Mittwoch, 22. Dezember 2021

Die Überraschung


   

                                                               
 
Vor vielen Jahren erzählte mir eine sehr liebe Freundin, dass sie am 24.12. Geburtstag hat. Als Kind fand sie das gar nicht so toll, konnte doch niemand von ihren Freunden an diesem Tag mit ihr feiern.
Diese Situation hat mich zu der Geschichte inspiriert.
Seit einem Jahr ist diese Freundin auch Zeichnerin für meinen Blog und hat für die Neuauflage der Geschichte ein Bild gemalt. 
Liebe Monika, ich danke dir für die Mühe, die du dir machst, um meine Gedanken die ich dir schildere in Bilder umzusetzen. 
 
Viel Spaß beim Lesen!

Ich wünsche euch ein schönes gemütliches Weihnachtsfest!

 






Die Überraschung


Annelie und Lara saßen zusammen am Tisch und kauten an ihren Stiften.
Denkst du die Prinzessin hätte den Frosch auch an die Wand geworfen, wenn sie gewusst hätte, dass er ein verwunschener Prinz war?“ kicherte Annelie.
Sie mussten zu dem Märchen der Froschkönig verschiedene Fragen beantworten.
Lara antwortete nicht, sondern beobachtete das Schneetreiben vor dem Fenster.
Bald ist Weihnachten,“ sagte sie leise.
Ja!“ strahlte Annelie, „ und ich freue mich so darauf!“
Ich nicht!“
Aber warum, du musst dich doch doppelt freuen, weil da auch noch dein Geburtstag ist.“
Aber das ist es doch gerade. Du hast im August Geburtstag und kannst jedes Jahr eine schöne Gartenparty feiern, kannst deine Freunde einladen. Bekommst viele Geschenke.
Ich habe noch nie eine Party feiern können. Am Morgen gratulieren mir meine Eltern und Geschwister und am Abend kommt das Christkind.“
Annelie sprang auf und umarmt ihre Freundin.
Das habe ich noch nie so gesehen, das ist wirklich traurig.“
Nach den Hausaufgaben spielten die Mädchen noch zusammen, dann ging Lara nach Hause.

Foto meiner Tochter

Fest den Teddy an sich gedrückt lag Annelie im Bett. Sie konnte nicht einschlafen immer wieder musste sie an Lara denken. Sie hatte genau gesehen wie Tränen in den Augen ihrer Freundin schwammen, als sie von ihrem Geburtstag sprach und Annelie dachte, dass ihr das auch nicht gefallen würde, wenn sie am Hl. Abend Geburtstag hätte.
Schließlich stand sie auf und tapste barfuß ins Wohnzimmer. Sie schmiegte sich an ihre Mutter, die auf dem Sofa saß und strickte, während der Vater sein geliebtes Fußball anschaute.
Ganz leise, um den Vater nicht zu stören vertraute sie ihrer Mutter ihren Kummer an.
Liebevoll strich ihr die Mutter über den Kopf und flüsterte:
Ich lass mir was einfallen.“
Und endlich konnte das Mädchen beruhigt einschlafen.
Nun liefen die Telefonleitungen zwischen den beiden Häusern heiß.
Am Heiligen Abend in der Früh ging Lara lustlos hinunter in die Küche und setzte sich an den gedeckten Tisch.
Sie wunderte sich, dass weder ihre Eltern noch ihre Geschwister, ja nicht einmal die Großeltern, die im ersten Stock wohnten ihr zum Geburtstag gratulierten.
'Nun haben sie sogar noch meinen Geburtstag vergessen', dachte sie verbittert und verkroch sich nach dem Frühstück in ihrem Zimmer.
Nach einiger Zeit kam ihre Schwester Gertrud und bat sie doch schnell zur Oma hinauf zu laufen, denn sie brauchte ihre Hilfe.
Seufzend machte sich Lara auf den Weg in den oberen Stock und trat in die Wohnung. Da sie ihre Oma in der Küche nicht fand, ging sie weiter ins Wohnzimmer.
Staunend starrte sie auf die Luftballons die an der Decke schwebten, Luftschlangen baumelten von den Wänden und ihre Familie und ihre Freundinnen aus der Schule allen voran Annelie riefen jubelnd: „Alles Gute zum Geburtstag liebe Lara.“
Diese stand mit verklärtem Gesicht mitten im Zimmer und Tränen der Freude rannen über ihre Wangen.
Die Geburtstagsfeier ging bis nachmittags um drei, dann verabschiedeten sich die Gäste.
Und später, als es dunkel wurde, konnte das Christkind kommen.

© Lore Platz



Mittwoch, 15. Dezember 2021

Können Tiere am Hl.Abend sprechen?

Reizwörter:  Angeber, Buch, radieren, wundern, braun

 


 Können Tiere am Hl.Abend sprechen?

 

Tobias saß auf dem Boden vor der Kiste mit den Figuren und hielt einen aus Holz geschnitzten Ochsen in der Hand und betrachtete ihn nachdenklich.

Bei den Beringers war es üblich, dass am 1, Dezember der Stall von Bethlehem aufgestellt wurde und die fünf Kinder abwechselnd jeden Tag einige Figuren einstellen durfte und am HL Abend wurde dann unter den Geschwistern ausgelost , wer das Jesuskind in die Krippe legen durfte. 

Der 12jährige Martin hatte den Stall gereinigt und ausgebessert und ihn auf die große Kommode im Wohnzimmer gestellt. Die zehnjährige Annamirl durfte den großen Stern mit dem Schweif auf dem Dach anbringen. Der neunjährige Wolfi, der gut schnitzen konnte hatte eine Brücke geschnitzt und darunter aus Alufolie  einen Bacht gebastelt, der sich an einer Wiese aus Heu entlangschlängelt. An dieser Stelle lagerten später die Hirten. nit ihren Schafen, die dann vom Verkündigungsengel besucht wurden. Das siebenjährige Reserl hatte die Krippe für das Christkind mit Heu ausgepolster und extra ihr hübsch umhäkeltes Taschentuch geopfert, dass das Kind sich auch wohl fühle. 

Heute nun war das Nesthäkchen der Familie, der fünfjährige Tobias an der Reihe. Er sollte Ochs und Esel neben der Krippe aufstellen, damit sie mit ihrem Atem das Christkind wärmen konnten. 

Matrin kam ins Wohnzimmer. "Was ist los, Kleiner kannst du dich von dem Ochsen nicht trennen?" Tobi wurde rot und stellte die Figur neben den Esel, doch sein Blick war immer noch nachdenklich. Martin ging in die Hocke. 

" Kleiner was ist los?" "Können die Tiere am HL. Abend mit uns sprechen?" "Wie kommst du darauf?" "Das Fräulein  hat uns heute im Kindergarten aus einem Buch eine Geschichte vorgelesen und darin haben die Tiere mit einem kleinen Jungen gesprochen."  

Martin schmunzelte und verwuschelte  Tobis Haar. "Nun Kleiner warum  gehst du nicht am HL, Abend in den Stall."  

Tobi wurden die Tage bis Weihnachten sehr lang, nicht wegen den Geschenken, sondern weil er die Tiere sprechen hören wollte. Seine Mutter wunderte sich, denn so ungeduldig hatte sie ihren Jüngsten noch nie erlebt.

 


 

Endlich nach dem Essen huschte er schnell hinüber und schlüpfte in den Stall. Wohlige Wärme empfing ihn. Die Kühe hoben die Köpfe und muhten, der Kater strich ihm schnurrend um die Beine, der Hofhund, der wegen der Kälte im Stall bleiben durfte, begrüßte ihn mit einem Wuff. Und der alte Wallach, der hier sein Gnadenbrot fraß, schüttelte seine braune Mähne. 

Tobi war enttäuscht. alles war wie immer. Aber vielleicht wollten sie ja auch gar nicht mit ihm sprechen oder fingen erst um Mitternacht an sich zu unterhalten. 

Breitbeinig stellte er sich hin und fragte trotzig. "Warum wollt ihr denn nicht mit mir sprechen," Ein Kichern ertönte und der Junge sah sich aufmerksam um. 

"Miauu, du hast Recht wir können am HL. Abend mit den Menschen sprechen, aber wir haben selten Lust dazu. Aber da du ein lieber Junge bist, obwohl du mir den Schwanz in der Tür eingeklemmt hast." Tobias wurde rot. "Das war doch nicht mit Absicht, ich habe nicht gesehen, dass du hinter mir warst, als ich die Tür zuschlug," 

"Naja, bist eben ein Tolpatsch, aber nicht böse, Trotzdem es hat mir ziemlich weh getan. Aber nun entschuldige mich, ich höre da hinten im Heu etwas rascheln." 

Der Wallach hob den Kopf und zeigte seine großen gelben Zähne. " Ja mein Junge, du bist schon ein großer Tolpatsch." lachte er wiehernd." "Nun hör bloß auf du Angeber ,wer ist denn der größere Tolpatsch." empörte sich die Leitkuh. 

Der Hofhund drängte sich an Tobis Seite und und stupst ihn mit der Nase. " Wuff, lasst mal, der Tobi ist ein ganz lieber Junge mit einen großen guten Herzen." " ja das wissen wir ja, miau und deshalb sprechen wir ja auch mit ihm heute abend. Aber sag mal Tobi musst du nicht zurück ins Haus zur Bescherung. Ich habe das Glöckchen klingeln gehört. Tob nickte, dann verbeugt er sich artig und bedankte sch höflich und lief aus dem Stall.

Seine Geschwister sprangen aus ihren Verstecken, hoben die Hände und klatschten ab, Sie hatten heute ihrem kleinen Bruder das schönste Weihnachtsfest bereitet.

.(c) Lore Platz


Sicher wollt ihr wissen, was Regina und Martina zu diesen Wörtern geschrieben haben

Montag, 13. Dezember 2021

Der Nussknacker


Als ich heute Morgen erwachte, dachte ich, wie gut ich es doch habe. Lebe in einer schönen warmen Wohnung, werde gut versorgt und kenne viele nette und liebe Menschen. Und auch wenn meine Tochter
weiter weg wohnt, so ist sie doch immer für mich da.
Doch nicht alle Menschen in meinem Alter haben diese Glück.

Viel Spaß beim Lesen!






Der Nussknacker

Ein riesiger Lastwagen donnert die Straße herunter und fährt in die Auffahrt eines alten Anwesens.
Zwei Männer springen aus dem Wagen und bald stehen zwei große Container auf dem Rasen.
Ein junger Mann lehnt lässig am Treppengeländer und beobachtet alles ganz genau.
Hinter ihm öffnet sich die Tür und eine alte Dame tritt heraus.
Kurz streift ihr Blick die Container, dann presst sie
die Lippen zusammen und sich am Geländer festhaltend geht sie die Stufen hinunter.
Der junge Mann hatte ihren Koffer genommen und war mit schnellen Schritten zu seinem Auto geeilt.
Unten angekommen dreht sich die alte Dame noch einmal um und betrachtet mit wehmütigen Blicken das alte Haus.
Tränen steigen in ihre Augen.
Über den Hof kommt ein alter Mann.
Es ist ihr Nachbar August Weinberger.
Er und Sieglinde Neumann kennen sich seit Kindesbeinen.
Hallo Linde, nun geht es also los?“ lächelt er etwas verlegen.
Die alte Frau nickt traurig.
Ach Gustl, ich habe solche Angst, ich kenne doch niemanden im Altersheim.“
Ach Lindchen, es ist ein schönes Heim und du wirst bestimmt bald Anschluss finden und ich werde dich so oft es geht besuchen.“
Das Gesicht von Sieglinde hellt sich auf.
Das wäre schön, Gustl.“
Oma, nun komm schon, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit!“ ruft der Enkel ungeduldig.
Sieglinde hebt den Kopf, strafft die Schulter und geht hinüber zu ihrem Enkel Hans.
Lange noch sieht der alte Mann dem Auto hinterher, dann geht er über die Straße und betritt das schmucke Einfamilienhaus, das sein Sohn gebaut hat und in dem es auch ein kleine Wohnung für ihn gab.
Seine Schwiegertochter Rosemarie steht in der Küche und schneidet Gemüse.
Einen Moment sieht der alte Mann ihr versonnen zu, dann tritt er auf sie zu, umarmt sie und gibt ihr einen Kuss.
Nanu, wofür war das denn?“ lacht die junge Frau.
Ich bin so froh, dass mein Sohn dich geheiratet hat und ihr mich nicht in ein Altersheim abschiebt.“
Seine Schwiegertochter lächelt.

Es ist dunkel und nur der Mond wirft sein fahles Licht durch die Luke in den alten Speicher, in dem es recht lebendig ist.
Mäuse huschen über den Boden und eine dicke fette schwarze Spinne krabbelt eifrig über die Wand, um ein weiteres ihrer kunstvollen Netze zu spinnen, mit dem schon fast der ganze Speicher bedeckt ist.
Nun hat sie den Boden erreicht und krabbelt vorsichtig auf eine Kiste mit Weihnachtsdekorationen zu.
Fast hat sie den Rand der Holzkiste erreicht, da taucht der Kopf eines Nussknackers auf.
Zornig fletscht er seine kräftigen Zähne.
Wage es nicht, alte Vettel, mich mit deinen klebrigen Fäden zu bedecken!“
Die Spinne wendet sich um und krabbelt eilig davon.
Der Nussknacker aber stützt sich mit dem einem ihm noch verbliebenen Arm ab, um sich aufrecht hinzusetzen.
Traurig betrachtet er seine zerschmetterten Beine und eine Träne läuft aus seinen Augenwinkel.
Es raschelt und Madam Maus mit ihren fünf Kindern
trippelt über den Boden.
Guten Abend, Herr Nussknacker, wir möchten uns verabschieden.“
Der Nussknacker nickt traurig.
Madam Maus hatte ihm vor einigen Tagen erzählt, dass seine Sieglinde von ihren Kindern ins Altersheim abgeschoben wurde, weil der Enkel Hans
das alte Haus abreißen und ein neues bauen will.
Herr Nussknacker?“ reißt ihn die Stimme von Madam Maus aus seinen Gedanken.
Wären sie so liebenswürdig und würden uns zum Abschied noch eine ihrer wundervollen Geschichten erzählen?“
Dieser nickt, setzt sich etwas bequemer hin und erzählt der Maus und ihren verzückt lauschenden Kindern wie er zum ersten Mal in dieses Haus gekommen war.
Der Vater der damals fünfjährigen Sieglinde hatte ihn ihr geschenkt. Es war sein letztes Geschenk, denn wenige Monate später ist er im Krieg gefallen.
Seitdem war er für die kleine Sieglinde etwas ganz besonders. Das ganze Jahr über durfte er in ihrem
Zimmer auf dem Regal stehen.
Und wenn der alte große Baum hinter dem Haus verschwenderisch seine Walnüsse spendete, dann kam er in die gute Stube stand dann neben einer großen Schüssel mit Nüssen und konnte fröhlich für die Bewohner diese knacken.
Doch dann eines Tages, der Krieg war schon eine Zeitlang vorbei, da wurde in die Stube ein großer bis zur Decke reichender Tannenbaum gebracht und mit allerlei bunten Kugeln, Sternen und Engelhaar geschmückt.
Echte Wachskerzen wurden aufgesteckt und ihr Licht strahlte mit Sieglindes Augen um die Wette, als sie das Zimmer betreten durfte.
Seitdem hatte er noch viele viele Weihnachten in diesem Haus erleben dürfen, bis zu dem verhängnisvollen Tag, an dem der Enkel Hans ihn in einem Wutanfall quer durch das Zimmer an die Wand geworfen hatte.
An dieser Stelle schluchzten die Mäusekinder laut auf.
Seitdem verbrachte er seine Tage vergessen hier oben auf dem Speicher.
Madam Maus aber sieht hinauf zu Luke.
Es beginnt hell zu werden, wir müssen los.“
Haben sie denn schon eine Bleibe?“
Ja, wir ziehen aufs Land zu meinem Vetter.“
Dann passen sie gut auf, wenn sie die Stadt verlassen, es streifen viele Katzen durch die Gegend.“
Keine Bange, wir nehmen den Weg durch die Abwasserkanäle.“
Nun bekommt der Nussknacker noch von jedem Mäuschen einen Kuss und mit einem mehrstimmigen
Auf Wiedersehen!“ verschwinden sie in einem Loch in der Mauer.
Wieder allein sinniert der Nussknacker traurig.
Was wohl aus ihm werden wird?

Kaum geht die Sonne auf, fährt ein Wagen in die Einfahrt und mehrere Männer die auf der Ladefläche sitzen springen herab und verschwinden lachend und schwatzend im Haus.
Bald füllt sich ein Container nach dem anderen.
Gustl steht am Fenster seines Zimmers und guckt traurig zu, wie ein Stück nach dem anderen lieblos weg geworfen wird.
Plötzlich sieht er etwas oranges aufblitzen. Ist das nicht der Nussknacker, den Sieglinde von ihrem Vater bekommen hatte und an dem sie so hing.
Mit schnellen Schritten eilt er hinüber und zu dem Container.
Ein Mann brüllt ihn an:
Hey, Alter verschwinde hier gibt es nichts zu gaffen!“
Eben kommt ein baumlanger kräftiger junger Mann mit dem alten Schaukelstuhl aus dem Haus.
Halt den Schnabel, Max und kümmere dich um deine Arbeit.“
Er legt den Schaukelstuhl in dem Container ab, dann kommt er herüber zu Gustl.
Mit einem verlegenen Lächeln meint er:
Entschuldigen sie Herr Rektor, meine Leute sind manchmal es ungehobelt.“
Über das Gesicht des Lehrers gleitet ein feines Lächeln.
Bist du nicht der Toni Ungemach, der immer so viel Probleme in der Mathematik hatte?“
Ja und auch ihre Nachhilfe hat nicht viel gebracht, aber die selbst gebackenen Kekse ihrer Frau waren prima.“
Ach und du räumst jetzt Häuser aus?“
Ja unter anderem, ich habe doch die Spedition meines Vaters geerbt, keine Angst meine Frau macht die Buchführung!“
Beide lachen vergnügt.
Dann räuspert sich Gustl und fragt bittend.
Meinst du, dass ich mir den alten Nussknacker da nehmen darf, die Frau Neumann hing doch so an ihm. Vielleicht kann ich ihn reparieren und ihr ins Altersheim bringen.“
Ja, nehmen sie nur, Herr Rektor. Es ist eine Schande wie der Enkel mit der alten Frau umgeht, sagen sie ihr einen schönen Gruß von mir, wenn sie sie besuchen.“
Mit dem Nussknacker in der Hand verschwindet Gustl in dem Gartenhaus, in dem ihm sein Sohn eine kleine Werkstatt eingerichtet hat.
Und nun wird geschnitzt, gehobelt, geschliffen und gemalt und dann steht der Nussknacker in voller Pracht mit zwei Beinen und Armen auf dem Regal zum Trocknen.
Mit einem versonnen Lächeln betrachtet der alte Mann sein Werk.
Wie würde sich Sieglinde freuen.
In zwei Monaten war doch Weihnachten. Ja er würde ihn ihr zu Weihnachten schenken.
Vergnügt pfeifend verlässt er die Werkstatt.
Die nächsten Wochen besucht er seine Freundin nun so oft er kann im Seniorenheim.
Sieglinde kann sich nur langsam dort eingewöhnen und von ihrer Familie lässt sich keiner blicken.
So freut sie sich immer ganz besonders wenn Gustl vorbei kommt.
Manchmal holt sie auch sein Sohn Martin sonntags zu Kaffee und Kuchen nach Hause.
Und dann kommt der Hl. Abend.
Bereits am Vormittag wird Sieglinde geholt und während sie und Gustl die Kinder beschäftigen, schmücken die Eltern die Weihnachtsstube.
Nach einem leckeren Festmahl wird diese dann geöffnet.
Mit leuchtenden Augen blickt Sieglinde auf den strahlenden Weihnachtsbaum.
Dann werden die Geschenke verteilt.
Rosemarie reicht ihr ein Päckchen , in dem warme Handschuhe und ein schöner Schal sind und Sieglinde bedankt sich mit leuchtenden Augen.
Nun aber kommt Gustl verschmitzt lächelnd auf sie zu, in den Händen einen länglichen Geschenkkarton.
Vorsichtig hebt sie den Deckel und jubelt.
Das ist ja mein Nussknacker!“
Behutsam hebt sie ihn aus der Schachtel und betrachtet ihn staunend von allen Seiten.
Dann blickt sie in die strahlenden Gesichter ringsum und haucht mit Tränen in den Augen:
Danke!“
Später im Heim bekommt der Nussknacker seinen Platz auf ihrem Nachtschränkchen und wie in Kindertagen vertraut sie ihm ihre Nöte und Sorgen an und wie bereits damals hört er ruhig und verständnisvoll zu.
Als Sieglinde nach einigen Jahren starb, wurde der Nussknacker mit ins Grab gelegt und sie nahm in mit hinauf in den Himmel.

© Lore Platz


Mittwoch, 8. Dezember 2021

Kann man sich vom Christkind eine Mutter wünschen? Geht das denn?

Vor kurzem hörte ich von einem Vater und seinen fünf Kindern, deren Mutter vor einem Jahr an Weihnachten verstarb.
Das ist sehr sehr schlimm und taurig.
Wie viele Kinder werden diese Weihnachten allein sein?
Große Geschenke sind nicht das wichtigste für ein Kind, sondern jemand, der sie liebevoll in den Arm nimmt.

 
 






 


Kann man sich vom Christkind eine Mutter wünschen?
Geht das denn?



Das Waisenhaus in der Amselgasse ist hell beleuchtet.
Rechts und links neben den breiten Stufen steht auf der einen Seite ein großer Weihnachtsmann und auf der anderen Seite Rudolf das Rentier, dessen rote Nase lustig blinkt.
Die doppelseitige Eingangstür ist von einer Lichterkette, deren Lämpchen in verschiedenen Farben blinken, eingerahmt.
Auch das Innere des Hauses ist festlich geschmückt und aus der großen Halle dringt Musik, fröhliche Stimmen und lautes Kinderlachen.
Angelika, eines der Mädchen, das seit zwei Jahren im Waisenhaus ist, wurde adoptiert und darf bereits Weihnachten mit ihren neuen Eltern verbringen.
Es sind auch ihre Adoptiveltern , die dieses Abschiedsfest mit ihren Freunden hier im Waisenhaus, geben.
Alle haben sich in der Halle versammelt, um gemeinsam zu feiern.
Nur im zweiten Stock sitzt Lotta in ihrem kleinen Zimmer, das sie mit Angelika teilt und sieht traurig auf das Bett und den gepackten Koffer ihrer besten Freundin.
Leise wird die Tür geöffnet und Angelika schlüpft herein.
Lotta willst du denn nicht zu meiner Abschiedsparty kommen?“
Das Mädchen schüttelt den Kopf.
Ich bin so traurig!“
Angelika setzt sich neben sie und legt ihren Kopf an Lottas Schulter.
Ich auch, schade, dass sie dich nicht auch adoptiert haben.“
Die achtjährige Lotta seufzt kummervoll.
Mich adoptiert keiner, ich bin viel zu hässlich und mein Temperament bringt mich doch immer wieder in Schwierigkeiten.“
Weißt du was, du könntest doch das Christkind bitten, dass es dir eine Mutter bringt.“
Geht das denn?“ fragt Lotta erstaunt.
Angelika nickt eifrig.
Sicher, ich habe jeden Abend gebetet, dass ich eine Familie bekomme und dann wurde ich adoptiert.“
Sie springt auf und umarmt ihre Freundin.
Ich muss wieder hinunter, kommst du mit?“
Lotta schüttelt den Kopf.
Später vielleicht!“
Als Angelika das Zimmer verlassen hat, stützt Lotta ihren Kopf in die Hände und überlegt.
Vielleicht wäre es doch keine so schlechte Idee mit dem Christkind.
Sie wollte gegenüber in die Kirche gehen, wo das Christkind wohnt und persönlich mit ihm sprechen.
Sie springt auf, schlüpft in ihre warme Jacke und schleicht die Treppe hinunter.
Niemand bemerkt, dass sie das Haus verlässt.
 
Foto meiner Tochter

In der Kirche ist es still und es riecht nach Weihrauch.
In der ersten Bank sitzt eine Frau, ganz in schwarz gekleidet und Lotta stellt sich auf die Zehenspitzen, um ganz leise an ihr vorbei zu gehen, denn sie will ja zur Krippe mit dem Jesuskind.
Als sie an der Bank vorbei kommt, sieht sie wie die Frau bitterlich weint und erschrocken bleibt sie stehen.
Leise setzt sie sich neben die Unglückliche.
Diese blickt auf und sieht das Mädchen.
Hallo, ich bin Lotta!“
Die Frau putzt sich die Nase, wischt sich die Tränen aus den Augen und lächelt.
Hallo, ich bin Frau Bergmeister.“
Warum weinst du denn?“
Ich bin traurig, weil meine Tochter gestorben ist.“
Das tut mir leid, ist sie schon beerdigt?“
Ja, sie ist nun schon zwei Jahre tot!“
Und so lange weinst du schon, weißt du denn nicht, dass du dein Kind ganz unglücklich machst und es gar nicht mit den Engeln fröhlich herumtollen und spielen kann.“
Die Frau sieht sie erstaunt an und Lotta erklärt.
Schwester Martina hat uns ein Märchen vom Tränenkrüglein vorgelesen und da hat die Mutter auch so geweint und das Kind im Himmel musste den großen Eimer mit Tränen herumschleppen und konnte gar nicht mit den anderen Engeln spielen.“

Frau Bergmeister ist ganz still und nun fällt ihr auch das Märchen von Ludwig Bechstein ein, dass sie vor vielen, vielen Jahren gelesen hat und es wird ihr ganz eigen zumute.
Eine Weile sitzen die Beiden ganz still da, dann steht Lotta auf.
Nun muss ich aber zum Christkind nach vorne, denn ich habe etwas Wichtiges mit ihm zu besprechen.“
Die Dame sieht das komische kleine Mädchen mit den roten kurzen Stoppeln auf dem Kopf lächelnd an.
Du bist wohl vom Waisenhaus auf der anderen Seite und willst deinen Wunsch dem Christkind persönlich sagen.
Verrätst du mir denn auch was du dir wünscht?“
Lotta setzt sich wieder und meint ernsthaft:
Meine beste Freundin Angelika ist adoptiert worden und feiert eben ihre Abschiedsparty, aber ich konnte nicht hinunter gehen, weil ich so traurig bin und will das Christkind nun fragen, ob es nicht auch eine Mutter für mich finden könnte. Aber es wird wohl schwer sein, denn ich bin eine Heimsuchung!“
Frau Bergmeister zuckt etwas zusammen.
Wie kommst du auf diese Idee?“
Der Niklas ist ein ganz böser Junge und ärgert und schlägt immer die kleineren Kinder.
Er hat dem kleinen Rudi seinen Lutscher weggenommen, da bin ich auf ihn losgegangen, denn vor mir fürchtet der Niklas sich.
Der Feigling ist dann auch davon gelaufen und ich hinterher.
In der Küche dann bin ich über das Fass mit Mehl gestolpert und alles war weiß, als hätte es in der Küche geschneit.“
Lotta kichert.
Schwester Edeltraud hat die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen und gerufen:
Dieses Kind ist eine Heimsuchung mit ihrem höllischen Temperament!“
Dann hat sie ganz komisch die Augen verdreht und gestöhnt:
Es liegt an den roten Haaren!“
Ich wurde dann auf mein Zimmer geschickt, damit ich nachdenken konnte und ich habe nachgedacht.
Wenn es nur an meinen roten Haaren liegt, dass ich immer in Schwierigkeiten gerate, dann brauchte ich sie doch nur abzuschneiden.
Doch das war dann auch wieder nicht Recht und ich bekam eine Woche keinen Nachtisch.“
Lotta seufzt tief.
Die Erwachsenen sind schon komisch, nie kann man es ihnen recht machen.“
Frau Bergmeister sieht diese seltsame kleine Person an und ihr Blick fällt auf die roten kurzen Haare, die, wie die Stacheln eines Igels, vom Kopf abstehen und dann beginnt sie zu lachen.
Fröhlich und befreiend lacht sie, wie schon seit langem nicht mehr.
Lotta blickt sie erstaunt an.
Erwachsene sind wirklich manchmal seltsam.
Als Frau Bergmeister sich endlich wieder beruhigt hat, streicht sie Lotta über den Kopf und sagt liebevoll.
Lotta dich hat mir der liebe Gott geschickt oder meine Klara, damit ich endlich zur Vernunft komme.“
Das Mädchen nickt, obwohl sie nicht ganz versteht, aber sie mag diese Frau.
Weißt du, ich bin an Weihnachten ganz allein und du bist auch allein, weil deine beste Freundin nicht mehr da ist.
Wir könnten doch Weihnachten gemeinsam feiern?“
Geht das denn?“
Und ob das geht!“ sagt Frau Bergmeister energisch.
Schließlich saß sie im Vorstand der Stiftung, die das Waisenhaus unterstützt.
Vorsichtig schiebt sie Lotta aus der Kirchenbank und nimmt ihre Hand.
Wir gehen jetzt zusammen auf die Abschiedsparty deiner Freundin und anschließend sprechen wir mit der Schwester Oberin.“
Und Hand in Hand gehen die beiden einsamen Gestalten, die ein Zufall zusammengeführt hat, zum Ausgang.
War es wirklich der Zufall?
Oder hatte doch das Christkind die Hand im Spiel?
Vielleicht geht es manchmal doch!

© Lore Platz