Donnerstag, 29. September 2022

Lenerl verirrt sich

Diese Geschichte  wurde vor einigen Jahren geschrieben, also wunderte euch nicht über die ersten Zeilen. Ich wünsche euch einen schönen Tag und viel Spaß beim Lesen. Leider geht es mir immer noch nicht gut.
 

 
Schon wieder beginnt eine neue Woche und am Ende dieser  fängt schon der Juni an.
Haben wir uns doch dringend den Regen gewünscht und nun würden wir ihn am liebsten wieder abstellen.
Als ich noch ein Kind war, las ich einmal ein Märchen, ich weiß nicht von wem es ist und ich weiß auch nicht, ob ich es noch richtig erzählen kann.
Ich versuchs mal.
Ein Bauer beschwerte sich beim lieben Gott über das schlechte Wetter, sein Getreide würde nicht hoch genug sein.
Gott bot ihm an, dieses Jahr selbst das Wetter zu machen.
Der Bauer rieb sich die Hände und ließ nun abwechselnd Regen und Sonne scheinen.
Seine Felder waren wunderbar anzusehen, groß und goldgelb stand das Getreide. 
Doch als er es erntete waren die Ähren leer.
Er hatte den Wind vergessen!


 
(c) Werner Borgfeldt


Lenerl verirrt sich


Der Gong ertönte und die Klassen verließen lärmend die Zimmer, um in den Pausenhof zu stürmen.
Nur Anderl und Maxl drückten sich auf dem Flur herum.
Als endlich alle Kinder das Schulhaus verlassen hatten, liefen die beiden Buben über die Hintertreppe zum obersten Stock ins Kartenzimmer.
Hier wurden alle die Atlanten, ausgestopften Tiere, der Vorführapparat für Filme, eben alles was man zum anschaulichen Unterricht brauchte, aufbewahrt.
Zielstrebig durchquerten sie den Raum und öffneten das Fenster.
Ich hab dir`s ja gesagt, von hier aus kann man hinüber zum Jahrmarkt sehen!“ rief Maxl triumphierend.
He, was macht ihr da, schaut dass ihr hinunter kommt!“
Der alte Hausmeister sah sie grimmig an.
Grinsend liefen die Buben an ihm vorbei.
Verflixte Lausbuam,“ brummte der alte Mann und schloss das Fenster, dabei schmunzelte er aber.

Endlich war Samstag und der Jahrmarkt sollte heute eröffnet werden.
Anderl hatte mit dem Messer ein Geldstück nach dem anderen aus seiner Sparbüchse geangelt.
Vergnügt betrachtete er die 10 glitzernden 2 Euro Münzen, dann verstaute er sie in seinem Geldbeutel.
Es klingelte. Das war sicher sein Freund Maxl.
Vergnügt pfeifend polterte Anderl die Treppe hinunter.


Seine Mutter kam aus dem Nebenzimmer, seine kleine
Schwester an der Hand.
Hör mal Andreas, die Oma hat gerade angerufen, es geht ihr nicht so gut. Könntest du Lenerl mitnehmen?“
Sie drückte dem Verdutzten einen Geldschein in die Hand und verließ das Haus.
Mit missmutigem Gesicht stapften die beiden Jungen durch die Straßen, während die kleine Marlene vergnügt neben ihnen herhüpfte.
Dabei stand ihr Plappermäulchen keinen Moment still.
Sie wollte mit dem Karussell fahren, Zuckerwatte essen, ins Kasperletheater und einen großen Luftballon.
Sie waren am Eingang des Jahrmarkts angekommen. Obwohl es noch früh am Nachmittag war, wälzten sich doch schon eine Menge Menschen durch die Gassen zwischen den Buden.
Lenerl klammerte sich fest an die Hand ihres Bruders.
Was gab es alles zu sehen.
Staunend standen sie vor der größten Schaukel der Welt.
Sie sollte 45m hoch sein und neigte sich um 120°.
Die Buben versuchten sich im Pfeil werfen, am „Hau den Lukas“ und an der Torwand.
Dann standen sie bei dem Breakdancer. Das war eine sechseckige Drehscheibe, auf der sich in gleichmäßigem Abstand vier Gondelkreuze befanden, an denen sich jeweils vier Gondeln befanden.
Die vier Gondeln bewegten sich schnell in Gegenrichtung der Drehscheibe.
Das sah aus als würde man Breakdance tanzen.
Fahren wir mit ?“
Ja, aber was machen wir mit Lenerl?“
Die Jungs sahen sich enttäuscht an, dann hatte Anderl eine Idee.
Stell dich schon an und besorge uns Karten, ich bringe Lenerl zum Kinderkarussell.“


Der Junge kaufte fünf Chips und drückte sie seiner Schwester in die Hand.
Hier gib dem Mann jedes Mal einen Chip, dann kannst du
ganz lang Karussell fahren. Ich hol dich dann wieder ab.“
Die Dreijährige nickte ernsthaft und hielt die kostbaren Plastikdinger ganz fest in der kleinen Faust.
Von dem weißen Pferdchen, auf das sie ihr Bruder gesetzt hatte, sah sie ihm nach.
Dann drehte sich das Karussell und Lenerl juchzte vor Freude.
Doch nach der fünften Runde musste sie das Karussell verlassen und das Mädchen stand etwas verloren da.
Keine Spur von ihrem Bruder.
Lenerl beschloss ihn zu suchen.
Sie drängte sich durch die Menschen hindurch. Blieb bei einem Clown stehen, der aus Luftballons verschiedene Tiere formte. Zu gerne hätte sie eins gehabt, aber sie hatte ja kein Geld.
Aus der Kasperlbude klang fröhliches Lachen und sehnsüchtig sah das kleine Mädchen hinüber.
Auch die Zuckerwatte die sich in dem runden Ofen wie eine rosa Wolke um das Holzstäbchen drehte, weckte Sehnsucht ihn ihr.
Sie musste unbedingt ihren Bruder finden, um all diese Herrlichkeiten zu bekommen.
Doch es waren zu viele Menschen und sie waren alle so groß, dass sie gar nicht richtig den Platz überblicken konnte.
Tränen schossen ihr aus den Augen und tropften auf den Boden.
Und als gar noch aus der Geisterbahn ein schauerliches Geheul ertönte, lief Lenerl vollkommen verzweifelt los.
Plötzlich fand sie sich am Eingang der Festwiese wieder und setzte sich einfach heulend auf den Boden.
Ja, Lenerl was ist denn los?“ hörte sie die Stimme von Marianne.
Marianne wohnte ihnen gegenüber und hatte auf Lenerl
schon öfter aufgepasst, wenn die Mama dringend wohin
musste.
Erleichtert stürzte sich die Kleine in die Arme der jungen Frau und erzählte schluchzend ihren Kummer.
Tröstend strich ihr Marianne über das Haar und putzte ihr die Nase.
Komm wir suchen den Anderl.“
Lenerl strahlte und schob ihre kleine Hand vertrauensvoll in die Hand der jungen Frau.

Die beiden Jungen hatten endlich einen Platz in einer der Gondeln bekommen und standen nun beim Kinderkarrussel.
Andreas Herz klopfte plötzlich voller Angst. Von seiner Schwester war weit und breit nichts zu sehen.
Sie liefen durch die Menschenmengen und riefen laut ihren Namen, doch in dem Lärm ringsum gingen ihre Stimmen unter.
Maxl hatte keine Lust mehr und verdrückte sich, so irrte Andreas allein weiter und je mehr er suchte, umso mehr machte er sich Vorwürfe.
Er hätte seine kleine Schwester nicht einfach allein lassen
dürfen. Sie war doch noch so klein und seine Mutter hatte sie ihm anvertraut. Was war er doch ein schlechter verantwortungsloser Bruder.
Dann stand sie plötzlich vor ihm, an der Hand von Marianne.
Anderl kniete sich nieder und umarmte seine kleine Schwester schluchzend.
Bin ich froh, dass ich dich wieder habe!“
Ja, aber nun passe besser auf sie auf,“ mahnte Marianne und ging zu ihren Freundinnen hinüber.
Der Junge nickte nur und nahm seine kleine Schwester fest an Hand.
Er kaufte ihr Zuckerwatte, einen kleinen zu einer Giraffe
geformten Ballon und setzte sich auch mit ihr geduldig in die Kasperlbude.
Nie wieder, das schwor er sich, würde er so unverantwortlich handeln.

© Lore Platz

Donnerstag, 22. September 2022

Plauderecke Oazapft is

 Eigentlich wollte ich ja gestern meine Plauderecke einstellen, aber mein Körper hat mich wieder ins Bett verdammt. Aber aufgehoben ist nicht aufgeschoben. Gibt es eben am Donnerstag die Plauderecke.
 
Nach zwei Jahren gibt es endlich wieder das Oktoberfest in München und ich habe mir am Sonntag im Fernsehnen den Einzug mit  den herrlichen Trachten und Musikern begeistert angesehen. 
Lang lang lang ist her, dass ich auf dem Oktoberfest war. 
Damals als ich noch ein Kind war, gab es vor Volksfesten auch so festliche Einzüge, auch in meinem Heimatort, und ich durfte als kleines Mädel auf so einem, geschmückten Wagen mittfahren.
Die Kleine links in dem weßién Kleid bin ich.
 

Sicher habt ihr euch auch schon gefragt, warum das Fest in München eigentlich Oktoberfest heißt wenn es doch im September ist. 
Viel Spaß beim Lesen!
 
   Oazapft is
 
Mit diesen Worten wurde vom Bürgermeister von München am Samstag mittag um zwölf das Oktoberfest eröffnet.




Habt ihr euch auch schon mal Gedanken gemacht, warum dieses Fest Oktoberfest heißt, obwohl es doch eigentlich im September beginnt.
Mich hat das interessiert und so habe ich mich mal schlau gemacht.

Am 12. Oktober 1810, 4 Jahre nach der Erhebung Bayerns zum Königreich, wurde die Hochzeit des Kronprinzen Ludwig mit der Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen gefeiert. Fünf Tage dauerte das Fest und wurde ein richtiges Volksfest und zum Abschluss fand auf der vor den Toren gelegenen Wiese ein Pferderennen statt. Diese Wiese wurde zu Ehren der Prinzessin „Theresienwiese“ genannt.

Nun fanden hier jedes Jahr Pferderennen statt und gleich im ersten Jahr kam auch noch eine landwirtschaftliche Ausstellung dazu.
1818 erhielt Anton Gruber die Lizenz in seiner Bude Speisen und Bier zu verkaufen.
Auch das erste Karussell, zwei Schaukeln und ein Tontauben-Schießstand wurden aufgestellt.
Da im Oktober aber das Wetter schon sehr kalt war und oft bereits Schneestürme wüteten, stellte man den Antrag das Fest um einen Monat vorzuverlegen.
Der Stadtrat lehnte ab, da die Umgebung der „Wiesn“ noch landwirtschaftlich genutzt wurde und erst die Ernte abgewartet werden musste, bevor die Besucher über die Felder trampelten.
Erst als 1872 die Felder ringsum in Bauland umgewandelt wurden, konnte man den Beginn des Oktoberfestes auf den September verlegen.

 




ERINNERUNGEN AN 1980

Dass das Leben manchmal an einem seidenen Faden hängt musste ich am 26.9.1980 feststellen.
An diesem Tag ging um 22.20 an einem der Eingänge des Festplatzes eine Bombe hoch und tötete vier Menschen und verletzte 140 Menschen, viele mit Spätfolgen.
Unsere Firma machte an diesem Tag einen Betriebsausflug auf die Wiesn.
Ein Lehrmädchen aus unserem Betrieb, das in meiner Nähe wohnte wurde später von ihrem Freund abgeholt und bot mir an, dass ich mit ihnen fahren könnte.
Da sie nicht in unserer Abteilung arbeitete verabredeten wir uns an eben diesem Eingang.
Während wir dem jungen Mann durch einige Seitengassen zu seinem Auto folgten, hörten wir schon die Sirenen.

München ist eine Großstadt und wir dachten uns nichts dabei.
Auch hatte der junge Mann in seinem alten VW keinen Autoradio und so fuhren wir unbeschwert die fast 70 Kilometer nach Hause.
Als ich die Wohnungstür aufschloss ,fand ich meinen Mann total verzweifelt im Wohnzimmer.
Er hatte von dem Attentat in den Nachrichten gehört und machte sich große Sorgen.
Auch meine Mutter hatte schon bei ihm angerufen, denn auch auch sie war voller Angst um mich. Damals gab es ja noch kein Handy!

Zuerst beruhigten wir meine Eltern, dann verfolgte ich die schreckliche Tragödie im Fernsehen.
Kein schöner Abschluss eines fröhlichen Abends.


(c) Lore Platz

Dienstag, 20. September 2022

Kein Fest für Lisa

Immer wieder stelle ich fest. die Erde drecht sich, aber die Mensche drehen sich nicht mit. Sie machen immer wieder dieselben Fehler und meine Geschichten , die ich vor zwanzig Jahren schrieb sind auch heute  wieder aktuell.20 % der Kinder in Deutschland leben in Armut. Was bedeutet heute Armut. 




 Kinderarmut ist nicht ein Thema der Gegenwart. Anfang der neunziger herrschte in Deutschland große Arbeitslosigkeit und auch damals erwähnte man die Kinderarmut.


Ich liebe Kinder und hatte zur der Zeit viele Tageskinder und Pflegekinder, außerdem hatten wir ein offenes Haus für die Freunde meiner Tochter und auch die Dorfkinder kamen vorbei.
Einmal hatte das Sozialamt in unserem Dorf eine Familie mit drei Kindern einquartiert.
Ich saß in meiner Küche, die Haustür offen und schälte eine Salatgurke. Plötzlich standen die drei Kinder, die ich bisher nicht kannte, in meiner Küche, Ich redete sie freundlich an, sie reagierten etwas schüchtern. Auf einmal stürzte das jüngste Mädchen zum Tisch, schnappte sich die Schale der Gurke und biss hinein.
Erst war ich erschrocken, doch dann verfrachtete ich die drei auf die Eckbank und tischte ihnen auf.
Später erfuhr ich, dass die Eltern sehr streng wären, die Kinder meistens nur Magrinebrot bekamen und in den umgehenden Gärten Gemüse und Obst plünderten, die Dörfler drückten ein Auge zu.
Einem Nachbar taten die Kinder leid und er lud sie zu einem Grillabend ein. 
Der Vater erlaubte es nicht, weil die Kinder irgendwie nicht gefolgt hätten. Vielleicht hatte er aber auch Angst, die Kinder könnten zuviel ausplaudern. 
Eines Tages ist das Mädchen, dass die Gurkenschalen vor Hunger verschlungen hat, aus Angst vor der harten Strafe ihres Vaters ausgerissen ist. 
Die ganze Nacht suchten die Männer des Dorfes und fanden sie dann in einem entlegenen einsamen Schuppen. 
Nun griff das Jugendamt ein und nahm den Eltern die Kinder weg.








Kein Fest für Lisa

Lisa gab der Coladose einen wütenden Tritt, dass sie scheppernd über den Schulhof rollte und an der Treppe liegen blieb.

Heute war Frau Krumbirn wieder einmal besonders ekelig.
"Lisa, wenn du nicht endlich die zehn Euro für Kunst und die zwanzig Euro für die Bücher mit bringst, dann darfst du an dem Ernte-Dank-Fest nicht teilnehmen."meinte sie streng.
"Pah, wer wollte schon mit so einem blöden Ährenbusch durch die Gegend rennen!"
Traurig seufzte Lisa. Gestern hatte Mama geweint, als die Stromrechnung kam.
Oh ja, sie hatte es genau gesehen, obwohl Mama sich schnell abgewandt hatte.
Und Andreas, ihr kleiner Bruder durfte auch nicht mehr in den Kindergarten gehen, da Mama das Geld dafür nicht aufbringen konnte.
Plötzlich fiel ihr der Brief ein, den Frau Krumbirn ihr für Mama mitgegeben hatte.
Sie konnte sich vorstellen, was darin stand.
Lisa blieb stehen, zog das Kuvert aus der Schultasche und zerriss es in ganz kleine Schnipsel, die sie dann in den Abfalleimer an der Haltestelle warf.
Auf einmal war sie ganz vergnügt und hüpfte das letzte Stück nach Hause.

"Hallo, Mama!" Sie stellte den Schulranzen in den Flur und umarmte ihre Mutter stürmisch.

"Hallo, meine Große, du kommst aber heute spät, Andreas ist schon fertig."
Lisa nahm ihren kleinen Bruder an der Hand und die Beiden marschieren zu der Arche, wo sie ein kostenloses Mittagessen bekamen.
Die Mutter schaute ihnen vom Fenster aus nach.
Dann setzte sie sich wieder an den Tisch, um die Stellenanzeigen zu studieren, obwohl sie wusste, dass es umsonst war.
Die Arbeitslage war sowieso schlecht und sie hatte noch dazu zwei Kinder.
Seit ihr Mann vor eineinhalb Jahren verstorben war, musste sie mit einer kleinen Witwen- und Waisenrente auskommen.
Es reichte mehr recht als schlecht.
Ein Glück, dass es die Arche gab und die Kinder wenigstens ausreichend zu Essen bekamen.
"Michael, du fehlst mir so!"
Sie legte den Kopf auf die Arme und ließ ihren Tränen freien Lauf.

Lisa nahm Andreas bei der Hand und wollte die Arche verlassen, da sah sie drei ihrer Mitschülerinnen untergehakt die Straße herunter kommen.

Schnell zog sie Andreas in die Arche zurück und versteckte sich hinter der Tür.
Andreas zappelte empört und versuchte seine Hand aus ihrem festen Griff zu lösen.
"Sei still!" zischte Lisa und atmete  erleichtert auf, als die Mädchen in der Ferne verschwanden.
Der Pastor, der sie beobachtet hatte, kam nun herüber.
"Lisa, " meinte er ernst, " es gibt keinen Grund sich zu schämen."
Das Mädchen wurde rot und verließ mit Andreas die Arche.
"Mama, wir sind wieder da!" rief Lisa und half ihrem Bruder die Schuhe aus zu ziehen , dann trat sie in die Küche und erstarrte.
In der Küche saß Frau Krumbirn.
"Was will die denn da!"
"Lisa!" rief ihre Mutter entsetzt.
Doch diese hörte nicht. Ihre ganze aufgestaute Wut entlud sich jetzt.
Mit geballten Fäusten und zornfunkelnden Augen trat sie vor ihre Lehrerin.
"Was wollen sie von meiner Mutter? Seit Wochen schon plagen sie mich wegen den 30 Euro. Ich habe meiner Mutter nichts davon gesagt, weil sie es sowieso schon so schwer hat und den Brief habe ich zerrissen!"
Lisa war zornrot im Gesicht und funkelte ihre Lehrerin trotzig an.
"Lisa," sagte ihre Mutter leise,"geh auf dein Zimmer."
Das Mädchen warf ihr einen verzweifelten Blick zu, doch sie verließ stumm die Küche.
Andreas kletterte auf den Schoß der Mutter und schlang die Arme um ihren Hals.
"Lisa ist heute ganz böse, sie hat mich fest gepackt und ich durfte nicht auf die Straße, bis die Mädchen vorbei waren. Sie hatten Eis!" meinte er sehnsüchtig.
Frau Bernsdorf strich ihm über das Haar
"Geh spielen mein Schatz."
Seufzend sah sie ihm nach.
" Ich kann den Kindergarten nicht bezahlen," brach es aus ihr heraus ," und wenn der Pastor mit seiner Arche nicht wäre, hätten die Kinder keine geregelte Mahlzeit."
Sie sah Verstehen in den Augen der Frau gegenüber, kein Mitleid und dann sprudelte alles aus ihr heraus, was sie schon viel zu lange mit sich herum getragen hatte.
Der frühe Tod ihres Mannes, die viel zu kleine Rente, ihre verzweifelten Suche, Arbeit zu finden.
Zwischendurch hatte sie Tee gemacht.




Als sie den Beutel aus der Kanne nahm, lächelte sie kläglich.
"Wie gerne hätte ich manchmal eine Tasse Kaffee."
Frau Krumbirn, die auch lieber Kaffee trank, hatte sich noch nie darüber Gedanken gemacht, dass dies ein Luxus war, den sich nicht jeder leisten konnte.
Ihr Blick fiel auf die Nähmaschine.
"Sie nähen?"
"Wie gerne, das war schon immer mein Hobby und jetzt kann ich es gut brauchen. Ich mache gerade einige Blusen für Lisa aus den Hemden meines Mannes."
"Ja, mir ist schon aufgefallen, wie adrett Lisa immer gekleidet ist. Würden sie denn auch für fremde Leute schneidern? Mein Mutter hat ein bisschen Gewichtsprobleme und ist auch sehr wählerisch."
In Gedanken bat sie ihre Mutter um Verzeihung und beschloss gleichzeitig mit Mutters Damenkränzchen zu sprechen.
"Glauben sie, dass sie ihr einige Kleider nähen könnten?"
Frau Bernsdorf strahlt. "Gerne!"
"Prima! Und wegen dem Büchergeld machen sie sich keine Gedanken, ich werde dies regeln."
Frau Bernsdorfs Gesicht verschloss sich.
"Keine Angst, ich zahle es nicht aus eigener Tasche, wir haben einen Fond, über den wir dies verrechnen können."
Lisa stand an der Tür, hinter ihr lugte Andreas hervor.
"Komm doch zu uns, Lisa," bat Frau Krumbirn freundlich.
"Es tut mir leid, dass ich dich wegen dem Geld so geplagt habe, aber ganz schuldlos bist du auch nicht.
Du hättest mit mir reden können. Es gibt keinen Grund sich zu schämen, wenn ihr zur Zeit wenig Geld habt."
"Dasselbe hat der Pastor auch gesagt," murmelt Lisa.
" Wie wäre es, wenn wir alle zum Italiener um die Ecke gehen, deine Mutter trinkt sicher gerne einen Kaffee, Andreas möchte wohl ein Eis...", der Junge beginnt zu strahlen, " und du, nimmst du ein Eis als Entschuldigung an?"
Lisa nickte eifrig.
Am Erntedank-Sonntag ging Lisa mit den anderen Schülern stolz mit ihrer mit Blumen geschmückten Ähre in die Kirche, an der Hand Andreas, der auch ein Herbst-Sträußchen trug.
Am Straßenrand aber stand Frau Bernsdorf und sah dem Einzug der Kinder zu und nach langer Zeit waren ihre Augen wieder voller Hoffnung.



© Lore Platz







Montag, 19. September 2022

Mit Freunden ist man niemals einsam

Im Laufe meiner Krankheit, habe ich erkannt was Freundschaft wirklich bedeutet. Einige haben sich von mir zurück gezogen, aber die wirklichen guten Freunde sind immer noch bei mir, selbst wenn sie bei einem Besuch jetzt ihren Kaffee selber kochen müssen.






Mit Freunden ist man niemals einsam


Die Nachtfee hatte ihre schwarzen Schleier über das Land gebreitet und der Mond, der wieder einmal eine seiner zahllosen Diäten hinter sich hatte, war nur als schmale Sichel zu sehen.
Trotzdem konnte man den großen Container mit der Aufschrift „Altkleider“ erkennen, da eine Straßenlampe den Mond unterstützte.
Es raschelte und eine Ratte lief schnüffelnd über den Platz, blieb an dem Container stehen, stellte sich auf die Hinterbeine und sah hinauf zu dem großen kreisrunden Loch.
Enttäuscht wandte sich ab und lief davon.
Eine Weile war es ruhig, doch dann hörte man ein Rascheln und Rumoren, das aber aus dem Inneren des Behälters kam.
All die bunten Kleidungsstücke schienen sich plötzlich zu bewegen, wie die See bei stürmischem Wind.
Auf einmal lugte der Kopf eines Teddybären hervor und wenig später der ganze kleine Kerl.
Er setze sich auf den Kleiderberg und verschnaufte erst einmal.
Schön war er ja nicht.
Sein linkes Ohr hing herab, ein Auge fehlte und sein Fell war ziemlich ruppig.


Trotzdem blitzte aus dem einen verbliebenen Auge der Schalk und es sah vergnügt in die Welt.
Neugierig sah er sich um.
Es gefiel ihm gar nicht und hier bleiben wollte er auch nicht, also krabbelte er zur Luke, die er gerade mit den Pfoten erreichen konnte.
Er hob sich auf die Zehenspitzen und sah hinaus.
Ziemlich hoch!
Aber hierbleiben wollte er nicht. Es würde schon nicht so schlimm werden.
Also drehte er sich um und klettert mit dem Hintern voraus durch das Loch. Dann ließ er sich fallen und wartete auf den harten Aufprall.

 
(c) Roswitha B.

Doch überraschenderweise landet er auf etwas Weichem und eine Stimme brüllte, „Au! Was soll das!“
Er war auf einem Hund gelandet, der gerade sein Bein hob und nun in dieser Beschäftigung unsanft gestört wurde.
Entschuldige,“ brummte der Teddy, „aber ich habe dich nicht gesehen, doch vielen Dank auch, ohne dich wäre ich ziemlich hart gelandet.“
Der Hund hob nun doch sein Bein, dann wandte er sich um. „Willst du mitkommen?“
Teddy strahlte.
Gern!“
Und zusammen liefen sie nun durch die menschenleeren Straßen.
Der Hund blieb immer mal wieder schnüffelnd stehen, dann lief er in einen Hof und wühlte mit seiner Nase im Abfall, bis er schließlich einen Knochen hervor zog.
Dann ging es weiter.
Plötzlich fing es zu regnen an, Donner grollte und ein Blitz erhellte die Straße.
Teddys neuer Freund lief in eine Gasse zu einem halb verfallenen Haus und schlüpfte unter der beschädigten Tür ins Innere und er folgte ihm.
Während der Hund sich schüttelte, dass das Wasser nur so nach allen Seiten flog, sah Teddy sich neugierig um
Besonders schön sah es hier nicht aus.
Ein wackliger alter Tisch, ein paar Stühle, ein
zerschlissenes altes Sofa, mehr gab es nicht.
Und alles war von einer dicken Staubschicht übergezogen. Dichte Spinnennetze bedeckten die Wände und große schwarze Spinnen krabbelten eilig in den Schatten.
Teddy wollte gerade seinen neuen Freund fragen wo sie hier sind, da sah er zwei große runde Lichter aufragen.
Ein Gespenst!
Ängstlich drückte der kleine Bär sich in die dunkel Ecke und linste zu dem Hund hinüber, der ungerührt an seinem Knochen knabberte.
Sah er denn das Gespenst nicht?
Berno, alter Junge, wen hast du uns denn da mitgebracht?“ ertönte eine Stimme.
Das ist ein Teddybär, traf ihn, als er gerade aus der Klamottenkiste floh.“
(c) Werner B.


Ein großer schwarzer Kater schlenderte auf Teddy zu, dessen Herz ängstlich klopfte.
Hallo, ich bin Rambo, Bernos Freund. Hast du auch einen Namen, Kleiner.“
Teddy!“ stammelte dieser.
Der Kater wandte sich wieder ab und ging zu dem Hund hinüber.
Kurz schnüffelte er an dem Knochen.
Ziemlich spärlich, deine Mahlzeit, da habe ich doch etwas Besseres.“
Der Kater verschwand in der Dunkelheit und kam gleich darauf mit einer großen Wurst im Maul wieder und legte sie vor den Hund.
Dieser schnüffelte genießerisch und meinte zu Teddy gewandt.
Seit ich mit Rambo zusammen bin, muss ich nie mehr hungern!“
Der Kater kam nun mit einer anderen Wurst im Maul zurück und legte sie vor Teddy ab.
Dieser lächelte freundlich.
Vielen Dank, aber Teddybären müssen nicht essen und trinken.“
Rambo lachte.
Was für ein höflicher Junge du doch bist, du bist bestimmt kein Straßenkind?“
Nein, ich hatte sehr liebe Eltern und wurde gut erzogen. Meine Eltern waren adelig und hießen „von Steif“ und trugen ihr Wappen im linken Ohr.“
Dir haben sie kein Wappen gegeben?“
Doch, ich hatte auch eins, aber der Enkel des Mädchens,dem ich einst gehörte, hat es abgerissen und dabei mein Ohr beschädigt.“
Teddy dachte traurig an die dunkelste Stunde seines Lebens.
Danach wollte niemand mehr mit mir spielen, weil ich so hässlich war und sie verbannten mich auf den Speicher.
Vor kurzem ist die alte Frau gestorben und ich landete in dem Container.“
Ja wir haben alle mal schlechte Erfahrung mit den Zweibeinern gemacht,“ meinte Rambo und schlug mit der Pfote nach dem Hund.
Dieser hatte die ganze Zeit die Wurst nicht aus den Augen gelassen und wollte sie gerade schnappen.
Lass das, du gefräßiges Monster, die heben wir für später auf, denn so schnell darf ich mich bei der Metzgerei nicht mehr sehen lassen.“
Er kicherte, nahm die Wurst und verschwand.
Bedauernd sah ihm Rambo nach.
Ja Kleiner, auch ich habe mit den Menschen schlechte Erfahrungen gemacht. Und es wurde mir nicht an der
Wiege gesungen, dass ich einmal als Straßenköter ende.
Ich kam in einem schönen Hof auf die Welt und tollte dort glücklich mit meinen Geschwistern herum.
Eines Tages kam ein Mann und nahm mich mit.
Was habe ich bitterlich geweint, ich war doch noch so klein und musste meine Eltern und Geschwister verlassen.
Der Mann brachte mich in eine Wohnung in einem Hochhaus. Sie banden mir eine rote Schleife um und setzten mich in ein Körbchen unter dem Christbaum. Ich freute mich als der kleine Junge mich in die Arme nahm und nun hopste und spielte ich mit ihm herum und hatte meinen Kummer bald vergessen.
Doch als ich größer wurde, hatte der Junge keine Zeit mehr für mich. Auch stritten sie immer lautstark, wer mich nach unten bringen sollte, damit ich mein Geschäft verrichten konnte.
Das brachte mich oft in Bedrängnis und wenn mir dann ein Malheur passiert, dann brüllten sie mich an und schlugen mich.
Dabei konnte ich doch gar nichts dafür.
Eines Tages nahm mich der Mann und band mich in der Nähe eines Müllplatzes an einen Baum.“
Und da wäre er elendig verhungert und verdurstet, wenn ich ihn nicht befreit hätte. Außerdem musste ich ihm beibringen wie man auf der Straße überlebt.“
Rambo war zurück gekommen und setzte sich nun neben seine Freunde und begann sein Fell zu putzen.
Hast du auch mit den Menschen schlechte Erfahrungen gemacht?“ wollte Teddy wissen.
Eher sie mit ihm,“ kicherte Berno, „Rambo ist der König der Straßen und ein Meisterdieb!“
Der Kater grinste.
Nein, Kleiner, zum Glück war ich nie von diesen Kreaturen abhängig. Ich bin auf dem Müllplatz geboren, meinen Vater kannte ich nicht. Als dann meine Mutter auch nicht mehr
zurück kam, musste ich schon sehr früh lernen allein zurecht zu kommen. Aber nun lasst uns schlafen.“
Für Teddy begann nun eine aufregende und schöne Zeit.
Er streifte mit seinen beiden Freunden durch die Straßen und machte viele interessante Bekanntschaften.
Er lernte den Waschbären Emil kennen, den Dachs Merlin,
der oft vom nahe gelegenen Wald in die Stadt kam und den halb blinden Mops Hannchen, der in einem schönen großen Garten wohnte und gerne seine reich gefüllte Futterschüssel mit ihnen teilte.
(c) Bonmomo

In dem Garten wohnte auch der Igel Leopold, der sich oft zu einem Schwätzchen dazu gesellte.
Abends zog es die drei Kameraden dann in ihr Haus zurück und bevor sie einschliefen erzählten sie dem atemlos lauschenden Teddy dann noch spannende Geschichten aus ihrem bewegten Leben.
Eines Morgens hörten sie vor dem alten Haus Stimmen und das Brummen eines schweren Motors.
Rambo sprang auf die Fensterbank und drückte seine Nase an die Scheibe.
Entsetzt rief er seinen Freunden zu.
Wir müssen verschwinden, sie reißen das Haus ab!“
Aus sicher Entfernung sahen sie nun wie die riesige Abrissbirne mehrmals voller Wucht gegen das Haus prallte und es zusammenbrach.
Traurig verließen sie den Ort, wo sie so viele Jahre Zuflucht gefunden hatten.
Obwohl Teddy erst kurz darin gewohnt hatte überfiel auch ihn eine große Traurigkeit.
Merlin kam vergnügt die Straße entlang und grüßte sie fröhlich.
Warum seht ihr so betrübt aus.“
Nachdem er erfahren hatte, dass ihr Haus eben abgerissen wurde, schlug er ihnen vor mit ihm in den Wald zu gehen. Dort gab es eine alte leere Bärenhöhle.

(c) meine Tochter

Nun lebten sie schon einige Zeit in der Höhle.
Rambo ging auf Diebestour in den umliegenden Bauernhöfen und Berno jagte Kaninchen.
Manchmal aber mussten sie auch mit knurrendem Magen schlafen gehen und sie beneideten den Teddybären, der weder essen noch trinken musste.
Eines Tages waren sie wieder unterwegs auf Hasenjagd.
Rambo saß oben auf dem Baum um Ausschau zu halten, Teddy verkroch sich im Gebüsch und Berno kauerte sprungbereit im Gras.
Es raschelte und ein kleiner Hase kam auf die Lichtung, Berno sprang auf, da knallte ein Schuss.
Ein langer brennender Schmerz fuhr dem Hund über den Rücken.
Der Hase aber lief im Zickzack davon und verschwand in seinem Bau.
Ein Mann in grüner Uniform trat zu dem Hund und hob die Büchse.
Da sprang Rambo mit ausgefahrenen Krallen dem Mann auf den Kopf.
Während dieser mit dem Kater kämpfte und der Jagdhund bellend um die Beiden herum sprang, rappelte Berno sich auf und lief davon.
Als Rambo sah, dass sein Freund in Sicherheit war, ließ er von seinem Opfer ab und raste durch den Wald.
Der Jäger aber betastete fluchend sein zerkratztes Gesicht, hob die Waffe auf und verschwand.
Teddy hatte sich voller Angst tief ins Gebüsch verkrochen, nun aber kam er heraus und eilte zur Höhle.
Besorgt beobachten sie den aus einer tiefen Wunde blutenden Freund, der immer wieder kläglich jaulte und sich ziemlich elend fühlte.
Bleib du bei ihm, ich hole Hilfe!“ rief Rambo und sauste davon.
Bei seinen Streifzügen war er auch an einer alten Hütte am
Waldrand vorbei gekommen.
Dort lebte eine alte Frau, Kräuterweiblein, genannt.
Als sie ihn einmal entdeckte, hatte sie ihm eine Schale Milch und Essensreste hingestellt.
Rambo sprang über den Zaun.



Die Hühner, die im Boden scharrten, liefen flügelschlagend auseinander und die Ziege, die an einen Pflock gebunden
war, meckerte empört.
Die alte Frau trat aus dem Haus und Rambo lief auf sie zu und streifte schnurrend um ihre Beine.
Als sie sich bückte, um ihn zu streicheln, brachte er sich in Sicherheit und fixierte sie beschwörend.
Du willst mir wohl etwas sagen?“ murmelte die Alte und als Antwort drehte sich Rambo um, lief ein paar Schritte, drehte den Kopf und maunzte auffordernd.
Wenig später kniete die alte Frau vor dem verwundeten Hund.
Ein Streifschuss, der muss behandelt werden.“
Sie erhob sich und verließ die Höhle.
Enttäuscht sahen Rambo und Teddy ihr nach.
Doch wenig später kam sie wieder, hinter sich einen mit Decken ausgepolsterten Leiterwagen, herziehend.
Sie hob den Hund hinein, setzte Teddy dazu und begleitet von Rambo, der mit hoch erhobenen Schwanz neben ihr ging, fuhren sie zum Häuschen.
Unter ihrer guten Pflege ging es dem Hund bald besser. Teddy bekam einen Knopf als zweites Auge, sein Ohr wurde geflickt und wenn es auch ein wenig kleiner war, so war er doch glücklich.
Auch strickte ihm die alte Frau eine Latzhose und einen Pullover.
Die Tiere und auch der Teddybär beschlossen bei der alten Frau zu bleiben, denn hier ging es ihnen gut.
Teddy gefiel es auf dem Sofa und wenn nachts Rambo die Gegend durchstreifte durfte er ihn begleiten.


Berno aber wollte lieber zuhause bleiben, denn einer musste ja auf die alte Frau aufpassen.
Diese bekam natürlich nicht mit, dass der Teddy abends lebendig wurde.
Sie wunderte sich nur, warum seine Kleidung immer so schmutzig war.

© Lore Platz







Mittwoch, 14. September 2022

Plauderecke Die Kartoffel







 
Vielleicht habt ihr auch schon als Kind am Lagerfeuer gesessen und Kartoffel gebraten.
Wir haben die Kartoffeln ,die auf dem Feld vergessen wurden immer aufgesammelt und dann ein Lagerfeuer gemacht und die Erdäpfel hinein geworfen.
Eine regelrechte Mutprobe war es dann ,die kohlschwarzen Dinger mit spitzen Fingern aus der heißen Glut zu klauben und zum Abkühlen neben sich zu legen.
Aber die Mühe war es wert, wenn auch die Schale verbrannt war, aber das Innere war köstlich.
Zu Hause aber wurden wir in den Waschzuber gestellt und von Kopf bis Fuß abgeschrubbt , denn wir sahen wie kleine Kaminfeger aus.
Doch wo kommt die Kartoffel eigentlich her?
Vor 500 Jahren brachten sie die spanischen Eroberer aus Südamerika mit.
Die Kartoffel hatte in Südamerika so eine große Bedeutung, dass man Kartoffel aus Stein und Tonkrüge in Form einer Kartoffel herstellte, wie Entdeckungen eines 8000 Jahre alten Grabes in Peru
bestätigen.
Obwohl wir in der Volksschule noch das Lied des Dorfschullehrers
Friedrich Sauter (1766-1846) lernen mussten und mit Begeisterung plärrten:
Frank Drake hieß der brave Mann, der vor zweihundert Jaaaahren ,“
war er nicht der Entdecker der Kartoffel.
Eine nette kleine Geschichte wurde überliefert, ich weiß aber nicht ob sie stimmt.
Ein englischer Graf kaufte ein paar Kartoffeln und ließ sie in seinem Garten anpflanzen,
Die Kartoffel wurde nämlich anfangs wegen ihrer schönen Blüten als Zierpflanze gehalten.
Eines Tages erzählte ihm ein Spanier, dass man die Kartoffel essen könnte.
Der Graf lud seine Freunde zum Festmahl ein und als besonderes Dessert ließ er die Beeren der Kartoffel servieren.
Die Gäste spuckten diese aus, so scheußlich schmeckten sie.
Zornig befahl der Graf seinem Gärtner die Kartoffeln zu vernichten.
Dieser riss alle Pflanzen aus und verbrannte sie. Doch stieg ihm ein köstlicher Duft in die Nase und er fischte ein Knolle heraus und probierte sie. Sie schmeckte köstlich!
Wenig später lud der Graf wieder seine Freunde ein und diesmal waren alle begeistert von der Kartoffel.
So soll sie sich in Europa verbreitet haben.
Ich denke aber, dass es von Spanien aus ging,
denn die Spanier und Italiener waren die ersten, die die Kartoffel auf ihrem Speiseplan hatten.
Die Deutschen waren der neuen Speise eher skeptisch gegenüber eingestellt.
Der“ Alte Fritz „musste die Bauern 1756 mit einem „Kartoffelbefehl „
zum Anbau zwingen.
Heute gehört die Kartoffel wie selbstverständlich zu unserem Leben und es gibt viele wunderbare Gerichte ,die man aus dieser Knolle zaubern kann.
Aber am besten schmeckt mir immer noch: Eine heiße Pellkartoffel mit ein bisschen Salz und einem Stückchen Butter. Hmmmm!
 
 
                      
 
 

Fritz und der Kartoffelkönig

Missmutig schlug Fritz die Decke zurück und schlüpfte ins Bett.
Seine Mutter kam herein und setzte sich auf die Bettkante.
Na, mein Großer, immer noch wütend?“
Beim Abendessen hatte es Ärger gegeben, denn Fritz wollte seine Kartoffeln nicht essen, denn die mochte er überhaupt nicht.
Der Vater hatte geschimpft und Großvater hatte auf die hungrigen Kinder hingewiesen, die froh wären wenn sie solche guten Kartoffeln essen dürften.
Fritz hätte sie ja nur allzu gern den hungrigen Kindern gegeben.
Die Großmutter hatte die Geschichte vom Kartoffelkönig erzählt, der davon gelaufen war, um in die Welt zu ziehen, doch als er zwei hungrigen Kindern begegnet ist, sich geopfert hat damit sie sich satt essen konnten.
Als wenn ihm deshalb die Kartoffel besser schmecken würden.
Nur die Mutter hatte ihn bittend angesehen und leise auf den Nachtisch hingewiesen.
Daran musste Fritz jetzt denken und so grinste er seine Mutter an.
Der Schokoladenpudding mit dem Sahnehäubchen war Klasse!“
Dann ist es ja gut!“ lachte die Mutter und strubbelte ihm das Haar.
Gute Nacht meine Junge, schlaf' gut:“
Sie strich ihm über das Haar, da er keinen Gute Nacht Kuss mehr wollte, löschte das Licht und verließ das Zimmer.
Fritz drehte sich um und war bald eingeschlafen.
Mitten in der Nacht wurde er plötzlich wach, da etwas auf seinen Bauch drückte.
Er öffnete die Augen und sah im fahlen Schein des Mondes
einen seltsamen kleinen Kerl, der auf seinem Bauch saß.
Fritz blinzelte und rieb sich die Augen, doch das Männchen war immer noch da.
Es sah aus wie eine dicke große Kartoffel, hatte eine rote Nase, pfiffige Augen, einen breiten Mund und kleine Arme und Beine und auf dem Kopf trug es ein kleines Krönchen.
Der Kartoffelkönig!“
Ja, du hast mich erkannt!“
Was willst du hier? Außerdem könntest du mal von meinem Bauch herunter gehen, du erdrückst mich ja!“
Der Kartoffelkönig sprang herunter und setzte sich neben Fritz auf das Kopfkissen.
Dieser drehte sich um und knurrte:
Lass mich in Ruhe, ich will schlafen!“
Da aber zog ihn der Dicke energisch an den Haaren.
Aufwachen, ich brauche deine Hilfe!“
Nun wurde Fritz neugierig und drehte sich wieder seinem Besucher zu.
Du musst mit mir kommen, zieh dich an.“
Das Männlein sprang vom Bett und lief zum Stuhl auf dem die Kleider des Jungen lagen.
Langsam folgte ihm Fritz und zog sich an, doch als er in seine Turnschuhe schlüpfen wollte, rief der König:
Zieh feste Schuhe an, dort wohin wir gehen ist es schlammig, besonders nach Regen und nimm die Jacke mit den großen Taschen.
Warum?“
Damit ich hinein schlüpfen kann,“ lachte der Kartoffelkönig und schwups saß er in der Tasche und grinste vergnügt.
Es kann los gehen!“
Auf einmal waren sie in einem Dorf.
Es sah sehr ärmlich aus, die alten Holzhäuser hätten einen Anstrich gebraucht, die Straßen waren wirklich riesige Schlammfelder, Hühner liefen gackernd umher und ein struppiger Hund schlich sich heran und entsetzt verschwand der Kartoffelkönig in der Jackentasche.
Feigling!“ zischte Fritz.
Ein Mann kam aus einem der Höfe, stutzte als er den Jungen sah und ging auf ihn zu.
Der sieht ja aus wie mein Großvater!“ flüsterte Fritz.
Ist ja auch dein Urahn, aber still er kommt näher!“
Der Mann betrachtete den seltsam gekleideten Jungen, er selbst trug nur einen groben Leinenkittel.
Woher kommst du?“
Von weit her, wo bin ich hier?“
Weißt du das nicht, in Pommern im Land von Friedrich dem Großen.“
Oh, und welches Jahr schreiben wir?“
Der Mann schüttelte den Kopf ob der seltsamen Frage.
Ob der Junge nicht richtig im Kopf war?
Wir haben das Jahr 1744. Wie heißt du denn?“
Fritz Ungerer!“
Da haben wir ja denselben Namen, ich heiße Karl Ungerer, sind wir verwandt!“
Fritz zuckte die Schultern.
Na dann komm mal mit, Vetter, kannst auf dem Heuboden schlafen, viel zu essen kann ich dir nicht anbieten, die Getreideernte war diesmal nicht gut. Und die meisten Felder hier sind sandig und eignen sich nicht zum Anbau.“
Vier kleine Kinder zwischen 3 Jahren und 10 Jahren blickten ihnen neugierig entgegen.
Eine junge Frau kam aus einem Nebenraum mit einem Eimer Milch.
Die Kuh gibt nicht mehr viel Milch, es fehlt an genügend Futter.“ seufzte sie mutlos.
Ich werde mal auf die höher gelegene Wiese gehen und
Gras mähen, hier ist ein Vetter von mir, er kann auf dem Heuboden schlafen.“
Die Frau nickte nur.
Und ich werde in den Wald gehen und Beeren pflücken,“ erklärte das zehnjährige Mädchen.
Ihr Vater runzelte die Stirn.
Mariechen, ich möchte nicht, dass du allein in den Wald gehst, dort treibt sich allerhand Gesindel herum.“
Dann hellte sich seine Miene auf.
Vetter Fritz wird dich begleiten!“
Fritz nickte und bald haben sie ihr Körbchen voll mit leckeren Beeren, auch einige Kräuter für eine Suppe pflückte Mariechen.
Auf dem Rückweg kamen sie an einem Bach vorbei und Fritz sah einige Forellen darin schwimmen.
Warte, Mariechen!“
Er krempelte seine Hosenbeine hoch und stieg ins Wasser.
Sein Freund Rudi hatte ihm einmal gezeigt wie man Fische mit den Händen fing.
Man braucht nur Geduld, ein gutes Auge und Schnelligkeit.
Bald lagen drei Forellen zappelnd im Gras und Mariechen packte sie in den Korb.
Der Vater war auch schon zurück und fütterte gerade die Kuh.
Anerkennend klopfte er Fritz auf die Schulter und ging mit den Fischen hinters Haus, um sie auszunehmen.
An diesem Abend gingen alle mal satt ins Bett.
Fritz bekam von Frau Gertrude noch eine Decke aus groben Stoff und ging hinauf auf den Heuboden.
Der Kartoffelkönig hüpfte aus der Tasche und streckte sich.
Bisher ist es doch gut gelaufen,“ meinte er zufrieden.
Was soll ich eigentlich hier, obwohl es ja interessant ist meine Vorfahren kennen zu lernen.“
Nun Morgen wirst du es erfahren, aber zuerst muss ich dir
erklären wie man Kartoffel anbaut, du wirst es brauchen.“
Ich werde bestimmt keine Kartoffeln anbauen,“ brummte Fritz, doch dann wurde er nachdenklich, „obwohl sie dann nicht mehr hungern müssten.“
Siehst du, also dann höre genau zu!“
Aufmerksam verfolgte der Junge was der Kartoffelkönig ihm erklärte, doch dann fielen ihm die Augen zu.
Am nächsten Morgen saßen sie gerade beim Frühstück, einer Schüssel Haferbrei mit Beeren, da hörten sie Lärm von draußen.
Mariechen lief ans Fenster.
Die Soldaten des Königs!“ rief sie aufgeregt.
Die Familie und Fritz eilten hinaus und gesellten sich zu den anderen Bauern die neugierig die Soldaten umstanden.
Einer der Soldaten hielt einen großen Pergamentbogen in der Hand und las laut vor:
Befehl des Königs, unseres verehrten 'Friedrich den Großen'! Alle Bauern müssen Kartoffel pflanzen, auf dass sie im Winter nicht hungers sterben. Das ist ein Befehl und muss sofort ausgeführt werden!“
Der Soldat winkte und ein Fuhrwerk fuhr heran auf dem mehrere Säcke standen.
Zwei Männer sprangen von der Pritsche und hoben die Säcke vom Wagen und stellten sie an eine Hauswand.
Die Bauern drängten sich neugierig näher und fingen schallend an zu Lachen.
Einer hielt eine verschrumpelte Kartoffel, die bereits zu keimen begann, in die Höhe und schrie:
Was soll denn das sein, will der König uns zum Narren halten, das ist weder ein Samen noch eine Wurzel!“
Verächtlich warf er die Knolle zurück und wandte sich ab.
Die Soldaten aber drehten ihre Pferde und galoppierten davon.
Murrend gingen die Bauern nach Hause.
Nur Karl, Fritz und Mariechen standen noch bei den Säcken.
Auch Frau Gertrude war zurück in den Hof gegangen und die drei kleineren Kinder spielten mit dem Hund.
Karl hatte eine der Kartoffel in die Hand genommen und drehte sie nachdenklich zwischen den Fingern.
Kann mir nicht vorstellen, dass unser König uns verspotten will?“
Nein! Kartoffel sind sehr nahrhaft und sättigend!“ erklärte Fritz.
Du hast schon mal eine gegessen?“
Der Junge nickte heftig und meinte: „ Ja sie schmecken mir zwar … Aua!“
Der Kartoffelkönig hatte ihn gezwickt.
Karl betrachtete ihn amüsiert.
Sie schmecken Aua?“
Nein ich meine sie schmecken ausgezeichnet.“
Fritz schlug kräftig auf seine Jackentasche und grinste als er ein leises Stöhnen hörte.
Weißt du denn wie man sie anbaut?“
Als der Junge nickte, hob Karl einen der Säcke auf und warf ihn sich über die Schulter.
Auch Fritz nahm einen der Säcke und selbst Mariechen zog einen Sack hinter sich her.
Während sie zurück zum Haus gingen erklärte er dem aufmerksam lauschenden Karl was er von dem Kartoffelkönig erfahren hatte.
Man musste Furchen in den Acker ziehen, die ungefähr 40cm auseinanderlagen, dann musste man eine Kartoffel, die bereits gekeimt hatte, hineinlegen und Erde darüber häufen.
Gießen sollte man sie nicht, denn das würde ihnen schaden. Da die Kartoffel eine sehr robuste Pflanze ist schadet ihr auch längere Trockenheit nichts, außerdem gedeiht sie prächtig in sandigem Boden.
Davon haben wir ja genug,“ brummte Karl, der aufmerksam gelauscht hatte.
Inzwischen hatten sie den Hof erreicht, stellten die Säcke vor der Tür ab und betraten das Haus.
Wir werden diese Kartoffeln pflanzen!“ verkündete Karl als er die Küche betrat.
Er deutete auf Fritz.
Unser junger Vetter weiß wie man es macht und hat auch schon solche Dinger gegessen.“
Dann kratzte er sich am Kopf.
Aber wie sollen wir solche Furchen in den Acker machen?“
Habt ihr denn keine Harke?“
Karl schüttelte den Kopf und brummte:
Wie sieht so ein Ding denn aus?“
Fritz holte ein angebranntes Holz von der Feuerstelle und zeichnete auf den Tisch ein Harke.
So was kann ich bauen!“
Karl verschwand im Schuppen.
Mariechen und Fritz luden mit Hilfe der Mutter die Säcke auf einen Leiterwagen und als Karl mit zwei Harken aus dem Schuppen kam, gingen sie zu dem brach liegenden Acker.
Während Karl und Fritz lange Furchen zogen, legten Frau Gertrude und Mariechen die Kartoffel hinein und die drei Kleinen durften die Erde darüber häufen.
Während sie arbeiteten kamen die Leute aus dem Dorf neugierig näher und Karl erklärte ihnen was sie machen sollten.
Und bald sah man auf allen Feldern die Bauern fleißig Furchen ziehen.
Nun hieß es warten. Jeden Tag ging Karl nun zu seinem Feld um nachzusehen.
Eines Tages kam er freudestrahlend zurück, denn das Feld hatte zu blühen begonnen.
Fritz, der inzwischen wieder vom Kartoffelkönig unterrichtet worden war, erklärte ihm, sobald die Blüten und das wuchernde Kraut abgestorben sei, könnte man die Kartoffel unter der Erde heraus holen.
Karl erklärte es auch den Dorfbewohnern und dann war es eines Tages soweit.
Die Kartoffelernte begann.
Als alle ihre reichliche Ernte in den Scheunen hatten, bat Karl seinen Vetter Fritz auf den Marktplatz.
Und der Junge erklärte den Dorfbewohner nun wie man die Kartoffel kochte und was man daraus alles machen konnte.
Während er noch redete verschwamm alles um ihn herum wie in einem Nebel.
Eine Hand rüttelte ihn an der Schulter.
Fritz, Fritz, wach auf, du musst zur Schule!“
Der Junge öffnete die Augen.
Wo ist der Kartoffelkönig?“
Nicht hier!“ lachte die Mutter, „ aber nun beeile dich!“
Mama, ich habe geholfen Kartoffel an zu bauen und zu ernten!“
Die Mutter verließ Kopf schüttelnd das Zimmer.
'Nun verfolgten die Kartoffeln den Jungen schon im Schlaf'
Noch mehr aber wunderte sie sich, als Fritz beim Abendessen eine doppelte Portion Kartoffel auf seinen Teller lud.

© Lore Platz