Mittwoch, 30. September 2020

Plauderecke Das Mädchen Narges


Ich will nicht über das Flüchtlingsproblem, über das schon so viel ohne Erfolg diskutiert wurde, schreiben.
Doch die schlimmen Ereignisse auf Lesbos erwecken mein Mitgefühl und auch meinen Ärger.
Da sitzen Vertreter von 27 Ländern am runden Tisch bei Häppchen und Getränken und reden und reden und heraus kommt wieder mal nur heiße Luft. Sie vergessen, dass es sich nicht um Gereidesäcke handelt, sondern um Menschen, die obdachlos sind und hungern und frieren.


Als 2015 die Flüchtlinge in unser Land kamen, da schrieb ich diese Geschichte. Meine Tochter hat damals drei Schwestern aus Afghanistan geholfen, die deutsche Sprache zu lernen. 
Und deren wahre Geschichte kommt in meiner Erzählung vor.




 




Das Mädchen Narges

Voller Elan verlässt Ellen die Schwimmhalle.
Als sie ihren Freundinnen begegnet, hebt sie voller Triumph die Faust.
Ich habe es geschafft! Ich bin die Beste !“
Lilly und Mia kichern,“ Ja hast du die Neue gesehen, ängstlich wie ein Kaninchen starrte sie ins Wasser und wollte nicht hinein springen.“
Ellen grinste, „sie ist wohl wasserscheu“.
Rita schlendert aus der Umkleidekabine.
Da wo die herkommt gibt es bestimmt kein Wasser, das sieht man doch an ihrer dreckigen Haut und den hässlichen schmuddeligen Kleidern.“
Ellen sieht sie ernst an.
Das ist gemein. Narges ist nicht schmutzig, sie hat nur eine dunklere Haut und ihre Kleider sind sauber und ordentlich.“
Rita mustert sie spöttisch. „ Sie ist ein Flüchtling und hat hier bei uns nichts verloren. Soll sie doch dahin gehen wo sie herkommt. Wir wollen sie hier nicht haben.“
Ellen stemmt die Arme in die Hüfte.
In ihrem Land ist Krieg. Wie würdest du dich fühlen, wenn hier die Bomben fielen und du ständig um dein Leben bangen müsstest.“
Rita tritt einen Schritt auf sie zu, sodass ihre Nasen sich fast berührten.
Wir sind nicht die Wohlfahrt und müssen all den Pöbel aufnehmen, der sich hier bloß von uns durchfüttern lassen will.“
Ach ich habe nicht gemerkt, dass dir etwas abgeht. Dein Pausenbrot war vom feinsten und du trägst nur Markenkleidung.“
Wir können uns das ja auch leisten!“
Ellen ballt die Fäuste, doch Mia und Lilly ziehen sie zurück.
Lass dich nicht provozieren, kümmere dich nicht um ihr dummes Geschwätz, die ist doch bloß neidisch, weil Narges in manchen Fächern besser ist wie sie, außerdem müssen wir zurück ins Klassenzimmer.“
Frau Sandmann betrachtet sie Stirn runzelnd.
Schön, dass ihr auch noch kommt. Setzt euch, ich habe gerade erklärt, dass ihr bis nächsten Dienstag ein Referat vorbereiten sollt. Ihr arbeitet immer zu zweit und das Thema dürft ihr jeweils selbst bestimmen“.
Natürlich wollen die drei Freundinnen am liebsten zu dritt das Referat halten, doch die Lehrerin bestimmt, dass Mia und Lilly sich zusammen taten und da Ellen die beste Note in Deutsch hatte sollte sie Narges helfen.
Nach der Stunde gibt Ellen dem Mädchen einen Zettel mit ihrer Adresse und bittet sie heute Nachmittag am 15Uhr zu ihr zu kommen.
Etwas scheu und ängstlich betritt Narges das schöne Einfamilienhaus und folgt Ellen in ihr Zimmer.
Staunend sieht sie sich in dem großen hellen freundlichen Raum um.
Gehört dies ganz allein dir?“
Ellen nickt. „Hast du kein Zimmer?“
Wir haben im Wohnheim einen viel kleineren Raum und dort leben wir zu sechst. Meine Eltern, ich und meine drei Schwestern.“
Allmählich verliert das Mädchen ihre Scheu und als Ellen sie fragt, warum sie so wasserscheu sei, erzählt sie, dass sie bei der Flucht auf dem Meer beinahe ertrunken wäre.
Und Ellen denkt beschämt und wir haben sie ausgelacht.
Nach und nach erfährt sie Narges Geschichte.
Narges war gerade elf Jahre als ein Mann der Taliban
zu ihrem Vater kam und sie mit einem seiner Krieger verheiraten wollte.
Da haben ihre Eltern noch in derselben Nacht das nötigste eingepackt und sind mit ihren vier Mädchen geflohen.
Gespannt und entsetzt lauscht Ellen den Schilderungen der Flucht und dann kommt ihr eine Idee.
Sie sollten das Referat über die Geschichte von Narges halten, damit sich ihre Schulkameraden ein Bild von ihrem Schicksal machen konnten.
Narges ist sofort einverstanden.
Als die beiden Mädchen in der folgenden Woche ihr Referat halten schwimmen Tränen in den Augen der
Kinder und selbst Rita macht ein betroffenes Gesicht.

© Lore Platz




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Freitag, 25. September 2020

Margrittli mag ihren Namen nicht










Margrittli mag ihren Namen nicht



Lustlos mit gesenktem Kopf trottet Magrittli nach Hause.
Heute haben sie wieder gelacht in der Schule, als die Lehrerin sie aufgerufen hat. „Margrittli, komm an die Tafel!“
Und Elke und Renate haben sofort gekichert und leise 'Margriiiiitliiiii' nachgeahmt und alle ringsum fingen zu lachen an.
Mit hochrotem Kopf war Magrittli zur Tafel gestampft, am liebsten hätte sie das Klassenzimmer verlassen.
Niemand in der ganzen Schule hieß Magrittli, nur sie, oh wie sie diesen Namen hasste.
Beim Mittagessen fragt sie ihre Mutter, ob sie nicht einen anderen Namen haben könnte.
Die Mutter lacht: „Aber dein Name ist doch wunderschön, du heißt nach deiner Patin, die du doch so gerne magst.“
Die Achtjährige seufzt, sicher mochte sie Mamas Freundin, die in der Schweiz lebt und ihre Patin ist, aber …
Nachdem Margrittli die Hausaufgaben gemacht hat, läuft sie hinaus in den Garten.
Sie setzt sich unter den großen Kirschbaum und lehnt den Kopf an den Stamm und beobachtet ein Schnecke, die mühsam ihr Schneckenhaus durch das Gras schleppt.
 
 

 



Über sich hört sie zeternde Stimmen.
Das Mädchen blinzelt kann aber nur zwei Amseln erkennen.
Wieso musst du schon wieder weg, du kannst ruhig auch mal auf die Kinder aufpassen.“
Aber liebste Isolde, ich muss doch Nachbar Fridolin helfen, er hat Schwierigkeiten sein Nest zu bauen und will doch bald seine Liebste heimführen.“
Ach, dann geh doch, aber komme nicht zu spät nach Hause!“
Herr Amsel in seinem schönen schwarzen Anzug fliegt davon.
Seine Frau schimpft noch eine Weile vor sich hin, dann begibt sie sich zu ihren Kindern, die sich liebevoll an sie kuscheln.
 
 

 
 
Margrittli kichert.
Schön, dass du wieder lachen kannst, deine gerunzelte Stirn sah ja gar nicht gut aus. Weißt du nicht, dass man vom Ärger Falten bekommt?“
Eine wunderschöne Fee lässt sich neben dem Mädchen ins Gras sinken.
Was bedrückt dich?“
Mein Name, ich heiße Margrittli und alle lachen darüber.“
Aber das ist doch ein wunderschöner Name und es ist einer der vielen Namen meiner Lieblingsblume.“
Was ist denn deine Lieblingsblume?“

 

 

 

Ich glaube hier nennt man sie Gänseblümchen!“

Pah, ich heiße also wie ein Unkraut!“
Das Gänseblümchen ist keineswegs ein Unkraut! Auch wenn sie klein und bescheiden ist, so ist sie doch eine sehr wichtige Pflanze, die viele Krankheiten heilen kann.
Die Fee schnippt mit dem Finger und in ihrem Schoß liegen plötzlich viele der weißen kleinen Sternchen.
Liebevoll streicht das schöne Wesen über die Blüten und reicht dem Mädchen ein Blümchen.
Weißt du die lateinische Übersetzung heißt 'ewig schön', denn das Gänseblümchen blüht fast das ganz Jahre und wenn die Menschen es auch noch so oft zerstören, es ist stark und unermüdlich, lässt sich niemals unterkriegen.
Du siehst also, du wurdest nach einer ganz besonderen Blume benannt.
Weißt du wie viele Namen die Menschen
noch für das bescheidene Blümchen haben, oh es gibt viele, Augenblümchen, Himmelsblume, Marienblümchen, Maßliebchen, Mondscheinblume, Regenblume und Tausendschön und natürlich Magrittli.
Kennst du noch eine Blume, die so viele Namen hat.“
Das Mädchen schüttelt den Kopf.
Darum solltest du stolz auf deinen Namen sein.
Selbst Könige habe diese wunderbare Blume geliebt und verehrt und ihre Gräber enthielten oft einen goldenen Kopfschmuck, der mit Gänseblümchen verziert war. Und der französische König Ludwig IX. (1214 -1270) hat das Tausendschönchen mit der Lilie in sein Wappen aufnehmen und dazu einen Ring mit einem geflochtenem Blumenkranz anfertigen lassen.“
Sinnend betrachtet das Mädchen, wie die Fee mit flinken Fingern aus den Blüten einen Kranz flechtet.
Magrittli schmunzelt und auf einmal ist sie richtig stolz auf ihren Namen, es war doch nebensächlich ob Renate und Elke sich lustig drüber machen und feige will sie bestimmt nicht sein, nein, wie will genau so stark und tapfer sein, wie die Blume, der sie ihren Namen verdankt.
Die Fee lächelt sie liebevoll an, als hätte sie ihre Gedanken erraten und setzt ihr den Blütenkranz auf.
Dann ist sie auf einmal verschwunden.
Verwirrt blickt Magrittli um sich, sie ist wohl eingeschlafen, neben ihr liegt ein Blütenkranz aus Gänseblümchen und dann hat das Mädchen eine Idee.
Schnell läuft es ins Haus, holt ihr Heft aus der Schultasche, kramt ihren Stift aus dem Federmäppchen und beginnt zu schreiben.

Am nächsten Morgen kommt sie etwas früher zur Schule und passt ihre Lehrerin ab und hat eine längere Unterredung mit ihr.
Und so kommt es, dass Magrittli einen Vortrag über das Gänseblümchen, von dem sie ihren Namen hat, halten darf.
Und seitdem macht sich niemand mehr über ihren Vornamen Magrittli lustig.

(Lore Platz)





Mittwoch, 23. September 2020

Plauderecke- Herbst

 


Ich liebe den Herbst, obwohl die Tage kürzer werden und die kommende Dunkelheit einläuten. Doch bis das geschieht beschenkt er uns noch mit einer verschwenderisch bunten Welt. Obst in Hülle und Fülle liegt auf seinem Teller, den er uns darreicht.

 

 


 

Vielleicht habt ihr auch schon als Kind am Lagerfeuer gesessen und Kartoffel gebraten.

Wir haben die Kartoffeln, die auf dem Feld vergessen wurden immer aufgesammelt und dann ein Lagerfeuer gemacht und die Erdäpfel hinein geworfen.

Eine regelrechte Mutprobe war es dann ,die kohlschwarzen Dinger mit spitzen Fingern aus der heißen Glut zu klauben und zum Abkühlen neben sich zu legen.

Aber die Mühe war es wert, wenn auch die Schale verbrannt war, aber das Innere war köstlich.

Zu Hause aber wurden wir in den Waschzuber gestellt und von Kopf bis Fuß abgeschrubbt , denn wir sahen wie kleine Kaminfeger aus.

Gern erinnere ich mich an das Pilze sammeln mit meinem Vater.

 

 


Mein Vater und ich waren die einzigen Frühaufsteher in unserer Familie und so gingen wir morgens um vier schon los und fuhren in den Wald.

Als ausgesprochenes Papakind war ich glücklich in dieser Zeit meinen Vater ganz für mich allein zu haben.

Damals gab es ja noch nicht so viele Autos und auch wir hatten keines.
Aber mein Vater hatte ein Motorrad.
Das war herrlich!
Mein Vater hatte vor sich einen großen Korb und ich saß hinten und klammerte mich wie ein Äffchen an ihm fest.
Dann ging es durch den frischen Morgenwind hinaus in den Wald zum Schwammerl (Pilze) sammeln.
Damals gab es noch viele Recherl (Pfifferlinge) die ja am besten schmecken und heute doch ziemlich teuer sind.
Mein Vater schnitt die Pilze vorsichtig mit einem kleinen Messer ab, säuberte sie ein wenig und ich durfte sie dann ganz vorsichtig in den Korb legen.
Manchmal wenn der Korb voll war und wir einen Hochsitz in der Nähe fanden, kletterten wir hinauf und saßen ganz still und ließen die Majestät des Waldes auf uns wirken.
 

 


 

Und wenn wir ganz großes Glück hatten sahen wir auch mal ein Reh oder einen Hirsch mit stolzem Geweih auf die Lichtung treten.
Ich glaube in diesen Momenten ist die tiefe Liebe zum Wald in mir geboren.
Als wir dann zurück fuhren, hatte mein Vater wieder den Korb vor sich und ich hing wie ein Klammeräffchen hinter ihm.
Später saß ich dann am Tisch und sah meiner Mutter zu, wie sie die Pilze säuberte.
Und während ich dies hier schreibe, fühle ich den leicht erdigen Duft der Schwammerl in meiner Nase.

 

Nun wünsche ich euch einen schönen Mittwoch und wenn ihr mit offenen Augen durch die Welt geht, werdet ihr ihre Schönheit erkennen.

 

Montag, 21. September 2020

Pinselchen ist krank

Wie ihr wisst bringe ich unter dem Motto - Ich lade 

gern mir Gäste ein - Geschichten von Freunden, die 

wunderbar schreiben aber keinen eigenen Blog haben











Pinselchen ist krank


Am Ende des Waldes auf einer Lichtung gab es einen 

kleinen Weiher, an dessen Rand man immer 

wieder  so einen großen grauen Vogel beobachten 

konnte.

Dieser stand vollkommen regungslos und Pinselchen

hatte sich schon einmal so erschrocken, als der 

Fischreiher, so nennen ihn die Zweibeiner, mit

bösem Blick den Schnabel blitzschnell ins Wasser 

tauchte und einen Fisch fing und den dann genüsslich

die Kehle herunter rutschen ließ.

 
Auch eine Biberburg gab es dort. Wieder so ein Tier, 

das die Zweibeiner nicht so gern haben, weil er kleine

Bäume fällen kann.

Er braucht sie für seinen Bau, den Staudamm und 

als Futter.

Ein lustiger Kerl mit komischen Schwanz, so ganz 

nackt und ohne Fell.

Pinselchen gefällt es , wenn rund um die Bäume 

nagt, bis sie umkippen – nicht ungefährlich, aber 

irgendwie lustig.


 
Als er wieder einmal beim Nagen und Bauen zusah, 

lud der ihn Biber in seine Unterwasserburg ein.

Pinselchen zögerte, denn er schwamm nicht so gern 

und fürchtete im Wasser keine Luft zu bekommen.

Doch der Biber zerstreute seine Bedenken und 

erklärte:
 
"Meine Burg liegt auf dem Trockenen und der 

Unterwasserzugang ist nur kurz.“
  
Pinselchen war ja ein neugieriges Kerlchen und so 

tapste er vorsichtig in das nicht zu tiefe Wasser und 

schwamm hinter dem Biber her.

 Und als dieser tauchte, tauchte auch er und kurze 

Zeit später waren sie im trockenem Bau.
 
"Im Wasser und doch trocken,“ staunte der kleine 

Luchs.
 
Das muss so sein, wegen den Feinden, die wir 

haben,“ erklärte sein neuer Freund.

Mutter Biber und ihre drei kleinen Kinder 

betrachteten scheu den ungewöhnlichen Gast.

Aber sie vertrauten ihrem Papa und kuschelten sich 

wieder eng aneinander und schliefen weiter.

Nach einigen sehr interessanten Stunden brachte 

der Biber Pinselchen zurück ans Ufer und wünschte 

ihm einen guten Heimweg.

Inzwischen hatte sich die Sonne hinter dicken 

schwarzen Wolken versteckt und es wehte ein kühler 

Wind.


Es war spät und Pinselchen hatte ein schlechtes Gewissen und so lief er ohne sein nasses Fell zu putzen schnell nach Hause

Endlich zuhause angekommen putzte er notdürftig 

sein Fell und schlüpfte schnell in den Bau.

Seine Geschwister und Eltern schliefen noch und 

hatten gar nicht bemerkt, dass er zu spät kam. 

 



Am nächsten Morgen fühlte ich Pinselchen ganz 

komisch und als seine Geschwister ihn aufforderten 

mit ihnen nach draußen zu laufen, wollte er nicht mit.

Dauernd gab er komische Geräusche von sich und 

man hörte sein lautes ‚Hatschi!‘ aus dem Bau.

Außerdem war ihm so kalt und er vergrub sich tief in 

seinen Schlafplatz aus Moos, Heu und Stroh.

Kurz darauf strampelte er sich wieder frei, weil ihm 

plötzlich so heiß war.

Appetit hatte er auch keinen, nur schrecklichen 

Durst.

Mutter Luchs war sehr besorgt und machte sich auf 

den Weg zu der weisen Eule.




Sie stellte sich vor den Baum und rief immer wieder.

Endlich tauchte der dicke Kopf der Eule aus der 

Baumhöhle auf und ihre runden Augen blickte alles 

andere als freundlich.

Schließlich war sie die ganze Nacht unterwegs 

gewesen und hatte ihren Schlaf verdient.

Doch als Mutter Luchs ihr Leid klagte, war sie sofort 

bereit zu helfen.

Obwohl noch müde folgte sie Frau Luchs und 

trippelte hinter ihr in den Bau. Besorgt blickt sie auf 

Pinselchen, der sich unruhig hin und her warf.

Sie winkte der Mutter Luchs ihr nach draußen zu 

folgen.
 
Eine sehr schwere Erkältung. Du musst 

Lindenblütenblätter sammeln, dann schickst du 

deinen Mann und die Kinder zur heißen Quelle um 

Wasser zu holen. Ein Gefäß findet ihr in der Nähe, 

habe gestern Nacht entdeckt, dass Menschen wieder 

ihren Abfall hier abgeladen haben.

Ruf jetzt die deinen, ich zeige ihnen den Weg.“

Bald sind Vater Luchs und die Kinder mit Frau Eule, 

zur heißen Quelle unterwegs. Während der Vogel 

voran fliegt, schieben die Luchse einen großen 

eisernen Topf vor sich her.




Mutter Luchs aber lief so schnell sie konnte zur 

großen Linde um Blätter zu sammeln, dabei sprang 

sie auf den Stamm und kletterte hinauf bis zu den 

ersten Ästen.

Dann warf sie die Blätter auf den Boden und sprang 

hinterher. Mit dem Maul trug sie die heilenden

Lindenblüten in den Bau.

Dort warteten bereits Vater Luchs und die Eule, die 

Kinder waren bei Gevatter Fuchs, damit sie sich 

nicht ansteckten.

Nachdem Mutter Luchs die Blätter ins heiße Wasser 

abgelegt hatte, erklärte die Eule ihr, dass sobald das 

Wasser etwas abkühlte, müsste Pinselchen davon 

trinken und zwar jede Stunde






Dann flog sie davon.

Pinselchen quengelte und wehrte sich, als die Eltern 

versuchten ihn zum Topf zu führen. 

Kurzentschlossen packte der Vater ihn am Nacken 

und stupste ihn mit der Nase voran in den Topf. 

Unwillkürlich fing Pinselchen zu schlabbern an und 

ließ sich dann wieder erschöpft auf sein Lager fallen.

Nun begann für die Eltern eine schwere Zeit. 

Während der Vater das Wasser von der heißen 

Quelle holt, besorgte die Mutter Lindenblätter.

 Endlich nach einigen Tage, wachte Pinselchen mit 

blitzblanken Äuglein auf und rief laut „Hunger!“.

 War das eine Freude für seine Eltern und auch seine 

Geschwister tollten mit ihrem Bruder draußen 

herum, als sie von Gevatter Fuchs zurück kamen.

© Roswitha










(c) Roswitha Borgfeldt






Sonntag, 20. September 2020

Einen schönen Sonntag







'Dies Solis' kommt aus dem lateinischen und bedeutet Tag der Sonne.
Im Jahre 321 erklärte Konstantin I. den  'dies solis' zum verpflichtenden Feiertag, auch für Christen und Mithrasanhänger.

" Alle Richter und Einwohner der Städte, auch die Arbeiter aller Künste sollen am ehrwürdigen Tag der Sonne ruhen."
Dringende landwirtschaftliche Arbeiten waren ausgenommen. 

Ich habe den Sonntag geliebt, denn dieser Tag war immer Famlientag. 
Mutti backte immer ihre berühmte Buttercremtorte und wir saßen um den Tisch, schmausten, lachten und erzählten.
An diesem Tag war die Welt immer in Ordnung.




Ganz besonders schön fand ich ich immer die Kirchenglocken.
 Ein Sonntag ohne Glockengeläut war für mich  einfach kein Sonntag.
Nun wünsche ich euch einen gemütlichen Sonntag, trotz aller Unkenrufe ringsum, genießt den Tag.







Schäfers Sonntagslied

Das ist der Tag des Herrn!
Ich bin allein auf weiter Flur;
Noch eine Morgenglocke nur!
Nun Stille nah und fern!


O süßes Grau'n, geheimes Weh'n!
Anbetend knie ich hier!
Als knieten viele ungeseh'n
Und beteten mit mir!


Der Himmel nah und fern,
Er ist so klar, so feierlich,
So ganz als wollt' er öffnen sich!
Das ist der Tag des Herrn!


Ludwig Uhland

(1787 - 1862), deutscher Lyriker und Germanist,
Mitglied des Paulsparlaments




Freitag, 18. September 2020

Auf Umwegen zum Glück

 

 
 
 
 
Auf Umwegen zum Glück



Charlotte schloss das Buch und legte die Lesebrille zur Seite. Ach, was war das wieder für eine herrliche Geschichte gewesen. Gedankenverloren sah sie aus dem Fenster. Es gefiel ihr, immer wenn eine Geschichte zu Ende war, diese noch weiterzuspinnen.
Das Mädchen, um das es in diesem Buch ging, hatte seine Eltern verloren und eine schlimme Zeit durchgemacht. Dann war sie aber bei einer Tante gelandet, die sich rührend um sie gekümmert hatte und irgendwann auch Zugang zu ihrem Inneren gefunden hatte. 
Charlotte lächelte, vielleicht gefiel ihr das Buch auch deshalb so gut, weil es Parallelen zu ihrem eigenen Leben aufwies. Auch sie hatte früh ihre Eltern verloren und wurde in der Verwandtschaft herumgereicht, weil niemand sie haben wollte. Bis sie zu Tante Agnes kam.
Damals hatte Charlotte das Vertrauen und die Hoffnung verloren. War sie doch gerade erst zehn Jahre alt, als die Eltern starben. Das tat so weh und sie hatte niemanden, der ihre Trauer ernst genommen hatte. Erst Tante Agnes hatte mir ihr darüber gesprochen, behutsam hatte sie sich vorgetastet und es hatte gar nicht lange gedauert, bis Charlotte erkannt hatte, dass Tante Agnes es gut mit ihr meinte. 
Und dann begann eine schöne Zeit für das Mädchen. Sie lächelte bei dem Gedanken an die kleine quirlige Person, die voller Energie war und mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg hielt und deshalb bei der Verwandtschaft nicht so beliebt war. 
Von Tante Agnes hatte Charlotte auch die Liebe zu den Büchern bekommen. Jeden Abend saßen sie gemütlich beisammen und lasen. Anschließend tauschten sie ihre Gedanken zu den Geschichten aus.  
Das waren die schönsten Stunden für Charlotte. Sie lernte nicht nur die Bücher zu lieben, sondern auch viele Lebensweisheiten, die Tante Agnes, ohne dass Charlotte es bemerkte, in die Seele des jungen Mädchens pflanzte.
Während ihrer Jahre als Lehrerin hatte Charlotte vieles davon an die Kinder weitergeben können. Jetzt war sie im Ruhestand und da sie nie geheiratet hatte, fühlte sie sich manchmal einsam. Gern hätte sie noch eine Aufgabe gehabt, bei der sie Kontakt zu anderen Menschen gehabt hätte.
Plötzlich war ihr, als höre sie die Stimme ihrer Tante.
Kind, du musst selbst dafür sorgen, dass du eine Aufgabe hast. Geh in die Schulen oder Altenheime. Schreib deine Geschichten auf und erzähl sie weiter!"
Verwirrt wischte sich Charlotte über die Augen. Fing sie nun an zu fantasieren und hörte gar Stimmen? 
Doch je länger sie nachdachte, umso mehr freundete sie sich mit dem Gedanken an. Ein bewegtes Leben lag hinter ihr und dies aufzuschreiben würde ihr nicht nur helfen die Vergangenheit zu bewältigen, sie könnte auch anderen damit helfen mit dem Wissen niemals aufzugeben, soviel Steine einem das Schicksal auch in den Weg legte. 
Kurzentschlossen öffnete sie ihren Laptop und dann rasten die Finger über die Tasten.
Gut zwei Stunden später verspürte sie Hunger und Durst. Mit hochroten Wangen ging sie in die Küche, schob sich eine Pizza in den Backofen, deckte den kleinen Küchentisch und schenkte sich ein Glas Rotwein ein.
Zur Feier des Tages, liebe Charlotte!", sagte sie zu sich selbst und lächelte. Wie gut hatte es getan, einmal aufzuschreiben, was ihr durch den Kopf ging.
Ihre Gedanken schweiften in die Vergangenheit. Es war kurz vor ihrem zehnten Geburtstag, als ihre Eltern bei einem Verkehrsunfall ums Leben kamen. Ein Betrunkener war   frontal in ihren Wagen gefahren. Beide waren auf der Stelle tot.
Mitten aus dem Unterricht wurde sie zur Direktorin gerufen. Eine nette Polizistin erwartete sie dort und begleitete sie auch nach Hause. Sie blieb bei ihr, bis die Schwester ihrer Mutter kam.
Wenige Tage später die Beerdigung und die vielen schwarz gekleideten Verwandten, von denen sie nur wenige kannte.
Sie schwatzten durcheinander, lärmten und lachten. Niemand kümmerte sich um das einsame Kind, das still in der Ecke saß und mit traurigen Augen das Treiben ringsum verfolgte.
Ein Satz hatte sich in Charlottes Gedächtnis eingeprägt. Onkel Alfons hatte ihn gesagt:
Was machen wir mit dem Balg?"
Ein Blag war sie also gewesen, eines, das niemand gebrauchen konnte. Das hatte weh getan und noch heute schmerzte der Gedanke daran.
Ich nehme sie mit!", hatte Onkel Alfons dann gesagt. „Sie kann auf dem Hof helfen, wenn sie nicht zwei linke Hände hat!"
Das war eine schlimme Zeit für das Mädchen, früh morgens raus und in den Stall, dann Frühstück machen für alle und dann schnell in die Schule.  Dort war sie schon so müde, dass sie dem Unterricht schlecht folgen konnte. Kaum hatte sie zu Mittag gegessen, musste sie schon aufs Feld. Abends fiel sie müde in das Bett in dem kleinen Kämmerchen oben unterm Dach. 
Als ihre Kräfte deutlich nachgelassen hatten, schickte der Onkel sie weiter. Nähe hatte sie nicht aufbauen können, also tat es ihr auch nicht weh. Schlimmer konnte es nicht werden. Nun kam sie also zu einer Schwester ihrer Mutter. Zunächst fühlte es sich so an, als würde nun ein neues Leben für sie beginnen, aber Tante Monika war nicht so freundlich, wie es auf den ersten Blick schien. Sie ließ Charlotte deutlich spüren, dass sie nur ein Klotz am Bein war, lästig und unerwünscht. Genommen hatte sie das Kind nur, weil Alfons sie unter Druck gesetzt hatte.
Nimm sie, du kriegst von mir jeden Monat etwas Geld zum Unterhalt dazu und ich sorge dafür, dass auch die bucklige Verwandtschaft sich beteiligt!" 
Charlotte wurde immer trauriger, sie fühlte, dass sie überall unerwünscht war und sie weinte sich oft in den Schlaf. 
Mama, Papa, nehmt mich doch zu euch, mich mag doch hier keiner haben. Bitte helft mir!", flüsterte sie am Abend voller Verzweiflung. Als hätten ihre Eltern sie gehört, klingelte es ein paar Tage später. Eine kleine, vergnügt lachende, ältere Frau stand vor der Tür.
Hallo, du bist bestimmt Charlotte, die Tochter meiner Nichte Angelika."
Monika kam aus der Küche, um nachzusehen, wer gekommen war.
Tante Agnes!" rief sie überrascht.
Schüchtern trat Charlotte einen Schritt zurück. Tante Monika mochte es nicht, wenn Kinder sich in den Vordergrund stellten. Das hatte sie oft genug gesagt in den letzten Tagen.
Komm doch erstmal herein!", bat Tante Monika ihre Tante.
Die reichte zuerst Charlotte die Hand.
Kind, du bist aber groß geworden!", sagte sie und strich dem Mädchen liebevoll über den Kopf.
Hast du eine Tasse Kaffee für mich, Monika?", fragte sie dann und schaute sich im Flur um. 
Ja, komm nur herein, und du …“, sie zeigte auf Charlotte, „koch Kaffee und deck den Tisch!"
Agnes runzelte die Stirn bei diesem unfreundlichen Ton und schenkte Charlotte ein liebevolles Lächeln. 
Monika aber wandte sich mit freundlichen Lächeln der Tante zu, schließlich war sie sowas wie eine Erbtante.
Was führt dich zu mir Tante Agnes?"
Diese winkt ab. „Lass uns erst Kaffee trinken."
Charlotte bemerkte die Anspannung zwischen den beiden Frauen. Sie verhielt sich still wie ein kleines Mäuschen, huschte lautlos in der Küche umher, kochte Kaffee und stellte Gebäck auf den Tisch. Tante Agnes bemerkte, dass das Kind nur für zwei Personen deckte.
Wo ist denn dein Gedeck, Kleine?", fragte sie und sah, dass Charlotte Tränen in die Augen stiegen.
Erwachsene sollten unter sich sein!", sagte Monika streng.
Nein, nein kommt gar nicht in Frage. Hol dir ein Gedeck, Charlotte, und setze dich zu uns. Da es dich betrifft kannst du auch gleich mithören."
Agnes wartete bis auch Charlotte saß, dann wandte sie sich an Monika.
Alfons hat mich angeschrieben, damit ich mich am Unterhalt von Charlotte beteilige. Ich weiß, dass Alfons das Mädchen nur aufgenommen hat, um eine billige Arbeitskraft zu haben. Als sie nicht mehr konnte, hat er sie an dich abgeschoben. Du aber hast das Mädchen auch nur zu dir genommen wegen des Zuschusses. Da du ja arbeitslos bist und auch bisher noch nicht versucht hast Arbeit zu finden, kam dir das sehr gelegen."
Monika fuhr empört auf, doch ihre Tante winkte nur ab.
Lass, ich kenne meine Pappenheimer. Darum will ich euch die Sorge um das Kind abnehmen. Ich werde Charlotte zu mir nehmen." 
Giftig fuhr ihr Monika ins Wort. „Da hat das Kind wohl auch ein Wörtchen mitzureden! Charlotte, sag Tante Agnes sofort, dass du es gut hast bei mir!"
Schüchtern schlug Charlotte die Augen nieder. Nein, sie hatte es nicht gut. Sie bekam zu essen und zu trinken, aber das war auch schon alles. Niemanden zum Reden hatte sie und wenn sie es doch einmal versucht hatte, Tante Monika ihr Herz auszuschütten, so hatte diese nur gesagt:
Jammer nicht, davon wird es auch nicht besser!"
Was aber war, wenn Tante Agnes gar nicht so freundlich war, wie es jetzt schien? Würde sie vom Regen in die Traufe kommen? 
Vorsichtig musterte sie die Tante und sah in die freundlichen Augen und sie fühlte, für diese liebe alte Dame würde sie kein Klotz am Bein sein. 
Mit einem Blick auf Tante Monika, flüsterte sie:
Tante Agnes ich würde gerne mit dir mitkommen."
Das hat man nun von seiner Gutmütigkeit", kreischte Monika und warf Charlotte einen bitterbösen Blick zu.
Tante Agnes ignorierte die Nichte.
Charlotte, pack ein, was dir gehört, wir können sofort aufbrechen! Monika, ruf mir ein Taxi, wir fahren mit dem Zug nach Hause!" Sie öffnete ihre Handtasche und legte einen Geldschein auf den Tisch.
Hier, das ist für dich zum Trost, dass die monatlichen Zuwendungen nun ausbleiben. Und keine Sorge, ich will keinen Pfennig von euch haben. Ihr seid... ihr seid... ach egal. Nicht einmal ein Schimpfwort lasse ich für dich da!" 
So kam Charlotte zu Tante Agnes und nie musste sie dieses bereuen. Sie hatte nach dem Tod der Eltern Liebe und eine Heimat gefunden. 


Charlotte lächelte bei dem Gedanken an Tante Agnes. Sie hob ihr Weinglas erneut und prostete der Tante zu: "Wo auch immer du jetzt bist, liebe Tante, ich danke dir von Herzen, dass du für mich da warst!"
Morgen würde sie weiterschreiben, ganz so, wie Tante Agnes es sich wohl wünschte, aber es würden fröhliche Geschichten werden, so fröhlich, wie das Leben mit ihr.

© Regina Meier zu Verl & Lore Platz