Elfinchen
und Mutter Erde
Vor
der Stadt K. breitete sich eine großflächige Grünanlage
aus.
Das
viele Hektar große Grundstück zu dem auch der angrenzende Wald
gehörte wurde von einem wohlgesinnten
Bürger dem Naturschutz vermacht.
Sehr
zum Ärger seiner Erben, die dachten nach dem Tod des alten Herrn so
richtig schalten und walten zu können.
Wollten
sie doch das millionenschwere Projekt an einen großen Konzern
verkaufen, der dort ein riesiges Hotel mit einer Golfanlage bauen
wollte.
Nun
aber war hier ein Naturschutzgebiet entstanden, in dem Pflanzen,
Käfer, Schnecken,
Regenwürmer, Bienen,
Hummeln, Schmetterling, Wühlmäuse, Maulwürfe sich
frei entfalten konnten und nur ihre natürlichen Feinde fürchten
mussten, die ebenso
zum Kreislauf der Natur gehörten.
Im
nahen Wäldchen tummelten sich Rehe, Füchse, Hasen und Eichhörnchen.
Die
Vögel zwitscherten voller Freude ihre Lieder und Frau Eule schimpfte
ab und zu, wenn sie nicht schlafen konnte.
Ein
kleines Paradies war hier entstanden, wovon es leider in der heutigen
Zeit nur noch wenige gibt.
Auf
dieser Wiese lebten aber auch die Elfen und ihre Aufgabe war es die
Blumen zu pflegen und die kleinen Tiere zu behüten und helfen wenn
sie in
Not waren.
Elfinchen
war eine dieser Elfen.
Sie
war die Jüngste und noch nicht lange hier.
Elfen
werden ja geboren, wenn ein Tautropfen in einer Blüte von einem
Sonnenstrahl geküsst wird.
Eflinchen
war sehr eifrig, aber auch sehr tolpatschig und wurde deshalb immer
von den anderen Elfen verspottet.
Heute
hatte sie die Aufgabe, die schöne blaue Glockenblume mit Tau zu
begießen.
Eifrig
flog sie hin und her und sammelte viele Tautropfen, die sie dann über
die Blume schüttete.
Zuerst
war die Blume glücklich und froh und streckte ihre Blüte der Sonne
entgegen.
Doch
als Elfinchen in ihrem Eifer immer mehr Wasser über sie schüttete,
da wurde sie böse und schimpfte.
„Nun
höre aber auf, ich habe ja schon ganz nasse Füße, du sollst mich
tränken aber nicht baden, du dummes Ding!“
In
diesem Moment kamen Lupina und Millana vorbei und riefen lachend.
„Seht
doch, Fräulein Tolpatsch wollte die ihr anvertraute Blume
ertränken.“
Die
anderen Elfen kamen angeflogen und betrachteten kichernd die kleine
Elfe, die mit blutrotem Gesicht und Tränen in den Augen ihre Blume
betrachtete.
Die
Elfenkönigin kam herbei.
„Was
ist los hier!“
Lachend
erzählten die Elfen ihr von Elfinchens Missgeschick.
Seufzend
betrachtete die Königin die kleine Elfe.
„Elfinchen,
was soll ich nur mit dir machen, gestern hättest du beinahe Herrn
Hirschkäfer ein Bein ausgerissen, als er auf den Rücken fiel und du
ihm aufhelfen wolltest.
Eduard
dem Regenwurm wolltest du aus der Erde helfen und hättest ihn dabei
beinahe geköpft.
Am
besten, du machst mal eine Pause, bis ich weiß welche Aufgabe du
übernehmen kannst.“
Elfinchen
drehte sich um und ging mit gesenktem Kopf weg, verfolgt von dem
Gelächter der anderen.
Als
die anderen Elfen sie nicht mehr hören und sehen konnten, warf sie
sich ins Gras und weinte bitterlich.
Eine
Hand legte sich auf ihre Schultern und Elfinchen sah durch ihren
Tränenschleier hindurch eine nicht mehr ganz junge Frau vor sich
stehen.
Ihr
erdfarbenes Haar in das Blumen eingeflochten waren durchzogen einige
Silberfäden und in ihrem schönen Gesicht hatten sich einige Falten
eingegraben.
„Elfinchen,
warum weinst du denn?“
„Ihr
kennt mich?“
„Ich
kenne alle meine Geschöpfe, ich bin Mutter Erde.“
Die
Elfe setzte sich auf und starrte ehrfürchtig die hohe Frau an.
Mutter
Erde lächelte und setzte sich neben Elfinchen ins Gras.
„Willst
du mir denn nicht erzählen, was dich bedrückt?“
Die
Elfe senkte traurig den Kopf und flüsterte:
„Ich
bin so ungeschickt, immer passieren mir schlimme Sachen und die
anderen Elfen lachen mich aus. Eben habe ich die Blume, die mir
anvertraut wurde, beinahe ertränkt.“
Mutter
Erde lachte leise.
„Wie
kannst du zartes kleines Wesen denn die Blumen ertränken. Weißt du
nicht, dass, wenn es regnet die Pflanzen viel mehr Wasser abbekommen
und es ihnen niemals schadet. Denn Frau Sonne wird später ihre
nassen Füße trocknen.“
Elfinchen
hob den Kopf und rief empört.
„Das
stimmt, dann war es aber gemein von der Blume mich zu beschimpfen und
von den anderen mich auszulachen!“
„Das
war es,“ schmunzelte Mutter Erde.
„Weißt
du Elfinchen, dass ich extra wegen dir hierher gekommen bin?“
„Wegen
mir?“ staunte die Elfe.
„Ja,
denn alle hundert Jahre wird eine ganz besondere
kleine
Elfe geboren und die darf mir dann hundert Jahre dienen. Willst du
das?“
„Ja,
aber kann ich das denn, ich weiß doch noch so wenig?“
„Ich
werde dich lehren.
Bellinda,
die mir bisher diente und half die Erde zu bewahren, ist nun ins
andere Reich gewechselt, um dort ihre wohlverdiente Ruhe zu finden.
Und
du wurdest gerade zum richtige Zeitpunkt geboren.“
„Was
habe ich denn zu tun?“
„Die
Natur arbeitet in einem ewigen Kreislauf und darin hilft jeder jedem.
Die
Bäume im Wald holen sich Gase aus der Luft, Wasser und Nahrung
schenkt ihnen die Erde und die Sonne hilft ihnen beim Wachsen.
Die
Bäume aber wiederum ernähren die Waldtiere mit Laub, Nüssen und
Beeren. Selbst die welken Blätter und kleinen Zweige haben ihre
Bestimmung, sie verwandeln sich in organische Stoffe, die von den
kleinen Lebewesen, die sich auf dem Boden tummeln, gefressen werden
und sich in Pflanzennahrung verwandeln.
So
wird alles umgewandelt und nichts ist überflüssig.
Hast
du verstanden?
Die
Erde ernährt die Pflanzen, die Pflanzen ernähren die Tiere, die
Tiere ernähren die Erde.
Das
ist ein ewiger Kreislauf.
Ebenso
ist es mit dem Wasser. Die Sonne erwärmt das Wasser, unsichtbarer
Dampf steigt auf und wird zu Wolken.
Hier
verwandelt sich dann das Wasser wieder zu Tropfen und fällt als
Regen auf die Erde. Siehst du wie wunderbar die Natur eingerichtet
ist.“
Elfinchen
nickte und freute sich, dass sie alles verstanden hatte, doch eine
Frage quälte sie.
„Mutter
Erde?“
„Ja
mein Kind?“
„Herr
Maulwurf hat neulich sehr geschimpft über die
Menschen
und dass die Natur bald untergehen wird!“
Ein
dunkler Schatten fiel über das Gesicht von Mutter Erde.
„Ja,
die Menschen, sie greifen viel zu oft in den natürlichen Kreislauf
der Natur ein, aber Herr Maulwurf hat trotzdem nicht Recht, die Natur
wird niemals untergehen.
Sie
ist stark und besteht schon seit tausenden von Jahren, und hat sich
bisher immer von den Wunden und Schmerzen, die die Menschen ihr
zugefügt haben wieder erholt.
Und
wenn diese es gar zu toll trieben, dann haben sich Feuer, Wasser und
Wind zusammen getan und den Menschen gezeigt, dass die Natur die
Stärkere ist.
Früher
lebten die Menschen mit der Natur im Einklang, doch mittlerweile
haben sie die Liebe zur Natur verloren!“
Mutter
Erde deutete auf die Hochhäuser der weit entfernten Stadt.
„Sie
leben in großen Betonbauten, weit weg von der Natur. Und wenn man
etwas nicht kennt, wie soll man es dann auch schätzen.
In
jeder Generation werden Menschen geboren, die die Natur missachten,
ausbeuten, vergiften, zerstören.
Aber
es werden auch Menschen geboren die das nicht zulassen.
Das
ist wohl der Kreislauf der Menschen, dass die Guten immer gegen die
Bösen kämpfen müssen.
Wenn
die Menschen noch klein sind, dann sind sie noch reinen Herzens und
hier beginnt eine sehr wichtige Aufgabe für dich.
Du
musst dich in die Herzen und Träume dieser kleinen Menschen
einschleichen und ihnen über die Natur erzählen und wie wichtig
diese auch für das Überleben der Menschheit ist.“
Mutter
Erde schwieg und ließ versonnen ihren Blick über das schöne Land
vor ihren Augen streifen.
Auch
Elfinchen schwieg, soviel hatte sie nachzudenken über all das was
sie erfahren hatte und dann lächelte sie und freute sich, dass sie
Mutter Erde bei der wichtigen Arbeit helfen durfte und sie fühlte
sich glücklich.
Diese
wandte sich nun an die kleine Elfe.
„Hast
du dich entschieden, willst du mir die nächsten hundert Jahre
helfen, die Natur zu bewahren?“
Elfinchen
nickte mit strahlenden Augen.
Mit
einer weit ausholenden Bewegung zeigte Mutter Erde auf das schöne
Land vor ihnen.
„Als
der Besitzer dieses Grundstücks noch ein kleiner Junge war, gab es
die große Stadt noch nicht.
Hier
waren nur einige kleine Häuser und in einem davon lebte der Junge
mit seinen Eltern und den Großeltern.
Sein
Großvater streifte mit ihm jeden Tag durch die herrliche Natur und
zeigte ihm die Pflanzen, welche heilen können und welche giftig
sind. Auch nahm er ihn oft mit in dem Wald und und erklärte ihm den
Kreislauf der Natur und wie wichtig die Bäume für diese und das
Klima sind. Und wenn ein Baum abgeholzt würde, dann müsse man
sofort einen neuen pflanzen, damit das Gleichgewicht erhalten bliebe.
Und
die Großmutter erzählte ihm Geschichten von Elfen und Wichteln, die
sich bemühten die Natur zu bewahren, ebenso die Tiere, die alle ihre
Aufgabe hatten, um das Gleichgewicht zu erhalten.
Und
wenn der Junge schlief, dann schickte ich ihm Bellinda in seine
Träume, die ihm berichtete von ihren Aufgaben und wie wichtig die
Natur auch für die Menschheit sei.
Und
wir alle haben ein Samenkorn in sein Herz gepflanzt, das zu einer
großen Liebe für die Natur heran wuchs.
Als
dann die Stadt immer größer wurde und die Grundstückspreise enorm
stiegen, dann sollte auch er sein Grundstück hergeben. Doch er
weigerte sich und blieb bescheiden in seiner kleinen Hütte wohnen.
Das
brachte ihm viel Ärger und Beschimpfungen und es wurde ihm
vorgeworfen, dass er dem Fortschritt im Wege stand.
Doch
ihn kümmerte das nicht.
Als
er fühlte, dass die Zeit gekommen war, um ins andere Reich zu
wechseln, da ließ er einen Notar kommen und vermachte dieses
herrliche Stück Erde dem Naturschutzverband.
Aber
nun komm, wir wollen nach deiner Blume sehen.“
Mutter
Erde erhob sich und nahm Elfinchen an der Hand und zusammen schritten
sie über die Wiese.
Die
Glockenblume stand aufrecht da und reckte froh ihr Gesicht der Sonne
entgegen, die ihr längst schon die nassen Füße getrocknet hatte.
Die
Elfenkönigin schwebte auf sie zu und verneigte sich ehrfürchtig vor
Mutter Erde.
Auch
die anderen Elfen kamen herbei.
Der
Blick der Königin fiel auf Elfinchen und sie runzelte die Stirn.
„Elfinchen
ist ihnen doch nicht lästig gefallen?“
„Nein,
ich fand sie weinend auf der Wiese, da sie hier verhöhnt und
ausgelacht wurde.“
„Nun
Elfinchen ist mein Sorgenkind, sie hat bisher keine, der ihr
gestellten Aufgabe richtig gemacht,“ meinte die Elfenkönigin, der
es eigen wurde unter dem strengen Blick der Erdenmutter.
„Habt
ihr denn überhaupt nicht bedacht, dass Elfinchen die Jüngste hier
ist und noch nicht alles wissen kann.
Doch
anstatt ihr zu helfen und ihr beizubringen, was sie wissen muss wurde
sie nur verlacht und verspottet.
Da
ist es doch nicht verwunderlich, dass sie nur unsicherer wurde und
noch mehr Fehler machte.
Ihr
wisst warum ich gekommen bin?“
„Ihr
seid auf der Suche nach der besonderen Elfe, die euch helfen soll?“
Die
Elfenkönigin war froh, dass Mutter Erde das Thema gewechselt hatte.
Die
anderen Elfen aber drängten sich nach vorne, denn sie hofften, dass
Mutter Erde eine von ihnen erwählen würde.
Diese
aber lächelte und deutete auf Elfinchen.
„Ich
habe sie gefunden.“
„Elfinchen?“
stammelte die Elfenkönigin erstaunt und auch die Elfen starrten
fassungslos auf die Kleine, die unter all den Blicken rot wurde und
sich an Mutter Erde drängte.
„Ja,
Elfinchen ist diese besondere Elfe,“ erklärte Mutter Erde.
Sie
nahm die Elfe an der Hand, drehte sich um und wanderte mit ihr über
die Wiese, bis sie in den Wolken verschwanden.
©
Lore Platz (2021)
Eine wunderbar schöne Geschichte Lore. Sie macht meinen Tag glücklich!
AntwortenLöschenSehr schön Lore,du machst dir so viele Gedanken.Wundervoll
AntwortenLöschenEine traumhaft schöne und dazu echte Lore-Geschichte.
AntwortenLöschenEine immer wieder schöne Geschichte Lore, die man gut mehrmals lesen kann und einem immer wieder Freude bereitet!
AntwortenLöschenSehrschoen liebe Lore, gut das alles so fein klappt mit dem Schreiben.
AntwortenLöschenLore und wieder habe ich mich über diese schöne Geschichte gefreut ! Weiter so!
AntwortenLöschenEine zauberhafte Geschichte.
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