Montag, 21. Oktober 2024

Griseldis

guten Morgen und einen guten Start in die Woche





Im Dezember 1812 erhielten Achim von Arnim und seine Frau Bettina (geb. Brentano) das erste Exemplar des 1. Bandes der Kinder - und Hausmärchen der Gebrüder Grimm.
In dem grün eingebundenem Buch mit dem goldenen Schnitt stand die Widmung:
An die Frau Elisabeth Arnim für den kleinen Johannes Freimund!“
Inzwischen sind die Märchen der Gebrüder Grimm in 160 Sprachen übersetzt und gehören neben der Lutherbibel zu den bekanntesten Büchern der Kulturgeschichte.
Wir alle sind doch mit Dornröschen, Sieben Geißlein, Rotkäppchen, Hänsel und Gretel, Aschenputtel und Schneewittchen groß geworden.
Und jeder von euch hat bestimmt sein Lieblingsmärchen.
Einer meiner Neffen war begeistert von den sieben Geißlein und ich weiß nicht, wie oft ich diese Geschichte erzählen musste.
Eines meiner Tageskinder konnte nicht genug vom „dicken fetten Pfannkuchen“ bekommen.
Mein persönliches Lieblingsmärchen ist das Aschenputtel und heute noch sehe ich mir jedes Jahr zu Weihnachten „Drei Haselnüsse für Aschenputtel“ an.
Ich habe euch ja schon erzählt, dass ich sehr früh mit dem Geschichten schreiben angefangen habe und damals inspiriert von der Serie „Fury“ war meine erste Geschichte eine Pferdegeschichte, die im Wilden Westen spielte.
Zu meinem ersten Märchen hat mich „Schneewittchen“ inspiriert.
Erst Jahre später entstand dann mein persönlicher Zauberwald mit den von mir geschaffenen Wesen.
Heute nun möchte ich euch mein Frühwerk vorstellen.
Ein bisschen habe ich es überarbeitet, da mein Stil sich die letzten fünfzig Jahre geändert hat.


Griseldis



Aufgeregt läuft das junge Mädchen auf die Treppe zu.
Die beiden kleinen schwarzen Pagen, die ihre Schleppe tragen, können kaum folgen.
Plötzlich wendet sich das Mädchen um und einer der Pagen wird zur Seite geschleudert.
Empört strampelt er sich unter der Schleppe hervor, setzt seinen Turban wieder auf und sieht seine junge Herrin vorwurfsvoll an.
Prinzessin nicht immer sein so stürmisch, armes Niko gefallen hin!“
Griseldis lacht und ihre Augen funkeln übermütig.
Ach stürmisches Prinzessin haben armes Niko gewerft zu Boden nun haben gebrochen alle Knochen!“
Der Junge wirft ihr einen empörten Blick zu.
Nun Griseldis sich auch noch machen lustig über armes Niko!“
Liebevoll umarmt die Prinzessin den kleine Pagen.
Sei mir bitte nicht böse, Niko!
Ich bin doch so glücklich, Paps hat doch heute geheiratet und jeden Moment kommt die Hochzeitskutsche. Ich bin ja so gespannt auf meine neue Mutter. Sie soll wunderschön sein!
Nicht wahr du bist mir nicht mehr böse!“
Niko schüttelt den Kopf.
Wer kann diesem liebenswerten Geschöpf schon böse sein.
Ziko, der die Szene schmunzelnd beobachtet hat, meint jetzt ernst.
Die neue Königin sein bestimmt nicht so schön wie du, denn niemand kann dir an Schönheit gleich sein!“
Griseldis lacht herzlich.
Was versteht so ein kleiner Knirps schon von Schönheit. Es gibt viele, die schöner sind als ich!“
Lautes Trompetensignal verkündet die Ankunft des Königs.
Sie kommen und ich stehe noch hier oben!“ ruft die Prinzessin erschrocken.
Sie rafft ihre Schleppe, setzte sich auf das Treppengeländer und saust hinunter.
Die beiden Jungen klatschen begeistert in die Hände.
Doch Griseldis achtet nicht darauf, schüttelt ihre Kleidung zurecht und hastet weiter.
Als sie das Portal verlässt, fährt eben die königliche Kutsche vor.
Galant hilft der König seiner schönen Frau aus der Kutsche.
Griseldis eilt die Freitreppe hinunter und ihrem Vater geradewegs in seine ausgebreiteten Arme.
Nach einem zärtlichen Begrüßungskuss stellt König Hartmann seine Tochter der neuen Königin vor.
Das Mädchen ist begeistert.
Wie liebenswürdig und freundlich ihre neue Mutter doch war.
Ein Glück, dass sie deren finstere Gedanken nicht lesen konnte.
König Hartmann kneift seinem Töchterchen in die runde Wange.
Na, Spatz, der schlimmste Moment ist wohl vorbei?“
Griseldis lacht befreit auf.
Oh ja, ich muss gestehen ich hatte rasendes Herzklopfen, aber nun bin ich beruhigt.
Du hast gut gewählt, alter Herr!“
Alter Herr! Da hört sich ja alles auf! Wo bleibt der Respekt vor dem König, du Fratz!“ brummt er empört, dabei zwinkert er aber vergnügt mit den Augen.
Griseldis versinkt in einen tiefen Hofknicks.
Majestät könnt ihr mir noch einmal verzeihen?“
Oh, du kleines Biest!“ lacht der König.
Fröhlich lachend gehen sie ins Schloss, denn die Gäste warten bereits.




Sonntag, 20. Oktober 2024

Der Plan Gottes

 

 


einen schönen Sonntag wünsche ich euch,gerade läuft wieder alles schief in meinem Leben und es ist nicht immer leicht zu lächeln

 

 


 

Gerade in schlechten Zeiten stellt man sich die Frage:

" Gott warum lässt du das zu"

Hinter mir liegt ein langes Leben und sehr oft war es nie leicht, ich wurde  betrogen, verletzt oder es ging so oft etwas schief, dann kam ich auch oft ins zweifeln an Gott, obwohl ich ein gläubiger Mensch bin. 

Heute wenn ich zurück blicke , fällt mir auf, das alles seinen Sinn hatte. 

Die Stürme die mein Lebensschiff bedrohten, die Richtung und Umwege die es immer wieder ändern musste haben mich am Ende doch zu dem Leben geführt das mir bestimmt war, und dieses Leben ist für mich immer noch schön.

Viel Spaß beim Lesen!





Die alte Frau lag in dem weißen Krankenbett und sah aus dem Fenster. Die Sonne schien und hatte den letzten Schnee zum Schmelzen gebracht. Seufzend betrachtete sie ihr Bein, das in einem Gips in einer Schlinge hing. Leichtsinnig war sie gewesen, als sie in Pantoffeln zur Mülltonne lief. Auf einmal lag sie da, und ihr Bein lag in einem schiefen Winkel. Eine schmerzvolle Erfahrung.

Es kopfte und ein fröhliches junges Mädchen trat ein, küsste sie, holte sich einen Stuhl und setzte sich neben das Bett. "Oma, was machst du denn für Sachen?" " Naja, war zu faul um extra in die Schuhe zu schlüpfen. Hatte Glück im Unglück, hätte mir ja auch die Hüfte brechen können, da habe ich mir aber nur einige blaue Flecken geholt." Tina schüttelte den Kopf, "Oma, für dich ist das Glas immer halbvoll."  

Doch dann runzelte das Mädchen die Stirn und meinte vorwurfsvoll: " Warum habt ihr mich denn nicht verständigt?"  " Du stecktst doch jetzt mitten in den Prüfungen, woher weißt du überhaupt davon." "Von Andreas, er arbeitet doch zur Zeit in München als Assistenzarzt und wenn er frei hat besucht er mich und frägt mich ab." 

Die Oma schmunzelte und Tina wurde ein wenig rot. Hastig sprang sie auf. "Ich muss dann auch gleich wieder los, wann darfst du denn nach Hause. " Ende nächster Woche, wenn die Heilung gut voran schreitet." " Prima, dann beginnen ja die Semsterferien und ich kann dich gesund pflegen." sie beugte sich nieder und drückte einen kräftigen Schmatz auf die Wange der alten Frau und verschwand fröhlich winkend.

Die alte Frau lehnte sich ihn ihr Kissen und ihre Gedanken wandern 25 Jahre zurück. Damals war ihr Sohn Richard freudestrahlend aus München gekommen und hatte ihnen stolz sein Diplom als Ingenieur präsentiert. Eine Flasche Sekt hatten sie geköpft und auf seinen Erfolg angestoßen, dabei hatte er ihnen  auch noch seinen Arbeitsvertrag bei einer großen Maschinenfabrik gezeigt. 

Einige Monate später hatte er Isabella mitgebracht und sie als seine Braut vorgestellt. Sie war die Tochter seines Chefs. Obwohl das Mädchen freundlich und liebenswürdig war, hatte sie kein gutes Gefühl. Und auch ihrem Mann Emeran ging es so. Doch Hauptsache der Junge war glücklich und als die kleine Tina zur Welt war er sogar überglücklich. 

Und dann geschah das große Unglück. Ein Heizkessel in der Fabrik explodierte und fünf Mitarbeiter starben, darunter auch Richard, die kleine Tina war gerade zwei Jahre alt.

Für sie und Emeran brach eine Welt zusammen. Sie bgeriffen nicht warum ihr einziger Sohn so früh sterben musste.  Pfarrer Gietl meinte, manchmal begreife man nicht wenn etwas schreckliches passierte, dass Gott dies zugelassen hat, doch Gott hat immer einen Plan. Da hatte sie den Geistlichen angeschrien, was das denn für ein Plan sein sollte, dass Gott ihren einzigen Sohn so früh sterben ließ. Und sie war ohne Mantel hinaus in den strömenden Regen gestürzt, zum Friedhof gelaufen und auf dem Grab ihres Sohnen weinend zusammengebrochen.

Emeran hatte sie nach Hause geholt, danach war sie sehr krank geworden und eines Nachts sah sie in ihren wirren Fieberträumen ihren Sohn Richard. Er blickte sie mit ernsten Augen an und sagte: "Mama deine Zeit ist noch nicht gekommen, willst du Papa denn ganz alleine lassen und eines Tages wird die Zeit kommen, da Tina dich braucht."  Von da an war es aufwärts mit ihr gegangen und sie wurde wieder gesund. Später wusste sie nicht, ob sie wirklich von ihrem Sohn geträumt hatte, aber der Satz: `Tina wird dich brauchen` , kam ihr immer wieder in den Sinn.

Doch zunächst sah es nicht so aus. sie hörten weder von Isabell noch von Tina etwas. An ihrem vierten Geburtstag zündete sie in der Kirche  eine Kerze für ihre Enkelin an. Kurz darauf, es war ein schöner Sommertag und sie saßen draußen vor ihrem Häuschen auf der Bank, hielt ein roter Sportwagen vor ihrem Haus. Ein junger Mann sprang heraus und stellte einige Koffer und Kartons auf die Straße, während ihre Schwiegertochter, das Kind hinter sich herziehend, auf sie zukam. " Hier ihr könnt euer Enkelkind haben , ich will wieder heiraten und uns ist das Balg nur ein Klotz am Bein." Sie deutete auf die Straße: " Das ist ihr ganzer Besitz, euer Sohn war ein armer Schlucker, als ich ihn geheiratet habe, dem Kind steht also nichts zu." Sie drehte sich um und Tina stand da mit hängenden Armen und sah ihr nach.

Die ersten Wochen waren schwer für alle drei, doch durch ihre Freunde, den Landarzt Pankratz und seiner Familie und den Lehrer Rudolf und dessen Familie, taute Tina langsam auf. Besonders der siebenjährige Andreas, der Sohn von Pankratz hatte sich sofort zum Beschützer des kleinen schüchternen Mädchens berufen gefühlt.

Die alte Frau schmunzelte. Und nun schien aus dieser Kinderfreundschaft Liebe zu werden, einen besser Mann konnte sie sich für ihre Tina nicht denken.

Isabell hatten sie nie mehr gesehen. Vor einigen Jahren hörten sie, sie wäre zum dritten Mal geschieden und gondle in der Weltgeschichte herum. Sie hatte kein Mitleid mit ihr, denn ihre Schweigertochter hatte sich ja für dieses Leben entschieden.

Damals hatte sie Gottes Plan verstanden. Früher oder später hätte Richard den schlechten Charakter seiner Frau entdeckt und da ihm das Sakrament der Ehe heilig war, hätte er nie in eine Scheidung eingestimmt. Isabell hätte ihm das Leben zur Hölle gemacht und in dieser vergifteten Atmosphäre hätte sich Tina nicht zu diesem fröhlichen unbeschwerten Mädchen entwickeln können.

Die Tür des Krankenzimmers öffnete sich  und Schwester Babette rief fröhlich: "Abendessen Frau Brunntaler!"


(c) Lore Platz





(c) Lore Platz 2021



 

Samstag, 19. Oktober 2024

Hexe Liliput und die Drachenjäger 2

Ich hoffe die Gesxhichte hat euch gefallen, denn ich will diese Serie fortsetzen, im neuen Adventskalender gibt es eine neue Geschichte.






Er winkte. „Kommt mit!“
Sie folgten ihm in die Felsenspalte durch viele verschlungene Gänge und kamen in eine große Höhle.
Tolpatsch sank erschöpft nieder.
Die kleine Hexe sah sich erstaunt um.
Hast du es aber schön hier, ich bin Liliput und das ist mein Freund Tolpatsch. Hast du Wasser, ich muss die Wunde reinigen.“
Der Junge eilte in eine Nebenhöhle und kam mit einer Schüssel Wasser und einem Bund Arnika zurück.
Liliput wusch die blutende Wunde, während der Junge aus der Heilpflanze einen Brei machte, den die Hexe vorsichtig auftrug.
Sie schnippt mit dem Finger und ein großes Pflaster legt sich über die Verletzung.
Du kannst zaubern, warum hast du dann nicht die Wunde geheilt?“
Weil ich noch Lehrling bin und nur die kleinen Zauber kann. Der Heilzauber ist einer der schwersten Zauber und man braucht eine lange Ausbildung dafür. Auf dem Hexenberg gibt es nur eine Heilerin und das ist meine Lehrerin Frau Kassandra.“
Der Junge hatte inzwischen ein kleines Feuer gemacht und kramte in einer Kiste.
Was machst du denn da, wie heißt du überhaupt?“
Du kannst es dir aussuchen; Missgeburt, Scheusal, Wechselbalg, Teufelsbrut, pfui-igitt.“
Das sind ja scheußliche Namen, ich meine deinen Taufnamen, ihr Menschen habt doch Taufnamen.“
Ich nicht,“ lachte der Junge bitter, „ als der Pfarrer mich sah weigerte er sich mich zu taufen. Teufelsbrut nannte er mich.
Ich mache uns was zu essen, ich hoffe du magst Kartoffel in der Schale, mehr habe ich leider nicht.“
Nein, leg sie zurück, setz dich zu mir.“
Als der Junge saß, sagte Liliput.
Ich werde mir einen Namen für dich ausdenken. Aber nun machen wir ein Spiel. Schließ die Augen, du darfst sie erst aufmachen, wenn ich es sage.“
Der Junge nickte.
Nun stell dir vor was du gerne essen willst.“
Ein gebratenes Hähnchen.“
Liliput grinste, schnippte mit dem Finger und ein Teller mit einem gebratenem Hähnchen stand vor ihm auf dem Boden.“
Der Junge kicherte: „ Das ist schon was tolles mit der Fantasie, ich kann das Hähnchen sogar riechen.“
Ja, aber halte die Augen nur geschlossen. Wir wollen ein ganzes Menü zusammenstellen. Was willst du als Beilage?“
Kartoffelbrei und Bohnengemüse!“ kam es wie aus der Pistole geschossen.
Schon stand eine Schüssel Kartoffelbrei und eine Schüssel Bohnen vor ihm.
Nachtisch?“
Hmmm,“ der Junge leckte sich genießerisch über die Lippen, „Schokoladenpudding.“
Nun darfst du die Augen öffnen.“
Aber, aber,“ stammelte er, „ das ist alles wirklich.“
Liliput grinste.“ Der Essenszauber ist das erste was wir lernen, nun guten Appetit.“
Sie freute sich wie sehr es ihm schmeckt.
Er lehnte sich zurück und strich über seinen Bauch.
Das war lecker! Aber warum guckt dein Freund mich so an?“
Liliput warf einen Blick auf Tolpatsch und lachte.
Er hat Hunger, kann ich ihm die Reste geben?“
Als der Junge nickte, ließ die kleine Hexe die übrige gebliebenen Speisen in den weit geöffneten Rachen des Drachens fliegen.
Willst du mir nun erzählen warum du hier wohnst und nicht im Dorf. Wie alt bist du denn?“
Zehn Jahre. Und hier wohne ich seit zwei Jahren.
Als meine Mutter starb war ich sechs Jahre. Sie war die einzige, die lieb zu mir war und mich getröstet hat, wenn mein Vater, die Kinder und viele Erwachsene im Dorf böse zu mir waren.
Doch dann bekam sie ein schlimmes Fieber und starb.
Mein Vater heiratete sofort wieder und seine neue Frau wollte mich nicht im Haus haben.
Ich musste im Schweinestall wohnen und auch das Essen mit ihnen teilen.
Marianne vom Nachbarhof kam ab und zu vorbei, brachte mir etwas zum anziehen und essen.“
Marianne, das ist meine Freundin,“ rief Liliput.
Aha, dann bist bestimmt auch du für das oft leckere Essen zuständig.“
Als ich sie kennenlernte war sie halb verhungert. Ihre Tante ließ sie den ganzen Tag schuften, aber sie bekam kaum zu essen.
Also habe ich einen Zauber in ihr Zimmer gelegt, wenn sie abends müde in ihre kleine Dachkammer kam, dann konnte sie sich wünschen was sie essen wollte.“
Als ich eines nachts in den Garten ging, um mir einen Apfel zu holen, entdeckte mich mein Vater und prügelte mich halb tot.
Marianne die meine Schreie gehört hatte holte mich und brachte mich zu den Eltern ihres Freundes Lukas. Diese pflegten mich gesund.
Lukas und Marianne aber richteten mir hier diese Höhle ein.
Im Dorf konnte ich nicht mehr bleiben.“
Dein Vater ist ein böser Mensch!“ rief Liliput wütend.
Der Junge zuckte traurig die Schultern.
Aber nicht alle Menschen sind böse!“
Sie sahen sich an und lachten, denn sie hatten gleichzeitig dasselbe gesagt.
Weißt du was meine Mutter immer gesagt hat, wenn ich weinend zu ihr lief, weil die Dörfler wieder mal böse zu mir waren.
Fünf bösen Menschen stehen fünf gute Menschen gegenüber. Das ist Gottes Ausgleich.“
Eine Weile schwiegen sie.
Ich hab einen Namen für dich. Du bist gut und edel wie ein Prinz und du wohnst hier umgeben von Wäldern. Ich werde dich Waldprinz nennen. Gefällt dir der Name?“
Waldprinz nickte strahlend, doch dann wird er wieder ernst.
Was machen wir mit dem Drachen?“
Ich werde Frau Kassandra um Hilfe bitten.“
Und mich mit dem Ungetüm alleine lassen. Er wird meine Wohnung abfackeln.“
Unsinn, ich bin ja bald wieder da.“
Liliput schwang sich auf ihren Besen und verließ die Höhle.
Draußen warf sie einen Unsichtbar-zauber um sich und flog zum Hexenwald.
Sie erzählt nun Frau Kassandra alles.
Diese sah sie ernst.
Du hast wieder einmal nicht gedacht und unverantwortlich gehandelt. Nun haben wir wieder einmal den Zorn der Menschen erregt.“
Aber ich bin doch so allein und wollte nur einen kleinen Bruder. „
Mitleidig sah Frau Kassandra sie an.
Ich weiß, du bist die einzige hier, die keine Familie hat. Also bring mich zu deinem Drachen.“
Wenig später betraten sie die Höhle.
Liliput schrie entsetzt auf.
Was hast du getan, wie konntest du nur!“
Trotzig sah Waldprinz sie an.
Sollte ich vielleicht meine Wohnung abfackeln lassen!“
Die kleine Hexe warf ihm einen finsteren Blick zu.
Und deshalb hast du sein Maul mit einem Seil zugebunden und seinen Schwanz an einem Felsen gekettet.
Ich hätte dich statt Waldprinz lieber Wirrkopf nennen sollen.“
Der Junge verschränkte die Arme und blickte genauso zornig zurück.
Er hat bereits zwei Tassen mit seinem Schwanz kaputt gemacht und ich wollte nicht warten bis er auch noch meine Möbel versengt.“
Frau Kassandra hatte schmunzelnd zugehört.
Nun legte sie die Hand auf Waldprinz Schulter.
Dieser sah sie schüchtern, aber auch etwas ängstlich an. Wie würde sie auf seinen Anblick reagieren?
Doch die Hexe lächelte ihn freundlich an.
Das hast du sehr gut gemacht. Du hast klug und überlegt gehandelt. Tolpatsch ist zwar nicht bösartig, trotzdem gefährlich.“
Liliput hatte den inzwischen den Drachen befreit. Dieser sprang freudig auf, sein großer Schwanz schlenkerte und aus seinem Mund kam Feuer.
Frau Kassandra hob die Hand und ließ ihn erstarren.
Siehst du nun, wie gefährlich dein Freund ist.“
Liliput ließ den Kopf hängen und Tränen glitzerten in ihren Augen.
Bittend hob sie die Hände.
Tötet ihn nicht. Es ist alles meine Schuld, lasst ihn nicht dafür büßen. Ich werde ein neues Versteck für ihn suchen.“
Du kannst ihn nicht immer einsperren. Hm, sein einziger Fehler ist seine Größe.“






Frau Kassandra hob lächelnd die Hand und der Drache begann zu schrumpfen, bis er so klein wie eine Eidechse war.
Das ist ja toll!“ rief Waldprinz und Liliput jubelte,
So groß und niedlich war er, als er aus dem Ei schlüpfte!“
Sie hob den Drachen hoch und dieser schmiegte sich an sie.
Frau Kassandra nickte zufrieden.
Der Zauber kann nie mehr rückgängig gemacht werden, es besteht also keine Gefahr und Tolpatsch kann nun für immer bei dir bleiben.“
Dann wandte sich die Hexe an den Jungen.
Möchtest du bei uns im Hexenwald leben?“
Aber er ist doch ein Mensch!“
Sicher, aber im Testament von Graf Herold von Trutzingen steht, dass das Schloss und die umliegenden Wälder eine Heimat für alle Verfolgten und Verstoßenen sind und unser Waldprinz wurde doch von den Menschen verstoßen.“
Liliput hüpfte vor Freude auf und ab.
Und wohnen kannst du bei mir, ich habe mir schon immer einen Bruder gewünscht.“
Dass ihr streiten könnt wie Geschwister habt ihr ja eben schon bewiesen,“ schmunzelte Frau Kassandra,
willst du denn bei uns leben, du wärst nicht mehr so allein und niemand würde dich deines Aussehens wegen übel behandeln. Außerdem wo sonst sollte ein Waldprinz leben als Wald.“
Waldprinz sah sie mit großen Augen an.
Sprechen konnte er nicht, aber er nickte heftig mit dem Kopf.
Dann komm. Liliput du nimmst Tolpatsch auf deinem Besen und ich unseren Waldprinzen.“
Als sich der Junge in der Wohnung umsah, meinte die Hexe. „Wir kommen später noch einmal hierher und holen deine Sachen.“
Sie setzten sich auf ihre Besen und sausten durch die Luft.
Waldprinz, der hinter Frau Kassandra saß, hatte keine Angst, er genoss es, wie der Wind ihm durch die Haare fuhr und beobachtetet staunend wie die Welt unter ihm immer kleiner wurde. Und zum ersten Mal in seinem Leben fühlte er sich wirklich frei.
Sie landeten in Liliputs Garten und dieser blieb vor Staunen der Mund offen.
Aber mein Haus ist ja viel größer.“
Ich habe es durch einen Anbau erweitert, wollt ihr ihn euch nicht mal ansehen?“
Als sie den Raum betraten staunten sie noch mehr.
Aber das sind doch alle meine Sachen aus der Höhle!“
Ich dachte, das würde dir das Eingewöhnen leichter machen,“ lächelte Frau Kassandra, „ nun muss ich aber ins Schloss zurück.“

Liliput aber nahm, ihren Bruder an der Hand und stellt ihm Trinchen vor.
Während Waldprinz der Schildkröte sanft über den Kopf strich, ließ Liliput versonnen den Blick über Tolpatsch, Trinchen und Waldprinz gleiten.
Glücklich lächelte sie.
Nun hatte sie auch eine Familie.

Da der Drache verschwunden, wurden die Drachenjäger nicht mehr benötigt. Da sie aber keinen Erfolg hatten, verweigerte der Moorhofer die Bezahlung.
Als die wilden Kerle abzogen, zerstörten sie aus Rache alle Felder des geizigen Bauern.


© Lore Platz  2018


Freitag, 18. Oktober 2024

Hexe Liliput und die Drachenjäger Teil 1

 

(c) Irmi Brüggemann

Hexe Liliput und die Drachenjäger



Liliput saß auf der kleinen Bank vor ihrem Häuschen,den Kopf in die 
 
Hände gestützt, die Stirn sorgenvoll gerunzelt.

Tinchen an einem Grashalm knabbernd, warf ihr einen mitleidige 
 
Blick zu.

Liliput stieß einen langen von Herzen kommend Seufzer aus.

Warum sagst du nicht, ich habs dir ja gesagt,“ fragte sie bitter.

Die Schildkröte krabbelte auf sie zu und die kleine Hexe hob sie hoch 
 
und setzte sie neben sich auf die Bank.

Was hätte das jetzt für einen Sinn.“

Liliput seufzte wieder, „er ist doch nicht böse, nur tolpatschig.“

Ja aber für die Bauern, deren Kühe er geraubt und deren Scheunen er 
 
in Brand gesetzt hat, ist er böse.“

Sie werden die Drachenjäger holen und diese werden ihn jagen.“

Liliput sprang auf.

Ich muss ihn finden bevor sie ihn töten.“

Das wird gefährlich, wenn sie dich mit dem Drachen in Verbindung 
 
bringen, dann werden sie auch dich jagen.“

Ich weiß Tinchen, aber Tolpatsch ist mein Freund und außerdem bin 
 
ich für ihn verantwortlich. Ich muss ihn finden bevor er einen 
 
Menschen verletzt, denn dann kann auch ich ihm nicht mehr helfen.“






Vorsichtig umkreiste Liliput das Dorf, dann ließ sie sich auf der Spitze 
 
der großen Kastanie nieder, die mitten im Hof MariannesVerwandten 
 
steht.

Niemand hielt sich unten auf, nur ein paar Hühner liefen herum. Eine 
 
Katze kam aus dem Stall, dehnte sich, machte dann einen Buckel und 
 
lief mitten durch die Hühnerschar, die empört auseinander liefen.

Ein junges Mädchen kam aus dem Haus und leerte die beiden Eimer 
 
mit Abfällen in den Schweinetrog und schmatzend machten sich die 
 
Tiere darüber her.

Marianne erschrak, als Liliput neben ihr auf ihrem Besen balancierte.
 
Bist du allein?“

Ja sie sind in der Stadt.“

Ich brauche deine Hilfe.“

Dann komm mit ins Haus.“

Kaum hatten sie das Haus betreten, fing Liliput bitterlich zu weinen 
 
an.
Tröstend nahm ihre Freundin sie in die Arme und führte sie zu dem 
 
Sofa.

Liliput erzählte Marianne nun von Tolpatsch.

Ich verstehe dich ja, aber dein Drache hat schon viel Unheil 
 
angerichtet. Die einzige Kuh von Lukas Eltern hat er verschlungen 
 
und dabei sind die doch so arm und können sich keine neue kaufen. 
 
Und die Ziege der alten Grete hat er auch geraubt.

Und dem reichen Mooshofbauern hat er mitten aus 

der Herde eine Kuh gestohlen.
 
 Deshalb haben sich gerade beim Mooshofbauern alle versammelt, sie 
 
wollen die Drachenjäger kommen lassen.“
 
 Oweh, Oweh. Oweh“!

Liliput sprang auf, „ ich muss Tolpatsch finden, bevor es die 
 
Drachenjäger tun.“

Sie umarmte ihre Freundin, öffnete die Tür, sah vorsichtig hinaus und 
 
setzte sich auf ihren Besen.
 
 Wenn ich etwas erfahre, lege ich eine Nachricht in 

unser Versteck.“

Die Hexe winkte ihr zu, fuhr mit der Hand über den 

Besen und war unsichtbar.
 
 
 

 
 
Sie flog zu dem Anwesen von Lukas Eltern. Marianne und Lukas 
 
liebten sich hatten aber kein Geld, um jetzt schon zu heiraten.

Als sie auf dem Hof landete, liefen die Hühner laut 

gackernd auseinander.

Ein alter Mann kam aus dem Haus und setzte sich auf die Bank neben 
 
seine Frau.

Liebevoll legte er den Arm um ihre Schultern.Annamierl sei net 
 
traurig. Wir haben doch soviel schon gemeinsam geschafft. Wir 
 
werden auch mit diesem Verlust fertig werden. Der Herrgott lässt uns 

nicht im Stich.“

Die alte Frau legte müde ihren Kopf an seine Schulter.

Liliput aber schlich leise in den Stall, der leer und verlassen war.

Sie murmelt leise vor sich hin und auf einmal stand eine große 
 
kräftige Kuh mit dick gefüllten Eutern in der Box und muhte laut.

Die Tür des Stalls flog auf und die Eltern von Lukas
 
starrten auf das Tier.

Annamierl, das is ja unsere Lies, die hat gar net der Drache gholt, de 
 
hoat sie blos verlaafa. Schau woas. für dicke Euter sie hoat, die muss 
 
unbedingt gemolken wern.“ jubelt der Bauer.

Ja Josef,“ schluchzte die Frau und holte Melkschemmel und Eimer.

Die kleine Hexe aber verließ leise und glücklich lächelnd den Stall.

Sie flog weiter zur alten Grete, deren armseliges kleines Anwesen am 
 
Rande des Dorfes liegt.

Den von Tolpatsch verbrannten Zaun konnte sie nicht reparieren, das 
 
würde zu viele Fragen aufwerfen.

Aber mit spitzbübischem Lächeln nahm sie doch 
 
einigeVerbesserungen am Haus vor, die nicht gleich ins Augen fielen.

Dann ließ sie eine weiße Ziege mit lautem Gemecker auf das Haus zu 
 
laufen und freute sich als Grete die Haustür öffnete und fassungslos 
 
die Hände über dem Kopf zusammenschlug.

Als sie über den Moorhof flog hörte sie laute Stimmen und wieder 
 
erklang das Wort Drachentöter.

Mit großer Sorge flog Liliput zurück in den Hexenwald.

Jeden Tag flog Liliput durch die Gegend auf der Suche nach 
 
Tollpatsch. Über das Dorf zu fliegen wagte sie sich nicht mehr.

In einem Brief, den Marianne in ihrem Versteck hinterlegt hatte,stand, 
 
dass die Drachentöter angekommen waren und dass die Wut der 
 
Dörfler sich auch gegen die Hexen gewandt hätte.

Sie gaben ihnen die Schuld.

Die kleine Hexe bekam ein schlechtes Gewissen.

Eigentlich war es ja ihre Schuld, dass es den Drachen gab und nun 
 
mussten alle darunter leiden.

Jeden Tag flog Liliput zum Versteck und wirklich fand 

sie eines Tages einen Brief , in dem Marianne ihr 

mitteilte, dass der Drache in der Nähe der Felsen gesehen worden war 
 
und die Drachentöter auf dem Weg dorthin waren.

Liliput machte sich sofort auf den Weg und dann entdeckte sie 
 
Tolpatsch, der müde auf die Felsen zusteuerte.
 
 Doch auch die Drachentöter hatten ihn entdeckt.

Los Bruno du bist der beste Schütze, hol ihn 

herunter !“

 Dieser hob seine Armbrust, der Pfeil schnellte auf den Drachen zu, 
 
dieser zuckte zusammen und eine riesige Flamme schoss aus seinem 
 
Mund.

Getroffen!“ jubelten die Jäger, „ los ihm nach!“

Doch plötzlich tauchte eine große Nebelwand vor 

ihnen auf.
 
 
 
"He, wo kommt der Nebel plötzlich her! Wir werden nicht sehen wo 
 
er herunter fällt. Die Prämie wird uns verloren gehen!“ so brüllten sie 
 
durcheinander und versuchten die Nebelwand zu durchbrechen.

Liliput aber hatte inzwischen ihren Freund erreicht.

Aus einer tiefen Wunde tropfte Blut.

Schaffst du es bis zu den Felsen?“
 

 
 Tolpatsch nickte und mit letzter Kraft sank er auf 

den felsigen Boden.

Hier könnt ihr nicht bleiben. Die Drachenjäger haben den Nebel 
 
verlassen und sind auf dem Weg hierher.“

Ein kleiner Junge trat aus dem Gebüsch. Er sah seltsam aus, hatte 
 
große Segelohren, ein schiefes Gesicht und wirre rote Haare.


Fortsetzung folgt