Donnerstag, 24. November 2022

 Liebe Leser,


leider ist Lores Computer defekt, so dass sie sich hier nicht zu Wort melden kann. Sobald es wieder möglich ist, meldet sie sich hier.

Derweil gibt es viele Geschichten hier zu lesen, die ihr vielleicht noch nicht kennt. Schaut einfach oben unter "Weihnachtsgeschichten" und haltet Lore die Treue!


Vielen Dank und euch allen eine gute Zeit

Regina



Donnerstag, 10. November 2022

Brief an das Christkind

Briefe schreiben ist ja inzwischen fast aus der Mode gekommen.
Was wird einst von den Handynachrichten übrig bleiben. Mein Mann, fuhr nach unserer Hochzeit noch zur See und aus dieser Zeit habe ich noch einen ganzen Ordner unserer Briefe und nun, da er nicht mehr an meiner Seite weilt, sind diese Briefe eine kostbare Erinnerungen.
Auch schrieb ich ihm jedes Jahr zu Weihnachten einen Brief, in dem ich das vergangene Jahr Revue passieren und  ihm dankte. 

 

 


 

 Der Brief an das Christkind


Der Weihnachtsmarkt in K war immer ganz besonders liebevoll gestaltet. Es gab mehr als zwanzig weihnachtlich geschmückte Buden, in denen man von Kleidung bis selbst gebasteltem Weihnachtsschmuck alles erwerben konnte. Auch ein Glühweinstand lud zum Verweilen ein, besonders da man einen
Zimstern gratis bekam.




Mitten drin aber stand ein riesiger Weihnachtsbaum, geschmückt mit goldenen Kugeln, Strohsternen und goldenem Lametta.
Die kleinen elektrischen Kerzen funkelten in allen Farben.
Ganz versteckt auf einem Zweig saßen zwei Engel und beobachteten das Treiben unter ihnen.
Warum, mussten wir hierher kommen,“ wollte Engelshaar wissen, sie wurde so genannt, weil sie ganz besonders schönes welliges blondes Haar hatte.
Doch Gesine, ihre Begleiterin und auch beste Freundin im Himmel, achtet nicht auf sie und ließ aufmerksam ihren Blick umher schweifen.
Dann lächelte sie plötzlich und deutete auf ein kleines Mädchen, das an der Hand eines großesn Mannes vor einer Bude mit Lebkuchen stehen geblieben war.
Deshalb! Siehst du das kleine Mädchen mit der blauen Mütze. Es hat einen Brief an das Christkind geschrieben, dass es sich zu Weihnachten eine Mutter wünscht, die ihr Geschichten erzählt und Plätzchen mit ihr bäckt und sie ganz doll lieb hat. Ihre Mutter
starb bei ihrer Geburt“
Und wir sollen ihr eine Mutter besorgen, wie denn? “
Gesine beachtete sie gar nicht und ließ wieder den Blick über den Platz schweifen.
Da ist sie und auch sie trägt eine blaue Mütze!“




Die beiden Engel tauschten einen verschmitzen Blick. Sie wissen, dass es nicht Zufall war, sondern im Himmel so beschlossen wurde.
Beide flogen los und dann kam ein heftiger Windstoß auf.
Petra hielt ihre Mütze fest und kämpfte sich mit gesenktem Kopf durch die Menge. Plötzlich stieß sie gegen ein Hinderniss und eine sonore Stimme meinte lachend. „Hoppla nicht so stürmisch!“
Das junge Mädchen blickte auf und sah in zwei warme braune Augen, die sie lächelnd musterten.
Wie er gekommen so plötzlich ist der Wind auch wieder verschwunden.
Verlegen löste sich Petra aus den Armen des Mannes, der sie immer hoch umfangen hielt.
Das kleine Mädchen, das neben ihm stand rief:
Du hast ja genauso eine blaue Mütze wie ich, hat dich das Christkind geschickt.“
Petra lachte, „nein das Christkind wohl nicht, aber der Wind hat mich zu euch geweht.“
Den hat bestimmt das Christkind gesandt.“
Vertrauensvoll nahm sie ihre Hand.
Ich bin Andrea, fünf Jahre alt und immer brav.“ Nachdem sie einen Blick auf ihren Vater geworfen hatte, meinte sie leise „meistens.“
Petra lachte fröhlich und beugte sich zu der Kleinen hinunter.
Ich bin die Petra und bin auch meistens immer brav.“
Andrea strahlte sie an.“ Willst du mit uns zur Eisbahn gehen, wir wollen noch Schlittschuh fahren?“
Ich habe keine Schlittschuhe dabei,“ bedauerte Petra.
Das macht nichts, man kann sie dort leihen, du kannst doch
Schlittschuhe laufen?“
Sicher, aber ...“
Andrea, du weißt doch gar nicht, ob Fräulein Petra Zeit hat und vielleicht ist sie gar nicht alleine hier?“ wandte der Vater, mit einem entschuldigendem Blick auf das junge Mädchen, ein.
Diese wird etwas rot. „Ich bin allein hier, bin erst vor kurzem nach K gezogen und kenne hier noch niemanden.“
Siehst du!“ meinte Andrea triumphierend, „ außerdem hat sie das Christkind geschickt, denn sie hat genauso so eine blaue Mütze wie ich. Petra kannst du eigenlich Plätzchen backen?“
Ja, aber natürlich und ich habe sogar einige besonders tolle Rezepte noch von meiner Großmutter.“ lachte Petra.
Andrea strahlte, „Prima, dann kannst du ja mit mir zusammen Plätzchen backen, weißt du meine Mama ist schon lange ein Engel im Himmel.“
Die Blicke er beiden Erwachsenen treffen sich und Andreas Vater meinte entschuldigend.
Bitte verzeihen sie meiner Tochter, ich bin übrigens Hans Brauer, Lehrer und Vater einer vorwitzigen Tochter.“
Petra lachte herzlich und Hans wurde ganz warm ums Herz.
Sie haben eine entzückende Tochter, Herr Brauer.“
Nennen sie mich doch Hans.“
Petra!“
Zwei Hände treffen sich mit warmen Druck.
Das kleine Mädchen aber betrachtet die beiden verschmitzt.
Dann nimmt sie energisch jeden an der Hand und zieht sie mit sich fort.
Mich friert und außerdem will ich noch Karusell fahren bevor wir auf die Eisbahn gehen.“
Die beiden Erwachsenen lassen sich zu gerne mitziehen.
Zu dritt erleben sie noch einen schönen Nachmittag.
Die beiden Engel aber waren zurück in den Himmel geflogen und Gesine zeigte ihrer Freundin den Brief des kleinen Mädchens.



Liebes Christkind

du bauchst mir gar geine geschenke bingen ich wünsche mir nur eins und das gans doll bitte bitte bing mir eine neue mutti die mich lieb hat mir geschichtn erzählt und pläzchen bakt wie monis mami das auch tut

und damit ich sie erkene soll sie so eine blaue mitze tragen wie ich


© Lore Platz



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Montag, 7. November 2022

Herr Siebenpunkt in Not



(c) Werner Borgfeldt


Herr Siebenpunkt in Not

Kater Moritz fährt mit seiner rauen Zunge eifrig durch seine Futterschüssel, bis sie blitzblank ist, dann streckt er sich zufrieden und stolziert hinaus in den Garten.
Eifrig beginnt er sich zu putzen, bis er ein leises Weinen hört.
Als er sich erstaunt umsieht erblickt er seine Freundin Frau Siebenpunkt, die bitterlich weinend auf einem Rosenblatt sitzt.
Lautlos schreitet er näher, bis seine Nase fast das Blatt berührt und fragt. „Aber liebe Siebenpunkt, was ist denn geschehen?“
Die Marienkäfer-Dame schnieft und deutet auf das Blatt hinter sich.
Heute Nacht sind meine Kinder geboren und mein lieber Mann ist nicht dabei gewesen. Seit gestern ist er spurlos verschwunden. Ach meine armen Kleinen, sie werden ihren Vater niemals sehen!“
Wieder bricht sie in ein jämmerliches Schluchzen aus.
Moritz wirft einen Blick auf die klebrigen orangen Kugeln und kann sich nicht vorstellen, dass diese überhaupt etwas sehen können.
Er zuckt die Schultern und sucht sich ein ruhigeres Plätzchen.
Frau Siebenpunkt aber betrachtet traurig ihre Eier und bange Gedanken quälen sie.

 
(c) Irmgard Brüggemann

Ein Schmetterling lässt sich in der Nähe nieder.
Gratuliere liebe Freundin, eine prächtige Schar und sie haben Glück, denn wenn in ein paar Tagen die Larven schlüpfen, habe sie große Chancen zu überleben.
Ein gutes Jahr, denn es gibt viele Blatt- und Schildläuse!
Aber wo ist der gute Siebenpunkt?“
Da perlen wieder die Tränen aus den schwarzen Äuglein und schluchzend ruft sie.
Ach Tausendschön, er ist seit gestern verschwunden und dabei wollte er doch unbedingt bei der Geburt dabei sein!“
Eine Hummel kommt brummend angeflogen und lässt sich schnaufend auf einem Blatt nieder, das ein wenig unter ihrem Gewicht wankt.
Aber liebe Siebenpunkt, Tränen?, sie sollten sich doch freuen über ihre prächtigen Kinder.“
Ihr Mann ist verschwunden,“ informiert ihn der Schmetterling.
Eine Heuschrecke hüpft durch das Gras und bleibt bei ihnen stehen.
Guten Tag, alle zusammen, habe euer Gespräch gehört.
Im Nachbarhaus wohnt ein böser Junge, der macht immer Jagd auf unsereins und stopft uns dann in eine Schachtel mit Löchern und vergisst uns. Viele meiner Freunde sind so schon verendet.“
Frau Siebenpunkt fällt in Ohnmacht.
Wie kannst du sie nur so erschrecken!“ ruft Tausendschön.
Na und, hab doch nur die Wahrheit gesagt!“
Beleidigt hüpft die Heuschrecke weiter.
Hermann Hummel hat inzwischen einen Tautropfen geholt und lässt ihn auf die Marienkäfer-Dame fallen.
Diese öffnet langsam die Augen und dann erhebt sie sich energisch.
Wir müssen nachsehen, kommt ihr mit!“
Die Drei fliegen nun auf das Nachbargrundstück.
Die Hummel war schon einmal im Haus gewesen und weiß wo das Zimmer des Jungen ist.
Sie haben Glück, denn das Fenster steht offen.

 
(c) RMzV



Doch wie sieht es hier aus! 
Kleider und Schuhe sind über den Boden verstreut, eine Schultasche liegt umgekippt auf dem Fußboden und Hefte
und Bücher sind herausgefallen.
Der Schreibtisch ist übersät mit Papieren, Stiften, einer
Schnur, einem Taschenmesser und mittendrin eine Coladose und ein angebissenes Brot.
Wie sollen wir hier meinen lieben Mann nur finden,“ seufzt Frau Siebenpunkt mutlos.


 
(c) eigenes Foto


Da erspähen sie eine Maus die über den Schreibtisch huscht und sich schnüffelnd mit erhobenen Pfötchen an der Dose aufrichtet.
Enttäuscht wendet sie sich ab und entdeckt dann das Brot in das sie mit einem wohligen Seufzer ihre Nase steckt. Käse!
Die drei Freunde fliegen zum Schreibtisch und lassen sich am Rande nieder.
Die Maus hebt den Kopf und funkelt sie an.
Ich habe es zuerst entdeckt!“
Keine Sorge, wir wollen ihnen ihre Beute nicht streitig machen,“ beschwichtigt Tausendschön.
Wir sind nur auf der Suche nach unserm Freund Herrn Siebenpunkt.“
Meint ihr den Marienkäfer?“
Ja! Habt ihr meinen Mann gesehen?“ Frau Siebenpunkt wird ganz aufgeregt.
Der ist dort hinten in der Schachtel,“ meint die Maus gleichgültig und knabbert an dem Brot weiter.
Nun erst bemerken sie den kleinen Karton, der auf der Kommode steht und fliegen dorthin.
Im Deckel sind Löcher und Frau Siebenpunkt beugt sich ganz tief darüber und ruft durch ein Loch.
Zuckerbärchen, bist du da drin?“
Ein leises Rascheln und dann hört man eine schwache Stimme jubeln: „Zuckerpünktchen, ja , ja, der böse Junge hat mich hier eingesperrt. Es ist so dunkel hier und ich bekomme kaum Luft! Kannst du mich befreien?“
Tausendschön und dein Freund Hermann - Hummel sind bei mir. Wir wollen es versuchen.“
Frau Siebenpunkt wendet sich an die Maus.
Mein liebes Fräulein können sie uns helfen?“
Die Maus lässt nur unwillig ihre Mahlzeit im Stich und klettert auf den Karton, doch auch sie kann diesen nicht bewegen.


(c) Irmgard Brüggemann

Moritz muss uns helfen!“ ruft der Schmetterling.
Wer ist Moritz?“ fragt das Mäuse - Fräulein neugierig.
Ein Kater!“ brummt Hermann Hummel.
Dann will ich mich lieber verziehen,“ murmelt die Maus, springt auf den Boden und verschwindet in einem Loch.
Frau Siebenpunkt will bei ihrem Mann bleiben.
Tausendschön und Hermann Hummel haben Bedenken, dass der Junge zurückkommt und sie auch noch in die Kiste sperrt.
Da spitzt die Maus aus ihrem Loch und ruft: „ Keine Bange, der ist mit seinen Freunden zum Baden an den Weiher gegangen und kommt so schnell nicht wieder.“
Kater Moritz liegt auf der Veranda und lässt sich die Sonne auf den Pelz brennen.
Unwillig öffnet er ein Auge, als er eine leichte Bewegung vor seiner Nase spürt.
Was wollt ihr?“ brummt er ungnädig, als er den Schmetterling und die Hummel bemerkt.
Du musst uns helfen, Siebenpunkt wurde von einem Jungen in eine Kiste gesperrt und wir sind zu schwach ihn zu befreien!“ ruft Hermann Hummel und Tausendschön nickt bestätigend.
Kann mir schon denken, wer das ist,“ brummt Moritz,
„ der Bengel von nebenan, hat schon mit Steinen nach mir geworfen und einmal packte er meinen Schwanz und wollte
ein Blechdose daran hängen. Da habe ich ihn aber tüchtig gekratzt, da hat er geheult!“
Moritz grinst zufrieden und begleitet von seinen Freunden springt er über den Zaun.
Er klettert die große Kastanie hinauf, die direkt vor dem Fenster steht und dann sind sie auch schon im Zimmer.
Die Maus, die sich mit Frau Siebenpunkt unterhalten hat, verschwindet blitzschnell in ihrem Loch, als der Kater durch das Fenster kommt.
Doch dieser beachtet sie gar nicht, springt auf die Kommode und stupst mit der Nase die Schachtel herunter.
Der Deckel springt auf und dürres Gras fliegt heraus und mittendrin Herr Siebenpunkt.
Grinsend sieht er seine Freunde an. „Danke!“
Dann spreizt er die Flügel und sie fliegen durch das Fenster in die Freiheit.
Zufrieden grinsend folgt ihnen Moritz.
Die kleine Maus aber huscht aus ihrem Loch und vergnügt sich wieder mit dem Käsebrot.





Herr und Frau Siebenpunkt sitzen wenig später eng umschlungen auf dem Rosenblatt und betrachten verzückt ihre Kinderchen.
Tausendschön und Hermann Hummel sind schon weitergeflogen.
Moritz aber betrachtet das verliebte Elternpaar und ihm wird ganz eigen zumute.

 
(c) Werner Borgfeldt


Er denkt an seine letzte Flamme Susi, die ihm vor einigen Wochen drei Kinder geschenkt hat, zwei Mädchen und einen Jungen.
Er könnte sie ja mal wieder besuchen und so streift er am Zaun entlang und als er die Straßenseite erreicht, springt er elegant darüber.
Während er durch die Gasse stolziert denkt er an Susi.
Sie war schon eine sehr Hübsche, der die Mädchen sehr ähneln und der Junge, nun der war ein richtiger Tunichtgut.
Moritz grinst.
Eben ganz der Vater!


© Lore Platz






Donnerstag, 3. November 2022

Ulli wünscht sich einen großen Bruder

In Medien und Internet hört und liest man nur noch Schreckensnachrichten und das könnte einem wirklich Angst machen und die Lust am Leben vergällen.

Doch dies ist nur ein Bruchteil eines großen Ganzen, unsere Welt ist wunderschön und das Leben ist lebenswert.

Es gibt noch so viele wunderbare Menschen, die bereit sind, sich den Problemen zu stellen, die nicht nur meckern, sondern machen und vor allem die sich die Freude am Leben nicht nehmen lassen.

Es gibt sie noch die Fröhlichkeit, die Liebe und das Lachen und vor allem der Mut zum Leben.

Da ich ein sehr postiver Mensch bin möchte ich etwas davon an euch weitergeben.

Jeden Tag werde ich versuchen eine positive Veränderung die ich finde an euch weiter zu geben und zwar unter dem Motto :


 

 wie Hoffnung

 

 

 

 

Vor einigen Jahren hörte man ständig von dem schrecklichen und gefährlichen Loch in der Ozonschicht.

Schon lange wird dies nicht mehr erwähnt, dabei hat sich die Ozonschicht der Erde wieder erneuert und das UV Schutzschild ist so klein wie es 1989 war. 

Warum werden Schreckensnachrichten so breit getreten und dann kaum erwähnt, wenn es wieder besser wird.

 Nun wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen!

 

 
 
Ulli wünscht sich einen großen Bruder


Der Wagen der Wellenbrinks verließ die Ausfahrt und Ulli kniete auf der Rückbank und winkte heftig seinem Cousin Bernd und dessen neuem großen Bruder Jochen.
Gestern hatte nämlich seine Tante Agnes geheiratet und nun hatte Bernd einen neuen Papa und auch einen großen Bruder bekommen.
Ulli, setzt dich und schnall' dich an,“ mahnte der Vater.
Der Fünfjährige rutschte auf den Sitz und ließ den Gurt einschnappen.
Jochen ist ein cooler Typ, er hat uns gezeigt wie man Steine über das Wasser springen lässt und hat Bernd ein Boot geschnitzt und mir will er ein Pferd schnitzen, wenn wir das nächste Mal wieder kommen.“
Ulli seufzte und meinte sehnsüchtig:“ Ich möchte auch einen großen Bruder haben.“
Seine Eltern schmunzelten.
Warum mussten wir denn heute schon wieder heim fahren, wir hätten ruhig noch bleiben können, Oma hat das auch gesagt.“
Brigitte Wellenbrink wendete sich um und schenkte ihrem Sohn ein tröstendes Lächeln.
Du weißt doch, dass heute Nachmittag die Stute kommt, die Papa vor einigen Wochen bei Scheich Abdul Hamit gekauft hat und da muss Papa unbedingt dabei sein. Und du freust dich doch auch darauf.“
Ulli war schon ein genauso großer Pferdenarr wie sein Vater und war sehr stolz auf ihr Gestüt. Vor einigen Monaten war Papa zu seinem Freund dem Scheich Abdul geflogen und hatte dort eine Araberstute gekauft mit dem Namen Hadia, das bedeutete Sonnenaufgang.
Plötzlich bremste Herr Wellenbrink und Ulli wurde auf seinem Sitz zurück geschleudert.
Verfluchter Mist, ein Stau, wir werden es nie rechtzeitig schaffen, ich habe gesagt, wir hätten gestern zurückfahren sollen, He, du lahme Ente, da vorne ist noch Platz, so ein
Sonntagfahrer man sollte dich in den Allerwertesten treten.
So jetzt ist Stillstand, so eine sch...!“
Arthur der Junge!“
Herr Wellenbrink sah schuldbewusst in den Rückspiegel, Ulli grinste und zwinkerte seinem Vater zu.
Das kannte er schon, denn sein Papa konnte ganz schön böse werden beim Autofahren und fürchterlich schimpfen.
Da wollte er doch mal die Ohren spitzen, vielleicht hörte er noch ein Wort das er noch nicht kannte.
Der Stau hielt sie tatsächlich ziemlich lange auf und als sie am Gut ankamen bog gerade der Pferdetransporter in die Einfahrt ein.
Herr Wellenbrink parkte das Auto an der Hauswand, sprang heraus und lief über den Hof zum Transporter, gefolgt von seinem Sohn.
Frau Wellenbrink sah den beiden Pferdenarren kopfschüttelnd hinterher, winkte einem der neugierig herumstehenden Knechte und bat ihn die Koffer in das Haus zu tragen. 
Sie selbst aber ging in die große Gutsküche, wo die Köchin Martha hantierte, ließ sich auf einen Stuhl fallen und stöhnte: „Jetzt brauche ich einen Kaffee.“

 

Aufgeregt beobachtete Ulli wie der Fahrer des Transporters und sein Begleiter, die Ladeklappe herunter ließen und dann nach oben stiegen.
Die rotbraune Stute, die nun erschien war wunderschön, doch weigerte sie sich die Rampe hinunter zu gehen. Sie wieherte nervös und stemmte sich mit den Hufen fest und soviel die beiden Männer auch zerrten und zogen, sie ging keinen Schritt vorwärts.
Doch auf einmal wie durch Zauberhand schritt sie plötzlich los und stand wenig später brav und ruhig auf dem Hof, als hätte sie nicht gerade einen Zirkus veranstaltet.
Der neue Pferdeknecht Georg wollte nach dem Halfter greifen, aber Ullis Vater meinte:
Lass nur, ich bringe sie selbst in den Stall, sieh zu, dass alles vorbereitet ist.“
Dann wandte er sich an die Herumstehenden:
Geht wieder an eure Arbeit, es gibt nichts mehr sehen.“
Und die beiden Fahrer wies er an, sich im Büro das Geld zu holen und dann in der Gutsküche Brotzeit zu machen.
Grinsend verschwanden die beiden im Haus.
Von früheren Transporten wussten sie, dass auf Gut Linderhof das Trinkgeld, sowie die Verpflegung reichlich war.
Ulli aber folgte seinem Vater und Hadia in den Stall.
Kurz bevor er diesen betrat sah er sich noch einmal um und bemerkte einen Jungen, der den Transporter verließ und in dem Schuppen verschwand.

Die Sonne kitzelte Ulli an der Nase und er öffnete die Augen.
Vom unten drang bereits der alltägliche Lärm zu ihm herauf.
Er lief ans Fenster und sah hinunter.
Auf dem Hof herrschte wie immer das morgendliche Durcheinander.
Rufe erklangen, Stimmen schallten, dazwischen klang das Kichern der Mägde und das Klirren der Milcheimer.
Aus der Schmiede war das rhythmische Klopfen des Hammers zu hören und die Stallburschen Luk und Piet brachten gerade die Pferde aus dem Stall.
 
 

 
Auf dem Weg zu den Koppeln wurden sie von Harras, dem Hofhund überholt, der ein Kaninchen entdeckt hatte, das gerade gemütlich an einem Löwenzahn knabberte und als es den Hund sah in schnellen Sprüngen davon hoppelte.
Ulli reckte sich, konnte aber Hadia nirgendwo entdecken. Sie durfte noch nicht auf die Weide, weil sie sich erst eingewöhnen musste.
Der Junge lief ins Badezimmer, kleidete sich an und polterte die Treppe hinunter.
Die alte Martha sah ihm lächelnd entgegen.
Während Ulli seinen Kakao trank und die frisch gebackenen Rosinenbrötchen aß, erzählte er Martha aufgeregt von der Hochzeit und dem großen Bruder, den Bernd jetzt hatte.
Vorsorglich steckte er noch zwei Rosinenbrötchen für später in die Hosentaschen, bevor er über den Hof stromerte.
Doch als er Hadia im Stall besuchen wollte, scheuchte ihn Georg weg. Ulli verließ mit finsterem Gesicht den Stall.
Den neuen Pferdeknecht konnte er gar nicht leiden.
Als er sah, wie die Katze Minka im Heustadel verschwand, fiel ihm der Junge wieder ein, den er gestern gesehen hatte.
 
 

 
Ob er noch da war?
Ulli schlüpfte durch den Türspalt in den Schuppen, der erfüllt war mit dem Duft des frisch gemähten Heus.
Durch die schmutzige Scheibe des Fensters kroch ein Sonnenstrahl und Hunderte von kleinen Staubpartikelchen tanzten im Sonnenlicht.
Von dem fremden Jungen aber war nichts zu sehen.
Minka kam auf Ulli zu und schmiegte sich schmeichelnd an seine Beine, plötzlich spitzte sie ihre Ohren, drehte sich um und hüpfte auf den Heuhaufen.
Ein Kichern ertönte und ein brauner Kopf mit schwarzen Wuschelhaaren tauchte auf.
Der fremde Junge klopfte sich das Heu von der Kleidung und verneigte sich dann grinsend vor Ulli.
Guten Morgen, kleiner Sahib.“
Ich heiße Ulli und bin kein Sahib,“ kicherte dieser, der wusste, dass Sahib soviel wie Herr bedeutete.
Komm Ulli setzen dich zu mir, ich bin Ahmed.“
Der kleine Junge setzte sich und sah Ahmed neugierig an, dieser grinste und seine weißen Zähne blitzten in dem gebräunten Gesicht.
Du sicher wissen wollen, warum ich sein hier?“
Ulli nickte und der arabische Junge erzählte ihm nun, dass sein Onkel, der ihn nach dem Tod seiner Eltern aufgenommen hatte, Stallmeister bei Scheich Abdul war und dass Ahmed dabei war als Hatia geboren wurde und seitdem hatte sich zwischen ihm und der Stute eine große Freundschaft entwickelt.
Deshalb war er auch sehr traurig, als sie nach Deutschland verkauft wurde und hatte sich heimlich auf das Schiff geschlichen.
Aber macht dein Onkel sich denn keine Sorgen?“
Nein, er denken ich wäre bei meinem Freund Yusuf und er mich lassen, weil weiß wie traurig ich bin.“
Du kannst dich doch nicht immer verstecken?“
Ich wissen, aber ich muss auf Hatia aufpassen, Mann der Georg heißt sein sehr böse zu ihr und knuffen und treten wenn niemand sieht, ich aber habe gesehen. Auch trinken er heimlich aus Flasche, die sein in seiner Hosentasche, sehr böser Mann. Schlimm zu Pferden.“
Aber wenn du das Papa erzählst?“
Nein, ich noch ein paar Tage warten wollen,
Sahib Wellenbrink vielleicht nicht glauben, da ich erst gestern gekommen. Kleiner Freund Ulli mir versprechen, Ahmed nicht verraten werden?“
Ehrenwort!“ Sie hoben die Hände und klatschten ab.
Da fiel Ulli ein, dass er ja noch die beiden Rosinenbrötchen in der Hosentasche hatte.
Ahmed hatte sicher Hunger.
Dieser biss auch heißhungrig hinein und gestand mit verklärten Gesicht, dass er solche Köstlichkeit noch nie gegessen hatte.
Unsere Köchin Martha backt sie jeden Tag frisch, ich werde dir immer welche bringen und was du noch möchtest zum Essen.“
Schritte waren zu hören und knarrend öffnete sich die Tür des Schuppens.
Ahmed war plötzlich verschwunden, nur das angebissene Brötchen lag noch neben Ulli.
Luk, der Stallbursche stutzte, als er Ulli sah.
Vor wem versteckst du dich denn?“
Dann sah er das Brötchen und grinste. „Hast dir wohl eins von Marthas leckeren Rosinenbrötchen gemaust und wolltest es hier in Ruhe auf futtern. Keine Angst ich verrate dich nicht.“
Luk, beeile dich, es gibt noch mehr zu tun!“ hörte man die Stimme des Stallmeisters.
Alter Leuteschinder!“ brummte Luk, häufte aber doch schnell das Heu auf die Schubkarre, Ulli half ihm dabei.
Kaum war er draußen, tauchte Ahmeds Kopf aus dem Heu auf.
Er wird gleich wieder kommen,“ warnte Ulli.
Ich weiß,“ grinste Ahmed und biss in das Brötchen, dann deutete er auf die Leiter.
Ich werde gehen nach oben und still sein wie Maus.“
Ulli aber suchte den Garten auf und kletterte auf den Apfelbaum.
Denn hierher kam er immer, wenn er besonders viel zum Nachdenken hatte.
Beim Mittagessen meinte der Vater besorgt, dass Hadia so nervös sei.
Die Mutter tröstete: „ Sie ist doch noch nicht lange hier und hat eine weite Fahrt hinter sich, sie muss sich sicher erst eingewöhnen.“
Arthur nickte, aber man sah ihm an, dass er sich Sorgen machte.
Nach dem Essen ging die Mutter ins Büro und der Vater nach draußen.
Ulli wartete bis Martha sich in ihr, mit altmodischen Möbeln eingerichtetes, Zimmer zurück gezogen hatte, um einen Mittagsschlaf zu halten.
Dann holte er sich den kleinen Rucksack in seinem Zimmer und schlich in die Küche.
Ahmed hatte ihm gesagt, dass ihm sein Glaube verbiete Schweinefleisch zu essen, also ließ er die Wurst liegen und packte zwei Hähnchenkeulen, Käse und Butter ein.
In der Speisekammer holte er ein Glas mit Kompott und fand auch noch einige Rosinenbrötchen.
Aus der Schublade holte er noch Besteck und dann brachte er die Schätze zu seinem neuen Freund.
Mit Begeisterung machte sich Ahmed über das Essen her.
Die nächsten Tage versorgte Ulli seinen Freund.
Herr Wellenbrink zeigte sich immer noch besorgt, weil Hadia sich überhaupt nicht eingewöhnen konnte.
So rief er Scheich Abdul an.
Dieser war genauso erstaunt wie er und dann erzählte er ihm, dass der Neffe seines Stallmeisters verschwunden sei.
Als Herr Wellenbrink dies beim Essen erwähnte, bekam Ulli einen knallroten Kopf.
Zum Glück fiel es seinen Eltern nicht auf.
Später aber, als er Ahmed besuchte, erzählte er ihm, dass sein Verschwinden bemerkt worden sei.
Und sein Freund versprach ihm, noch heute mit seinem Vater zu sprechen.
Doch dazu sollte es nicht kommen, denn beinahe wäre ein großes Unglück geschehen.
Der Gutsherr hatte sich nun endlich entschlossen, Hadia auf die Koppel bringen zu lassen.
Der Pferdepfleger Georg führte das nervös tänzelnde Pferd aus dem Stall.
Wütend zog er immer wieder an der Kandare und fügte dem empfindlichen Maul damit große Schmerzen zu.
Hadia wieherte, riss sich los und stürmte davon, geradewegs auf Ulli zu, der eben aus dem Haus kam und vor Schreck erstarrt stehen blieb.
Herr Wellenbrink lief los, doch er war zu weit entfernt, um noch rechtzeitig eingreifen zu können.
Da aber stürzte Ahmed aus dem Schuppen und riss Ulli zu Boden.
Hadia donnerte an ihnen vorbei und blieb nach ein paar Metern mit zitternden Flanken stehen.
Keiner wagte sich an das Pferd heran.
Herr Wellenbrink kniete neben seinem Sohn und als er erleichtert bemerkte, dass er außer ein paar blauen Flecken und Abschürfungen keine Verletzungen davon getragen hatte, überließ er ihn seiner Mutter und trat zu Ahmed.
Dieser hatte inzwischen die Kandare gelockert und redet in arabischer Sprache beruhigend auf das Pferd ein.
Du bist Ahmed?“
Ja, Kandare war viel zu fest, Hadia Schmerzen, Mann böse!“
Arthur Wellenbrinks Gesicht verfinsterte sich.
Er wandte sich an Georg.
Pack deine Sachen, lass dir im Büro deinen Lohn auszahlen, du bist fristlos entlassen. Für Pferdeschinder ist auf Linderhof kein Platz.“
Der Pferdepfleger zog den Kopf ein und schlich davon. Manch schadenfroher Blick folgte ihm, denn er war nicht sonderlich beliebt.
Und du mein Junge kommst mit, ich denke du hast mir eine Menge zu erzählen.“
Einträchtig marschierten sie mit Hadia dem Stall zu.


Nur widerstrebend folgte Ulli seiner Mutter ins Haus, die ihn verarzten wollte.
Ungeduldig wartete er dann auf seinen Freund und seinen Vater.
Endlich betraten die beiden in eine angeregte Unterhaltung vertieft das Zimmer.
Frau Wellenbrink aber streckte Ahmed beide Hände entgegen.
Mein Junge, ich danke dir!“
Der junge Araber grinste.
Nichts besonderes getan, Ahmed liebt kleinen Freund.“
Ulli sah mit bangen Augen auf seinen Vater.
Dieser schmunzelte.
Wir haben eben mit Scheich Abdul und Ahmeds Onkel Raschid telefoniert.
Ahmed wird vorerst als Gast bei uns bleiben und sich persönlich um Hadia kümmern.
In einigen Wochen wird Raschid kommen und seine Papiere bringen, dann machen wir einen Lehrvertrag. Denn Ahmed wird auf Linderhof zum Stallmeister ausgebildet.“
Ulli jubelte, dann nahm er die Hand seines großen Freundes und zog ihn zur Küche.
Herr Wellenbrink schmunzelte.
Nun hat Ulli statt eines großen Bruders einen großen Freund bekommen.“
Die Eheleute sahen sich lächelnd an.
In einigen Monaten würde Ulli ein kleines Brüderchen oder Schwesterchen bekommen.
Dann war er der große Bruder!

© Lore Platz