Montag, 30. Mai 2022

Der Prinz, der sich beweisen musste

Das sind die Reizwörter:  Dummkopf, Donnerstag, denken, dreckig, dösen 

Sicher wollt ihr auch wissen, was Regina und Martina aus den Wörtern gezaubert haben

Viel Spaß beim Lesen! 

 

 


 

Der Prinz, der sich beweisen musste

 

Auf dem Schloss fand ein großer Ball statt. Hübsch gekleidete Menschen tanzten zu den Klängen des Orchesters, oder tummelten sich fröhlich lachend an dem reichhaltigen Bufett. 

Es herrschte eine ausgelassene Stimmung und die Gäste schienen sich zu amüsieren. 

Etwas abseits, halb verborgen hinter einer Palme, stand der Prinz. Der König, der neben der Königin auf einem Podest saß, beobachtete seinen Sohn mit finsterer Miene. 

"Sieh ihn dir an, er versteckt sich, anstatt sich unter das fröhliche junge Volk zu mischen, wie will er so jemals eine Frau finden. Als ich in seinem Alter war, was war ich doch für ein Draufgänger, kein so Schwächling, der lieber über den Büchern hockt. Warum nur bin ich mit so einem Dummkopf geschlagen!" 

Die Königin runzelte die Stirn. 

"Konrad ist nicht dumm, nur sehr sensibel, schüchtern und gehemmt. Und er stottert, wenn er aufgeregt ist,  und dass du immer so streng zu ihm bist, macht die Sache auch nicht leichter." 

Der König machte eine abwehrende Bewegung mit der Hand und sah wieder hinüber zu seinem Sohn. 

" Er hat den Ballsaal verlassen!" Er winkte einem Lakaien, der dösend in der Ecke stand. "Suche den Prinzen und bringe ihn sofort zu mir.!" 

Konrad war sich sehr wohl den finsteren Blicken seines Vaters bewusst. Er wusste welch große Enttäuschung er für seinen Vater war und eine große Niedergeschlagenheit überkam ihn. Er hielt es unter den fröhlichen Menschen nicht mehr aus und verließ den Saal und auch das Schloss. 

 


Ohne darauf zu achten entfernte er sich immer weiter und fand sich auf einmal mitten im Wald wieder. Müde setzte er sich auf einen umgestürzten Baum und stützte den Kopf in die Hände, um nachzudenken.. Es war dunkel, nur der runde Mond fand einen Weg durch die dichten Blätter. 

Ein alter Mann schlurfte schwer auf seinen Stock gestützt den Weg entlang und setzte sich neben Konrad. Eine Weile schwiegen sie beide, dann fragte der Alte. "Bist du stumm, oder bin ich dir zu gering zum grüßen." "Nein, i ich bi bi bin ni ni nicht st stu stumm." "Du bist Prinz Konrad, der Stotterer." 

Konrad senkte den Kopf und wurde rot. 

Der alte Mann legte ihm die Hand auf die Schulter. 

"Kein Grund sich zu schämen. Stottern ist keine Schande und du bist auch nicht dumm, wie dein Vater immer behauptet. Dein Vater war immer zu streng und ungeduldig und hat mehr gefordert, als du leisten konntest und deine Mutter hat dich immer in Watte gepackt, deshalb konntest du dich nicht entwickeln. Du musst für einige Monate deine Heimat verlassen und ganz auf dich allein gestellt erkennen was wirklich in dir steckt Aber nicht als Prinz, sondern als einfacher Mann. Ich weiß, dass du schon als kleiner Junge immer in der Schreinerwerkstatt des alten Bernhard verbracht hast und gut mit Holz umgehen kannst." 

 

 


 

Der Prinz lächelte und erinnerte sich an die schönsten Stunden seines Lebens. Wenn der Vater mal wieder besonders streng und unzufrieden mit ihm war, dann war er immer in die Werkstatt geflüchtet. Der alte Mann hatte ihn verstanden, hat nicht viel gesprochen, ihm ein Stück Holz zum Schnitzen gegeben und auch später hatte er viel bei ihm gelernt. Und dann erinnerte er sich, dass er bei Bernhard niemals gestottert hatte. 

Der alte Mann erhob sich, legte ihm nochmals die Hand auf die Schulter und humpelte davon. "We we wer sei seid ihr!" rief Konrad. Kichernd drehte der Alte sich um. "Vielleicht bin ich ja eine männliche Fee. "

Konrad aber eilte ins Schloss zurück, in dem noch immer fröhlich gefeiert wurde. Aus der Dienstbotenkammer holte er sich Kleider, In der Schlossküche deckte er sich mit Lebensmittel für unterwegs ein und dann verließ er das Schloss. Niemand hielt ihn auf oder erkannte ihn in seiner einfachen Kleidung, 

Frohgemut wanderte er los. Anfangs war es nicht leicht, er nahm jede Arbeit an und oft lag er abends auf seiner dreckigen Unterlage in irgend einem Stall und jeder einzelne Knochen tat ihm weh. Auch hatte er oft Hunger, denn die Bezahlung war sehr schlecht und dann träumte er von dem reich gedeckten Tisch zuhause und der Mut wollte ihn manchmal verlassen. 

Doch  er gab nicht auf und mit der Zeit wurde er immer kräftiger, die Arbeit ging ihm viel leichter  von der Hand, er lernte dazu und konnte sich nun leichter durchsetzten, handelte bessere Bezahlung aus und ließ sich nicht mehr so leicht übers Ohr hauen. Sein Körper wurde kräftiger und mit jeden Tag wuchs auch sein Selbstvertrauen und eines Tages stellte er fest, dass er nicht mehr stotterte. 

Bei seiner Wanderung kam er an einem großen weißen Haus vorbei, daneben waren Lagerhallen und im Hof stappelten  sich geschnittene Holzbretter. Tief atmete er den Geruch des frischen Holzes ein und hatte das Gefühl am Ziel angekommen zu sein. 

 

 


 

Er klopfte an die Tür und ein hübsches Mädchen öffnete. " Kommt herein, Wandersmann, ihr kommt gerade Recht zur Vesper." 

Sie führte ihn in die Küche, wo er freundlich von allen empfangen wurde. Konrad aber konnte nun in der Schreinerei arbeiten und der Meister war sehr zufrieden und hatte auch nichts dagegen, als Konrad ihn um die Hand seiner Tochter Rosemarie bat. 

Schon lange hatten die Eltern des Mädchens bemerkt, dass die jungen Leute sich liebten. Konrad aber dachte an seine Eltern und eines Tages erzählte er seiner Verlobten und ihren Eltern wer er wirklich war. Kurzer Zeit später machten sie sich in der Kutsche, die Konrad entworfen hatte. auf den Weg zum Schloss. 

Wie staunten die Eltern, als eines Tages Konrad braungebrannt und strahlend vor ihnen stand und noch mehr staunten sie, als er ohne zu stottern seine Braut und ihre Eltern vorstellte. Weinend fielen sie ihrem Sohn um den Hals.

Ach ich habe ganz vergessen zu erwähnen, dass Konrad an einem Donnerstag nach Hause kam.


(Lore Platz)

 

Freitag, 27. Mai 2022

Die schlafenden Blumen

Mit dieser Geschichte wünsche ich euch ein schönes Wochenende.
Viel Spaß beim Lesen!


( c)  Roswitha B.


Die schlafenden Blumen


Betrübt lugte Sternchen die kleine Blumenelfe durch die Wurzeln ihres Winterquartiers.
Es war schon Mitte März, der Winter hielt längst seinen wohl verdienten Schlaf und die Natur sollte zu blühen beginnen.
Doch die Pflanzen schliefen noch, keine Blume streckte ihr Köpfchen aus der Erde.
Sternchen schlüpfte aus ihrer Höhle nach draußen und betrachtete kritisch die große Blumenwiese ringsum, die noch genauso, wie der Winter sie verlassen hatte, aussah.
Der Schnee war durch die warmen Strahlen der Sonne weg geschmolzen und hatte eine braune trostlose Erde zurück gelassen.
Kein Grashalm, ja nicht mal ein Schneeglöckchen, die doch die ersten Boten des Frühlings sind, waren zu sehen.
Hallo, Sternchen, komm mit uns. Die Elfenkönigin will uns sprechen.“
Sternchen blickte nach oben zu ihrer Elfenfreundin Butterblume, die ihr auffordernd winkte und schloss sich den Elfen, die zum Palast der Königin schwirrten, an.



Der große Beratungssaal füllte sich mit kleinen und
großen Elfen und Butterblume und Sternchen fanden gerade noch ein freies Eckchen.
Das Gemurmel, Wispern und gelegentliches Kichern verstummte, als die Elfenkönigin den Raum betrat.
Mit ernstem Gesicht schritt diese zu ihrem Thron.
Sicher habt ihr bereits bemerkt, dass obwohl der Winter sich bereits zur Ruhe begeben hat, noch keine Pflanze zum Leben erwacht ist. Ich habe Rittersporn zu Mutter Erde gesandt, er müsste jeden Moment zurück kommen.“
Unruhe entstand am Eingang und der Elf Rittersporn kam mit schnellen Schritten auf die Königin zu.
Er verneigte sich ehrfurchtsvoll, dann berichtete er, dass die Flöte des Frühlings während er schlief gestohlen wurde. Mutter Erde und auch der Frühling haben sich bereits auf die Suche begeben.
Das war nun eine Aufregung!
Die Königin aber befahl nun, dass auch die Elfen sich auf die Suche machen sollten.
Sternchen und Butterblume saßen auf dem untersten Ast der noch kahlen Birke und überlegten, wer wohl Interesse hätte, das Blühen der Blumen zu verhindern, indem er die magische Flöte es Frühlings stahl.
Doch es fiel ihnen niemand ein. Mutlos erhoben sie sich in die Luft und überflogen das Land.
Etwas blinkte im Sonnenschein und sie sahen unter sich den unfreundlichen Kobold Garstig, der sich immer wieder lauernd umsah, bevor er in seiner Höhle verschwand.




Vorsichtig folgten die Elfen ihm in die Höhle. Als der Kobold sie sah, kam er mit grimmigen Gesicht auf sie zu.
Verschwindet ihr dummen Puten, was habt ihr hier verloren!“
Wir wollten nur nachsehen, was du in deine Höhle geschleppt hast.“
Das geht euch gar nichts an, ihr nervt mich, haut ab.“
Doch Sternchen hatte die Flöte des Frühlings bereits entdeckt.
Strafend sah sie den Kobold an.
Was willst du damit, das ist die Flöte des Frühlings!“
Geht dich nichts an, jetzt gehört sie mir, sie glänzt so schön und ich habe noch nie so etwas schönes gehabt.“
Du hast sie gestohlen!“ rief Butterblume empört.
Nun wird der Kobold verlegen.
Ich habe sie mir nur ausgeborgt, weil sie doch so schön ist und außerdem der Frühling schläft, der braucht sie doch gar nicht.“
Aber er ist bereits aufgewacht und sucht seine Flöte, denn damit muss er die Blumen wecken, damit sie blühen können.“
Was interessiert mich, ob die Blumen blühen!“ brummte Garstig trotzig.
Sternchen grinste.
Die Blumen vielleicht nicht, aber wenn die Walderdbeeren nicht blühen, dann gibt es auch keine Beeren und die isst du doch so gerne.“
Ooooh“ betroffen sah der Kobold die Elfen an, dann
hob er die Flöte auf und zu dritt gingen sie zum Frühling.
Dieser aber spielte seine liebliche Melodie und die Blumen und Pflanzen erwachten und streckten ihre Köpfe der Sonne entgegen.
Garstig wurde nicht bestraft, denn alle freuten sich viel zu sehr, dass die Blumen wieder blühten.

© Lore Platz



Mittwoch, 25. Mai 2022

Wenn ich bin wie mein Vater




Gewalt in der Familie gibt es leider viel zu oft.

Ursachen sind:

Versagensängste.
Alkohol und Drogen
Fehlende Kommunikation
Oder auch weil die Gewalttäter selbst Gewalt erlebt und gelernt haben Konflikte nur auf diese Art zu lösen.

Ich kenne eine Frau, die sich abends wenn ihr Mann von der Wirtschaft nach Hause kam, mit ihrem Sohn versteckt hat.
Erst als sie ihm mit Scheidung drohte, macht er eine Entziehungskur.









Wenn ich bin wie mein Vater





Sonja saß auf der Fensterbank, die Arme um die Knie geschlungen und träumte vor sich hin.
Übermorgen würde sie heiraten, Jürgen den Gesellen ihre Vaters.
Sie konnte sich noch gut an die erste Begegnung erinnern.
Sie war damals zehn Jahre alt und er war vierzehn und Papas neuer Lehrling. Da er aus dem Waisenhaus kam, bekam er ein Zimmer im Haus.
Papa stellte ihn als neuen Hausgenossen Mama und ihr vor.
Ein großer schlaksiger Junge mit ernsten Augen, der nie lächelte.
Doch er war sehr höflich, verbeugte sich vor Mama, sagte bitte und danke.
Ja er war so höflich, dass Mama in ihr als gutes Beispiel empfahl, was sie aber nur lachen ließ, denn sie war ein freundliches Kind, das von allen geliebt wurde.
Er blieb auch nach dem Essen nie sitzen, sondern verschwand sofort auf sein Zimmer.
Es stimmte wohl, dass Gegensätze sich anziehen, denn sie fühlte sich vom ersten Augenblick zu ihm hingezogen und da sie ein fröhliches Kind war beschloss sie, ihn etwas aufzuheitern.

Sobald sie ihn auf dem Hof herumlaufen sah, heftete sie sich an seine Fersen und plapperte frisch drauf los.
Es machte ihr nichts aus, dass sie keine Antwort bekam. Wenigstens schickte er sie nicht weg, verdrehte nur manchmal genervt die Augen.
Ruhig und gelassen machte er seine Arbeit und ertrug ihre Gegenwart.
Alex und Tobi die beiden gutmütigen Gesellen ihres Vaters verspotteten sie und nannten sie Jürgens Schatten oder Hündchen. Doch allmählich gewöhnten sie sich daran.
Auch Jürgen gewöhnte sich an sein plapperndes Anhängsel, so sehr, dass er sie vermisste, wenn sie mal bei einer Freundin war, oder in den Ferien bei der Oma.
Jürgen trank auch keinen Alkohol auch wenn Alex und Tobi ihn zu einem Bier überreden wollen.
Warum das so war, erfuhr sie eines Tages.
Es war ein heißer Sommertag und Sonja hatte
hitzefrei, da der Vater ein Mittagsschläfchen machte und ihre Mutter bei einer Freundin war, lief das Mädchen hinüber in die Werkstatt.
Alex und Tobi saßen auf der Werkbank und verspeisten ihre belegten Brote.
Als sie Sonja sahen, grinsten sie.
Er kühlt sich am See ab.“
Das Mädchen lief zum See. Jürgen war gerade aus dem Wasser gestiegen, stand mit dem Rücken zu ihr und trocknete sich ab.
Sonja keuchte entsetzt auf.
Sein ganzer Rücken und  auch seine Beine waren mit Narben übersät.
Jürgen hatte sie gehört, wurde rot, ließ das Handtuch fallen und zog schnell Hose und Shirt an.
Sonja packte ihn am Arm: „Mein Gott, wer hat dir das angetan.“
Jürgens Gesicht verschloss sich und er wollt gehen, doch Sonja nahm seine Hand und zerrte ihn zu der Bank unter der großen Kastanie.
Wir sind Freunde und Freunde sollten sich alles anvertrauen. Was ist geschehen?“
Jürgen saß mit gesenktem Kopf neben ihr und zerknüllte das Handtuch zwischen seinen Händen.
Sonja befürchtet schon, sie würde keine Antwort bekommen, da begann er mit monotoner Stimme zu erzählen.
Als er drei Jahre alt war, verlor sein Vater seine Arbeit, er wurde gereizt, ungeduldig, brüllte bei jeder Gelegenheit los und fing an zu trinken und je mehr er trank umso aggressiver wurde er.
Und eines Tages begann er seine Mutter und ihn zu schlagen. Ließ all seinen Frust an ihnen aus.
Seine Mutter versuchte ihn zu schützen, doch immer gelang es ihr nicht.


Und eines Tages, es war kurz nach seinem fünftem Geburtstag, kam sein Vater wieder von der Wirtschaft nach Hause und brüllte schon an der Haustür.
Seine Mutter versteckte ihn unter der Spüle und dort saß er zitternd vor Angst, hörte seinen Vater brüllen und seine Mutter vor Schmerz schreien.
Dann war Stille!
Er wagte sich erst aus seinem Versteck, als er seinen Vater laut schnarchen hörte.
Seine Mutter lag auf dem Küchenboden.
Er kroch zu ihr hin, streichelte ihr Gesicht, rüttelte sie leicht am Arm, doch sie bewegte sich nicht.
In seiner Angst lief er zur Nachbarin, die dann die Polizei und den Krankenwagen verständigte.
Seine Mutter starb noch im Krankenwagen, sein Vater bekam wegen Totschlag zehn Jahre Gefängnis, wo er nach zwei Jahren an Leberzierrose verstarb und er kam ins Waisenhaus.

Als Sonja an diesem Abend im Bett lag, weinte sie bitterlich. Zum ersten Mal in ihrem liebevollen behüteten Dasein, hatte sie die Schattenseite des Lebens kennen gelernt.

Die Jahre vergingen und aus Kinderfreundschaft wurde Liebe und übermorgen war die Hochzeit.


Die Tür öffnete sich und riss Sonja aus ihren Träumen. Jutta, ihre Freundin seit dem Kindergarten stürmte herein.
Na träumst du wieder von deinem Jürgen, das ist schon fast krankhaft, du denkst an nichts anderes mehr, man könnte richtig neidisch werden.“
Halt den Mund alte Spottdrossel, was hast du denn da unter dem Arm?“
Ach das ist ein Katalog, er lag unten vor der Haustür. Das Versandhaus … stellt seine neue Sommerkollektion vor.“
Leg ihn irgendwohin und setz dich zu mir.“
Jutta hievte sich auf die Fensterbank und betrachtete ihre Freundin nachdenklich.
Was ist los? Hast du kalte Füße vor der Hochzeit bekommen.?“
Nein, ich mache mir Sorgen um Jürgen, je näher der Hochzeitstermin kommt, umso seltsamer wird er!“
Na vielleicht hat er ja kalte Füße bekommen!“
Sonja stupst ihre Freundin in die Seite.
Unsinn, ich kenne ihn, irgendetwas bedrückt ihn.“
Na, warum fragst du ihn nicht einfach.“
Du hast Recht, das werde ich, du bist doch die Beste.“
Sonja umarmt ihre Freundin.

Nach dem gemeinsamen Abendessen mit den Eltern, gingen Jürgen und Sonja wie jeden Abend spazieren.

Sie wanderten hinunter zum See zu ihrer Bank.
Auf dieser Bank hatte Jürgen damals über seine Vergangenheit gesprochen, und hier hatte er seiner geliebten Sonja einen Heiratsantrag gemacht.
Schweigend setzten sie sich.
Sonja nahm die Hand ihres Liebsten und fragte.
Was ist los mit dir Jürgen, liebst du mich nicht mehr, willst du die Hochzeit absagen.“
Aber nein, ich liebe dich Sonja und ja ich will dich gern heiraten, aber ich habe Angst.“
Angst wovor?“
Dass ich so bin wie mein Vater und eines Tages dich und unsere Kinder verprügle.“
Sonja lachte schallend.
Liebling, ich kenne dich seit zehn Jahren, du bist überhaupt nicht aggressiv, du bist noch nie ungeduldig zu mir gewesen, obwohl ich deine Nerven bestimmt schon oft strapaziert habe.
Du bist ruhig und gelassen und für mich Chaoten der Fels in der Brandung. Ich vertraue dir blind mein Leben an.“
Sie schaute ihn spitzbübisch an.
Weißt du was mein Opa an meinem fünfzehnten Geburtstag zu mir gesagt hat.“
Sie setzte sich in Pose und äffte die Stimme ihres Großvater nach.
Dern, jetzt bist du ein Teenager, im Moment findest du alle Jungs noch doof, aber in ein paar Jahren werden sie dir immer besser gefallen. Aber ich gebe dir einen guten Rat, bevor du deinen Liebsten heiratest, versuche ihn betrunken zu machen, dann zeigt er seinen wahren Charakter.“
Jürgen grinste, ihm war schon viel leichter ums Herz.
Das wird dir bei mir nicht gelingen, ich trinke keinen Alkohol.“
Sonja kicherte.
Kannst du dich nicht mehr erinnern. Als du deine Prüfung als Lehrling bestanden hast, haben meine Eltern für dich eine Party geschmissen.
Und Tobi und Alex haben heimlich Rum in die alkoholfrei Bowle meiner Mutter geschüttet.
Nach zwei Gläsern warst du voll wie eine Haubitze. Du warst kein bisschen aggressiv, sondern lustig und albern und hast uns um Lachen gebracht.“
Und am nächsten Tag hatte ich einen Brummschädel.“
Jürgen zog Sonja in seine Arme und küsste sie.

Am Samstag fuhr eine weiße Limousine vor der Kirche vor und während Sonja am Arm ihres Vaters die Kirche betrat, fühlte sie tief in ihrem Herzen, dass sie sehr glücklich sein würde.

© Lore Platz


 
 
Anmerkung:

Mein Vater hat zu uns drei Mädels gesagt, bevor ihr einen Mann heiratet, macht ihn betrunken, dann zeigt er seinen wahren Charakter.
Meine große Schwester war die erste und da ihr Verlobter weiter weg wohnte kam er nur am Wochenende zu Besuch.
Leider rauchte und trank er nicht.
Also beschlossen mein Vater und mein Onkel, den machen wir betrunken, wenn er das nächste mal wiederkommt.
Also kauften sie eine Flasche Cognac und freuten sich wie zwei Kinder.
Die Frauen wollten das nicht zu lassen und meine Schwester kochte schwarzen Tee und wechselte das
Glas aus.
Am Ende musste der stocknüchterne Schwiegersohn ihn spe die beiden alten Herren ins Bett bringen, denn plötzlich hatten sie Gummibeine bekommen.
 
 
 
 











Freitag, 20. Mai 2022

Ist das nicht herrlich?






Der Frühling verwöhnt uns dieses Jahr und ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich lebe so richtig auf und heute Morgen habe ich schon mit den Vögeln um die Wette gesungen.
Ich singe überhaupt recht gern, obwohl einer meiner Neffen sich immer die Ohren zugehalten hat, wenn ich ihm ein gute Nacht Lied gesungen habe.
Bei uns zu Hause wurde viel gesungen. 
Wir hatten eine schöne Kindheit.
Es war keine heile Welt, es wurde auch gestritten, gezickt, gezankt und wir bekamen, wenn wir es verdienten auch eine auf den Popo.
Doch die vielen fröhlichen und glücklichen Stunden, sowie die Liebe und Geborgenheit begleiten uns ein Leben lang.
Bei uns wurde viel gesungen, besonders die alten Volkslieder, wenn wir drei Mädels abspülten sangen wir dabei und aus irgendeinem Zimmer fiel meine Mutter mit ein und manchmal brummte auch mein Vater dazwischen.
Mein Lieblingslied ist übrigens bis heute:
Am Brunnen vor dem Tore...“
 So singe ich heute noch gern und wenn ich mal falsch singe, hört's ja keiner.
Gut gelaunte Grüße aus dem schönen Bayernland.




Mittwoch, 18. Mai 2022

Schneewittchen und die drei Musketiere

 



Schneewittchen und die drei Musketiere



Die Schulglocke läutet und johlend verlassen die Kinder das Schulgebäude. Es ist Freitag und zwei freie Tage liegen vor ihnen.
Marcel steht mit seinen Freunden Tobias und Martin beim Fahrradständer.
Habt ihr auch die Plakate gesehen, auf der Gemeindewiese hat ein Zirkus seine Zelte aufgeschlagen.
Wollen wir heute Nachmittag hingehen?“, fragt Tobias und Martin nickt begeistert und auch Marcel ist sofort einverstanden. Um 14 Uhr wollen sie sich am Marktplatz treffen.
Marcel kann es gar nicht erwarten, bis das Mittagessen vorbei ist, obwohl es heute Pfannkuchen gibt, seine Lieblingsspeise.
Die drei Jungen betreten den Zirkusplatz, doch da die Vorstellung erst um 15 Uhr beginnt, lösen sie noch eine Karte für die Tierschau.
Ein Mädchen in blauen Jeans und einem lila Shirt, etwa in ihrem Alter, führt sie über den Platz.
Als erstes zeigt Juliane ihnen die Elefantendame Madame Rosa, die sie mit erhobenen Rüssel und lautem Trompeten begrüßt.
Ein Schimpanse kommt keckernd auf sie zu und das Mädchen nimmt ihn auf den Arm.
Das ist Charlie, sag schön guten Tag,“
Der Affe streckt die Hand aus und die Jungen schütteln sie grinsend.
Als sie zu einem Esel treten springt Charlie auf dessen Rücken und zieht ihn kräftig an den Ohren, worauf dieser mit den Hinterhufen ausschlägt und ein lautes „iaaaah“ ertönen lässt.
Juliane droht dem Affen mit dem Finger und Charlie lässt die Ohren des Esels los, legt beide Arme um dessen Hals und legt schmeichelnd seinen Kopf dagegen.
Grinsend folgen die Jungen dem Mädchen, das nun in den Pferdestall tritt. Ein edler Araberhengst steht in einer Box und Juliane legt ein Stück Zucker auf ihre flache Hand und hält sie dem Pferd hin.
Das ist Blackfire und gehört unserem Dressurreiter Don Fernando,“ erklärt das Mädchen und wehrt lachend das Pferd ab, das nach weiter Zuckerstückchen sucht.
Was für ein schönes Pferd, sein Fell glänzt, als hättet ihr es mit Schuhcreme gewichst.“ lacht Tobias.
Marcel aber hat ein Pony entdeckt, das abseits und allein in einer Ecke mit traurig gesenktem Kopf steht.
Juliane folgt seinem Blick und nun wird auch sie traurig.
Das ist Schneewittchen, sie wird eingeschläfert.“
Nein, das ja ist schrecklich!“ rufen die Jungen.
Juliane krault liebevoll die Mähne des Ponys.
Sie ist schon alt und kann nicht mehr in der Manege arbeiten,“ meint sie leise und Tränen glitzern in ihren Augen.
Aber deshalb kann man sie doch nicht einfach einschläfern!“ ruft Tobias empört.
Juliane zuckt die Schultern. „Der Direktor sagt, wir können uns keine unnützen Fresser leisten.“
Tobias und Martin schnauben empört.
Marcel aber krault gedankenverloren das Pony zwischen den Ohren.
Könntest du mir Schneewittchen schenken?“
Was willst du denn mit dem Pony, deine Eltern sind bestimmt nicht einverstanden, euer Garten ist doch viel zu klein!“ rufen seine Freunde.
Marcel grinst.
Mein Onkel hat doch einen Bauernhof, da ist bestimmt ein Plätzchen für Schneewittchen.“
Seine Freunde schlagen ihm auf die Schultern und Tobias meint grinsend.
Wir sind zwar nicht die sieben Zwerge, aber die drei Musketiere, die Schneewittchen retten.“
Juliane kichert und auch die Jungen grinsen und es sieht aus als würde auch Schneewittchen lachen.
Gemeinsam gehen sie nun zu dem Direktor, der nichts dagegen hat, dass die Jungen das Pony mitnehmen und so verlassen die drei Musketier nach der Vorstellung. mit Schneewittchen in der Mitte, den Zirkusplatz.
Wie erstaunt sind die Eltern von Marcel als die Vier die Einfahrt betreten.
Marcel winkt beschwichtigend mit der Hand.
Keine Angst, das Pony bleibt nicht hier, ich will Onkel Walter bitten es aufzunehmen.“
Und nun erzählen die Jungen, sich immer wieder unterbrechend Marcels Eltern von dem traurigen Schicksal das Schneewittchen erwartet hätte.
Marcels Vater geht in das Haus, um seinen Bruder Walter anzurufen und die Mutter folgt ihm, um für alle Kakao zu kochen.
Die Jungen aber führen Schneewittchen im Garten herum.
Es dauert nicht lange und der Pferdeanhänger von Onkel Walter biegt in die Einfahrt.
Nachdem Schneewittchen im Anhänger verstaut ist, gehen sie alle in die Küche und bei einer warmen Tasse Kakao erzählen die Jungen ihrem Onkel warum sie Schneewittchen mitgenommen haben.
Onkel Walter darf ich Schneewittchen begleiten, es ist doch Wochenende.“
Ich habe nichts dagegen.“
Marcel sieht seine Eltern an und jubelt, als diese nicken.
Dann fällt sein Blick auf seine Freunde, die ganz enttäuscht aussehen.
Dürfen Tobias und Martin auch mitkommen, denn schließlich haben wir drei Musketier gemeinsam für Schneewittchen gekämpft und ihr das Leben gerettet.“
Die Erwachsenen lachen schallend.
Natürlich, lauft schnell nach Hause, fragt eure Eltern und packt eine Zahnbürste ein,“ schmunzelt Onkel Walter.
In Rekordgeschwindigkeit sind die Jungen wieder zurück und jeder hat einen Rucksack auf dem Buckel.
Schneewittchen bekommt einen schönen Platz im Stall und die Jungen lassen es sich nicht nehmen und schlafen bei ihm im Stall.

© Lore Platz


Sonntag, 15. Mai 2022

Oma , Lena und ihre besonderen Gschichten

 


 

Die Reizwörter sind diesmal: Clematis, clever, chauffieren, campen, Couch

Sicher wollt ihr auch wissen, was Regina und Martina geschrieben haben.

 

 



 

Oma, Lena und ihre besonderen Geschichten

 

Lena warf ihr Kindergartentäschchen in die Ecke und stürmte in das Zimmer ihrer Oma. Diese lag mit geschossenen Augen auf der Couch, eine warme Decke über sich gebreitet. Abrupt blieb die Kleine stehen und schlich auf Zehenspitzen durch den Raum. Liebevoll legte sie beide Hände um das Gesicht der alten Frau.

 "Omi liebe Omi, Mama hat gesagt du bist krank und hast Schmerzen. Aber nun ist ja dein Lena-Kind da und pustet die bösen Schmerzen weg." 

Emma öffnete die Augen und lächelte. In dem Moment öffnete sich die Tür. 

"Lena habe ich dir nicht gesagt, dass es Oma nicht gut geht und du sie nicht stören darfst." 

Die junge Frau warf ihrer Schwiegermutter einen entschuldigenden Blick zu. "Sie war zu schnell!" Die alte Frau lächelte nur. "Lass nur, Lena lenkt mich von meinen Schmerzen ab." 

Ihre Enkelin warf der Mutter einen triumphierenden Blick zu und diese schloss kopfschüttelnd die Tür hinter sich. 

Lena aber holte ihr Bänkchen, streichelte noch einmal über die Wange der alten Frau, bevor sie sich setzte.

Dann begann sie vom Kindergarten zu erzählen; "Stell dir vor Toby und seine Eltern wollen in den Sommerferien campen. Da wohnen sie in einem Zelt, das muss toll sein! Obwohl?" Lena krauste ihr Näschen. "wenn es regnet werden sie ganz nass." "Nein mein Schatz," beruhigte sie Oma, "die Zelte sind wasserdicht." 

Erleichtert atmete das Kind auf und berichtete weiter. "Damit all die vielen Sachen, die sie brauchen Platz haben, mussten sie einen großen Bus mieten. Tobys Mutter fragte zweifelnd, ob ihr Mann den auch chauffieren könnte. Tobys Vater war richtig beleidigt und sagte, "er wäre clever genug!" 

Lena kicherte und auch Oma musste schmunzeln. "Oma, da du krank bist will ich dir jetzt eine Geschichte erzählen. Heute waren wir im Park und da haben wir wunderschöne Blumen gesehen, am besten gefallen hat mir die Clematis und  deshalb heißt meine Geschichte:"

 


"Prinzessin Clematis

Auf einer Wiese voller wunderschönen Blumen tummelten sich viele kleine Elfen und jede trug ein Kleid in der Farbe der Blumen, die sie betreuen mussten. Auch ein Schloss stand auf der Wiese, das von oben bis unten mit Clematis bewachsen war, in allen Farben. Die Königin Rosenblüte liebte nämlich diese Blumen und deshalb gab sie ihrer Tochter den Namen Clematis. Die Prinzessin war nicht nur sehr schön, sondern auch ein richtiger Sonnenschein. den ganzen Tag sang und lachte sie. Überhaupt waren alle, die auf der Elfenwiese lebten sehr glücklich. 

Doch gab es Geschöpfe, die es nicht leiden konnten, wenn andere fröhlich und glücklich waren. Einer davon war der Kobld Mürrisch, der nicht weit entfernt in einer dunklen Höhle hauste und den ganzen Tag schlecht gelaunt war. Eines Tages als er so durch die Gegend streifte, hörte er jemand singen. Bäuchlings robbte er an den Rand der Elfenwiese und sah Prinzessin Clematis. die singend über die Wiese schlenderte. Ab und zu blieb sie stehen, um den fleißigen Bienen zuzusehen, die eifrig Nektar in ihren Körbchen sammelten. Oder sie beobachtet begeistert, die Heuschrecken bei ihrem Wettkampf im Hochspringen. Singend schritt sie weiter und streichelte unterwegs einer Raupe über den Kopf. 

Mürrisch aber konnte die Augen nicht von diesem lieblichen Wesen wenden und er wünschte sich, es könnte mit seinem Lachen und Singen Licht in seine dunkle Höhle bringen. Und da hatte er ein Idee, er wollte die Prinzessin rauben. 

Eine Blaumeise hatte ihn schon länger beobachtet und ahnte, dass er nichts Gutes vorhatte. Und als der Kobold sich noch näher an die Wiese schob, flog sie in den Wald zu den Ameisen. Sie verlangte den General Ruckzuck und erzählte ihm in welcher Gefahr Clematis steckte. Ruchzuck handelte schnell und bald waren mehrere hundert Ameisen im Gänsemarsch auf dem Weg zur Elfenwiese. 

Die Prinzessin aber war dem Ort, an dem der Kobold lauerte immer näher gekommen. Doch bevor dieser aufspringen konnte war er von hunderten Ameisen umzingelt und in Windeseile mit den klebrigen Fäden, die Frau Spinne zur Verfügung gestellt hatte, gefesselt. Der General berichtete nun der erblassten Prinzessin, dass der Kobld sie rauben und in seine dunkle Höhle sperren wollte. 

Bald sprach es sich auf der Wiese herum und alle folgten den Ameisen ins Schloss. Der Thronsaal war voll und als der König hörte was Mürrisch vorhatte wurde er sehr zornig. Der Kobold stand mit gesenkten Kopf und sein Gesicht war rot vor Scham. 

Die Prinzessin aber trat vor ihn und fragte: "Warum wolltest du mich rauben?" Mürrisch hob den Kopf: " Ich lebe allein in einer dunklen Höhle, habe keine Familie, keine Freunde und als ich euch singen und lachen hörte, dachte ich ihr könnte etwas Licht in mein dunkles Dasein bringen." 

"Nun mein Singen Lachen gehört allen, nicht nur einem einzelnen. Willst du mir versprechen, dass du mir niemals mehr etwas böses antun wirst?" 

Der Kobold hob den Kopf und sah ihr direkt in die Augen. "Ich verspreche es!" 

"Ich glaube dir, deshalb mache ich dir einen Vorschlag: Wir alle hier werden deine Höhle in einen freundlichen lichten Ort verwandeln und du darfst uns jeden Tag besuchen, mit uns lachen, singen und arbeiten. 

Wir wollen deine Freunde sein. Und zum ersten Mal in seinem Leben flog ein Lächeln über das mürrische Gesicht des Kobolds."

Lena stand auf, gab der Oma ein Küsschen und flüsterte: "Nun schlaf dich gesund." Dann verließ sie leise das Zimmer. Liebevoll lächelnd sah die alte Frau ihr nach. Welch eine Fantasie und großer Wortschatz zeigte diese Geschichte. Das Samenkorn, das sie schon früh gepflanzt hatte, war aufgegangen.


(Lore Platz)

 

Freitag, 13. Mai 2022

Lilaluna, Anneliese und die Regenbogenprinzessin

Vor einiger Zeit konnte meine Tochter von ihrem Fenster aus gleich zwei Regenbogen sehen.
Man sagt ja an seinem Ende würde ein Topf Gold vergraben sein, doch wer will schon Gold, erfreuen wir uns lieber an seiner Schönheit.
Heute möchte ich euch mit der Regenbogenprinzessin bekannt machen und wünsche euch mit dieser Geschichte ein schönes Wochenende.

Viel Spaß beim Lesen!

 
(c) Irmgard Brüggemann


Lilaluna, Anneliese und die
Regenbogenprinzessin


Der Wind heult pfeifend um das Haus, rüttelt die Äste und rast durch das Gras und manche Blume duckt sich ängstlich und klammert sich tief in der Erde fest.
Anneliese, die gerade das Waschbecken putzt, hält inne und beobachtet das wilde Toben vor dem Fenster.
Ein buntes Licht blinkt in dem Chaos auf und das Mädchen blickt genauer hin, da schellt das Telefon.
Es ist ihre Mutter, die wissen will, ob bei ihr alles in Ordnung ist. Anneliese beruhigt sie und erzählt auch nichts von dem Brief des Finanzamts.
Schnell läuft sie dann wieder zum Fenster, doch von dem bunten Lichtschein ist nichts mehr zu sehen.
Später kuschelt sie sich dann  in einen Sessel mit einem Buch und vergisst alles ringsum.
Als die Mutter spät abends nach Hause kommt findet sie ihre Tochter schlafend im Wohnzimmer.
Das Wind hat sich inzwischen gelegt.
Liebevoll weckt sie das Mädchen, das sie etwas verschlafen ansieht, dann aber aufspringt.
Ich habe noch gar nichts zu essen gerichtet,“ meint Anneliese schuldbewusst.
Wir werden schon was finden,“ lacht die Mutter.


Anneliese reckt sich genüsslich im Bett.
In der Küche hört sie die Mutter und Kaffeeduft zieht durch das Haus. 
Das Mädchen kuschelt sich nochmal in die Kissen. Es sind ja Ferien. 
Doch dann hält sie es doch nicht mehr im Bett aus, denn die Mutter muss bald wieder in die Arbeit und jede freie Minute war für sie beide ein Fest.
Gemütlich frühstücken sie, dann sieht Frau Berger ihre Tochter schuldbewusst an.
Leider muss ich heute früher anfangen und werde auch später kommen, es sind so viele meiner Kollegen krank. 
Es tut mir so leid, meine Kleine. Aber am Wochenende habe ich frei und dann unternehmen wir etwas schönes zusammen.“
Anneliese lächelt tapfer, um der Mutter zu zeigen, dass sie schon zurecht kommen wird.
Nachdem das Mädchen das Geschirr gewaschen, das Haus gefegt, Betten gemacht, alles was so ein Hausmüttcherchen eben machen muss, geht sie in den Garten.
 
(c) Irmgard Brüggemann

Die Sonne scheint, alles duftet so frisch, als hätte der gestrige Regen alles rein gewaschen.
Aus den Augenwinkeln bemerkt Anneliese ein buntes Licht, doch als sie sich umdreht ist nichts zu sehen.
Neugierig geht sie durch den Garten und erblickt hinter der Regentonne ein kleines Mädchen, das sie mit großen ängstlichen Augen ansieht.
Anneliese geht in die Hocke.
Hallo, ich bin Anneliese. Hast du dich verlaufen?“
Das Kind rutscht noch mehr in den Schatten der Tonne.
Habe keine Angst, ich tu dir nichts. Komm!“
Bist du ein Mensch?“
Ich denke doch!“ lacht Anneliese.
Dieses Lachen scheint der Kleinen zu gefallen und sie entspannt sich und als Anneliese aufsteht und ihr die Hand entgegen streckt, folgt sie ihr in das Haus.
Erstaunt blickt sich der kleine Gast um und seine Augen werden immer größer.
So leben also die Menschen?“
Anneliese kann nun auch das kleine Mädchen richtig betrachten.
Sie trägt ein kunterbuntes Kleid, grün rot gelb gesprenkelte Strümpfe stecken in himmelblauen Schuhen und selbst in ihren goldenen langen Locken sind farbige Strähnchen zu sehen.
Wer bist du?“
Ich bin die Regenbogenprinzessin!“
Sie lächelt und das Zimmer erstrahlt im Sonnenschein, dann aber schluchzt sie und selbst die Tränen, die aus ihren Augen purzeln sind bunt.
Anneliese lacht.
Du bist wirklich die Regenbogenprinzessin, Lachen und Weinen in einem Atemzug. Komm setze dich und erzähle mir wie du auf die Erde gekommen bist.“
Sie hilft dem Persönchen auf den Stuhl und stellt ihr ein Glas Milch hin.
Kennst du Milch?“
Ja von unseren Wolkenschäfchen!“
Das ist Kuhmilch, die schmeckt aber auch gut.“
Was ist Kuh?“
Das ist ein großes Tier, warte mal!“
(c) Werner B.

Anneliese eilt ins Wohnzimmer und holt ein Buch
und darin zeigt sie der Kleinen das abgebildete Tier.
Die Regenbogenprinzessin betrachtet ernst das Tier und nimmt einen großen Schluck.
Schmeckt gut.“
Aber nun erzähle wie kommst du auf die Erde und fang bloß nicht an zu weinen.“
Tapfer unterdrückt diese die Tränen und erzählt nun dem Mädchen, dass sie Prinzessin Farbenfroh sei und sich trotz Verbot mal wieder zu weit über die Regenbogenbrücke gelehnt hätte und dabei von den Winden, die aus dem Wolkenschloss stürzten mitgerissen wurde. Und jetzt weiß sie nicht wie sie jemals zurück auf den Regenbogen kommen soll.
Und wieder fließen die Tränen.
Liebevoll streicht Anneliese über das seidenweiche Haar und gibt dem Mädchen ein Taschentuch.
Sie schmunzelt, als sie bemerkt, dass das weiße Tuch sich von den Tränen verfärbt.
Ich kenne jemand, der dir helfen kann.“
So schnell wie die Tränen gekommen sind verschwinden sie auch wieder und ein strahlendes Lächeln erhellt das Gesicht.
Hand in Hand verlassen sie das Haus, durch die Straßen geht es hinaus in den Wald und zu der große Wiese, auf der die Elfen wohnen.
Lilaluna hat sie schon von weitem entdeckt und schwirrt ihnen entgegen.
Hallo Anneliese, schön, dass du mich besuchst.
Und wer bist du?“
Farbenfroh blinzelt und ruft.


Du bist aber ein kleiner Mensch. Ich wusste gar nicht, dass Menschen Flügel haben!“
Lilaluna lacht: „ Ich bin ja auch kein Mensch, ich bin eine Elfe.“
Anneliese grinst. 
„ Darf ich vorstellen, das ist Prinzessin Farbenfroh und sie wohnt im Regenbogenschloss. Nein, nein, nicht weinen.“
Seufzend geht das Mädchen in die Hocke und wischt die bunten Tränen ab.
Ich hätte mehr Taschentücher mitnehmen sollen,“
murmelt sie und zu Lilaluna gewandt:
Sie weiß nicht, wie sie wieder zurück auf das Schloss kommt und ich habe gedacht, vielleicht kennst du jemand, der uns weiterhelfen kann, oder vielleicht ein Zauber?“
Nein, einen Zauber dafür gibt es wohl nicht, aber hier in Nähe wohnt ein alter weiser Kauz, denn wollen wir fragen.“
Mit strengem Blick wendet sich die kleine Elfe an die Prinzessin, in deren Augen sich schon wieder Tränen sammeln.
Aber nur, wenn du aufhörst ständig zu weinen, kommt mit.“
Farbenfroh nickt eifrig und schnieft, dann erscheint wieder das strahlenden Lächeln und an Anneliese Hand folgt sie der Elfe.
Der Wald wird immer dichter und der Weg schmaler bis er ganz von überwuchernden Gestrüpp bedeckt ist und Anneliese und Farbenfroh stehen bleiben.
Lilaluna fliegt zurück und meint bedauernd zu ihrer Freundin.
Tut mir leid, du weißt ja, mir ist nur erlaubt dich in eine Elfe zu verwandeln, aber dann müsste die Prinzessin alleine laufen.“
Etwas ratlos sieht sie sich um, dann lacht sie fröhlich.
Aber ich darf Dinge bewegen!“
Und schon wirbelt der Zauberstab funkensprühend durch die Luft.
Das Gestrüpp weicht zurück und lässt einen Pfad erkennen.
Kommt es ist nicht mehr weit!“
Bald stehen sie vor einem uralten Baum.
So sehr sich Anneliese auch bemüht, sie kann nichts erkennen in dem dichten Laub.
Die kleine Elfe fliegt unbeirrt nach oben und verschwindet zwischen den Blättern.
Was ist ein Kauz?“ flüstert Farbenfoh.
Das ist ein Vogel, der zu der Familie der Eulen gehört und den Eulen wird nachgesagt, dass sie sehr weise sind. Lilaluna denkt, dass dieser Kauz, der wohl schon lange hier im Wald wohnt, dir vielleicht helfen kann.“
Das wäre schön!“

 
(c) Irmgard Brüggemann


Warum erzählst du ihr nicht, dass wir bei euch Menschen als Totenvogel verschrien sind!“
Anneliese erblickt einen Kauz, der auf dem untersten Ast sitzt und sie aus seinen runden großen Augen ernst betrachtet.
Weil das ein Irrtum ist. Früher hat man bei den Sterbenden ein Licht brennen lassen und der Kauz durch dieses Licht und von den Insekten angelockt
flog oft gegen die Fensterscheibe. Und sein Ruf 'kuwitt' wurde als 'komm mit' ausgelegt.“
Du bist ein kluges Mädchen. Nein wir können nicht den Tod eines Menschen voraussehen und wir holen sie auch nicht ab, wenn sie ins andere Reich wandern.“
Er wendet seinen runden Kopf und betrachtet die Regenbogenprinzessin.
Du bist also von der Regenbogenbrücke gestürzt?
Komm morgen Abend wieder hierher. Ich werde heute Nacht mit dem Mond sprechen. Aber nun lasst mich schlafen.“
Und mit rauschenden Flügeln erhebt er sich und verschwindet zwischen den dichten Blättern, hinter denen seine Höhle liegt.
Anneliese sieht schnell zu Farbenfroh, befürchte sie doch wieder eine Tränenflut.
Doch diese lacht strahlend.
Wie schön ich darf noch länger bleiben.“
Lilaluna und Anneliese lachen fröhlich und die Elfe will wissen, ob die Prinzessin auf der Elfenwiese bleiben möchte.
Doch energisch schüttelt diese den Kopf und nimmt Annelieses Hand.
Ich gehe mit ihr, ich möchte doch so gerne sehen, wie die Menschen leben.“
Meine Mutter wird spät heimkommen, aber wenn sie zuhause ist, musst du dich verstecken und ruhig verhalten.“
Mach ich,“ meinte die Kleine gönnerhaft.
Lilialuna begleitet die beiden noch bis zum Dorf, dann verabschiedet sie sich.
(c) Irmgard Brüggemann

Staunend sieht Farbenfroh sich um, beobachtet die Kühe auf der Weide, die Fohlen, die steifbeinig über die Koppel galoppieren und lacht als eine Ziege nach ihren Haaren greifen will.
Im Dorf angekommen betrachtet sie staunend die hübschen Häuser mit den blühenden Vorgärten.
Drückt staunend ihre Nase an den Schaufenstern platt und dabei steht ihr Plappermäulchen keinen Moment still.
Anneliese raucht schon der Kopf von all den Fragen und sie ist froh, als sie endlich zuhause sind.
Aus dem Kühlschrank holt sie eine Flasche Limonade und als Farbenfroh einen kleinen Schluck aus ihrem Glas nimmt, strahlt sie genießerisch.
Das schmeckt aber lecker,“ und gleich darauf kommt die Frage, „ was ist das und wie macht man das.“
Anneliese verdreht die Augen, doch lacht sie und nimmt die Regenbogenprinzessin mit in ihr Zimmer und dann sitzen beide vor dem Laptop.
Später holt das Mädchen ihre Spielesammlung und beide legen sich bäuchlings auf den Teppich und spielen.
Farbenfroh kapiert sehr schnell und hat einen wachen Verstand.
Draußen wird es dunkel und die Prinzessin gähnt laut und ihr Augen blinzeln müde.
Anneliese macht ihr ein molliges Lager im Schrank, denn manchmal wenn die Mutter nach Hause kommt, sieht sie noch nach ihr.
Bald ertönen laute regelmäßige Atemzüge aus dem Schrank.
Anneliese aber liegt noch lange wach. Die Arme hinter dem Kopf verschränkt beobachtet sie, wie der Mond einen Strahl in ihr Zimmer schickt und sie denkt, ob der Kauz wohl schon mit ihm gesprochen hat.
Und dann ist auch sie eingeschlafen.

Am nächsten Morgen frühstückt sie mit ihrer Mutter und als diese dann das Haus verlässt läuft Anneliese hinauf in ihr Zimmer.
Farbenfroh erwartet sie schon.
Ich möchte auch so angezogen sein wie du?“
Anneliese überlegt, irgendwo muss doch noch eine Jeans sein, die ihr zu klein ist.
Bald steht die Regenbogenprinzessin in Jeans und Shirt vor dem Spiegel und wendet sich begeistert hin und her.
Nun sehe ich aus wie ein Mensch.“
Ein Kichern ertönt.
Lilaluna ist durch das offene Fenster hereingeflogen.
Nachdem Anneliese einige Flaschen Limonade und belegte Brote eingepackt hat, nimmt sie noch eine Decke. Sie wollen auf der Elfenwiese ein Picknick machen.
Natürlich muss sie unterwegs Farbenfroh noch genau erklären, was ein Picknick eigentlich ist.
Lilaluna lacht vergnügt und Anneliese wirf ihr einen genervten Blick zu.
Später breiten sie auf der Elfenwiese die Decke aus und nun fragte die Regenbogenprinzessin der kleinen Elfe ein Loch in den Bauch, denn sie will auch alles über die Elfen wissen
Anneliese aber legt sich schadenfroh grinsend zurück.
Viel zu schnell vergeht die Zeit und es wird dunkel.
Ein Flügelrauschen und der Kauz lässt sich neben ihnen nieder. Zwei Mäuse huschen verschreckt kreuz und quer über die Wiese und verschwinden im Wald.
Aufgeregt springt Farbenfroh auf.
Hast du mit dem Mond gesprochen?“
Der Kauz sieht sie streng an.
Ich pflege meine Versprechen zu halten.“
Kommt mit, er wird drüben am Ende der Wiese einen Mondstrahl herunter lassen und du kannst darauf nach oben klettern. Deine Eltern sind schon in großer Sorge, doch zum Glück konnte der Mond sie gestern noch beruhigen. Also passe besser auf in Zukunft, Fräulein Naseweis.“
Farbenfroh senkt beschämt den Kopf.
Anneliese befürchtet schon sie würde wieder weinen, aber der Kauz hatte sie wohl zu sehr eingeschüchtert.
Farbenfroh ergreift ihre Hand und sie folgen dem Kauz und Lilaluna, die vor ihnen herfliegen.
Sie müssen nicht lange warten, dann gleitet ein silberner leuchtender Strahl auf die Erde.
Über diesen Strahl schwebt eine wunderschöne Frau in buntem Gewand und als sie die Wiese betritt läuft Farbenfroh ihr jubelnd entgegen und wirft sich in ihr Arme.
Die Regenbogenkönig herzt und küsst ihre Tochter, dann kommt sie näher und bedankt sich bei den Rettern ihrer Tochter.
Der Kauz verbeugt sich ehrfürchtig, er weiß
schließlich was sich gehört. Anneliese knickst und auch Lilaluna verbeugt sich zierlich.
Als die beiden Regenbogenhoheiten den Mondstrahl betreten, dreht sich Farbenfroh noch einmal um und winkt. „Danke Anneliese für die Jeans!“
Warte !“ ruft das Mädchen, nimmt eine Flasche Limonade aus dem Rucksack und drückt sie der Kleinen in die Hand.
Die hat dir doch so gut geschmeckt.“
Danke!“ Farbenfroh schenkt ihr ein strahlendes Lächeln, dann klettert sie mit ihrer Mutter den Mondstrahl entlang nach oben.
Der Kauz erhebt sich und verschwindet mit rauschendem Flügelschlag im Wald.
Lilaluna aber ruft einige Glühwürmchen und begleitet ihre Freundin nach Hause.

© Lore Platz