Montag, 15. Februar 2021

Wenn ein Traum zerplatzt

Reizwörter: Karneval, Clown, schminken, nachdenklich, traurig

Martina wird nach dieser Geschichte, eine  Pause machen, doch Regina und ich schreiben weiter.

 


Wenn ein Traum zerplatzt

 

Der junge Mann saß vor dem Spiegel in seinem Wohnwagen und nachdenklich schweiften seine Gedanken in die Vergangenheit. 

Vor fünf Jahren hatte er nach einem fürchterlichen Streit mit seinem Vater das Elternhaus verlassen. Juniorpartner sollte er werden, doch er wollte Künstler werden und mit seiner Violine die Menschen verzaubern.  Also hatte er seine Taschen gepackt und mit dem Geigenkasten in der Hand wütend das Haus verlassen. Zuerst ging er zu seiner Freundin Elena, um sich zu verabschieden. Er versprach, sobald er ein großer Künstler war, wieder zu kommen.

Nie würde er ihren traurigen Blick vergessen. 

Doch er war so froh, seinem strengen Vater entkommen und auch so naiv zu glauben, die Welt würde nur auf ihn warten. Zuerst ging er zu einer Künstleragentur, die vermittelte ihn an Bars, Restaurants und ab und zu an eine Familienfeier. Der Verdienst war zwar gering, doch er hatte ja sein gut gefülltes Sparbuch dabei und konnte sich ein gemütliches warmes Zimmer leisten. 

Doch wenn man nur Ausgaben und wenig Einkommen hat, dann wird auch ein gut gefülltes Sparbuch leer. Er verlor sein Zimmer, landete auf der Straße und hielt sich mit seiner Musik über Wasser. Oft dachte er bitter wie sehr sein Vater triumphieren würde, wenn er ihn so sehen könnte.

Eines Tages mitten im Winter spielte er wieder, seine klammen Finger konnten den Bogen kaum halten. Niemand blieb stehen und die Blechbüchse blieb leer. Nur ein einfach gekleideter älterer Herr stand in der Nähe und lauschte. Nur für ihn legte er all seine Gefühle und seine Traurigkeit in das Spiel.

Als er seine Geige in dem Kasten verstaute und seinen Rucksack schulterte, kam der Mann näher. "Wann haben sie zum letzten Mal was gegessen?" Er hatte nur die Schultern gezuckt und daraufhin hat ihn dieser zu einem warmen Essen eingeladen.

Als sie später dann in einem gemütlichen Lokal saßen, stellte sich der freundliche Herr als Anton Wanicke vor,  Direktor eines kleinen Zirkus. Anton schlug ihm vor, mit ihm zusammen als Clown aufzutreten, auch  könnten sie sein Geigenspiel  in die Nummer mit einbauen. Es war nicht die große Weltbühne, aber er könnte doch einige Menschen glücklich machen, besonders die Kinder. Seit drei Jahren reiste er nun mit dem Zirkus.

"Richard, mein Junge, du bist ja noch gar nicht geschminkt,"

"Ich war in Gedanken," der junge Mann lächelte entschuldigend. Anton legte ihm die Hand auf die Schulter. "Wir sind wieder in deiner Heimatstadt, willst du dich denn nicht endlich mit deinem Vater versöhnen?" "Damit er über mich triumphieren kann, weil ich versagt habe!" "Richard, Stolz ist eine gute Sache, aber zuviel Stolz kann man eines Tages bereuen und dann ist es vielleicht zu spät. Aber nun komm die Kinder warten."

Als sie beide in die Arena liefen und ihre Späße machten lachten die Kinder. Ganz besonders  ein kleiner Junge in der ersten Reihe fiel ihm auf, der ganz begeistert auf und ab hüpfte. Eine Frau beugte sich zu ihm hinunter und Richard erschrak. Es war Elena, sie hatte also geheiratet und einen Sohn. Er konnte es ihr nicht verdenken, nachdem er sich fast vier Jahre nicht mehr bei ihr gemeldet hatte. Traurig dachte er daran, was er alles verloren hatte, als er einem unereichbaren Traum nachjagte. Niemand merkte, wie ihm zumute war, als er fröhlich seine Scherze weiter trieb. Und als er am Ende seine Geige zum klingen brachte, spielte er nur für die Beiden in der ersten Reihe.

 Als er gerade das Clownskostüm an den Haken hängte, klopfte es an der Tür.

"Komm herein Anton," doch als er sich umdrehte, stand Elena mit dem Jungen an der Hand vor ihm. Stumm sahen sie sich an. Der kleine Junge aber hatte das Kostüm entdeckt und jubelte. Mit schief geneigtem Kopf stellte er sich vor Richard und fragte. "Bist du der Clown? Du warst so lustig und hast soooo schön Geige gespielt. Spielst du mir was vor?"

"Später."sagte die Mutter. Verlegen sah Richard seine ehemalige Freundin an. "Wie hast du mich erkannt?" Elena lächelte und ihm wurde ganz warm ums Herz. "An deinem Geigenspiel. Ich muss mit dir sprechen." "Entschuldige bitte meine Unhöflichkeit, bitte setz dich"

Und was ihm Elena nun erzählte machte ihn traurig und glücklich zugleich. Als er sich vor fünf Jahren von ihr verabschiedete, hatte sie gerade das Testergebnis ihrer Schwangerschaft bekommen, doch sie sagte ihm nichts, denn sie wollte kein Klotz an seinem Bein sein. Auch als er immer wieder mal anrief verschwieg sie ihm ihren Zustand. Naja und dann blieben die Anrufe aus und sie dachte, dass sie das richtige getan hatte.

EineWeile war es still, nur das Geplapper des Jungen war zu hören, der inzwischen die rote Perücke entdeckt hatte. Dann hob Richardt den Kopf und fragte leise; "wollt ihr mich den noch haben?" Als Elena lächelnd nickte, küsste er sie stürmisch.

"He, warum küsst du meine Mama?" Richard betrachtete lächelnd den Dreikäsehoch, der breitbeinig vor ihnen stand. "Weil ich sie ganz doll lieb habe, so wie dich auch." Dann sprang er auf und wirbelte den kichernden Jungen durch die Luft. 

Später stellte Richard, Elena und seinen Sohn, Anton und seiner Familie vor. Es wurde beschlossen, wenn derZirkus die Stadt verließ, würde Richard nicht mitgehen.

Elena überredete auch Richard sich mit seinem Vater zu versöhnen. Als die beiden Männer sich nach so langer Zeit gegenüber standen, hatten sie Tränen in den Augen und umarmten sich stumm.

Nach einer stillen Hochzeit, bei der Anton ihr Trauzeuge war, siedelte die kleine Familie in die Villa über. Richard wurde Juniorchef, doch abends ließ er die Geige für seine  Familie erklingen.

Nach einigen Jahren übergab sein Vater die Firma an Richard, denn er hatte eine viel schönere Aufgabe: Opa für die ständig wachsende Schar seiner Enkel.

In die Rolle des Clowns schlüpfte Richard nur noch im Karneval  für seine Kinder und deren Freunde.

Obwohl er nie den Weltruhm erlangt hatte, hatte Richard doch nie bereut, es wenigstens versucht zu haben, denn die harten Jahre hatte ihn zu einem reiferen. besseren und stärkeren  Menschen gemacht.


(c) Lore Platz  13.02.2021


Sicher wollt ihr wissen welche Geschichten Regina und Martina geschrieben haben.


 

Montag, 8. Februar 2021

Katrin und der doofe Vitus

 


 

Kathrin sitzt in ihrem Zimmer auf dem Boden und betrachtet den Turm, den sie gerade gebaut hat. Zornig gibt sie ihm einen Stoß und die Steine fallen ineinander. Seit einigen Tagen schon kann sie nicht mehr in den Kindergarten und ihr Freundinnen Uli und Susi, darf sie auch nicht mehr treffen und das alles wegen dem doofen Vitus.

Die Tür öffnet sich und Wuschel springt fröhlich bellend um Kathrin herum. Das Mädchen gibt ihm einen Stups und der Hund setzt sich  und sieht sie mit traurigen Hundeaugen an. Er versteht gar nicht, warum seine kleine Freundin  so garstig zu ihm ist.

Frau Baumann kommt lächelnd ins Zimmer mit der Hundeleine in der Hand und Wuschel springt begeistert hechelnd an ihr hoch.

Kathrin aber zieht eine Schnute und verschränkt trotzig die Arme.

"Willst du nicht mitkommen, sieh mal wie Wuschel sich freut, " schmeichelt die Mutter.

Das Mädchen schüttelt heftig den Kopf.

"Immer nur um den See und durch den Wald ist doch langweilig. Außerdem will ich diese hässliche Maske nicht tragen!"

Kathrin funkelt ihre Mutter wütend an; "und das alles nur wegen dem doofen, doofen Vitus!

Die Mutter lächelt. Ihre Tochter konnte das "r" noch  nicht richtig aussprechen. "Liebes ich habe dir doch erklärt, dass der gefährliche Virus draußen durch die Luft fliegt und deshalb müssen wir uns schützen. Und für alte Menschen ist er besonders gefährlich , du willst doch nicht, dass deine Oma krank wird."

In diesem Moment kommt Oma Brigitte ins Zimmer. Kathrin eilt auf sie zu, umarmt sie stürmisch und ruft: " Omi ich hab dich so lieb und will nicht, dass der doofe Vitus dich krank macht, deshalb will ich auch die hässliche Maske tragen."

Frau Trapp wechselt einen lächelnden Blick mit ihrer Tochter. Dann zeigt sie ihre Hand, die sie bisher hinter dem Rücken verborgen hat. "Vielleicht gefällt dir ja diese Maske, die ich für dich genäht habe, besser?"

Kathrin hüpft vor Freude auf und ab. "Da ist ja Arielle drauf, komm Mama wir wollen mit Wuschel Gassi gehen, dann kann ich gleich meine schöne neue Maske tragen!"

Die Oma aber lächelt geheimnisvoll, "Wenn ihr von eurem Spaziergang zurück kommt, habe ich noch eine Überraschung für dich."

Kaum sind sie zurück, rennt Kathrin, gefolgt von Wuschel in Omas Zimmer. "Wo ist die Überraschung!!" "Nun zieh zuerst deine Jacke und deine Mütze aus und im Haus kannst du auch die Maske abnehmen," schmunzelt die Oma. Sie hilft ihr und führt sie dann zu ihrem Schreibtisch, öffnet den Laptop, drückt ein paar Knöpfe und auf einmal  erscheinen Uli und Susi und winken lachend mit beiden Händen. "Hallo Kathrin, deine Oma hat unsere Eltern angerufen und nun können wir uns jeden Tag am Nachmittag treffen." Ja, aber erst ab 16 Uhr, weil meine Mama ... Mama wie heißt das Wort? " "Homeoffice!" tönt es aus dem Hintergrund. "  " Ja, und mein Bruder braucht den Laptop für die Schule," mischt Susi sich ein. " Ja," ruft Uli, aber dann dürfen wir drei uns treffen und quatschen, spielen, basteln oder mit unseren Puppen eine Teeparty feiern."

Oma Brigitte aber hat sich still lächelnd in ihren Sessel gesetzt, damit sie einspringen kann, wenn ihre Enkelin mit dem Laptop nicht zurecht kommt.

Als Kathrin am Abend an ihren Teddy gekuschelt im Bett liegt, findet sie den Vitus immer noch doof, aber sie freut sich, dass sie sich jetzt jeden Tag mit ihren Freunden treffen konnte, wenn auch nur über Video.


© Lore Platz 8.02.2021

Freitag, 5. Februar 2021

Die Eule - ein Gedicht

 


Unter dem Motto : 

Ich lade gern mir Gäste ein

stelle ich ab und zu von Freunden. die wunderschön schreiben oder dichten können und keinen eigenen Blog haben, ihre Werke hier bei mir ein, damit auch ihr euch daran erfreuen könnt.

Mit diesem Gedicht einer langjährigen, lieben Internetfreundin wünsche ich euch ein schönes Wochenende.

 

 


 

Eine Eule sitzt auf einem Ast,
und denkt sich, ist oft alles ne ganz schöne Last.
Bei Wind und Wetter sitze ich hier,
und habe kein anderes Quartier.

Aus Holz bin ich geschnitzt,
nein, das ist kein Witz.
Man setzte mich hier her in den Wald,
dabei ist es gerade so bitter kalt.

Etwas Moos bedeckt meinen Körper,
ach wäre es doch schon ganz viel später.
Ja, im Sommer, da ist es schön, 

weil ganz viele Leute hier spazieren gehen,

Die schauen zu mir hoch und sind ganz doll erstaunt,
denn das es mich gibt, hätten sie nicht geglaubt.
So mancher Hund bellt und knurrt mich an,
ärgert sich, weil er mich nicht erreichen kann.

Ja, so hoch im Baum zu sitzen hat schon was,
macht auch oft richtig Spaß!
So sitze ich hier weiter Jahr für Jahr,
zu jeder Jahreszeit, ist doch klar.

So schaue ich weiter alles von oben an,
so das man mich weiter von unten bewundern kann! 

 

(c) Irmgard Brüggemann 

 

Dienstag, 2. Februar 2021

Plauderecke wenn Kinder das Elternhaus verlassen

 


Hält man sein Kind zum ersten Mal im Arm, ist das Herz erfüllt voll Liebe und man möchte es vor allen Widrigkeiten der Welt beschützen. Die ersten Jahre gelingt es vielleicht. doch spätestens wenn es in die Schule geht, wird es womöglich gemobbt. Auch vor Todesfällen in der Familie kann man es nicht bewahren. Doch man kann seinem Kind bei all den Problemen hilfreich zur Seite stehen und ihm beibringen wie man mit Konflikten umgeht und auch sein Selbstbewusstsein stärken.

Der schlimmste Tag einer Mutter ist der, wenn das Kind zum ersten Mal seine Flügel ausbreiten  und die Welt erkunden möchte.

Als meine Tochter mitten unter der Ausbildung in eine WG in Berlin ziehen wollte, war ich schockiert. Sie schrieb damals Geschichten und ließ diese im Internet herumgehen, da wurde sie von einem jungen Mann angeschrieben, der einen eigenen Radiosender hatte. Er wollte ihre Geschichten in dort vorlesen.

Als gute Mutter kümmerte ich mich natürlich darum, dass sie ihre Ausbildung in Berlin beenden konnte, obwohl mir das Herz schwer war. Die einzige Bedingung bevor sie umzog, ich wollte den jungen Mann erst kennenlernen.

Heute lebt sie nun schon seit achtzehn Jahren in Berlin, hat ihr Examen als Erzieherin mit Note 1 gemacht und ist immer noch in dem gleichen Kindergarten, in dem sie ihr Praktikum machte. Hat einen sehr netten Freund, eine hübsche Wohnung und ihre Mutter nicht vergessen.

Es ist das größte Geschenk, wenn man sieht, dass aus seinen Kindern ordentliche, ehrliche Menschen wurden.


 


 

Wenn dein Kind klein ist; gib ihm Wurzeln
Wenn dein Kind groß ist; dann gib ihm Flügel 

Es ist nicht immer leicht für uns Mütter unseren Kindern Flügel zu geben, aber wir tun es, da wir unsere Kinder lieben.
Dazu eine alte Geschichte von mir, die noch nicht alle Leser hier kennen.
Viel Spaß beim Lesen!


Gibt es ein Leben nach den Kindern?

Bärbel steht an der Tür und winkt dem Auto nach.
Nun hat auch ihr Nesthäkchen das heimatliche Nest verlassen.
Frank bringt sie gerade nach München zum Bahnhof und von dort fährt sie dann nach Berlin, wo sie ihre Ausbildung beenden will.
Durch einen Glücksfall hat sie ein Zimmer in einer WG bekommen.
Seufzend wendet sich die Frau um und geht ins Haus, das jetzt so merkwürdig still und verlassen wirkt.
Und nun kommen die Tränen, die sie bisher so tapfer unterdrückt hat.
Tag an Tag reiht sich aneinander und Bärbel weiß oft nichts mit sich anzufangen. Als sie wieder einmal zum dritten Mal über die frisch polierte Spüle fährt, lässt sie sich ermattet auf einen Stuhl fallen.
Die Stille erdrückt sie.
Wie sehr vermisst sie doch den Lärm, die Fröhlichkeit und selbst das Chaos, das ihre Kinder immer hinterlassen hatten bevor sie das Haus verließen, um dann in einigen Stunden wieder zu kommen, hungrig und voll von ihren Erlebnissen.
Schluss mit dem sinnlosen Putzen.
Sie musste raus hier.
Kurzentschlossen greift sie ihren Korb, wirft Schlüssel und Geldbörse hinein und verlässt das Haus.
Auf dem Wochenmarkt sind um diese Zeit nur Hausfrauen zu treffen.
Bärbel schlendert zum Stand von Erna Waldinger, bei der sie seit Jahren immer einkauft.
Die alte Frau begrüßt sie mit einem Lächeln und packt das gewünschte Gemüse in ihren Korb.
Als sie ihr das Wechselgeld zurückgibt meint sie schmunzelnd.
Ihre Einkäufe werden immer weniger.“
Bärbel nickt.
Nun hat auch unser Nesthäkchen das Nest verlassen und mein Mann und ich sind alleine.“
So ist es im Leben, die Kinder werden flügge.
Ich habe ihr drei ja aufwachsen sehen. Es sind prima Kinder und sie müssen sich keine Sorgen machen, die werden sich in der Welt behaupten.“
Aber sie fehlen mir und zuhause ist es so entsetzlich still!“
Das ist der Lauf der Welt, daran kann man nichts ändern, aber es ist doch auch eine Chance und sie könnten etwas für sich tun.“
Vielleicht, auf Wiedersehen.“
Mit müden Schritten schlendert sie weiter.
Bärbel, Bärbel!“
Bärbel sieht sich um und entdeckt vor dem
Cafe Bergmeister ihre ehemalige Schulfreundin Adelheid.
Mensch Heidi, seit wann bist du denn wieder hier.“
Noch nicht lange, aber setze dich doch. Wie geht es dir denn ?“
Bärbel schüttet der Freundin ihr Herz aus.
Ich habe ja keine Familie, da mein Beruf mich immer zu sehr in Anspruch genommen hat, aber manchmal sind solche Veränderungen auch eine Chance.“
Das habe ich heute schon einmal gehört,“ murmelt ihre Freundin.
Ich stehe auch gerade vor einer Veränderung.“
Gefällt es dir denn nicht mehr in Hamburg?“
Und wie, aber mein Vater hatte einen Herzinfarkt.“
Ich habe davon gehört, wie geht es ihm denn?“
Besser und wenn er nicht mehr so viel arbeitet kann er noch lange leben. Er möchte, dass ich seinen Verlag übernehme.“
Adelheids Vater gehörte ein kleiner Zeitungsverlag, der täglich die regionale Zeitung herausbrachte.
Möchtest du?“
Adelheid nickt zögernd.
Wie du weißt hat mein Urgroßvater den Verlag gegründet und nun liegt es wohl an mir ihn weiter zu führen.“
Du willst dich also wieder in den Staub unseres Provinznestes begeben,“ grinst Bärbel.
Die beiden Frauen prusten los.
Als Adelheid nach ihrem Examen das Angebot einer großen Hamburger Zeitung bekommen hatte, führte sie einen Freudentanz auf und jubelte:
Nun kann ich endlich und für immer den Staub dieses Provinznestes von den Schuhen schütteln!“
Als sich beide wieder beruhigt haben, gesteht Adelheid etwas verlegen:
Naja auch hier hat sich in den letzten Jahren viel verändert und außerdem möchte ich etwas frischen Wind in unseren Verlag bringen.
Neben der Regionalzeitung möchte ich auch über das Weltgeschehen berichten, die Landwirtschaftszeitung neu gestalten und etwas über die ländliche Küche und auch die Ausflugsziele hier berichten. Und ich habe eine Zeitung für die ganze Familie geplant.
Da wird es etwas für die Väter, die Mütter und auch die Kinder geben.“
Sie runzelt die Stirn und betrachtet Bärbel nachdenklich.
Malst du eigentlich noch diese reizenden kleinen Bilder und denkst dir dazu Geschichten aus, wie du es in unserer Kindheit immer getan hast?“
Schon lange nicht mehr, als die Kinder noch klein waren habe ich ihnen immer kleine ausgedachte Gutenachtgeschichten erzählt und manchmal auch Bilder für sie gezeichnet.“
Hast du keine Lust für meine neue Familienzeitung eine Kindergeschichte zu schreiben und Bilder dazu zu zeichnen? Am besten eine Fortsetzungsgeschichte, das erhöht die Auflagen, denn die Kleinen werden solange betteln, bis die Eltern die nächste Zeitung kaufen, damit sie die Fortsetzung lesen können. Was meinst du? Entschuldige!“
Adelheids Handy klingelt.
Während ihre Freundin telefoniert überlegt Bärbel und mehr und mehr gefällt ihr der Gedanke.
Adelheid klappt das Handy zu und springt auf.
Tut mir leid, ich muss los!“
Sie kramt in ihrer Tasche und reicht Bärbel eine Visitenkarte.
Lass es dir durch den Kopf gehen und rufe mich an. Ich würde mich freuen.“
Auch Bärbel macht sich auf den Weg nach Hause.
In dem kleinen Schreibwarengeschäft an der Ecke kauft sie sich einen Block und Stifte.
Zu Hause stellt sie den Einkaufskorb achtlos in der Küche ab und läuft hinaus in der Garten.
Sie setzt sich auf die Bank und legt Block und Stifte auf den Tisch vor sich.
Die Sonne scheint warm auf sie herunter und dringt bis in ihr Herz.
Weiße Schäfchenwolken zieren den hellblauen Himmel und
Bienen um schwirren summend die duftenden Blüten.
Eine Amsel singt auf dem Birnbaum voll Inbrunst ein Lied und ein Schmetterling tanzt taumelnd vor übermütiger Freude dazu.
Plötzlich erwacht der Garten zum Leben.
Der Schmetterling verwandelt sich in eine kleine Elfe, die sich auf einer Tulpe niederlässt und vergnügt mit den Beinen baumelt.
Die Bienen haben auf einmal kleine goldene Eimerchen, in die sie fleißig den gesammelten Nektar geben.
Der Amselmann aber trägt einen Smoking und eine weiße Fliege, hält zwischen den Flügeln einen bunten Blumenstrauß und singt für seine Angebetete ein Liebeslied.
Diese sitzt einige Äste weiter in einem einfachen braunen Hauskleid und lauscht verzückt dem voll tönenden Bariton.
Ein Zwerg mit griesgrämigem Gesicht, steckt seinen Kopf aus dem Brombeergebüsch und brüllt:
Ruhe, ich möchte schlafen!“
Bärbels Stift fährt über das Blatt und immer mehr liebliche, skurrile und fröhliche Gestalten entstehen.
Und dazu spinnt und zaubert sie im Kopf eine wundersame Geschichte, die sie später dann aufschreiben wird.
Blatt um Blatt füllt sich und Bärbel vergisst gänzlich die Zeit und erschrickt, als ihr Mann plötzlich neben ihr steht und sie begrüßt.
Schuldbewusst sieht sie auf die Uhr.
Ich habe vergessen zu kochen.“
Frank grinst.
Den Einkaufskorb habe ich in der Küche gesehen, aber was zeichnest du denn da?“
Er setzt sich neben sie und während er sich staunend Blatt für Blatt betrachtet, erzählt ihm Bärbel von Adelheids Vorschlag.
Frank aber freut sich denn er hat sich schon Sorgen um seine Frau gemacht.
Doch nun sind die Schatten verschwunden und es leuchtet wieder die alte Energie und Lebensfreude aus den Augen seiner Bärbel.

© Lore Platz