Montag, 8. Dezember 2025

8 Der Geiger und das Jesuskind


 

Ein Lied geht um die Welt, stille Nacht, heilige 

Nacht


Dieses Weihnachtslied ist für mich das schönste. Wenn ich es höre bekomme ich Gänsehaut und Tränen in den Augen.

Es wurde am 24. Dezember 1818 in der Kirche St. Nikola in Oberndorf bei Salzburg zum ersten Mal aufgeführt.

Von Franz Xaver Gruber stammt die Melodie und der Text von Josef Mohr.

 

 

(c) Bonmomo

Der Geiger und das Jesuskind

 

Mit einem dumpfen Knall schließt sich das große Gefängnistor hinter 

Sebastian.

Fest umfasst seine Hand den Geigenkasten.

Mitten aus der Probe hatte man ihn damals verhaftet, denn er hatte einen Scheck seines Chefs gefälscht. Zwei Jahre war er nun im Gefängnis gewesen.

Er sieht sich um, doch niemand ist da, um ihn abzuholen.

Seine Eltern hatten ihn ein paarmal besucht und insgeheim hatte er gehofft, dass sein Vater jetzt hier wäre und ihn mit nach Hause nähme.

Leise beginnt es zu schneien und Sebastian steigt in den Bus, der ihn in die Stadt bringt.

In der Jackentasche steckt ein Zettel mit der Adresse eines Sozialarbeiters, der ihm weiter helfen sollte.

In der Stadtmitte steigt er aus.

Die Schneeflocken waren dicker geworden und die Straßen sind kaum zu sehen, trotzdem bemerkt er, dass alles weihnachtlich geschmückt ist.

Ach ja, morgen war ja der Heilige Abend.

Letztes Jahr hatte er ihn in der JVA verbracht. Sie sangen Weihnachtlieder in dem großen Gemeinschaftsraum und es gab sogar Plätzchen.

Von seinen Eltern war ein Paket gekommen.

Was sie morgen wohl machen und ob sie ihn überhaupt sehen wollen?

Auf einmal steht er vor einem Pfandleihhaus.

Sollte er die Geige versetzen? Ein paar Euro würde sie bestimmt bringen und er könnte sich eine ordentliche Mahlzeit kaufen.

Doch dann geht er entschlossen weiter.Nein, die Geige hatte seinem Großvater gehört, lieber hungern.

Aus den dicken Schneeflocken ist inzwischen ein Schneesturm geworden

Sebastian schlägt den Kragen seiner Jacke hoch und hastet vorwärts.Er sieht kaum die Hand vor den Augen.

Plötzlich stößt er an eine Stufe und sieht eine Kirche vor sich. Dort würde er Schutz finden vor dem grässlichen Wetter. Mühsam drückt er die schwere Tür auf und schlüpft hinein. Stille umfängt ihn.Er setzt sich auf eine der Bänke und legt den Geigenkasten neben sich.

Es riecht nach Weihrauch und Tannen, denn ein großer Adventskranz hängt vorne am Altar von der Wand herunter. 

Die Dochte aller vier Kerzen sind schwarz. Am Sonntag war ja der vierte Advent gewesen.

Unter dem Adventskranz aber ist die heilige Familie aufgebaut.

Josef in seinem braunen schweren Umhang, den Blick in die Ferne gerichtet, als mache er sich Sorgen über irgendetwas.

Maria in einem blauen langen Kleid einen weißen Schleier über dem Kopf sieht voller Liebe auf ihr Kind.

Das Jesuskind aber liegt in der Krippe, die Hände weit ausgebreitet als wollte es die ganze Welt umarmen.

Auf einmal dringt ein Sonnenstrahl durch die bunte Scheibe des Kirchenfensters und Sebastian ist, als würde das Jesuskind ihn anlächeln.

Wie unter Zwang holt er seine Geige aus dem Kasten und geht mit langsamen Schritten nach vorne.

Er hebt die Geige, stützt sie unterm Kinn ab und dann beginnt er zu spielen.

Lieblich strömen die Töne hervor und er spielt so schön, wie er noch nie gespielt hat.

Die Geige jubelt und jauchzt zu Ehren Gottes und das Jesuskind strahlt ihn freundlich an.

Sebastian wird ganz warm ums Herz und er spürt wie all sein Kummer sich löst und mit den Tönen verschwindet.

Wie aus einem Traum erwachend lässt er die Geige sinken und bemerkt in der Tür zur Sakristei einen Priester, der Tränen in den Augen hat und nun mit schnellen Schritten auf ihn zu kommt und ihm beide Hände entgegenstreckt.

Erschrocken wendet Sebastian sich um und eilt davon.

Der Pfarrer schürzt seine schwarze Soutane und läuft ihm nach.

Junger Mann warten sie doch, sie sind die Erhörung auf meine Gebete.“

Sebastian bleibt stehen und wendet sich um.

Atemlos setzt sich der Priester in eine Bank und winkte ihn an seine Seite.

Man sollte fast an ein Wunder glauben, euch hat der Herrgott geschickt.“

Sebastian lacht bitter auf.

Hochwürden, dann doch eher der Teufel. Ich bin ein Sünder und wurde gerade aus dem Gefängnis entlassen.“

Der Pfarrer sieht ihm lange in die Augen, dann lächelt er.

Ihr habt gute Augen und wenn ihr gerade aus dem Gefängnis kommt, dann habt ihre eure Strafe verbüßt.“


Ein verschmitztes Lächeln gleitet über sein Gesicht.

Aber Gott liebt doch die Sünder, wisst ihr das nicht? Jesus selbst hat doch gesagt:

Gott freut sich mehr über 99 Sünder, als über einen Gerechten.“

Er packt Sebastian am Arm und zerrt ihn zur Sakristei.

Kommt mit, meine Köchin soll uns einen guten Kaffee kochen und ich kann dir versprechen, sie hat einen prima Stollen und ihre Plätzchen zergehen auf der Zunge.

Du kannst mir ja dann erzählen warum du im Gefängnis warst und ich sage dir, warum ich denke dass der liebe Gott dich ausgerechnet heute in meine Kirche geschickt.“

Auf den fragenden Blick von Sebastian erklärt er ihm, dass vor einigen Tagen die Orgel kaputt gegangen ist und die Reparatur länger dauern wird.

Aber über die Weihnachtstage hatten sie keine musikalische Begleitung.

Und er fragt ihn, ob er den Kinderchor mit seiner Geige begleiten würde.

Mit strahlenden Gesicht nickt Sebastian.

Der Pfarrer bietet ihm sein Gästezimmer an und am Nachmittag ruft er den Chor zusammen, damit sie noch miteinander üben können.

Und am Abend steht Sebastian mit dem Kinderchor vor dem Altar und seine Geige jubelt wie noch nie.

Und als er nach dem wunderbaren Liede:

Stille Nacht, heilige Nacht“ die Geige sinken lässt sieht er in der ersten Bank seine Eltern sitzen, die beide Tränen in den Augen haben.“


© Lore Platz 2013



Sonntag, 7. Dezember 2025

7 Fritz und Elfie treffen den Nikolaus 2


 

Schlittenfahrt


Hurtig trabt der weiße Schimmel

Fröhlich seine Glöckchen bimmeln

Eingehüllt in warme Decken

Kann die Kälte uns nicht schrecken.

Große Flocken, weiße Pracht

Winter, wie hast die Welt du schön gemacht

Rote Bäckchen, blanke Augen, stimmen froh ein 

Lied wir an

Selbst der Kutscher brummt ganz leise, obwohl er 

doch nicht singen kann

Ein Hirsch edel und stolz

Kommt aus dem Unterholz

Regungslos bleibt er jetzt stehen

Überrascht uns hier zu sehen

Weiter geht’ s, das Ziel erreicht

Gesichert ist der Schlitten, das Pferd versorgt

Schnell nun aber hinein, in den wärmenden Hort

Weihrauchduft und brennende Kerzen

Empfängt uns, erreicht unsere Herzen

Jubelnd vom Chor nun die Orgel erklingt

Alle erheben sich, vom Blatt man singt

Die schönen Weihnachtslieder, die lobpreisen die 

Mutter und ihr neugeborenes Kind

Nur für Josef kein einziges Wort man find'

Der Priester spricht den Segen, wir dürfen hinaus

Wünschen allen frohe Weihnacht und fahren nach 

Haus

Hurtig trabt der weiße Schimmel

Fröhlich seine Glöckchen klingen


© Lore Platz 2014

 

 

Die Kinder folgten dem gütigen Mann nach draußen und jubelten, als sie den prächtigen Schlitten sahen.

Dürfen wir damit fahren? “ „Steigt nur ein!“ lachte Nikolaus und dann ging´s los.

Die Kinder jauchzten, doch als der Schlitten in den Hof einbog wurden sie ganz still.

Aufmunternd lächelte der Bischof ihnen zu.

Aus dem Haus kamen der Bauer und die Bäuerin und von überall das Gesinde.

Als der feine Herr nun mit den Kindern an der Hand auf sie zukam verbeugte sich der Bauer so tief, dass seine Nasenspitze fast den Boden berührte und sein Gesicht  eine rote Farbe annahm.
 

Seine Frau knickste und zwitscherte überfreundlich:“Welche Ehre darf ich sie ins Haus bitten.“ 
Da entdeckte sie die Kinder und wedelte mit beiden Händen. 
„Verschwindet ihr Bettelpack, belästigt den feinen Herrn net.“
 

Der feine Herr aber beachtete sie nicht und forderte die Kinder auf sie zur Großmutter zu bringen. 
Als er das zerfallene Häuschen betrat sah er sich um  und sein  Gesicht wurde sehr ernst. 
 

Doch als er die alte Frau auf dem Sofa sah, die sich bemühte aufzustehen wurde sein Blick  milde 

„Bleiben sie sitzen,Großmütterlein, ihre Enkel und ich laden sie zu einem Weihnachtsessen ein.“ 
 

Dann wendete er sich zu den Kindern, „helft der Oma beim packen, hier könnt ihr nicht bleiben und nehmt nur eure persönlichen Dinge mit, ich schicke euch meinen Kutscher, er kann euch helfen. 
Ich muss noch etwas erledigen.“ 
 

Als er das Haus verließ standen Gewitterwolken auf seiner Stirn. 
 

Mit schnellen Schritten ging er auf den Bauern zu und baute sich vor ihm auf. 
 

„Der Hias war Knecht bei ihnen und hat sein Leben verloren, als er ihres gerettet hat und statt sich aus Dankbarkeit um seine Mutter und seine Kinder zu kümmern steckt ihr sie in dieses kalte baufällige Rattenloch!“ 

Suchend sah er sich um.  „Martin, Mirl. Bärbel kommt."

Verlegen traten die drei zum Bischof. Dieser drückte jedem herzlich die Hand. 
 

„Ohne euch hätten meine drei Schützlinge diesen Winter vielleicht nicht überlebt.
 Nun packt eure Sachen und kommt mit uns.“
 

In diesem Moment kam die Oma am Arm des Kutschers und beiden Kinder, diese sprangen in den Schlitten und der Kutscher half der alten Frau, dann breitete er die warme Felldecke über die drei. 
 

Fritz entdeckte als erster Martin, Mirl und Bärbel. „Kommt ihr auch mit uns“ „i denk scho,“ brummte Martin. 
 

Nikolaus, der bereits neben dem Kutscher saß lachte  fröhlich . “Draußen vor dem Hof steht ein Schlitten für euch und euer Gepäck.“ 
 

Mit klingelnden Glöckchen fuhren die beiden Schlitten durch die herrliche schneeweiße Landschaft, dann geht´s einen steilen Berg hinauf und vor einem großen Anwesen blieben sie stehen. 

Martin, der als erster aus dem Schlitten gesprungen ist schaute sich staunend um und rief.
“Das ist doch der Einödhof vom Mooshamer, der vor kurzem gestorben ist ohne einen Erben zu hinterlassen.“
 

„Doch ein Erbe ist schon gefunden, wir mussten es nur aus gewissen Gründen geheim halten und ihr seid heute seine Gäste.“ lachte der Bürgermeister, der aus dem Haus  gekommen ist , um die Gäste zu begrüßen. 
 

Bald saßen sie alle an dem reich gedeckten  Tisch und schmatzen und lachten.
 

Als alle satt waren bat der Bürgermeister  sie in die gute Stube und nachdem jeder einen Platz gefunden hatte, begann er zu erklären:
 

„ Der Mooshamer war ein Sonderling, der mit den Dörflern, da unten nix zu tun haben wollte und jeder dachte er hätte keinen Erben.
 

Vor zwei Jahren hat er sein Testament gemacht und es versiegelt bei mir hinterlegt.
 

Als er dann verstarb und ich es öffnete, staunte ich nicht schlecht und wusste sofort, dass ich es unbedingt geheim halten musste.“
 

„Ja, aber warum?“ wollte Fritz wissen, „weil der Mooshamer der Großonkel deines Vaters war und den Hias zum Erben eingesetzt hat und da euer Vater vor einem Jahr verunglückt ist, seid ihr jetzt die Erben.
 

Stellt euch vor der Hartleitner Ludwig hätte das erfahren, der wäre doch gleich in die Stadt aufs Gericht und hätte sich für die Vormundschaft gemeldet und hätte sie auch bekommen, weil er sich ja so liebevoll euer angenommen hat nach dem Tod eures Vaters.
Deshalb habe ich verbreitet, dass nach dem Erben noch gesucht  wird und mit meinem Freund Nikolaus eure Entführung hierher geplant.“
 

„Ja und uns hast ja gleich mit entführt“, brummte Martin.
Der Bürgermeister grinste und schaute die drei, die auf dem Sofa saßen und mit großen Augen zugehört hatten verschmitzt an.
„Weil ihr hier gebraucht werdet.  

Du Martin bist bereits als Vormund für die Kinder gerichtlich eingetragen und wirst außerdem den Hof verwalten und Fritz beibringen was ein Bauer alles wissen muss und deine Frau wird der Ellii alles beibringen.
Dafür erhält jeder von euch ein ordentliches Gehalt sowie lebenslanges Wohnrecht.“
 

„Aber ich habe doch keine Frau!“  
„So wie du und die Mirl streiten hast du sie schon gefunden.“
 

„Ja und bevor wir gehen bekommt ihr meinen kirchlichen Segen und der Johann trägt es dann im Standesamt ein .“
 

Der Bürgermeister aber wandte sich an Bärbel.
„Du wirst hier die Hauserin und Köchin, mit einem großzügigen Gehalt und lebenslangem Wohnrecht. 

Elfie klatschte in die Hände „ Wir leben hier alle wie eine große Familie zusammen, das wird schön.“
 

Und was ist meine Aufgabe, „ fragte die Oma.
Die Kinder fielen ihr um den Hals und riefen.
„Du musst dir nur gefallen lassen, dass du von früh bis spät verhätschelt wirst!“

 

© Lore Platz  Juni 2024


Samstag, 6. Dezember 2025

6 Fritz und Elfie treffen den Nikolaus 1



 

In die Zeit um den Nikolaus herum fällt der Adventsbrauch des Anklöpfelns. Früher klopften arme Leute an die Türen des Dorfes, um Essen für die Festtage zu erbitten. Zum dank sangen sie Weihnachtslieder oder trugen Gedichte vor.


Fritz und Elfie treffen den Nikolaus  1


Vor vielen vielen Jahren lebten in einem Dorf zwei Kinder. Ihre Eltern waren gestorben und sie hausten zusammen mit ihrer Großmutter in einer alten halb verfallenen Hütte, die ihnen der Bauer, bei dem Hias, der Vater der Kinder, als Knecht gearbeitet hatte zur Verfügung stellte.

Aus Barmherzigkeit tat er es bestimmt net, aber er fürchtete das Gred der Leit.

Außerdem kümmerte er sich nicht weiter um sie und wenn die Mägde und Knechte nicht gewesen wären, dann wären die drei längst verhungert.

Eben saßen sie auf dem alten Sofa um sich gegenseitig aufzuwärmen.

Es war wieder mal einer dieser besonders kalten Winter.

Es klopfte und die Mirl und der Martin kamen herein. Der Knecht stellte den großen Topf, aus dem es köstlich duftete, auf den Tisch. „De schickt eich, die Köchin ,heit san ma a weng spat dro.“

„Ja, stellst eich vor, heit gehts drunter und drüber,“fiel ihm die Mirzl ins Wort, der der Martin viel zu langsam redete und schon schnatterte sie weiter:

“Haus und Hof musste schee putzt wern, denn beim Bürgermeister ist a ganz feiner Mann zu Bsuch. a Bischof aus Myyy“ „Myra, „ brummte Martin und als Mirl weiter sprechen wollte, hielt er ihr den Mund zu.

„Jetzt red i!“ Die Magd warf ihm einen wütenden Blick zu, schwieg aber. Der Knecht aber wandte sich an die beiden Kinder:“ könnt ihr Weihnachtsgedichte aufsagen und Weihnachtslieder singen.“

Als diese eifrig nicken, spricht er weiter ,“warum geht ihr dann am Nachmittag nicht beim Anklöpfeln mit. Heute werden die Großkopferden es doppelte geben weil sie vor dem feinen Herrn gut dastehen wollen.“

Dann nimmt er die Mirl beim Arm und zerrt sie zur Tür, dort dreht er sich um,“um vier Uhr sammeln sich alle am Dorfplatz.“

Kurz vor vier Uhr sind die Kinder am Treffpunkt und werden herzlich empfangen.

Dann ziehen sie gemeinsam los.

Ihr erstes Ziel ist wie immer das Haus des Bürgermeisters.

Sie stellen sich gerade auf, um zu singen, da wird die Tür geöffnet und der Bürgermeister und ein fein gekleideter Mann treten heraus. Der feine Herr spricht:“ liebe Leute bevor ihr uns mit euren Vorträgen erfreut tretet ein, wärmt euch auf und stärkt euch.

Verschüchtert folgen ihm die Weihnachtssänger und bleiben staunend an der Tür des Speisezimmers stehen.

Tische und Bänke standen dort die festlich gedeckt waren.

Und nun saßen die armen Leute in ihren armseligen Lumpen und wurden bedient wie die Fürsten.


Der feine Herr aber nahm Fritz und Elfie bei der Hand und führte sie hinaus. „ kring wir nix zum essn,“ maulte Fritz. Der Bischof. lachte, „Für euch ist der Tisch woanders gedeckt, doch vorher wollen wir noch die Oma abholen.“


© Lore Platz Juni 2024

 

 Fortsetzung folgt Morgen



Freitag, 5. Dezember 2025

5 Der Weihnachtsbaum muss raus!


 

Der Weihnachtsbaum muss raus!



Elke hielt mit beiden Händen die Kaffeetasse und sah glücklich lächelnd auf den leuchtenden Weihnachtsbaum.

Wie sie ihn liebte, diesen Duft nach Tanne und die bunten Lichter, die sie so sehr an früher erinnerten, als sie noch Kind war und glücklich. Noch nicht gefangen in einer kalten Ehe.

Die ersten Jahre waren noch schön, doch dann hatte sich etwas verändert. Es war genauso, als wäre sie ein Zombie.

Vielleicht war sie ja auch schuld, denn sie hatte viel zu viel aufgeben und sich zu sehr untergeordnet.

Erst war es ihr geliebter Beruf, denn Sebastian wollte, dass sie nur für ihn da war.


Dann hatte er nach und nach ihre Freundinnen vergrault, weil er sie ganz für sich haben wollte.

Und ihren Kinderwunsch hatte er einfach ignoriert, denn er war viel zu egoistisch, alles sollte sich nur um ihn drehen.

Und nun hatte sie erfahren, dass er auch noch eine Geliebte hatte, die neue Nachbarin, die in die Vogelvilla am Ende der Straße eingezogen war.

Aber seltsamerweise berührte sie das kaum, sie hatte sich schon lange innerlich von ihrem Mann entfernt.

Sie hörte ihn die Treppe herunter poltern und dann rief er auch schon.

Warum steht das Frühstück nicht auf dem Tisch!“

Elke nahm einen Schluck aus ihrer Tasse und grinste.

Wieso sitzt du hier und glotzt den dämlichen Weihnachtsbaum an, statt mir ein Frühstück zu machen.“

Elke drehte sich um und warf ihrem Mann einen spöttischen Blick zu.

Der Kaffee ist in der Kanne, im Kühlschrank sind Eier und Speck, wie man einen Toast in den Toaster steckt wirst du ja wissen.“

Was soll das! Ich arbeite Tag und Nacht , damit du ein schönes faules Leben hast und da kann ich doch wenigstens verlangen, dass du mir ein gutes Frühstück bereitest!“

Elke zuckte nur die Schultern.

Sebastian wurde noch wütender.

Außerdem der Weihnachtsbaum muss raus, warum steht er immer noch hier, willst du vielleicht an Ostern die Eier dran hängen. Verrückt genug bist du ja, mit deinem dämlichen Weihnachtsfimmel!“

Langsam stellte Elke ihre Tasse ab und wandte sich ihrem Mann zu.

"Vielleicht hätte ich weiter gemacht und wäre nicht zur Vernunft gekommen. Aber da du dir nun eine Geliebte zu gelegt hast, finde ich, es ist Zeit für dich zu gehen.“

Sebastian wurde blass: „Du weißt von Angela!“

Denkst du wirklich, das bleibt geheim, wie naiv bist du denn,“ spöttisch zog Elke die Brauen hoch.

Übrigens deine Koffer stehen gepackt in der Diele, ich möchte, dass du noch heute das Haus verlässt. Wie du weißt, gehört dieses Haus meinen Eltern.

Und mein Anwalt wird sich demnächst mit dir in Verbindung setzen und die Scheidung besprechen.“

Elke schloss die Augen und dankte dem guten Geist, der sie davor bewahrt hatte, das Angebot ihres Vaters anzunehmen, der ihnen das Haus überschreiben wollte.

Aber du kannst mich doch nicht einfach raus schmeißen, wo soll ich denn hin.“

Nun deine Geliebte wird dich sicher mit offenen Armen empfangen,“ grinste seine baldige Exfrau.

Wütend drehte er sich um und knallte die Tür zu.

Der Tannenbaum ließ vor Schreck ein Häufchen Nadeln fallen.

Bedauernd sah Elke ihn an.


Armer Kerl ich denke auch wir beide müssen uns schön langsam trennen.“

Die Haustür fiel ins Schloss und gleich darauf heulte der Motor des Autos auf.

Elke sprang auf und tanzte ausgelassen durch das Wohnzimmer.

Frei endlich frei!


© Lore Platz  ( 2022)



Donnerstag, 4. Dezember 2025

4 Die kleine Schneeflocke


 Die kleine Schneeflocke



Glitzerchen sieht bewundernd an sich herunter. Wie wunderschön ihr Kleidchen doch ist.
Zum ersten Mal ist sie nun eine Schneeflocke.
Vor kurzem noch lag sie mit ihren Geschwistern in einer schmutzigen Pfütze.
Doch dann kam Mutter Sonne und saugte sie alle auf.
Ach wie herrlich warm war es da, doch je höher sie stiegen umso kälter wurde es, bis es richtig schrecklich war und sie für einen Moment das Bewusstsein verlor.
Als sie wieder erwachte befand sie sich in dieser Wolke und trug ein herrlich glitzerndes weißes Kleid.
Mit spitzen Fingern hebt sie das Röckchen und dreht sich wie ein kleine Ballerina.
Fröhliches Lachen reißt sie aus ihrer Verzückung.
Kristalla, die schon oft den Kreislauf der Natur durchlebt hat und zur Schneeflocke wurde, fragt lächelnd.
Es gefällt dir wohl dein neues Kleid, das ging mir genauso beim ersten Mal, aber nun komm, das große Wolkentor wird geöffnet.“
Sie nimmt die Jüngere an der Hand und sie laufen zum Tor, an dem sich tausende von zarten weißen Flöckchen kichernd und schwatzend versammelt haben.
Frau Holle kommt aus ihrem Zimmer und klatscht in die Hände.
Ruhe meine Damen, etwas mehr ernst bitte!“
Sie drängt sich durch die kleine Schar nach vorne und winkt ungeduldig die naseweisen Flöckchen etwas zurück.
Tretet zur Seite, sonst kann ich ja das Tor nicht öffnen,“ ruft sie ärgerlich.
Langsam schwingen die beiden Flügel des schneeweißen Wolkentores auf und vor ihnen erscheint der graue Himmel.
Das lustige Gesicht des Windes taucht auf und fröhlich ruft er.
Nun denn auf, wir wollen tanzen
Mit einem Jubelschrei stürzen sich tausend und abertausend weiße zarte Schneeflocken in die Tiefe.
Frau Holle tritt schnell zurück, damit sie nicht mitgerissen wird.
Kristalla aber fasst Glitzerchen fest an der Hand, damit sie nicht getrennt werden.
Diese jubelt begeistert, wie schön war dieser freie Fall in die Tiefe.
Unter ihnen wird ein Wald sichtbar und Kristalla zieht ihre Freundin zu einem Baum, auf dessen Ast sie sich nieder lassen.
Viele ihrer Schwestern haben dieselbe Idee und bald sind die Bäume schneebedeckt.
Ein Eichkätzchen lugt neugierig aus seinem Kober und springt dann von Ast zu Ast und kichernd fallen die Schneeflocken, die dort geruht haben zu Boden.
Auch Kristalla und Glitzerchen sind unter ihnen.
Glitzerchen gefällt das gar nicht, von hier unten konnte man doch gar nichts sehen.
Kristalla aber winkt dem Wind.
Wir wollen in die Stadt lieber Freund.“
Zu Diensten meine Damen.“
Und er pustet in den Schneehaufen, wirbelt die vergnügten Flöckchen empor und treibt sie vor sich her in die Stadt.
Auf einem Dach lassen sie sich nieder.
Glitzerchen sitzt neben ihrer Freundin und sieht hinunter auf die beleuchteten Straßen, dann deutet sie auf den Weihnachtsbaum, der mitten auf dem Marktplatz steht.
Oh wie bunt und schön, ganz anders als die Bäume im Wald.“
Das ist ein Weihnachtsbaum!“
Und Kristalla erzählt nun der aufmerksam lauschenden Glitzerchen, dass die Menschen jedes Jahr am
24. Dezember die Geburt des Herrn Jesus Christus, dem Sohn Gottes feiern.
Dass sie geschmückte Tannenbäume in ihren Zimmern aufstellen und Geschenke darunter legen.Das Schreien von Kinderstimmen lässt sie zusammen zucken und vorsichtig lugen sie hinunter.
Ee Menge Kinder stürmt jubelnd aus dem Haus und bewirft sich mit Schneebällen.
Hier wohnen aber viele Kinder,“ staunt Glitzerchen.
Kristalla lacht. „Wir sitzen auf dem Schulhaus“ und geduldig erklärt sie , was eine Schule ist.
Ein Mädchen fängt laut zu weinen an und Glitzerchen ruft staunend:
Sieh, es kommt Wasser aus ihren Augen.“
Das sind Tränen, du weißt aber auch gar nichts,“ lacht ihre Freundin.
Na entschuldige, wenn man die erste Zeit seines Lebens in einer Wasserpfütze verbracht hat bekommt man nicht so viel von der Welt zu sehen.“ ruft Glitzerchen empört.
Das Klingeln einer Glocke ertönt und leise murrend verschwinden die Kinder im Schulhaus.
Komm wir wollen mal in das Klassenzimmer sehen!“
Kristalla nimmt ihre Freundin an der Hand und sie rutschen zum Fenster.
Die Kinder stürmen lärmend in den Raum und nach einigem Gerangel sitzen sie bald alle auf ihrem Platz.
Die Tür öffnet sich und ein Mann mit einer Gitarre in der Hand kommt ins Zimmer.
Die Kinder stehen auf und brüllen im Chor.
Guten Morgen Herr Berger!“
Dieser winkt ab und meint nur: „Setzt euch!
Heute studieren wir ein Lied für die Weihnachtsfeier ein.“
Und er erzählt den aufmerksam lauschenden Kindern von der schlesischen Lehrerin Hedwig Haberkern (1837 – 1902) die als „Tante Hedwig“ Erzählungen für Kinder schrieb.
Und in der „Geschichte von der Schneewolke „ kam dieses Lied vor, das sie heute einstudieren wollten.
Ein Junge teilt nun die Zettel mit dem Text aus, der Lehrer lässt einige Akkorde auf seiner Gitarre erklingen und dann singen die Kinder:

Schneeflöckchen, Weißröckchen, jetzt kommst du geschneit.
Du kommst aus den Wolken dein Weg ist so weit“

Die singen ja ein Lied über uns,“ staunt Glitzerchen.
Der Wind taucht neben ihnen auf.
Wollen die Damen weiter fliegen?“

Und bald wirbeln sie wieder durch die Luft!

© Lore Platz 6.01.2015


 

Mittwoch, 3. Dezember 2025

3 Micha will Nikolaus werden

 


Micha will Nikolaus werden


Der fünfjährige Micha sieht gespannt auf den Bildschirm, auf dem ein dicker fröhlicher Weihnachtsmann mit lautem Hohohohohooo aus seinem großen Sack , der niemals leer wird, Geschenke unter den Weihnachtbaum legt. 

Dann setzt er sich gemütlich hin und verspeist die Plätzchen, die Kinder für in bereit gestellt hatten.

„Kein Wunder, dass er so dick ist:“ Alex Michas zehnjähriger Bruder sieht grinsend auf den Bildschirm.

Micha rinnen die Tränen über die Wangen und Alex bekommt ein schlechtes Gewissen. 

Er setzt sich neben seinen kleinen Bruder und legt ihm den Arm um die Schulter. 

Micha bekommt einen Schluckauf und wischt sich die Tränen von den Wangen. „Es war gemein von dir, denn der Nikolaus ist ein ganz lieber Mann , der den Kindern nur Freude machen will und wenn ich groß bin werde ich auch Nikolaus.

„Tut mir leid Kleiner“.

Rosie, Alexs Zwillingsschwester kommt. 

Wütend funkelt sie Alex an, warum hast den Kleinen zum Weinen gebracht. 

„Ich habe gesagt der der Nikolaus wäre etwas Korpulent und stell dir vor, der Micha will Nikolaus werden wenn er groß ist.“ 

 „Prima, dann können wir ja jetzt gleich anfangen zu üben.“ 

Micha strahlt, während Alex sie an sieht, als wäre sie geistesgestört. 

„Der Nikolaus bringt doch nur den Kindern Etwas. 

Aber die Bewohner des Altersheim haben keine Verwandten mehr, denen könnten wir doch Weihnachtsfreude bringen, wenn wir jedem ein Päckchen schenken und ihnen Weihnachtslieder vorsingen.“

Micha sprang auf klatschte in die Hände und lief in die Küche und redete auf seine Eltern ein, die kein Wort verstanden. 

Doch als Rosie es ihnen erklärte, waren sie begeistert. 

Der Vater versprach alle Menschen, die an Weihnachten allein sind ausfindig zu machen. 

Die Mutter wollte mit ihrem Frauenbund Weihnachtsleckereien backen. 

Als sie verkündete, sie würde für alle drei entzückende Nikolausanzüge schneidern, wäre Alex fast in Ohnmacht gefallen.

Micha wurde zwar nicht Nikolaus, doch er wählte einen Beruf, in dem er das ganze Jahr einsamen Menschen helfen konnte und jedes Jahr gab es dann ein großes Weihnachtsfest.



© Lore Platz 7.11.2025