Montag, 20. November 2023

Nicole sammelt weihnachtliche Eindrücke


 

 


 

  Nicole sammelt weihnachtliche Eindrücke

 

Aufatmend lehnte Nicole die Schi an die Wand der Hütte und blickte sich mit strahlenden Augen um. 

Der Schnee klitzerte im Sonnenlicht und vom Dorf unten im Tal klang der volltönende Klang der Glocken, der die Menschen in den sonntäglichen Gottesdienst einlud. 

Ehrfürchtig betrachtete die junge Frau, die ringsum aufragenden Berge mit den schneeweißen Häubchen, die, majestätisch anzusehen, wie Wächter des Tals wirken. 

Die Tür der Hütte knarzte leise, als sie diese öffnete. Kälte schlug ihr entgegen und sie warf den Rucksack auf den Boden und kniete sich vor den Kamin. Erfreut stellte sie fest, dass sie nur noch ein Streichholz an das aufgeschichtete Holz halten musste und dankte still den guten Geistern, die sich in ihrer Abwesenheit um die Hütte kümmerten. 

Es klopfte und als sie die Tür öffnete lachte ihr das frische rotbackige Gesicht von Seppl, dem fünzehnjährigen Sohn des Ehepaars Brandner entgegen. 

Er grinste: " De Muada schickt mi, um nachzuschaun ob oß paßt" "Komm rein Seppl, hast du das Holz im Kamin so schön hergerichtet?" " Ja und d Mam hot mir a  Brot, frische Butter, Eier und a Mille mitgem.Ich brings schnei in Kuchel und dann geh in  Kella und drah Heizung auf." 

Und schon war er verschwunden. Nicky blickte ihm lächelnd nach, dann baute sie auf dem Tisch ihren Laptop auf. Zum Glück war der Empfang hier oben gut. 

Der Junge kam die Kellertreppe herauf gestapft. "So Heizung laft, brauchas no was?" "Ja, Seppl kannst du mir helfen vom Speicher den Weihnachtschmuck herunter zu holen?" 

"Jetzt scho! Wirham ja erst Ende Oktober, mir schmücka erst vorm erstn Adventsonntag."  

"Du weißt doch Seppl, dass ich Kinderbücher schreibe und nun soll ich bis zum 20igsten November 24 Geschichten für einen Adventskalender schreiben, damit mein Verlag sie noch rechtzeitig drucken kann. Weißt in der Stadt bei dem schmuddeligen diesigen grauen Wetter ist mir einfach nichts eingefallen." 

"J mei, wenn des so ist, dann heife erner a glei beim Schmücken." 

 


Eine Stunde später erstrahlte das Zimmer im schönsten Weihnachtsglanz. Übermütig gab Nicky dem Hut des Schneemanns, der neben der Tür stand einen Schubs und sah sich vergnügt um. Auch Seppl war begeistert. Er kramte in der Schachtel und zog eine lange Lichterkette hervor. 

"De werd i draußn an da großn Tanne obringa." " Halt, das kann man doch von unten sehen." Der Junge winkt ab, " a, di hoaltn sie sowieso für gspinnert, weils Bücher schreim, statt zu arbadn." 

Erschrocken sah er sie an und wurde knallrot. Die junge Frau lachte schallend. "Na wenn das so ist, dann mach mal." 

Als Seppl dann mit dem Verprechen, am nächsten Morgen mit frischen Lebensmittel wieder zu kommen, auf seinen Skiern abfuhr, ging Nicole zurück in die Hütte. 

Lächelnd ließ sie ihren Blick über die Krippe mit den holzgeschnitzten Figuren gleiten, betrachtete die Girlanden, die das Treppengeländer umwanden, den von ihrer Oma gestrickten Socken mit ihrem Namen und den großen Schnemann neben der Tür, der sie aus großen schwarzen Augen ansah. 

Dann setzte sie sich mit überkreuzten Beinen ihren Laptop auf den Knie vor den warmen Kamin, schloss ihre Augen einen Moment und dann liefen die Finger wie von selbst. 

Einige Tage war nun Nicole auf der Hütte und die Einfälle flogen ihr nur so zu. Zehn fertige Geschichten hatte sie schon abgespeichert. 

Jeden Tag nach dem Frühstück fuhr sie mit den Skiern durch die Schnee bedeckte Landschaft, beobachtete die Vögel, die sich um die Körner stritten, die in den Vögelhäuschen lagen, vom Förster an den Bäumen aufgehängt. 

Oft fuhr sie auch auf den Einödhof der Familie Brandner und trank in der gemütlichen Bauernküche eine Tasse Kaffee, ließ sich vom Opa, der auf der Bank am Kachelofen saß, erzählen, wie man Weihnachten hier früher gefeiert hatte. 

Natürlich wusste er viele lustige Anekdoten über den Ruprecht, der den Kindern immer mächtige Angst einflößte. 

 

                                 (c)  Werner Borgfeldt

Auch in den Stall führte Seppl sie und als sie die gemütlich kauenden Kühe mit den wunderschönen warmen braunen Augen sah, dachte sie an die Legende, dass die Tiere am HL Abend sprechen konnten. 

Und als sie dann in ihr behagliches, weihnachtlich geschmücktes Zuhause kam, da wurden aus der Fülle der Eindrücke wunderschöne kleine Geschichten. Lange vor dem vereinbarten Termin war ihr Adventskalender fertig. 

Sie schickte das Manuskript an den Verlag, bekam einige Tage später ein begeistertes Lob und die Nachricht, dass das Buch in Druck ging. 

Nicole beschloss noch einige Tage hier oben zu bleiben, bevor sie wieder in die triste Stadt fuhr. 

Wie freuten sich Seppl und seine Geschwister, als kurz vor dem ersten Dezember ein großes Paket mit weihnachtlichen Leckereien und oben auf ein dickes Buch mit herrlichen Bildern eintraf. 

Jeden Abend nun saßen sie zu Opas Füßen, während er ihnen eine der Geschichten vorlas. Und sie jubelten, wenn sie sich in einer Geschichte wieder erkannten, oder ihren Hof und den Stall. Selbst Harras der Hofhund erlebte ein eigenes Abenteuer.

 Vielleicht kann ich euch ja nächstes Jahr die Adventsgeschichten von Nicole vorstellen.

 

(c) Lore Platz 




 

 

5 Kommentare:

  1. Liebe Lore, das wäre natürlich großartig! Ich freue mich auf 24 Geschichten im kommenden Advent. Ob nun von dir oder von Nicole. ;-) Hauptsache, sie sind so heimelig, wie diese Geschichte, die du für uns geschrieben hast und die mir sprachlich einiges abverlangt hat. - Auch ein Lob an Monika für den tollen Schneemann! LG Martina

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  2. Liebe Lore,
    oh, ich werde die Geschichten lieben, genau wie diesen Auftakt, der mehr verspricht. Die Mundartstellen habe ich mir laut vorgelesen, damit ich sie verstehen konnte, herrlich, das hat Spaß gemacht. Monikas Schneemann ist ebenfalls toll! Alles in allem eine gelungene Sache!
    Herzliche Grüße
    Regina

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  3. Wieder so eine tolle Reizwortgeschichte. Da hofft man gleich auf Fortsetzungen!

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  4. Liebe Lore,
    wieder hast Du es geschafft, dass ich gestannt auf Deine Fortsetzung bin...

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  5. Das ist wieder eine besonders schöne Geschichte Lore. Weiter so!

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