Freitag, 19. Dezember 2025

19 Hexe Liliput erlebt Weihnachten


 

 

Liebe Monika und lieber Peter, diese Geschichte ist euch 

gewidmet. 

 

 

 

Hexe Liliput erlebt Weihnachten



Tinchen saß auf der Fensterbank und beobachtete die dicken Schneeflocken. Waldprinz, der am Tisch saß ,betrachtete schmunzelnd die Schildkröte. „mach dir keine Sorgen, sie kommt schon durch den Schneesturm. „Zu Fuß bestimmt, aber ich fürchte, sie wird den Besen nehmen.“ 

In diesem Moment geht die Tür auf und eine strahlende Liliput stürmt herein.“Puh war das ein Flug, herrlich!“ 

Tinchen und Waldprinz sehen sich an. Tinchen Kopfschüttelnd, Waldprinz grinsend. 

Liliput wirft den Besen in die Ecke und setzt sich neben Waldprinz. 

 Neugierig betrachtet sie die Zahlen in seinem Heft. 

„Was ist das?“

„Das ist eine Zahlungsart, man nennt sie Wurzel 

ziehen."

 Einen Moment sieht Liliput ihn verblüfft an, dann beginnt sie schallend zu Lachen. „Ihr Menschen seid schon komische Geschöpfe, wir gehen zum Wurzel ziehen in den Wald.“ 

Doch dann wird sie wieder ernst. „Frau Kassandra hat uns erklärt, dass in einigen Tagen die Menschen unten im Dorf Weihnachten feiern und wir uns fernhalten sollen.

 “Aha und jetzt willst du hinunter, weil es verboten ist,“ brummt Tinchen. „Nein Tinchen, du weißt, dass meine Mutter eine Hexe und mein Vater ein Mensch war und ich will beide Seiten kennen lernen. Und ich habe schon einen Plan.

Ich werde mich wie ein Menschenmädchen kleiden und als Mariannes Kusine mit ihrer Familie Weihnachten feiern und du kommst mit.“ 

Waldprinz sieht sie entsetzt an. „Niemals!“

 „Ein guter Plan.“ 

 

 




Frau Kassandra steht an der Tür. Tolpatsch läuft ihr entgegen kleine Rauchwölkchen ausstoßend. Lächelnd betrachtet die Hexe den Drachen, den sie in die Größe einer Eidechse verwandelt hatte, damit er keinen Schaden mehr anrichten konnte und krault ihn hinter den Ohren.

 „Nun Liliput, da du zur Hälfte Mensch bist solltest du auch deren Bräuche kennen lernen und endlich auch den Hass auf die Menschen vergessen. Und du Waldprinz musst dich den Dorfbewohnern stellen. sechs Jahre ist es nun her, seit Marianne und Lukas dich gerettet haben, als dein Vater dich fast zu Tode geprügelt hat, du bist jetzt vierzehn. 

Groß, selbstbewusst und sehr klug, doch erst wenn du dich der Vergangenheit stellst bist frei.“ 

Waldprinz strafft die Schultern. „Ich begleite Liliput!“ 

Doch nun war Liliput dagegen.“Nein, die Menschen da unten sind böse, es ist zu gefährlich!“

 „Frau Kassandra hat recht, ich bin kein hilfloses Kind mehr und nicht alle im Dorfe sind böse, denk nur an deine Freundin Marianne und ihre Familie. Weißt du was meine Mutter immer gesagt hat, wenn ich mich weinend zu ihr geflüchtet habe und geklagt habe, alle Menschen wären böse: Nicht alle Menschen sind böse, fünf bösen Menschen stehen fünf guten Menschen gegenüber, das ist Gottes Ausgleich.“ 

 Frau Kassandra legt beiden die Hand auf die Schulter. 

„Viele Leute im Dorf waren nicht einverstanden, wie dein Vater nach dem Tod deiner Mutter mit dir umging, doch was sollten sie gegen den reichsten Bauern des Dorfes und den ketzerischen Pfarrer tun.“

 „Lebt er noch?“ will Waldprinz wissen. „Nein, es ist jetzt ein junger netter freundlicher Pfarrer im Ort. Aber nun macht euch bereit. 

 




Sie hebt den Zauberstab und Liliput steht in einem warmen Pelzmantel, eleganten Winterstiefeln,und einer schicken Pelzmütze, da. Sie dreht sich jubelnd im Kreis und bleibt überrascht stehen, als sie ihren Bruder entdeckt. „Nun siehst du wirklich wie ein Prinz aus.“ 

Neben Liliput steht ein Koffer und als diese ihn aufhebt, schüttelt sie den Kopf, „der ist ja ganz leicht.“ 

 Frau Kassandra lacht „der ist ja auch leer.“ 

Waldprinz schaut sie verwirrt an. „Was sollen wir mit einem leeren Koffer?“ Das ist ein Zauberkoffer, da ihr einige Tage bleiben werdet, braucht ihr Kleider zum wechseln und auch Weihnachtsgeschenke. Der Koffer wird euch jeden Wunsch erfüllen, wenn er es erlaubt. 

Und du Waldprinz bekommst eine Geldbörse, schließlich sollst du als reicher junger Mann auftreten. Du kannst jede Summe bekommen. 

Und du Liliput zügle dein Temperament keinen Zauber, du würdest deiner Freundin Marianne und ihrer Familie damit sehr schaden. Und nun kommt, ich setzte euch direkt vor der Tür von Marianne und Lukas ab. 

Sie schnippt mit den Fingern und ein Umhang schwebt durch die Luft, umhüllt die drei und sie sind unsichtbar. Die Tür öffnet sich und schließt sich. Tinchen seufzt kummervoll. Ob das gut geht.  

 




 

Waldprinz klopft und Josef Waller öffnet und sieht die beiden fein gekleideten jungen Leute fragend an. „Sie wünschen?“ Liliput kichert, “Josef wir sind es Liliput und Waldprinz. 

Josef zerrt sie ins Haus, lässt ihnen kaum Zeit die Mäntel abzulegen und führt sie in die gute Stube. Marianne springt auf, „ Liliput, Waldprinz!“ und umarmt sie stürmisch. 

Bald sitzen sie alle am Tisch und lassen sich die selbst gebackenen Plätzchen und den Tee schmecken. Liliput hat sich staunend umgesehen, nun bleibt ihr Blick verträumt an dem Adventskranz hängen, auf dem drei Kerzen brennen. Die anderen sehen sich lächelnd an. 

Waldprinz nippt an seinem Tee und bittet,“könnten wir bei euch wohnen. Frau Kassandra hat gemeint, wenn ich glücklich werden will in der Zukunft, muss ich mich der Vergangenheit stellen und mit ihr abschließen.“

Eine kluge Frau,“brummt Josef. „Und deshalb hat sie mich auch so vornehm ausgestattet und auch genügend Geld mit gegeben, um die ärgste Armut im Dorf zu lindern. Und dazu brauche ich deine Hilfe Josef. 

Bei meinen nächtlichen Besuchen bei euch bin ich oft am Armenhaus vorbeigekommen, es sieht schrecklich aus und hält sicher auch die Kälte nicht ab. Kennst du einen guten Schreiner, der ehrlich ist?“ 

„ja den Angerer Karl, ein armer Kerl, der seine Familie kaum ernähren kann, weil seine Auftraggeber nicht zahlen. Natürlich kann er deshalb auch den Holzhändler nicht bezahlen, der will ihn nach Weihnachten pfänden und ihn und seine Familie von Haus und Hof jagen.“ „Das müssen wir natürlich verhindern. Wer sind die Schuldner?“

 Naja die Großkopferden, dein Vater ist auch dabei.“Kurz blitzt es in Waldprinz Augen auf.“ „Josef willst du einmal Nikolaus spielen?“ „Der 6. Dezember ist zwar vorbei doch um jemanden Freude zu bereiten zählt nicht das Datum," " ich soll zum Angerer?“

  „ Ja lass dir die nicht bezahlten Rechnungen geben, dann bezahle sie und wirf sie ins Feuer. Dann sagst du ihm, dass im Frühjahr das Armenhaus abgerissen und ein neues gebaut und er den Auftrag erhält. Er soll einen Kostenvoranschlag machen. 

Und lass dir die Rechnung vom Holzhändler geben, bezahle sie und verlange eine Quittung."

 „Was soll ich sagen, wenn der Angerer fragt wer der großzügige Auftraggeber ist.“ „Die Wahrheit und dem Holzhändler sagst, der Angerer hat einen sehr guten Auftrag bekommen und sein Auftraggeber zahlte einen großzügigen Vorschuss. 

Ach und sag dem Angerer, am Samstag findet beim Sonnenwirt im großen Saal eine Weihnachtsfeier statt.“  

Waldprinz zieht aus dem Beutel ein Bündel Geld und reicht es Sepp. Anamirl, die den Raum vor einiger Zeit verlassen hat, kommt herein mit Sepps Rucksack. „Hier ich hab etwas zu Essen und  ein Päckchen Tee. Die Angerer werden nicht viel zu Hause haben.“ 

Die beiden verlassen das Zimmer. 

Liliput hat den Kopf in die Arme gestützt und sieht Waldprinz an. „Was ist?“ Die kleine Hexe grinst. „In all den vier Jahren die du nun bei uns auf dem Berg oben wohnst hast du noch nicht soviel gesprochen.“ 

Marianne kichert. „Du wirst ihn schon nicht zu Wort kommen lassen. „Wenn es nur das wäre, aber ich muss ständig aufpassen, dass sie nicht in die Klemme gerät.“ „Paah!“ Alle drei fingen zu lachen an. 

Anamirl kommt herein. „Na hier geht es aber lustig zu.“ Als sie es ihr erzählten musste auch sie lachen. 

Doch dann wurde Waldprinz ernst. „In fünf Tagen ist Heilig Abend und es gibt noch viel zu tun. „Wie können wir helfen?“ „Erstellt eine Liste wer und wie viel Menschen bedürftig sind und du Lukas gehst zum Sonnenwirt mietest den großen Saal. Er soll ihn weihnachtlich schmücken und ein großes Weihnachtsessen vorbereiten. 

Und ihr beide wendet er sich an die Frauen, „werdet die geladenen Gäste aufsuchen, bringt etwas zu essen mit und in Gesprächen versucht ihr herauszufinden was sie sich vom Christkind wünschen.“ „Das wird eine lange Liste.“ „Das schafft ihr schon,“ tröstet Waldprinz.“ 

„Ach ja und was macht ihr?“ „Wir ziehen uns schick an und mischen uns unter das Volk. Das ist der zweite Grund warum wir da sind, denn Liliput will die Welt ihres Vaters kennen lernen.“


(c) Werner Borgfeldt



Wenig später schlendern sie durch das Dorf, bewundern den großen geschmückten Weihnachtsbaum und wandern dann an den Ständen vorbei, um die geschnitzten Figuren zu betrachten. 

„Dein Vater,“ flüstert Liliput. Waldprinz versteift sich, und dreht sich um. Sein Vater bleibt vor ihm stehen und betrachtet ihn von Kopf bis Fuß. 

„ Es stimmt also, du bist nach sechs Jahren als reicher Junge zurück gekommen und wirfst nur so mit dem Geld um dich. Wie kommt ein vierzehnjähriger Junge innerhalb von sechs Jahren zu so viel Geld. Oder bist du doch eine Teufelsbrut und hast das Geld vom Teufel,“ sagt er gehässig. 

Inzwischen haben sich eine Menge Leute hinter den beiden eingefunden. Waldprinz sieht seinen Vater spöttisch an . „Glaubst du der Teufel würde mir erlauben, dass ich mit seinem Geld Gutes tue.“

 „Da hat er Recht.“ rief einer. Ein anderer schrie. „Er hat den Angerer vor der Pfändung gerettet und ihm auch die Schulden der drei bezahlt, die ihn erst ins Unglück stürzten.“ 

Eine Frauenstimme rief, „Und er hat alle Armen am heiligen Abend zum Sonnenwirt eingeladen!“ Waldprinz verbeugt sich vor seinem Vater, der immer stiller geworden ist, nimmt Liliputs Arm und schlendert davon.

War es schwer?“ „ja, aber auch befreiend.“ Schweigend gehen sie weiter.





Beim Sonnenwirt herrscht eine tolle Stimmung, es wird gegessen gelacht Weihnachtlieder gesungen und überall sieht man glückliche Gesichter. Waldprinz erhebt sich und sofort sind alle still. „Meine lieben Gäste ich hoffe es hat euch allen geschmeckt und auch die Geschenke, die das Christkind gebracht hat.“

Ja und wir danken auch dem edlem Spendern Waldprinz und dem Christkind!“ 

Jemand zupft ihn am Arm und als er hinunter sieht, steht ein kleines Mädchen mit einer Puppe vor ihm. „ Die Puppe hat mir das  Christkind gebracht.“

 




„Dann bist du aber sehr brav gewesen.“ „Nicht immer,“ gibt sie ehrlich zu. „Ich habe gehört, du bist früher sehr gemein behandelt worden, weil dein rechtes Gesicht anders aussieht als dein linkes. Das waren doch nur dumme böse Menschen. Meine Mutter sagt, man braucht kein schönes Gesicht, um hübsch zu sein, man braucht ein schönes Herz. Dein Herz ist wunderschön, deshalb bist du wunderschön.“ Sie winkt mit dem Zeigefinger.

Du bist so groß, bück dich mal.“ Zart streicht sie über seine rechte Wange und drückt ein Küsschen drauf, dann dreht sie sich um stapft zu ihren Eltern. Nicht nur Waldprinz hat Tränen in den Augen. Und dann sagt jemand.


Kindermund tut Wahrheit kund



© Lore Platz 1.10.2024



Dieses Bild hat der Sohn meiner Freundin und Malerin meines Blogs angefangen zu malen und Monika hat es nach seinem Tod fertig gemalt und mich gebeten es als Waldprinz einzusetzen.

Er war wirklich ein Prinz, er hat zehn Jahre gegen den Krebs gekämpft, musste viele, viele Schmerzen ertragen, hat nie geklagt oder gejammert und als er dann fühlte, dass es zu Ende ging zog er trotz der Schmerzen nach Dresden, um in der Nähe seiner Eltern zu sein, die den weiten Weg nach München nicht mehr schafften. So konnten sie noch einige Wochen zusammen verbringen und als er im Hospitzl lag kamen alle seine Freunde aus Bayern und waren dabei als er friedlich starb.

Es ist nicht wichtig ob man jung oder alt ist, wenn man stirbt. Es ist wichtig was man aus dieser Zeit macht und Ralph hat eine große Spur von Liebe hinterlassen. 

(c) Lore Platz  4.12. 2025 

Donnerstag, 18. Dezember 2025

18 Der Engel, der vom Schlitten fiel


 

Der Engel, der vom Schlitten fiel


Frederic lugt vorsichtig in die Backstube, aus der köstliche Düfte seine Nase kitzeln und locken.

Er grinst vergnügt als er niemanden dort erblickt und eilt mit schnellen Schritten zu dem Regal, wo die Plätzchen zum Auskühlen abgestellt sind.

Vergnügt langt er in eine der Dosen, holt sich eine Handvoll heraus und stopft sie in den Mund.

Mit dicken Backen kauend sieht er sich nach einer neuen Sorte der leckeren Kekse um.

„Dachte ich doch, dass du Leckermaul hier bist!“, reißt ihn die Stimme seines Freundes Markus aus seinen seligen Gedanken.

„St. Nikolaus wartet in der Halle und alle suchen nach dir!“

Frederic schluckt schnell den Rest hinunter, schürzt sein Kleidchen und rast durch den Himmel.

Atemlos erreicht er die große Halle, in der St. Nikolaus neben dem voll bepackten und startbereiten Schlitten bereits auf ihn wartet.

Der weiße Schimmel scharrt schon ungeduldig mit den Hufen.

Petrus der neben Nikolaus steht wirft Frederic einen finsteren Blick zu und grollt.

„Länger hätten wir jetzt nicht mehr gewartet und ein anderer Engel hätte St. Nikolaus auf die Erde begleitet!“

Frederic wird rot und wirft dem Bischof einen entschuldigenden Blick zu, dann klettert er blitzschnell auf die Pakete im Rücksitz des Schlittens.

Das große Himmelstor öffnet sich und sie schweben durch die Wolken auf die Erde.

Unten angekommen geht es in Windeseile durch Städte und Dörfer.

Der kleine Engel, der zum ersten Mal auf der Erde ist kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Leider verweilen sie immer nur kurz an einem Ort und

Frederic ist so beschäftigt mit Päckchen schleppen und an die Kinder verteilen, dass er wenig von seiner Umgebung sehen kann.

Als sie durch einen Wald fahren, fliegt plötzlich vom Baum eine Ladung Schnee herunter und direkt auf den Engel, der ganz oben auf den Päckchen thront, um ja alles um ihn herum im Blick zu haben.

Er schwankt und stürzt vom Schlitten.

St. Nikolaus , der nichts bemerkt hat, fährt ahnungslos weiter.

Der kleine Engel liegt einen Moment benommen im Schnee.

Als er die Augen wieder öffnet haben sich die Tiere des Waldes um ihn geschart und betrachten ihn neugierig.

„Hallo, könnt ihr nicht St. Nikolaus nachlaufen und ihn aufhalten?“

Ein Hirsch, der sich etwas abseits gehalten hat, tritt nun näher.

„Tut mir leid, kleiner Engel, aber der Schlitten des Nikolaus ist viel zu schnell für uns, den können wir nicht mehr einholen.“

„Ich heiße Frederic,“ stellt dieser sich vor.

„Angenehm, mein Name ist Adrian.“

 

 

(c)Irmi Brüggemann

„Und wir sind Hoppel, Poppel und Stups!“ rufen die Hasen.

Es raschelt im Gebüsch und ein Eichkätzchen kommt heraus.

„Hört mal die kleine Annika sitzt da vorn und weint.“

Dann sieht es den Engel. „Wer bist denn du?“

Der kleine Stups drängt sich nach vorn und erklärt wichtig:

„Das ist Frederic, er ist vom Schlitten des Nikolaus gefallen!“

Dieser hat sich inzwischen erhoben und klopft sich den Schnee aus dem 

Kleidchen.

„Wer ist denn Annika und ist sie auch gefallen, oder warum weint sie?“

„Annika ist ein kleines Mädchen und wohnt mit ihrer Mutter in dem 

Häuschen am Waldrand.

Sie ist sehr lieb und immer nett zu uns Tieren.

Warum sie weint, weiß ich nicht, aber du könntest sie ja fragen.Du sprichst doch die Sprache der Menschen?“

Frederic nickt und zusammen mit den Tieren gehen sie zu dem Mädchen, das auf einem Baumstamm sitzt und bitterlich weint.

Mitleidig umringen sie die Tiere und schniefend fährt sich das Mädchen mit dem Handschuh über die Augen.

Dann starrt sie Frederic mit offenen Mund an. Du bist ja ein Engel!“

Ja und ich heiße Frederic, aber sag warum weinst du denn?“ Das Mädchen deutet auf den Korb, der neben ihr steht.

Ich habe Tannenzapfen und kleine Äste gesammelt zum Anheizen, dann habe ich den Schlitten des Nikolaus bimmeln gehört und bin losgelaufen, um ihn zu sehen.

Dabei habe ich mich verlaufen!“

Die Tiere können dir bestimmt den Weg nach Hause zeigen, nicht wahr?“ wendet sich der Engel an diese.

Diese nicken.

Und bald sind sie alle zusammen auf dem Weg zum Haus am Waldessrand.

Annika hat Frederic angeboten bei ihnen zu warten, denn der Hl. Nikolaus kommt immer auf dem Rückweg bei ihnen vorbei.

Die Tiere kehren in den Wald zurück und der Engel folgt dem Mädchen ins Haus.

Die Mutter blickt erstaunt auf den Jungen der im Kleidchen und barfuß ihre Stube betritt.

Mein Junge, du musst ja frieren, komm schnell zum Ofen und setz dich.“

Frederic lacht vergnügt. „Engel frieren nicht!“

Ach du bist ein Engel?“ fragt Annikas Mutter etwas zweifelnd.

Ja, stell dir vor, St. Nikolaus ist mit seinem Schlitten durch den Wald gefahren und Frederic ist herunter gefallen.

Nicht wahr er kann doch bei uns warten, bis der Heilige Bischof heute Abend bei uns vorbeikommt?“ ruft Annika, die sich inzwischen aus dem Mantel geschält hat und mit ein paar flauschigen Pantoffeln in der Hand in die Stube kommt.

Sie hält sie dem Engel hin und dieser schlüpft hinein. Voller Wohlbehagen lächelt er.

Die sind aber schön weich!“

Mama dürfen Frederic und ich auf mein Zimmer gehen?“

Diese nickt abwesend, sie sitzt bereits wieder an ihrer Nähmaschine, denn bald kommt eine Kundin zur Anprobe.

Annika zeigt nun dem Engel ihr kleines Reich.

Auf dem Bett sitzen mehrere Plüschtiere und der Engel erkennt einige, die im Himmel genäht worden sind.

Da meint Annika auch schon: Die hat mir alle das Christkind gebracht, jedes Jahr eines.“

Was hast du dir denn für dieses Jahr gewünscht?“

Weißt du das denn nicht?“

Aber nein, für die Briefe sind andere Engel zuständig,“ meint Frederic und gesteht etwas verschämt:

Ich kann noch nicht so gut lesen!“

Oh ich kann schon ganz gut lesen! Lesen ist sooo schön!

Ich bin ja auch schon in der zweiten Klasse und ich habe mir vom Christkind ein großes Geschichtenbuch und Schlittschuhe gewünscht, glaubst du ich bekomme das?“

Frederic nickt ernst:

Bestimmt, du bist ja ein ganz braves Mädchen und außerdem sind es ja gar keine ausgefallenen Wünsche.“

Das wäre schön! Willst du mal sehen welche Geschenke ich für Weihnachten gebastelt habe?“

Ihr Menschen fertigt auch Weihnachtsgeschenke?“

Nun staunt der Engel aber.

Aber natürlich, weißt du, die Erwachsenen bekommen doch nichts vom Christkind, also habe ich für Mama eine kleine Schachtel für ihre Nähnadeln ..., warte ich zeig sie dir.“

Sie läuft zum Schrank und kramt darin herum, dann kommt sie mit einem wollenem Tuch und legt es vorsichtig auf den Boden.

Die Beiden setzen sich und Annika schlägt das Tuch auseinander und zeigt ihm ihre Schätze.

Eine hübsch bemalte Schachtel für die Mama, noch eine Schachtel mit buntem Papier beklebt, für die Pfeifenreiniger des Opas und einen gehäkelten Topflappen, der leider etwas schief geraten ist, für die Oma.

Traurig sieht Annika auf ihre Schätze und seufzt.

Nur für die arme Frau Markwart habe ich noch nichts, denn ich weiß nicht was ich ihr schenken soll, hast du keine Idee?“

Ich kenne die Frau doch gar nicht.“

Sie ist ganz ganz lieb, aber sie kann nicht mehr laufen, und muss den ganzen Tag im Rollstuhl sitzen. Morgens kommt immer der Pflegedienst und wäscht sie, dann helfen sie ihr beim Anziehen und dann sitzt sie den ganzen Tag am Fenster und sieht hinaus.“

Hat sie denn keine Kinder?“

Nein sie ist ganz allein, manchmal gehe ich mit Mama hinüber, wir bringen ihr dann eine Suppe oder einen Kuchen.Sie freut sich immer so.

Ach sie ist immer so lieb und freundlich und ich würde ihr so gerne eine Freude machen.“

Frederic stützt den Kopf in die Hände und überlegt angestrengt und Annika beobachtet ihn gespannt dabei.

Könntest du ihr denn nicht auch einen Topflappen häkeln wie deiner Oma.“

Das Mädchen schüttelt den Kopf, „ das geht so schrecklich schwer und außerdem kocht Frau Markwart ja nicht mehr.“

Frederic wirft einen Blick zum Regal, auf dem einige Bücher stehen.

Und wenn du ihr eines deiner Bücher schenkst, du hast doch gesagt , dass Lesen so schön ist.“

Ihre Augen sind so schwach!“

Wieder versinkt der Engel in Gedanken, dann ruft er plötzlich:

Ich weiß etwas, du schenkst ihr Zeit!“

Wie soll das denn gehen?“

Du gehst jeden Tag zu ihr und liest ihr etwas aus deinen Büchern vor, das freut sie bestimmt und sie ist nicht mehr so allein und sie hat jeden Tag etwas worauf sie sich freuen kann.“

Annika umarmt den Engel stürmisch.

Das ist eine gute Idee! Aber wie verschenkt man denn Zeit?“

Schreibe ihr einen Brief!“

Bald liegen beide bäuchlings auf dem Boden und basteln an dem Brief für die alte Frau.

Sie malen große Buchstaben, damit sie es auch lesen kann.

Dann faltet Annika das Blatt zusammen und sie laufen hinunter, denn das Mädchen hat beschlossen nicht bis Weihnachten zu warten, sondern heute zum Nikolaustag ihr Geschenk zu überreichen.

Auch die Mutter findet es für eine gute Idee und gibt ihnen noch eine Tüte mit selbstgebackenen Plätzchen mit.

Wie staunt die alte Frau, die etwas verloren am Fenster sitzt, als ein Engel und die kleine Annika zu ihr kommen.

Und Tränen laufen ihr über das Gesicht, als sie den Brief liest und Annika ihr erklärt, wie das gemeint ist und sie jeden Nachmittag nun vorbei kommt, um ihr vorzulesen.

Als sie nach einer Weile wieder gehen, lassen sie eine glückliche alte Frau zurück, denn nun hat sie etwas auf das sie sich jeden Tag freuen kann.



Später kommt dann der Hl. Nikolaus zu Annika.

Er ist auch gar nicht erstaunt, Frederic dort zu treffen, denn die Tiere haben es ihm bereits gesagt.

Lange noch winken Annika und ihre Mutter dem Schlitten nach.


© Lore Platz 8.12. 2018


Mittwoch, 17. Dezember 2025

17 Melis und die traurige Weihnacht


 

Weihnachtsmarkt

 

In München gab es bereits ab 1310 einen Markt in der Adventszeit: Den Nikolausmarkt. 

Früher war die Adventszeit eine Fastenzeit und Weihnachten begann erst am 25. Dezember. Die Fastenzeit begann am 11. November und endete am 25. Dezember, ausgenommen waren die vier Adventssonntage, sodass es genau vierzig Tage Fastenzeit waren.

Der Brauch, sich noch einmal mit der „Martinigans“ etwas Deftiges, Fettes zu gönnen, aber auch die Tatsache, dass der Fasching am 11.11. beginnt und ausgelassen gefeiert wird, ist eine Parallele zur Osterfastenzeit, die sich bis heute gehalten hat.

Ebenso weist der Brauch, am Heiligen Abend nur etwas Einfaches auf den Tisch zu bringen und die Gans erst am nächsten Tag zu servieren, darauf hin, dass der 24. Dezember ursprünglich einmal der letzte Fastentag war.

Der Sinn und Zweck der Fleischmärkte der damaligen Zeit war, der Stadtbevölkerung die Möglichkeit zu geben, sich nach den vorweihnachtlichen Fastentagen mit Fleisch für die Feiertage einzudecken.

Im Laufe der Jahre kamen zum Fleisch noch weitere Waren hinzu: Weihnachtliche Gebäckspezialitäten etwa, wie der namensgebende Striezel (Stollen) in Dresden. Aber auch andere Waren, Nützliches wie unterhaltsamer Tand, wurden nach und nach angeboten und die Märkte entwickelten sich so vom reinen Fleischmarkt zu einem Markt mit einem umfassenderen Angebot.


 

Melis und die traurige Weihnacht


Oh du fröhliche, oh du selige… “schallte es aus dem Lautsprecher im    Kaufhaus.

Melis schloss genervt die Augen.

Sie liebte Weihnachtslieder und auch das Weihnachtsfest, doch diesmal war alles anders.

Mit einem Blick auf die lange Schlange, wandte sie sich an die nächste Kundin und tippte flink deren Einkäufe in die Kasse.

 

 

Endlich! Erleichtert stand das Mädchen auf, als die Tür sich hinter dem letzten Kunden schloss.

Sie lieferte die Abrechnungen im Büro ab. Schlüpfte in ihren Mantel, warf den Kolleginnen einen Gruß zu und verließ schnell ihre Arbeitsstätte.

Traurig wanderten ihre Gedanken zurück zur letzten Woche.

Ihre Schwester Liane hatten ihnen eröffnet, dass sie mit ihrem Mann und den beiden Kindern diesmal Weihnachten auf in der Karibik verbringen und ihre Eltern und Meli mitnehmen wollte.

Leider hatte sie nicht bedacht, dass Meli so kurzfristig vor Weihnachten keinen Urlaub bekommen würde.

Ihre Eltern wollten deshalb nicht mitfahren, konnten sie doch ihre Jüngste an Weihnachten nicht allein lassen.

Doch Meli redete ihnen dies aus und heute Morgen sind ihre Eltern zu ihrer Schwester gefahren und Morgen würden sie dann zusammen von Frankfurt aus fliegen.

Beim Abschied umarmte ihre Mutter sie ganz fest und flüsterte: „ Ach Kind, macht es dir wirklich nichts aus.“

Nein Mama, ich komme schon zurecht. An Weihnachten gibt es doch so schöne Filme, Ich werde es mir mit einem Glühwein und den Plätzchen, die du für mich gebacken hast, vor dem Fernseher gemütlich machen.“


Seufzend schloss Meli die Tür ihres Elternhauses auf. Müde zog sie die Schuhe aus, hängte den Mantel auf und warf einen Blick in den Kühlschrank, schloss ihn aber gleich wieder. Alleine essen machte keinen Spaß.

Im Wohnzimmer legte sie die Beine auf das Sofa und zappte durch das Programm.



Am nächsten Tag war der 23. Dezember und der erste Gedanke, als Meli aufwachte, war:

Heute fliegt meine Familie in die Karibik.“

Bevor sie zu grübeln anfing und nur traurig wurde, sprang sie aus dem Bett.

Nach einer erfrischenden Dusche

Nach einer erfrischenden Dusche fühlte sie sich schon besser und merkte nun auch, wie hungrig sie war, hatte sie doch gestern Abend nichts gegessen. Der Kaffee und die Spiegeleier weckten ihre Lebensgeister völlig.

Schnell spülte sie das Geschirr, denn sie wusste heute würde es ein besonders stressiger Tag werden.

Als sie dann nach Hause kam, fiel sie nur noch ins Bett.


Heiligabend , der 24 Dezember.

Als Meli die Augen aufschlug, freute sie sich, denn heute würde das Kaufhaus um 14 Uhr geschlossen.

Sie tastete nach ihrem Handy und checkte ihre Mails, doch keine Nachricht von ihrer Familie, dabei müssten sie doch schon längst gelandet sein.


Endlich schloss sich die Tür hinter dem letzten Kunden.

Als Meli in den Umkleideraum kam, drückte ihr die Chefin eine voll gefüllte Tragtasche in die Hand.


Das junge Mädchen stand etwas verloren auf dem Vorplatz und sah ihren lachenden Kollegen nach, die in alle Himmelsrichtungen verschwanden.

Sie alle freuten sich auf heute abend, wenn sie mit ihren Familien feierten. Meli wurde es ganz wehmütig ums Herz.

Sie wollte noch nicht heim in das leere Haus und wie von selbst lenkten ihre Füße sie in Richtung Weihnachtsmarkt.

 




Als sie die weihnachtlich geschmückten Stände sah und mittendrin den großen Weihnachtsbaum, kam doch eine leise Weihnachtsstimmung auf.

Sie wanderte an den Ständen vorbei, bewunderte die selbstgemachten Krippen, die Räuchermännchen und die Glaskugeln in schillernden Farben.

Am nächsten Stand blieb sie stehen und betrachtete die bunte Mütze mit Bommel. Dazu gab es noch einen Schal mit den passenden Handschuhen.

Wie hübsch würde ihre Schwester damit aussehen.

Während sie der Verkäuferin zusah, wie sie die Handarbeiten liebevoll verpackte, spürte Meli wie Freude in ihr aufkam.

War der Sinn von Weihnachten nicht seinen Lieben ein Freude zu machen und das musste doch nicht unbedingt am Hl. Abend sein.

Eigentlich hatten sie ja ausgemacht dieses Jahr nur die Kinder zu beschenken.

Aber was hinderte sie daran auch die Erwachsenen zu beschenken, es würde ihr etwas über die Leere in ihrem Herzen helfen.

Sie ging weiter und mit jedem Schritt stieg ihre Weihnachtsfreude.

Als sie einen Stand mit Schneekugeln entdeckt, lief sie etwas schneller. Ihre Mutter liebte diese verspielten Glaskugeln.

Lange konnte sie sich nicht entscheiden, denn eine war schöner, als die andere.

Die ältere Frau, die sie schon eine Weile lächelnd beobachtet hatte, holte aus einer Schachtel eine Kugel heraus.

Sehen sie hier habe ich etwas ganz besonders, es ist was teurer als die anderen.“

Behutsam nahm Meli die Schneekugel in die Hand.

Sie war wirklich wunderschön!

Auf einem Schlitten saß das Christkind  und Engel umkreisten sie und hielten sich an den Händen. Wenn man die Kugel leicht schüttelt, schneite es goldene Sterne.

Die nehme ich!“

Zufrieden steckte sie das hübsch verpackte Geschenkn in ihre Tasche.

Nun brauchte sie nur etwas für die zwei Männer.

Bald hatte sie einen Stand mit Männerkleidung gefunden.Ihr Vater liebte Krawatten und sie kaufte eine in seiner Lieblingsfarbe blau, dazu noch blaue Socken.

Für ihren Schwager kaufte sie einen hübsch verarbeiteten Ledergürtel.

Dann fiel ihr Blick auf einen Stand mit Süßigkeiten.

Die beiden waren richtige Schleckermäuler, sie würde für jeden noch ein Tüte mit Leckereien kaufen.

Mit ihrer Tasche voller Geschenke, schlenderte sie weiter, trank noch einen Glühwein und machte sich auf den Weg nach Hause.

Als sie in die Einfahrt zu ihrem Elternhaus einbog, blieb sie erschrocken stehen 

Das Haus war hell erleuchtet. Hatte sie heute Morgen vergessen das Licht auszumachen, oder waren es Einbrecher? Unsinn! Die würden wohl kaum Licht machen.Entschlossen ging sie weiter, doch als sie die Haustür aufsperrte hatte sie doch ein mulmiges Gefühl.

Als sie die Tür öffnete stand ihre Familie im Flur und schmetterten ihr „Fröhliche Weihnachten!“ entgegen.

Von allen Seiten wurde sie umarmt.

Ihre Nichte riss ihr die Mütze vom Kopf und erwürgte sie fast, als sie dasselbe mit dem Schal machte.

Währen dessen zerrte ihr Neffe an ihrem Mantel und dann führten sie ihre geliebte Tante ins Wohnzimmer.

Ein herrlich geschmückter Weihnachtsbaum strahlte ihr entgegen und unter dem Baum häuften sich die Geschenke.

Völlig überwältigt ließ sich Meli auf einen Sessel fallen.

Aber,“ stammelte sie, „wieso seid ihr denn hier, habt ihr euren Flug verpasst?“

Nun redeten alle durcheinander und Meli hielt sich die Ohren zu,

Bitte nur einer.“

Das mach ich!“ rief ihre Schwester,

schließlich hatte ich die verrückte Idee Weihnachten in Tahiti zu verbringe. Als wir am Flughafen waren wollte keine Freude bei uns aufkommen. Mama war es, die es als erste aussprach.

Ich fühle mich nicht wohl, wenn Meli ganz allein Weihnachten verbringen muss.“

Also fuhren wir wieder nach Hause. Ich habe die Reise auf Ende Januar umgebucht, dann kannst auch du mitfliegen. Und wir werden zusammen eine wunderschönes deutsches Weihnachtsfest mit dir feiern, Schwesterherz.“

Sie umarmte Meli.

Diese hatte Tränen in den Augen. „Ihr seid die beste Familie die es gibt.“

Ach meine Kleine, wir konnten dich doch nicht allein lassen.“ Liebevoll nahm Frau Lang ihre Tochter in die Arme.

So Familie, jetzt kommt in die Küche. Wir wollen doch zuerst essen, bevor die Bescherung beginnt.“

Was gibt es denn?“ wollte Meli wissen.

Ihre Mutter lachte.

Natürlich Würstchen mit Kartoffelsalat. Da der erste und einzige Versuch mit den Tradtionen zu brechen, gescheitert ist, bleibt alles beim Alten.“

Lachend folgten sie ihr in die Küche.

Meli aber holte noch schnell ihre Tasche, legte die Geschenke unter den Baum und mit einem glücklichen Lächeln ging sie in die Küche, die von Stimmen und Lachen erfüllt war.



© Lore Platz 2023

 

Diese Geschichte schrieb ich, als  meine Tochter und ich wegen Corona nicht zusammen Weihnachten feiern durften

Dienstag, 16. Dezember 2025

16 Lisa sammelt weihnachtliche Eindrücke

 


 Lisa sammelt weihnachtliche Eindrücke



Aufatmend lehnte Lisa die Schi an die Wand der Hütte und blickte sich mit strahlenden Augen um.

Der Schnee glitzerte im Sonnenlicht und vom Dorf unten im Tal klang der voll tönende Klang der Glocken, der die Menschen in den sonntäglichen Gottesdienst einlud. 

Ehrfürchtig betrachtete die junge Frau, die ringsum aufragenden Berge mit den schneeweißen Häubchen, die, majestätisch anzusehen, wie Wächter des Tals wirken. 

Die Tür der Hütte knarzte leise, als sie diese öffnete. Kälte schlug ihr entgegen und sie warf den Rucksack auf den Boden und kniete sich vor den Kamin. 

Erfreut stellte sie fest, dass sie nur noch ein Streichholz an das aufgeschichtete Holz halten musste und dankte still den guten Geistern, die sich in ihrer Abwesenheit um die Hütte kümmerten. 

Es klopfte und als sie die Tür öffnete lachte ihr das frische rotbackige Gesicht von Seppl, dem fünfzehnjährigen Sohn des Ehepaars Brandner entgegen.

Er grinste: " De Muada schickt mich, um nach zu schauen ob alles passt"

"Komm rein Seppl, hast du das Holz im Kamin so schön hergerichtet?" " Ja und die Mam hat mir a Brot, frische Butter, Eier und a Milch mit geben. Ich bring´s schnell in die Küche und dann geh ich in den Keller und dreh die Heizung auf." Und schon war er verschwunden.

Lisa blickte ihm lächelnd nach, dann baute sie auf dem Tisch ihren Laptop auf. Zum Glück war der Empfang hier oben gut.

Der Junge kam die Kellertreppe herauf gestapft. "So Heizung läuft, brauchst noch was?"

"Ja, Seppl kannst du mir helfen vom Speicher den Weihnachtsschmuck herunter zu holen?"

"Jetzt schon! Wir haben ja erst Ende Oktober, wir schmücken erst vor dem ersten Adventssonntag."

 "Du weißt doch Seppl, dass ich Kinderbücher schreibe und nun soll ich bis zum 20igsten November 24 Geschichten für einen Adventskalender schreiben, damit mein Verlag sie noch rechtzeitig drucken kann.

Weißt in der Stadt bei dem schmuddeligen diesigen grauen Wetter ist mir einfach nichts eingefallen."

"Ja, wenn des so ist, dann helfe ich ihnen auch gleich beim Schmücken."

Eine Stunde später erstrahlte das Zimmer im schönsten Weihnachtsglanz. Übermütig gab die junge Frau dem Hut des Schneemanns, der neben der Tür stand einen Schubs und sah sich vergnügt um. 

Auch Seppl war begeistert. Er kramte in der Schachtel und zog eine lange Lichterkette hervor.

"Die werde ich draußen an die große Tanne hängen"

" Halt, das kann man doch von unten sehen." Der Junge winkte ab, " aber die halten sie sowieso für verrückt, weil´s Bücher schreiben statt zu arbeiten."  

Erschrocken sah er sie an und wurde knallrot. Die junge Frau lachte schallend. "Na wenn das so ist, dann mach mal."

Als Seppl dann mit dem Versprechen, am nächsten Morgen mit frischen Lebensmittel wieder zu kommen, auf seinen Skiern abfuhr, ging Lisa zurück in die Hütte.

Lächelnd ließ sie ihren Blick über die Krippe mit den holzgeschnitzten Figuren gleiten betrachtete die Girlanden, die das Treppengeländer umwanden, den von ihrer Oma gestrickten Socken mit ihrem Namen und den großen Schneemann neben der Tür, der sie aus großen schwarzen Augen ansah.

Dann setzte sie sich mit überkreuzten Beinen ihren Laptop auf den Knie vor den warmen Kamin, schloss ihre Augen einen Moment und dann liefen die Finger wie von selbst.

Einige Tage war nun Lisa auf der Hütte und die Einfälle flogen ihr nur so zu. Zehn fertige Geschichten hatte sie schon abgespeichert.

Jeden Tag nach dem Frühstück fuhr sie mit den Skiern durch die Schnee bedeckte Landschaft, beobachtete die Vögel, die sich um die Körner stritten, die in den Vogelhäuschen lagen, vom Förster an den Bäumen aufgehängt.

Auch in den Stall führte Seppl sie und als sie die gemütlich kauenden Kühe mit den wunderschönen warmen braunen Augen sah, dachte sie an die Legende, dass die Tiere am HL Abend sprechen konnten.

Oft fuhr sie auch auf den Einödhof der Familie Brandner und trank in der gemütlichen Bauernküche eine Tasse Kaffee, ließ sich vom Opa, der auf der Bank am Kachelofen saß, erzählen, wie man Weihnachten hier früher gefeiert hatte.

Natürlich wusste er viele lustige Anekdoten über den Ruprecht, der den Kindern immer mächtige Angst einflößte.

Und als sie dann in ihr behagliches, weihnachtlich geschmücktes Zuhause kam, da wurden aus der Fülle der Eindrücke wunderschöne kleine Geschichten. Lange vor dem vereinbarten Termin war ihr Adventskalender fertig.

Sie schickte das Manuskript an den Verlag, bekam einige Tage später ein begeistertes Lob und die Nachricht, dass das Buch in Druck ging.

Lisa beschloss noch einige Tage hier oben zu bleiben, bevor sie wieder in die triste Stadt fuhr.

Wie freuten sich Seppl und seine Geschwister, als kurz vor dem ersten Dezember ein großes Paket mit weihnachtlichen Leckereien und oben auf ein dickes Buch mit herrlichen Bildern eintraf.

Jeden Abend nun saßen sie zu Opas Füßen, während er ihnen eine der Geschichten vorlas. Und sie jubelten, wenn sie sich in einer Geschichte wieder erkannten, oder ihren Hof und den Stall. Selbst Harras der Hofhund erlebte ein eigenes Abenteuer.


(c) Lore Platz 2o21