Samstag, 30. April 2022

Plauderecke


 
(c) Irmgard Brüggemann



Kein Monat wird so besungen wie der Mai.

Das bekannteste Lied, dessen Text von 
Emanuel Geibel (1815 – 1884) stammt, ist wohl:

Der Mai ist gekommen
Die Bäume schlagen aus
Da bleibe wer Lust hat
Mit Sorgen zu Haus
Wie die Wolken wandern
Am himmlischen Zelt
So steht auch mir der Sinn
In die weite, weite Welt

Es ist auch ein schöner Monat, der Mai, denn er läutet endgültig den Frühling ein.
Nach den Kapriolen des Aprils sollte das Wetter sonnig und beständig sein.
Und in den Herzen erwacht die Liebe.
 
(c) meine Tochter
Früher sind die jungen Männer in der Nacht vom 30. April zum
1. Mai in den Wald gegangen, um eine Birke zu schlagen.
Diese stellten sie dann vor das Haus ihrer Liebsten, als Symbol der Fruchtbarkeit.
So entstand wohl der Maibaum.
In Bayern wird ja der erste Mai mit dem Aufstellen des Maibaums gefeiert.
Am 30. April wird noch eine Maiwache aufgestellt, damit die Burschen des Nachbardorfes den schön geschmückten Baum nicht stehlen.
Sollte es diesen mit List und Tücke dann doch gelingen, dann müssen die Verlierer ihn mit sehr viel Bier wieder auslösen.
Ist alles dann glücklich überstanden und der wundervoll
geschmückte Maibaum ist aufgestellt und steht in seiner ganzen Pracht unter dem weiß blauen Himmel, dann wird gefeiert mit Bratwurst und dem würzigen „Maibock“, dass die Stimmung allmählich anheizt.
(c) eigenes Foto



Die Nordlichter stellen keinen Maibaum auf, sie machen einen Maigang.
Früh am Morgen geht es mit einem Bollerwagen voller hochprozentiger Getränke hinaus ins Grüne.
Während dem Marsch wird der Bollerwagen immer leerer und die lustige Gesellschaft immer voller.

Aber der erste Mai ist auch der „Tag der Arbeit“ .
Ein Feiertag, der seinen Ursprung in der USA hat.
Am 1. Mai 1886 haben die Gewerkschaften einen Generalstreik ausgerufen, denen 400 000 Beschäftigte aus 11 000 Betrieben folgten.
Warum gerade der 1. Mai gewählt wurde ist wohl darauf zurückzuführen, dass an diesem Tag traditionell die neuen Verträge ausgehandelt wurden.
Ziel des Streiks war den zehn Stunden Tag auf acht Stunden zu senken.
1860 war es bereits gelungen den 13 Stunden Tag auf zehn Stunden zu verringern.
Kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.
Leider kam es in Chicago zu blutigen Ausschreitungen. 
SiebenPolizeibeamte starben durch eine Bombe und 4 der Arbeitsführer wurden zum Tod durch den Strang verurteilt.

Auch erschwerte das in Zukunft den Arbeitskampf sehr,
doch wenigstens 20 000 Arbeiter erhielten einen 8 Stunden Tag.
Nun in Amerika ist dieser Tag kein Feiertag, dagegen aber in Europa und auch er wird genutzt zum Arbeitskampf.

(c) eigenes Foto


Meine Erinnerungen an den Mai sind sehr schön. Denn das Aufstellen des Maibaums mit den schönen geschnitzten Figuren war für uns Kinder immer aufregend und dann gab es noch die Maiandacht.


Jeden Tag um 19Uhr 30 begann sie und das war herrlich für mich.
Denn sonst musste ich immer um 19Uhr bereits ins Bett.
Fünf Minuten vor 19Uhr kam das Sandmännchen mit einer kleinen Geschichte im Radio und dann ging es ins Bett.
Doch nicht im Mai.
Jeden Tag durfte ich mit meiner großen Schwester zur Kirche gehen.
Dort traf ich meine Schulkameraden und wir tobten um das Kriegerdenkmal, um dann später erschöpft auf der Kirchenbank ausruhend den herrlichen Marienlieder zu lauschen.


© Lore Platz

Nur etwas plaudern (Erinnerungsgeschichte)

Die heutigen Reizwörter sind ; Bibliothek, Buch, betreten, begeistert, beheben

Natürlich wollt ihr wissen, was Regina und Martina zu diesen Wörtern eingefallen ist.

Viel Spaß beim Lesen! 


Am 23. April war der Welttag des Buches. 

Glücklich die Menschen, die gerne lesen, denn ein Buch kann einem soviel geben. Es kann trösten, es kann die Einsamkeit für einige Zeit vertreiben, es leistet oft Lebenshilfe und erweitert unseren Horizont.

 


 

Meine erste Begegnung mit einem Buch war mehr eine Zwangsbegegnung. 

Mein Vater war sehr streng und verlangte von uns, dass wir niemals eine schlechtere Note als eine Drei im Zeugnis hatten. 

Und deshalb war ich sehr erschrocken, als meine Lehrerin mir mitteilte, dass ich im Halbjahreszeugnis der dritten Klasse zwischen drei und vier stand. 

Was hatte ich bittere Stunden und ich vertraute mich meiner Freundin an. Diese etwas tapferer und resoluter wie ich, meinte nur: "Komm wir gehen zur Lehrerin." 

Diese sah mich ernst an, als ich ihr alles erklärt hatte und sagte: Gut Eleonore, ich gebe dir eine Chance, wenn du mir versprichst bis zum Abschlusszeugnis deine Note in Rechtschreibung zu verbessern. Außerdem gebe ich dir den Tip, viel lesen hilft dir dabei. In der Pfarrbücherei kann man sich kostenlos Bücher ausleihen."

 


Erleichtert führte mich mein erster Weg dorthin. Wie staunte ich als ich die große Bibliothek betrat. Die Pfarrsekretärin füllte eine Karte mit meinem Namen aus und dann durfte ich mir ein Buch aussuchen. Etwas überfordert von den vielen Büchern, nahm ich mir schnell irgendein Buch, ließ es eintragen und verließ schnell das Zimmer. 

Zuhause fing ich gleich an zu lesen und war bitter enttäuscht. 

Es handelte sich um einen Band aus dem mehrbändigen Werk "Waldröschen" von Karl May. 

Ich fand es entsetzlich langweilig. Erst viele Jahre später sind Karl May und ich gute Freunde geworden und ich habe "Waldröschen" begeistert gelesen. 

Doch diesmal brachte ich das Buch ungelesen zurück. Mit dem zweiten Buch, dass ich mir dann auslieh, hatte ich mehr Glück. Es war eine Tiergeschichte und handelte von einer jungen Boxerhündin. 

Mehr und mehr entdeckte ich meine große Liebe zu Büchern und so wurde aus einem Lesemuffel eine Leseratte.

Auf jeden Fall konnte ich mein Problem beheben und statt einer vier hatte ich eine zwei.

 

(c) Lore Platz

Samstag, 16. April 2022

Ein Ostermärchen

Zuerst möchte ich mich bei meinen beiden Mitschreiberinnen bedanken, die die Reizwortgeschichten verschoben haben, da ich es bis zum Stichtag nicht geschafft habe.

Bei Monika möchte ich mich bedanken  für die Bilder die sie extra für diese Geschichte gemalt hat.

Diesmal geht es um die Reizwörter: Ameise, Ankunft, alt, angeben, angeln 

Sicher wollt ihr wissen, was Regina und Martina dazu eingefallen ist

 


Ein Ostermärchen 

Diesmal war es Weißpfote, den das Los ausgewählt hatte. Ein Murren war unter den Osterhasen zu hören. 

Weißohr, seine Mutter, trat neben ihren Sohn und warf einen finteren Blick in die Runde. "Das Los irrt sich nicht, es wird schon wissen warum es meinen Sohn ausgwählt hat.

"Diesmal sind die drei Aufgaben besonders schwer, um das goldene Ei zu erlangen. Der Weg führt durch das Land der Trolle und über den reißenden Fluss und ein schweres Rätsel muss gelöst werden, das ist für die besten Hasen eine große Herausforderung. Wie soll dieser Träumer, der über seine eigenen Füße stolpert, dies schaffen." 

Weißohr stemmte die Pfoten in die Seiten und sah den Sprecher wütend an. "Mein Sohn wird es schaffen und das Los hat ihn nicht ohne Grund ausgewählt!" 

Nun trat Weißbart neben seinen Sohn, legte ihm die Hand auf die Schulter und warf einen strengen Blick zu den versammelten Hasen. "Mein Sohn ist genauso geeignet wie jeder andere Hase. 

Einige murrten. "Ruhe!" donnerte Graubart. der älteste der Osterhasen. "Das Los hat entschieden, also mein Junge mach dich auf den Weg und hole das goldene Ei, das Los vertraut dir, deshalb werden auch wir dir vertrauen. Vergiss nicht in einer Woche musst du zurück sein, damit wir mit Hilfe der Magie des goldenen Ei 's in die Menschenwelt gelangen können. Hier ist der Plan, auf dem der Weg verzeichnet ist, wo das Ei diesmal versteckt ist. Viel Glück mein Junge." 

Die Mutter brachte seinen Rucksack und gab ihm einen Kuss. "Du schaffst das mein Sohn." Sie klopfte ihm auf die Schulter und seine Geschwister umarmten ihn und winkten ihm nach, als er mit forschen Schritte die Osterwiese verließ. 

 


Bevor er den Wald betrat, drehte er sich noch einmal um, dann tauchte er in das Dunkel der Bäume. Der Duft nach Harz, Moos und Pilze umfing ihn. Er war schon eine Weile gewandert, da hörte er ein leises Weinen, das von unten kam. Eine kleine Ameise lag im Moos und hielt sich sein Beinchen. Vorsichtig hob der Hase die kleine mit der Pfote auf. "Was hast du denn?" "Ich, ich bin bin gestolpert und mit dem Bein an einen Stein gestoßen. Es ist bestimmt gebrochen." Weißpfote untersuchte das Bein und meinte lächelnd. 

"Gebrochen ist es nicht, durch den Stoß schmerzt es ein bisschen, aber das vergeht bald. Ich kenne ein Heilmittel." Und er begann zu singen wie es seine Mutter immer tat, wenn er und seine Geschwister sich verletzt hatten. 

"Heile, heile Schmerzchen, plag nicht mehr mein Herzchen, heile, heile auf der Stell, verschwind du dummer Schmerz ganz schnell." 

 


Die Tränen der Ameise verschwanden und ein strahlendes Lächeln erhellte ihr Gesicht. " Es tut gar nicht mehr weh." "Siehst du," grinste der Hase. "Aber nun zeig mir den Weg zu deinem Bau. Ich werde dich dorthin tragen, denn du solltest deinen Fuß noch etwas schonen." Nachdem er Lilli die Ameise an ihrem zuhause abgesetzt hatte, drehte er sich um und ging weiter. Lilli aber rief ihm nach,"wenn du einmal Hilfe brauchst denke nur an mich und ich komme." 

Weißpfötchen drehte sich um und winkte und schritt  vergnügt pfeifend weiter. Das Pfeifen verstummte, als er den Wald verließ und vor ihm der steinige Weg zum Gebirge der Trolle auftauchte. Er nahm allen Mut zusammen und kletterte sich eng an der Steinwand haltend den Pfad nach oben. 

Die Hälfte des Weges lag schon hinter ihm, als er die unangenehmen schnarrenden Stimmen einiger Trolle hörte. Schnell drückte er sich in eine schmale Felsnische und wagte kaum zu atmen, als er ein boshaftes Lachen ganz in seiner Nähe. 

 


Er dachte schon, dass er entdeckt worden war, da bemerkte er , dass zwei Trolle einen kräftig ausschlagenden Adler in ihren Händen hielten. "Das wird ein leckerer Braten," gröhlten sie. 

Weißpfote hatte Mitleid mit dem Adler und schlich den zwei Monstern nach, die den Vogel in einen großen hölzernen Käfig sperrten und sich dann entfernten, um eine Feuer zu machen. 

Diese Zeit nutzte der Hase, um den Adler zu befreien. Der große Vogel schwang sich in die Lüfte und bedankte sich. "Wenn du einmal meine Hilfe brauchst, dann denke nur an mich." 

Weißpfote sah ihm nach, da legte sich eine schwere Hand auf seine Schulter. Eh er sichs versah, saß er im Käfig und die Tür schlug zu. Zwei hässliche Gesichter grinsten durch die Gitter. " du hast unseren Braten befreit, deshalb hast du jetzt die Ehre seinen Platz einzunehmen." 

Lachend stampften sie davon. Weißpfötchen zitterte, während er beobachtete, wie die Trolle einen großen verbeulten Topf auf die Feuerstelle hievten. Traurig dachte er an seine Eltern und Geschwister, die wohl traurig und enttäuscht sein würden. Die anderen Hasen würden triumphieren, hatten sie es ihm doch sowieso nicht zugetraut. 

Er dachte an Lilli und auf einmal war der Boden schwarz vor Ameisen. Lilli klettere auf seine Pfote. "Wir werden ein Loch in den Boden graben, dann musst du rennen so schnell  wie du kannst." 

In sekundenschnelle entstand ein Loch, der Hase schlüpfte durch und rannte los. Erst als er das Reich der Trolle verlassen hatte, ließ er sich erschöpft unter einen Baum fallen. Sein Rucksack war noch in der Felsenspalte, aber zum Glück hatte er den Plan in seiner Hosentasche. 

 


Er  studierte ihn und machte sich auf den Weg. Bald stand er vor dem reißenden Fluss, der auf der Karte als gefährlich angegeben wurde. Wie sollte er nur auf die andere Seite kommen? Ratlos lief er am Ufer auf und ab und bemerkte einen Baumstamm. der ihm entgegen kam. Doch bevor er noch danach angeln konnte, hatten ihn die Wassermassen fortgezogen. 

Da fiel ihm der Adler ein, Flügenrauschen neben ihm. " Ich bringe dich über den Fluss." Bald stand Weißpfote auf der anderen Seite, bedankte sich und lief weiter. 

Dann stand er vor dem Gebäude, in dem dieses Jahr das golden Ei versteckt war. Ein alter Wichtel öffnete die Tür und lächtele erfreut. "Du hast es bis hierher geschafft Weißpfötchen, doch bevor ich dich eintreten lasse, musst du noch ein Rätsel lösen. 

Hör gut zu: Was ist das? Es liegt und schreit, es läuft auf vier Beinen, es läuft auf zwei Beinen und es bewegt sich vorwärts auf drei Beinen." 

Der Hase zog die Stirn kraus und grübelte, dann erhellte sich sein Gesicht."Ein Mensch! Am Anfang, liegt er nur und schreit, dann bewegt er sich auf allen vieren fort, später läuft er auf zwei Beinen und wenn er alt ist benützt er einen Stock." 

 


"Richtig mein Junge, komm herein und stärke dich." Während Weißpfote sich das gute Essen schmecken ließ, erklärt ihm der Wichtel, dass jedes Jahr ein Hase ausgewählt wird und die drei Aufgaben seinen besonderen Fähigkeiten angepasst werden. 

Und Weißpfötchen war klug, belesen und wissbegierig , um ein Rätsel zu lösen, außerdem konnte durch seine Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft die Hilfe der Ameisen und des Adlers gwinnen. 

Der Alte holte das goldene Ei aus der Vitrine und übereichte es dem Hasen, schnippte mit den Fingern und Weißpfötchen stand auf einmal auf der großen Osterwiese. 

Seine Geschwister entdeckten ihn als ersten und liefen jubelnd auf ihn zu. Seine Eltern kamen aus dem Haus gerannt und umarmten ihn glücklich. Die anderen Osterhasen kamen zögernd näher und als sie das goldene Ei erblickten jubelten sie und ließen Weißpfötchen hochleben. 

Am nächsten Morgen konnten die Osterhasen mit der Magie des goldenen Ei's in die Menschenwelt reisen und die Menschenkinder glücklich machen.

(Lore Platz)

PS: das Rätsel habe ich so ähnlich in dem Märchenfilm "Die kluge Bauerntochter " gehört.

 

 



Montag, 11. April 2022

Braunfuß, der Bruchpilot

Seit ich schreiben kann, erfinde ich Geschichten.
Als ich ungefähr elf Jahre alt war, entstand  die Geschichte von Susi und Peter, die den Osterhasen besuchen wollten und dabei  von einer Fee beschützt wurden.
Sie kamen ungehindert beim Osterhasen und seiner Familie an, spielten vergnügt mit den Hasenkindern und erlebten auch den Absturz des Hubschraubers.
Viele Jahre später, als Claudia geboren wurde und ich wieder Zeit hatte zum schreiben, entdeckte ich auch die kleine Geschichte wieder.
Aus Susi und Peter wurden Vanessa und Peter die viele Abenteuer erlebten. Ich werde sie euch im Laufe der Zeit vorstellen.
Und aus dem Hubschrauberunglück wurde: Braunfuß der Bruchpilot.
Viel Spaß beim Lesen!

 
(c) Irmgard Brüggemann




Braunfuß, der Bruchpilot



Irgendwo in einem fernen Land steht das eiförmige Haus
des Osterhasen.
Herr Langohr und seine Frau haben drei Kinder.
Den Hasenjungen Stummelschwänzchen, das Hasenmädchen Schnucki und das Baby, den kleinen Pipsi.
Neben dem Häuschen ist ein Schuppen und hier sind in vielen Regalen Eier aufgereiht.
Meister Langohr bemalt diese, damit die Menschenkinder am Ostersonntag ihre bunt gefärbten Eier finden können.
In zwei Tagen ist Ostern und Herr Langohr ist fertig mit dem Bemalen der Eier und zufrieden sieht er sich noch einmal im Schuppen um.
Viele hunderte von bunten Eiern warten nur noch darauf auf den großen Wagen verladen und dann in der Welt der Menschen in Häusern und Gärten versteckt zu werden.
Zufrieden geht der Osterhase ins Haus, wo seine Frau schon mit einem leckeren Löwenzahnsalat, einem knusprigen Möhrenschnitzel und einem guten kühlem Glas Quellwasser, auf ihn wartet.
Bist du fertig?“
Müde nickt Herr Langohr und setzt sich an den Tisch.
Fragend sieht er sich um: „Wo sind die Kinder?“
Die sind schon im Bett. Nun iss und dann ruhe dich ein wenig aus, hast viel gearbeitet die letzten Tage.“
Der Osterhase lächelt.
Ich male gerne, denn ich weiß, wie sehr sich die Kinder über die bunten Eier freuen.
Morgen kommen Braunfell und Grauohr mit dem Wagen und am Abend werden wir dann in die Menschenwelt fahren.“
Er gähnt.

Ich denke, ich gehe auch schlafen.“
Er gibt seiner Frau noch einen Kuss und geht ins Bett.
Frau Langohr räumt noch die Küche auf, dann geht auch sie nach oben.
Am nächsten Tag fährt die Familie Langohr noch schnell zu Familie Eichhorn, um ein Geburtstagsgeschenk vorbei zu bringen.
Nur Stummelschwänzchen kann nicht mitkommen, da er ja zur Schule muss.
Doch Professor Kauz ist krank und so haben sie schulfrei und Stummelschwänzchen marschiert vergnügt nach Hause.
 

 
Als er am Wichteldorf vorbei kommt, läuft er schnell hinein, um seinen Freund Knirps zu begrüßen.
Dieser springt gerade mit seinen Freunden auf Heupferden über Hindernisse.
Stummelschwänzchen sieht ihnen eine Weile zu, dann geht er weiter.
Der Wichtelvater Kalle gießt gerade seine Pflanzen und der Mäusejunge Karlchen, sowie der Maulwurf Kunibert helfen beim Umgraben.
Stummelschwänzchen winkt ihnen im Vorbeigehen fröhlich zu und fröhlich winken sie zurück.
Vorsicht!“
Ein Wägelchen voller Erdbeeren schießt den Berg herunter und ein Wichtel versucht verzweifelt zu bremsen.
Stummelschwänzchen springt schnell zur Seite, gerade noch rechtzeitig.
Der Wagen kommt ins schleudern und kippt um.
Alle Erdbeeren kullern auf die Erde.
Stöhnend und ächzend erhebt sich der Wichtel.
Schnell hilft ihm Stummelschwänzchen den Wagen wieder aufzurichten und die Erdbeeren einzusammeln.
Zum Dank schenkt ihm dieser einige Beeren und vergnügt wandert der Hasenjunge weiter.


Zu Hause angekommen, stellt er erst einmal seinen Schulranzen in die Ecke, dann guckt er in den Kühlschrank und findet einen leckeren Karottenkuchen.
Nachdem er sich ein ziemlich großes Stück abgeschnitten hat, setzt er sich gemütlich an den Tisch.
Das Brummen eines Hubschraubers ist zu hören und gleich darauf ein entsetzlicher Krach, als würde das Haus zusammen stürzen.
Stummelschwänzchen verschluckt sich vor Schreck und muss entsetzlich husten.
Noch immer hustend stürmt er aus dem Haus.
Ein schreckliches Bild bietet sich seinen Augen.
Ein Hubschrauber ist in den Schuppen mit den Eiern gestürzt und gerade schält sich ein Hase aus den Trümmern.
Mit einem kläglichen Lächeln humpelt er auf den Hasenjungen zu.
Tut mir leid.“
Stummelschwänzchen, der sich inzwischen den Schaden betrachtet hat, wirft ihm einen finsteren Blick zu.
Die Eier sind kaputt und übermorgen ist Ostern!“
Braunfuß nickt bedrückt.
Hilf mir bitte den Hubschrauber freizulegen, dann will ich auf der Hühnerfarm neue Eier besorgen.“
Hoffentlich schaffst du es, sie heil hier herzubringen,“ murmelt Stummelschwänzchen spöttisch.
Der Bruchpilot wird rot.
Schweigend beginnen sie die Trümmer beiseite zu räumen
und bald hat Braunfuß den Hubschrauber wieder startklar und fliegt los.
Stummelschwänzchen holt sich den großen Besen und fegt die zerbrochen Eier auf einen Haufen.
Dann sammelt er die, die noch ganz sind auf und legt sie beiseite.
Das Auto mit Familie Langohr kommt den Hügel herunter und bleibt mit quietschenden Bremsen vor
Stummelschwänzchen stehen.
Mutter Langohr springt aus dem Wagen und schlägt entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen.
Herr Langohr schüttelt nur fassungslos den Kopf.
Ein Lastwagen voll mit Eiern rattert den Weg herunter, ihm folgt ein weiterer auf dem viele Osterhasen sitzen.
Es ist Braunfuß mit seinen Freunden.
Die Hasen klettern aus dem Wagen.
Mit vereinten Kräften geht es nun ans Werk.
Familie Eichhorn kommt angerannt, der Specht hat ihnen von dem Unglück erzählt.
Während Herr Eichhorn sich zu den Männern gesellt, nimmt Frau Eichhorn ihre Jungen Knix und Knax beiseite.
Sie bittet sie den Tieren und Wichteln von dem Unglück zu berichten und sie um Hilfe zu bitten.
Dies erzählt sie ihrer Freundin Frau Langohr während sie gemeinsam den großen Kessel hinter dem Haus mit Wasser füllen.
Als das Wasser kocht, werden von einigen Hasen die Eier herbei geschleppt.
Vorsichtig, damit kein Ei zerbricht werden sie mit einem großen Löffel in das brodelnde Wasser gelegt.
Knix und Knax aber laufen durch das Osterhasenland und treffen auf die Vögel.
Diese versprechen, die Tiere des Waldes zu verständigen und zu Familie Langohr zu schicken.
Die Jungen aber laufen weiter zu den Wichteln.
Am Eingang finden sie Schlafmütze, der friedlich schnarchend unter einem Haselnussstrauch liegt.
Leise schleichen sie sich heran und bewerfen den Schlafenden mit Haselnüssen.
Wie, was, wo …?“ Erschreckt fährt der alte Wichtel hoch und blickt grimmig die beiden Eichkätzchen an.
Freche Bande, einen alten Mann so zu ärgern!“
Knax grinst entschuldigend.
Wir konnten einfach nicht widerstehen.“
Und Knix meint:
Auch ich entschuldige mich, eigentlich sind wir gekommen, weil der Osterhase Hilfe braucht.“
Und die beiden Lausbuben erzählen ihm von dem Unglück des Osterhasen.
Schlafmütze ist sofort bereit zu helfen und läuft gleich los.
Die beiden Eichkätzchen aber laufen weiter ins Dorf und kommen zu Opa Knuddel, der gerade mit seinen Enkeln blinde Kuh spielt und auch er ist sofort bereit zu helfen und läuft mit den Wichtelkindern los.
Im Dorfkrug feiert Emely mit Freunden und Familie ihren Geburtstag und auch sie unterbrechen ihre Feier und machen sich auf den Weg zum Osterhasen.
Dort haben die Hasen inzwischen den Schuppen wieder aufgebaut und die Eier in die Regale geräumt, aber nun müssen die vielen vielen gekochten Eier noch bemalt werden.
Ein großer Lärm entsteht.
Die Tiere des Waldes kommen den Berg herunter.
Hinter ihnen ein langer Zug mit Wichteln.
Alle sind gekommen, um zu helfen.
Es geht recht vergnügt zu und jeder bekommt einen Pinsel in die Hand gedrückt und darf darauf los malen.



Es wird gelacht, geschwatzt, gekichert und gesungen.
Es war eine riesengroße Party!
Manche Eier sehen vielleicht etwas seltsam aus und sind kunterbunt.
Aber den Menschenkindern würden sie bestimmt gefallen.
Und vor allem, das Osterfest ist gerettet und kein Kind würde vergeblich nach seinen Eiern suchen müssen.
Es ist spät in der Nacht, als die fleißigen Helfer fertig sind.
Die Tiere verabschieden sich und laufen oder fliegen nach Hause.
Die Wichtelfrauen bringen die müden Kinder heim.
Die Wichtelmänner aber helfen den Hasen beim Beladen des Autos und klettern dann auf die Ladefläche und
machen es sich zwischen den Körben mit bunten Eiern gemütlich.
Sie wollen den Osterhasen begleiten und beim Verstecken der Eier helfen, denn er war doch sehr spät dran.
Dann fährt das Auto mit Herrn Langohr am Steuer wie der
Blitz los.
Der Osterhase fährt ja mit Lichtgeschwindigkeit, sodass er für das menschliche Auge nicht sichtbar ist.
Mit seinen vielen flinken und fleißigen Helfern hat er es dann doch noch geschafft, die Eier überall zu verstecken.
Und als die Kinder am Ostersonntag sich auf die Suche machten, wurde keines enttäuscht.

Diese Geschichte ist ja glücklicherweise noch einmal gut ausgegangen.


© Lore Platz

Freitag, 1. April 2022

Die Prinzessin mit den goldenen Haaren


Mit dieser Geschichte wünsche ich euch ein schönes Wochenende.



Die Prinzessin mit den goldenen Haaren


In einem fernen Land lebte einst ein Königspaar, das sich unbedingt ein Kind wünschte. Doch die Jahren vergingen und ihr Wunsch wurde nicht erfüllt.
Doch dann, als sie bereits alle Hoffnung aufgegeben hatten bekam die Königin ein Mädchen.
Sie nannten es Sonja und baten die Fee Sternenstaub, zur Patin des Kindes.
Sternenstaub legte dem Kind drei Gaben in die Wiege,
Schönheit, Verstand, sowie ein mitfühlendes Herz.
Jeden Tag, als das Kind heranwuchs wurde es schöner und die Leute staunten und jubelten und freuten sich an ihrer schönen Prinzessin.
Ihre blonden Locken leuchteten im Sonnenschein wie Gold und die Menschen ringsum riefen „Aaah“ wenn sie es sahen.
Jeden Tag bekam die Kleine zu hören, wie wunderschön sie doch sei und ihre vernarrten Eltern konnten ihr keinen Wunsch abschlagen.
So wurde aus dem liebenswert veranlagten Mädchen mit der Zeit ein kleiner Tyrann, der oft selbstverliebt vor dem Spiegel stand.
Kein Wunder, dass die beiden anderen Gaben der Fee verkümmerten.
Wieso sollte sie auch ihren Verstand benutzen, wenn sie doch mit einem Strahlen ihrer schönen Augen oder ihrem liebreizendem Lächeln alle Wünsche erfüllt bekam.
Und wie konnte sie ihr mitfühlendes Herz erkennen, wenn doch um sie herum alles Licht und Schön war und dass es
auch ein Elendsviertel in dem reichen Königreich gab, das bekam sie nie zu sehen.

Sonja war inzwischen zehn Jahre alt.
Eben saß sie im Schulzimmer und sah gelangweilt ihrem Hauslehrer Herrn Kantor zu, wie er einige Sätze auf die Tafel schrieb.
Da wurde die Tür geöffnet und das Königspaar trat ein, einen zärtlichen Blick auf ihr Töchterchen gerichtet, die sofort freudig aufsprang.
Nun Herr Kantor, quälen sie die liebe Sonja nicht länger, wir wollen sie zu einem Spaziergang in die Stadt mitnehmen.“
Der Lehrer verneigte sich stumm.
Seine Schülerin besaß einen schnellen klugen Verstand, aber sie war ausgesprochen faul und dies wurde von den Eltern auch noch unterstützt.
So meinte er denn auch.
Verzeiht Majestät, die Prinzessin beherrscht das Lesen noch sehr schlecht, kaum dass sie das Alphabet kann. Es wäre doch gut, die Unterrichtsstunde einzuhalten.“
Der König winkte ab. „ Was muss mein Kind denn Lesen können, sie kann sich doch eine Vorleserin engagieren.“
Und schon hüpfte Sonja vergnügt zwischen ihren Eltern hinaus.
An der Tür aber drehte sie sich um und streckte dem Lehrer unartig die Zunge heraus.

 
(c) Helge T

Der König und sein Gefolge wanderte über den Markt, ehrfurchtsvoll von den Leuten begrüßt und als die Sonne gerade hinter einer Wolke hervor blinzelte und die Haare der Prinzessin in goldenes Licht tauchte, da ging ein lautes
Aaaah“ durch die Menge.
Eine dicke Bauersfrau mit einem Korb im Arm drängte sich nach vorn, machte einen Knicks und reichte der Prinzessin einen Schmalzkringel.
Diese nahm ihn dankend mit spitzen Fingern entgegen.
Sie verzog leicht das Gesicht und biss vorsichtig hinein.
Er schmeckte ihr gar nicht und unauffällig warf sie ihn weg.
Aus den Augenwinkel bemerkte sie ein kleines Mädchen, das sich blitzschnell bückte und den Kringel aufhob, bevor ihn ein streunender Hund erwischen konnte, der nun mit eingezogenen Schwanz zur Seite trat.

 
(c) Werner Borgfeldt
Sonja runzelte die Stirn und trat zu dem ärmlich gekleideten Mädchen.
Was willst du mit meinem Kringel?“
Ihr habt ihn doch weg geworfen und ich will ihn mit nach Hause nehmen und mit meiner Mutter und Oma teilen.“
Kauf dir selbst einen Kringel,“ meinte die Prinzessin patzig, nahm ihr das Gebäckstück aus der Hand und warf es dem Hund zu, der es schnappte und damit davon lief.
Die Augen des Mädchens füllten sich mit Tränen, dann wandte es sich um und ging langsam davon.
Sonja aber ging zurück zu ihren Eltern.
Ein wenig komisch war ihr doch zumute, doch als sie wieder mit bewundernden Reden umschmeichelt wurde, vergaß sie das kleine Mädchen.





Die Fee Sternenstaub aber hatte oben in ihrem Wolkenschloss alles beobachtet.
Was Unvernunft und blinde Liebe aus einem so reizendem Menschenkind doch gemacht hatten, Zeit, dass sie eingriff.
Mitten in der Nacht stand sie vor dem Bett der Prinzessin und betrachtete die friedlich Schlafende, die mit leicht geröteten Backen wie ein kleiner Engel aussah.
Die Fee streckte die Hand aus und ließ Sternenstaub über das Kind rieseln.

Als Sonja erwachte sah sie direkt in die schwarzen runden Augen einer Ratte, deren spitze Nase direkt vor ihrem Gesicht war.
Entsetzt schrie sie auf und das Tier ergriff die Flucht.
Aber wo war sie nur, sie lag direkt unter einem Holztisch.
Als sie darunter hervor kroch, merkte sie, dass sie auf dem Markt war.
Obwohl die Sonne erst den Rand des Horizonts erreicht hatte, herrschte hier schon emsiges Treiben.
Die Bauern waren in die Stadt gekommen um ihre Waren anzubieten und breiteten sie auf den Tischen aus.
Sonja ging auf einen der Männer zu und fragte:
Guten Tag, können sie mich bitte zum Schloss bringen?“
Diese sah sie verdutzt an, dann lachte er dröhnend:
Seht euch diesen Dreckspatzen an, redet wie eine Prinzessin, verschwinde Mädchen, vergraulst mir nur die Kundschaft.“
Sonja ging weiter und dann stieg ihr ein köstlicher Duft in die Nase und sie verspürte ein komische Grummeln im Magen.
Sie entdeckte die Bäuerin und die Schmalzkringel, die sie gestern so verächtlich in den Schmutz geworfen hatte.
Wie gern hätte sie nun einen davon.
Beherzt trat sie zu der Frau und bat:
„Kann ich bitte einen Schmalzkringel haben?“
Hast du Geld?“
Das Mädchen schüttelte den Kopf.
Dann verschwinde!“ 
Und sie wandte sich an die Frau die ihren Stand neben ihr hatte und meinte: „Jetzt kommen die aus dem Elendsviertel auch schon zum Betteln. Eine Schande ist das!“
Sonja aber schlich sich traurig davon und dann stand sie vor dem Schloss.
Die Wachen versperrten ihr den Weg!
Aber ich bin doch Prinzessin Sonja!“ rief sie verzweifelt.
Die Wachen wollten sich ausschütten vor Lachen.
Wann hast du zuletzt in den Spiegel geguckt!“
Da drehte sich das Mädchen um und lief wie gehetzt davon.
Sie erreichte einen Wald und ließ sich atemlos ins Moos
sinken.
Dann begann sie bitterlich zu weinen.
Eine Hand legte sich auf ihre Schulter und eine freundliche Stimme fragte: 
„Warum weinst du denn?“
Und als sie aufblickte stand das Mädchen vor ihr, dem sie so übel mitgespielt hatte.
Traurig erzählte sie, dass sie hungrig sei, aber jeder sie weg geschickt hat.
Das kenne ich, allen hier geht es so gut, dass sie gar nicht wissen was Hunger ist.“
Sie drückte ihr ein Stück altes Brot in die Hand und gierig aß die Prinzessin und es schmeckte ihr besser als das köstlichste Gericht aus der Schlossküche.
Das Mädchen hielt ihr dann noch den Korb mit Beeren, die sie gerade gepflückt hatte ,hin.
Dann nahm sie Sonja mit zu sich nach Hause.

 
(c) Nadine F.

Und die Prinzessin sah erschrocken um sich, als sie durch die ungepflegten Straßen gingen und an den halb verfallenen Häusern vorbei kamen.
Wer wohnt denn hier?“
Die Invaliden und Hinterbliebenen!“ sagte das Mädchen Erika bitter.
Sie haben für das Vaterland alles gegeben und das ist der Dank des Königs.“
Aber der König ist doch ein guter Mensch!“
Ja, er hat uns auch eine Rente versprochen, aber es inzwischen vergessen. 
Er ist viel zu vernarrt in seine verzogene Tochter, dass er alles Andere ringsum vergisst.
Aber nun komm, wir sind da.“
Sonja betrachtete die saubere ärmliche Stube.
Eine alte Frau saß auf einem Stuhl am Fenster und hielt das Gesicht der Sonne entgegen.
Als sie den Kopf wendete, bemerkte die Prinzessin, dass sie blind war und verspürte ein komisches Gefühl auf einmal im Herzen.
Zum ersten Mal empfand sie Mitleid.
Warum ist deine Großmutter blind?“
Vom vielen Weinen, denn sie hat zwei Söhne im Krieg verloren, der eine war mein Vater.“
Da trat Sonja zu der alten Frau und strich ihr zart über die Wange.
Guten Tag, ich bin Sonja.“
Die alte Frau lächelte.
Du heißt ja wie unsere Prinzessin, aber ich spüre du hast ein gutes Herz und bist nicht so verzogen wie diese.“
Sonja senkte den Kopf und war froh, dass die Blinde nicht sehen konnte wie sie rot vor Scham wurde.
Sie begrüßte nun Erikas Mutter und obwohl diese Leute bitterarm waren, teilten sie ihr karges Essen mit ihr.
Und die Prinzessin staunte auch wie zufrieden und fröhlich sie waren und wie liebevoll sie miteinander umgingen, obwohl sie doch so arm waren.
Sie ging auch mit Erika und ihrer Mutter mit zu einem Bauern, um dort bei der Ernte zu helfen.
Obwohl ihr am Abend jeder einzelne Muskel schmerzte, war sie doch froh und zufrieden, denn noch nie hatte sie sich so nützlich gefühlt.
Und als die Bauersfrau ihnen zu dem Lohn, einen Sack voll Kartoffeln, auch noch eine Kanne Milch, einige Eier und sogar ein Stück Speck, schenkte, weil sie so fleißig waren, da fühlte sie dieselbe Freude, wie ihre beiden Begleiterinnen.
Nach dem Abendessen, das aus Kartoffeln mit Salz bestand, holte Erika ein altes Stück Papier und eine zersprungene Feder, sowie ein altes Tintenfass, in der die Tinte fast eingetrocknet war.
Was machst du da?“
Meine Mutter bringt mir das Schreiben und Lesen bei und ich möchte noch üben.“
Aber du hast doch den ganzen Tag gearbeitet, du musst doch müde sein?“
Bin ich auch, aber ich muss üben, denn ich möchte der
Großmutter im Winter aus dem alten Geschichtenbuch, das sie noch von ihrer Mutter hat, vorlesen.“
Da schämte sich Sonja wieder, denn sie hatte die Gelegenheit und die feinsten Federn und Tinte und schöne weiße Blätter zur Verfügung und war doch zu faul zum Lernen.
Leise sagte sie gute Nacht und ging auf die Strohmatte die man ihr als Bett angewiesen hatte.

 
(c) meine Tochter

Als sie am nächsten Morgen erwachte, lag sie in ihrem weichen kuscheligen Bett im Schloss und sah ihre Patin, die in einem Sessel neben dem Bett saß.
Nun mein Kind, hast du begriffen, warum ich dir diesen Traum sandte?“
Sonja nickte errötend.
Da beugte sich die Fee über sie, küsste sie und verschwand.
Gleich nach dem Frühstück lief sie ins Schulzimmer und Lehrer Kantor war beeindruckt vom Fleiß und Eifer seiner Schülerin.
Und als die Eltern sie zu einem Spaziergang holen wollten, winkte sie nur ab und erklärte, dass dazu auch nach dem Unterricht Zeit wäre, sie müsse jetzt lernen.
Später führte sie die Eltern zum Markt, erbat sich von ihrem Vater Geld und legte auf jeden Stand ein Goldstück und bat die Händler ihr mit den Waren zu folgen.
Alle erschraken, als die Prinzessin sie direkt ins Armenviertel führte.
Die schäbig gekleideten und müde aussehenden Leute kamen aus ihren Häusern und staunten.
Die Prinzessin aber stellte sich in die Mitte des Platzes und verkündete, dass die Lebensmittel ein Geschenk des Königs wären und sich jeder holen dürfe was er brauche.
Dann sah sie ihren Vater mit ernsten Augen an und dieser schämte sich und verkündete.
Ich habe meine Pflicht als König vernachlässigt, doch ich verspreche, ab sofort mein Versäumnis nachzuholen. Noch heute werden die Handwerker kommen und jedes Haus renovieren und das ganze Viertel wird verschönert.
Auch bekommt jede Familie eine Rente, wie ich es schon vor Jahren versprochen habe und zwar ab dem Zeitpunkt meines Versprechens.“
Sonja aber winkte den zwei Lakaien, die eine Truhe trugen und der Bauersfrau mit dem Korb voller Schmalzkringel und betrat das Haus in dem Erika mit den Ihren lebte.
Nach einem freundlichen Gruß, nahm die Prinzessin eines der Kringel und hielt sie Erika hin.
Ich war sehr garstig zu dir und das tut mir leid, willst du mir verzeihen?“
Erika nickte stumm, nahm den Kringel und biss herzhaft hinein.
Sonja lachte und umarmte das Mädchen. „Lass uns Freundinnen sein.“
Dann nahm sie einen Kringel aus dem Korb und ging zur Großmutter, drückte ihn ihr in die Hand und strich ihr zart über die Wange.
Lasst es euch schmecken, liebe Großmutter.“
Wie ein Wirbelwind lief sie dann zu der Truhe und bat Erika, diese zu öffnen.
In der Truhe waren Blätter, Tintenfässchen, gespitzte neue Federn und ein Menge Bücher mit wundervollen Bildern und Geschichten.
Nun kannst du lernen, damit du im Winter deiner Großmutter vorlesen kannst.“
Die Freude in dem kleinen Häuschen, aber auch im ganzen Elendsviertel brauche ich wohl nicht zu beschreiben.

Und wenn die Leute von ihrer Prinzessin sprachen, dann hieß es, sie wäre wunderschön, aber auch sehr klug und vor allem hatte sie ein gutes mitfühlendes Herz.



© Lore Platz