tür.
Gernot lässt die Zeitung sinken und wechselt einen überraschten Blick mit seiner Frau.
Herein!“
Der Hauptmann der königlichen Garde betritt den kleinen Raum, grüßt zackig und schnarrt seinen Befehl herunter.
Gernot runzelt ärgerlich die Stirn.
Schon wieder Mateo! Nichts wie Ärger habe ich mit dem Jungen, seit ihr ihn damals zu mir gebracht habt.“
Wütend wirft er seine Pfeife auf den Tisch und geht zur Treppe.
Mateo, komm sofort herunter!“





"Ja, Vater, ich komme sofort!“
Leichtfüßig eilt der junge Kobold die Treppe herunter und wird sofort von den Soldaten umringt.
Hilflos blickt Mateo von einem zum anderen.
Was habe ich denn getan?“ fragt er verwirrt.
Doch statt zu antworten, versetzt der Hauptmann ihm einen groben Stoß und schweigend marschieren die Soldaten mit ihrem Gefangenen zum Schloss.
Kuddelmuddel wartet schon ungeduldig und als die Garde mit Mateo den Saal betritt springt er auf.
Der Gefangene erhält einen groben Stoß in den Rücken und landet vor den Füßen des Königs.
Mühsam erhebt er sich und sieht Kuddelmuddel frei und offen ins Gesicht.
Majestät, ihr wünschtet mich zu sprechen?“
Der Koboldkönig presst die Lippen zusammen, sein Gesicht läuft zornesrot an, dann brüllt er.
Ich habe dich gewarnt Bürschchen, das Maß ist voll.
Die Sache mit der Kräuterfrau war dein letzter Streich!
Noch heute verlässt du unser Reich, du bist nicht wert ein Kobold zu sein! Hinaus mit dir!“
Mateo neigt grüßend den Kopf und verlässt das Schloss.
Nachdenklich wandert er die Straße hinunter.
Vor seinem Zuhause bleibt er kurz stehen, dann geht er langsam weiter.



Bald liegt das Koboldreich hinter ihm und er wandert durch einen schönen großen Wald.
Wie schön es hier nach Harz und Moos duftet und wie wunderbar die Sonne durch die Zweige blitzt und den Tau auf den Spinnweben funkeln lässt.
Mateo fühlt sich auf einmal so wohl, als wäre er nach einer langen Reise endlich heimgekehrt.
Zufrieden setzt er sich ins Moos und schließt die Augen.
Tief atmet er den Duft des Waldes ein und lauscht dem fröhlichen Gezwitscher der Vögel.
Leider bemerkt er nicht die Gefahr, in der er sich befindet.
Längst schon hat er die Grenze des Zwergenreiches überschritten und natürlich nicht unbemerkt.




Ehe Mateo sich versieht ist er schon von den Zwergen gefesselt und steht wenig später vor König Murzel.
Mateo der Pechvogel!
Wie kann es geschehen, dass einer dieser schrecklichen Kobolde in unser Reich eindringt!“
Majestät, wir haben es sofort bemerkt!“ entschuldigt sich der Hauptmann der Wache.
Dabei wirft er einen strafenden Blick auf den Zwerg Pippo, der geschlafen hatte, statt diesen Teil der Grenze zu bewachen.
Pippo wird rot und scharrt verlegen mit dem Fuß.
Der König aber mustert Mateo mit einem finsteren Blick.
Wurdest du ausgesandt, um zu spionieren?“
Der junge Kobold schüttelt heftig den Kopf.
Ich habe mich verlaufen, bitte, Majestät, ich wollte nichts böses!“
Er wirft dem Zwergenkönig einen flehenden Blick zu und diesem wird ganz eigenartig zumute.
Er wird doch nicht Mitleid mit einem Kobold haben!
Ärgerlich über sich selbst, herrscht er die Soldaten an:
Werft ihn in den Turm. Ich werde später entscheiden, was mit ihm geschehen soll!“
Die Soldaten nehmen den Gefangenen in ihre Mitte und bringen ihn in den Turm.




Traurig sieht Mateo nun durch die Gitterstäbe hinunter auf die Zwergenstadt und beobachtet das emsige Treiben.
Mateo, hallo Mateo!“ piepst plötzlich ein Stimmchen.
Mateo wendet den Kopf und erblickt einen kleinen Vogel, der neben dem Gitter auf und ab flattert.
Hallo Rotkehlchen!“ begrüßt der junge Kobold seine kleine Freundin.
Also ist es doch wahr, was die alte Tratschtante, Frau Elster erzählt hat. Man hat dich aus dem Koboldreich ausgewiesen.“
Ja das ist richtig! Aus dem Koboldreich wurde ich rausgeworfen und im Zwergenreich in den Turm gesperrt. 
 Du siehst ich bin überall sehr beliebt!“
Diese Worte klingen so bitter, dass Rotkehlchen ihn trösten möchte.
Sei nicht traurig, Mateo! Die Tiere des Waldes haben dich lieb und vielleicht können wir ja helfen.
Aber nun muss ich eilen, denn meine Kinder haben Hunger!“
Mateo winkt ihm lange nach, dann setzt er sich niedergeschlagen in die Ecke auf einen Strohsack.
Schlurfende Schritte nähern sich.
Der Schlüssel wird im Schloss gedreht und ein mürrisch blickender alter Zwerg stellt einen appetitlich duftenden Teller mit Essen, sowie einen Krug mit Honigwasser vor Mateo auf den Boden.
Ohne ein Wort zu sprechen schlurft der Alte wieder hinaus, der Schlüssel klirrt, die Schritte entfernen sich.
Mateo ist wieder allein.


Morgen geht es weiter