Als Corona begann konnten meine Tochter und ich zum erten Mal seit 37 Jahren Weihnachten nicht zusammen feiern, da ich Risikopatient war. Dies hat mich zu dieser Geschichte inspiriert.
Viel Spaß beim Lesen!
Melis und die traurige Weihnacht
Oh
du fröhliche, oh du selige… “schallte es aus dem Lautsprecher im
Kaufhaus. Melis schloss genervt die Augen. Sie liebte Weihnachtslieder
und auch das Weihnachtsfest, doch diesmal war alles anders. Mit einem
Blick auf die lange Schlange, wandte sie sich an die nächste Kundin und
tippte flink deren Einkäufe in die Kasse. Endlich! Erleichtert stand das
Mädchen auf, als die Tür sich hinter dem letzten Kunden schloss. Sie
lieferte die Abrechnungen im Büro ab. Schlüpfte in ihren Mantel, warf
den Kolleginnen einen Gruß zu und verließ schnell ihre Arbeitsstätte.
Traurig wanderten ihre Gedanken zurück zu letzten Woche.
Ihre Schwester Liane hatten ihnen eröffnet, dass sie mit ihrem Mann und
den beiden Kindern diesmal Weihnachten in der Karibik verbringen und
ihre Eltern und Meli mitnehmen wollte. Leider hatte sie nicht bedacht, dass Meli so kurzfristig vor Weihnachten keinen Urlaub bekommen würde.
Ihre Eltern wollten deshalb nicht mitfahren, konnten sie doch ihre Jüngste an Weihnachten nicht allein lassen.
Doch Meli redete ihnen dies aus und heute Morgen sind ihre Eltern zu
ihrer Schwester gefahren und Morgen würden sie dann zusammen von
Frankfurt aus fliegen.
Beim Abschied umarmte ihre Mutter sie ganz fest und flüsterte: „ Ach Kind, macht es dir wirklich nichts aus.“
„Nein Mama, ich komme schon zurecht. An Weihnachten gibt es doch so
schöne Filme, Ich werde es mir mit einem Glühwein und den Plätzchen, die
du für mich gebacken hast, vor dem Fernseher gemütlich machen.“
Seufzend schloss Meli die Tür ihres Elternhauses auf. Müde zog sie die
Schuhe aus, hängte den Mantel auf und warf einen Blick in den
Kühlschrank, schloss ihn aber gleich wieder. Alleine essen machte keinen
Spaß. Im Wohnzimmer legte sie die Beine auf das Sofa und zappte durch das Programm.
Am nächsten Tag war der 23. Dezember und der erste Gedanke, als Meli aufwachte, war:
„Heute fliegt meine Familie in die Karibik.“
Bevor sie zu grübeln anfing und nur traurig wurde, sprang sie aus dem Bett.
Nach einer erfrischenden Dusche fühlte sie sich schon besser und merkte
nun auch, wie hungrig sie war, hatte sie doch gestern Abend nichts
gegessen. Der Kaffee und die Spiegeleier weckten ihre Lebensgeister
völlig. Schnell spülte sie das Geschirr, denn sie wusste heute würde es ein besonders stressiger Tag werden. Als sie dann nach Hause kam, fiel sie nur noch ins Bett.
Heiligabend , der 24 Dezember.
Als Meli die Augen aufschlug, freute sie sich, denn heute wurde das
Kaufhaus um 14 Uhr geschlossen. Sie tastete nach ihrem Handy und checkte
ihre Mails, doch keine Nachricht von ihrer Familie, dabei müssten sie
doch schon längst gelandet sein.
Endlich schloss sich die Tür hinter dem letzten Kunden. Als Meli in den Umkleideraum kam, drückte ihr die Chefin eine voll gefüllte Tragtasche in die Hand.
Das junge Mädchen stand etwas verloren auf dem Vorplatz und sah ihren
lachenden Kollegen nach, die in alle Himmelsrichtungen verschwanden.
Sie alle freuten sich auf heute abend, wenn sie mit ihren Familien feierten. Meli wurde es ganz wehmütig ums Herz.
Sie wollte noch nicht heim in das leere Haus und wie von selbst lenkten ihre Füße sie in Richtung Weihnachtsmarkt.
Als sie die weihnachtlich geschmückten Stände sah und mittendrin den
großen Weihnachtsbaum, kam doch eine leise Weihnachtsstimmung auf.
Sie wanderte an den Ständen vorbei, bewunderte die selbstgemachten
Krippen, die Räuchermännchen und die Glaskugeln in schillernden Farben.
Am nächsten Stand blieb sie stehen und betrachtete die bunte Mütze mit
Bommel. Dazu gab es noch einen Schal mit den passenden Handschuhen. Wie hübsch würde ihre Schwester damit aussehen.
Während sie der Verkäuferin zusah, wie sie die Handarbeiten liebevoll verpackte, spürte Meli wie Freude in ihr aufkam.
War der Sinn von Weihnachten nicht seinen Lieben eine Freude zu machen und das musste doch nicht unbedingt am Hl. Abend sein.
Eigentlich hatten sie ja ausgemacht dieses Jahr nur die Kinder zu beschenken. Aber was hinderte sie daran auch die Erwachsenen zu beschenken, es würde ihr etwas über die Leere in ihrem Herzen helfen.
Sie ging weiter und mit jedem Schritt stieg ihre Weihnachtsfreude.
Als sie einen Stand mit Schneekugeln entdeckt, lief sie etwas schneller. Ihre Mutter liebte diese verspielten Glaskugeln. Lange konnte sie sich nicht entscheiden, denn eine war schöner, als die andere. Die ältere Frau, die sie schon eine Weile lächelnd beobachtet hatte, holte aus einer Schachtel eine Kugel heraus.
„Sehen sie hier habe ich etwas ganz besonders, es ist etwas teurer als die anderen.“
Behutsam nahm Meli die Schneekugel in die Hand. Sie war wirklich wunderschön!
Auf einem Schlitten saß das Christkind und Engel umkreisten sie und
hielten sich an den Händen. Wenn man die Kugel leicht schüttelt,
schneite es goldene Sterne.
„Die nehme ich!“
Zufrieden steckte sie das hübsch verpackte Geschenk in ihre Tasche.
Nun brauchte sie nur etwas für die zwei Männer.
Bald hatte sie einen Stand mit Männerkleidung gefunden.Ihr Vater liebte
Krawatten und sie kaufte eine in seiner Lieblingsfarbe blau, dazu noch
blaue Socken.
Für ihren Schwager kaufte sie einen hübsch verarbeiteten Ledergürtel.
Dann fiel ihr Blick auf einen Stand mit Süßigkeiten. Die beiden waren richtige Schleckermäuler, sie würde für jeden noch ein Tüte mit Leckereien kaufen.
Mit ihrer Tasche voller Geschenke, schlenderte sie weiter, trank noch einen Glühwein und machte sich auf den Weg nach Hause.
Als sie in die Einfahrt zu ihrem Elternhaus einbog, blieb sie erschrocken stehen.
Das Haus war hell erleuchtet. Hatte sie heute Morgen vergessen das
Licht auszumachen, oder waren es Einbrecher? Unsinn! Die würden wohl
kaum Licht machen.Entschlossen ging sie weiter, doch als sie die Haustür
aufsperrte hatte sie doch ein mulmiges Gefühl.
Als sie die Tür öffnete stand ihre Familie im Flur und schmetterten ihr „Fröhliche Weihnachten!“ entgegen.
Von allen Seiten wurde sie umarmt.
Ihre Nichte riss ihr die Mütze vom Kopf und erwürgte sie fast, als sie dasselbe mit dem Schal machte. Währen dessen zerrte ihr Neffe an ihrem Mantel und dann führten sie ihre geliebte Tante ins Wohnzimmer.
Ein herrlich geschmückter Weihnachtsbaum strahlte ihr entgegen und unter dem Baum häuften sich die Geschenke.
Völlig überwältigt ließ sich Meli auf einen Sessel fallen.
„Aber,“ stammelte sie, „wieso seid ihr denn hier, habt ihr euren Flug verpasst?“ Nun redeten alle durcheinander und Meli hielt sich die Ohren zu,
„Bitte nur einer.“
„Das mach ich!“ rief ihre Schwester,
„ schließlich hatte ich die verrückte Idee Weihnachten in der Karibik
zu verbringe. Als wir am Flughafen waren wollte keine Freude bei uns
aufkommen. Mama war es, die es als erste aussprach.
„Ich fühle mich nicht wohl, wenn Meli ganz allein Weihnachten verbringen muss.“
Also fuhren wir wieder nach Hause. Ich habe die Reise auf Ende Januar
umgebucht, dann kannst auch du mitfliegen. Und wir werden zusammen eine
wunderschönes deutsches Weihnachtsfest mit dir feiern, Schwesterherz.“
Sie umarmte Meli.
Diese hatte Tränen in den Augen. „Ihr seid die beste Familie die es gibt.“
„Ach meine Kleine, wir konnten dich doch nicht allein lassen.“ Liebevoll nahm Frau Lang ihre Tochter in die Arme.
„ So Familie, jetzt kommt in die Küche. Wir wollen doch zuerst essen, bevor die Bescherung beginnt.“
„Was gibt es denn?“ wollte Meli wissen.
Ihre Mutter lachte.
„Natürlich Würstchen mit Kartoffelsalat. Da der erste und einzige
Versuch mit den Tradtionen zu brechen, gescheitert ist, bleibt alles
beim Alten.“
Lachend folgten sie ihr in die Küche.
Meli aber holte noch schnell ihre Tasche, legte die Geschenke unter den
Baum und mit einem glücklichen Lächeln ging sie in die Küche, die mit
Stimmen und Lachen erfüllt war.
© Lore Platz
Wieder eine wunderbare Geschichte, liebe voll in Szene gesetzt von Dir liebe Lore.
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