Freitag, 25. August 2023

Cornelia ist anders

Ich hoffe ihr habt den gestrigen Sonnentag genossen. 
Nun hat der Frühling wirklich endgültig das Zepter übernommen und wenn es auch bald wieder regnet, sollten wir nicht traurig sein, die Natur braucht das Wasser.
Nun wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen!


 
(c) meine Tochter




Cornelia ist anders


Benommen richtete sie sich auf und sah sich um.
Wo war sie hier?
Sie fröstelte und ein unheimliches Gefühl beschlich sie. Waren das dort hinten Gräber, war sie etwa auf einem Friedhof?
Dunkel konnte sie sich an ein Fest erinnern, lachen und trinken, doch dann hatte sie einen Filmriss.
Durch den dichten Nebel kam eine schwarz gekleidete Gestalt auf sie zu.
Schemenhaft tauchten Erinnerungen auf. Er hatte sie zu einem Tango aufgefordert und sie elegant und doch feurig durch die Schritte geführt.
Sie war vollkommen hingerissen von ihm gewesen. Er war irgendwie faszinierend.
Nun blieb er vor ihr stehen.
Ein teuflisches Lächeln spielte um seine Lippen. Dann öffnet er den Mund und zwei spitze lange Zähne wurden sichtbar.
Sie fing gellend an zu schreien!“



Bianca!“
Enttäuscht legte die Vierzehnjährige das Buch hin.
Ich komme!“
Ihre Mutter stand in der Küche und knetete einen Teig, der Tisch brach fast zusammen unter dem Chaos.
Die Oma schälte, ungerührt von dem Ganzen, Äpfel.
Frau Bauer strich sich eine Strähne zurück und hinterließ eine Mehlspur auf der Stirn.
Bianca du solltest doch Petra vom Kindergarten abholen, hast du wieder die Zeit vergessen beim Lesen.“
Das Mädchen errötete und sah schuldbewusst zur Uhr.
Bin schon weg!“
Im Laufschritt lief sie zum Kindergarten, der zum Glück nur zwei Straßen weiter lag.
Gerade rechtzeitig kam sie etwas atemlos an. Die Kinder verließen gerade lärmend das Gebäude, Petra mitten unter ihnen.
Als sie ihre große Schwester entdeckte winkte sie ihren Freundinnen zu und lief zu Bianca.
Wie viele hast du denn zu deinem Geburtstag eingeladen?“
Oh nur Elfie, Gretel, Paula, Babsi, Tom, Andreas und Karin!“
Das geht ja noch,“ grinste Bianca.
Der Hof hatte sich inzwischen geleert, nur ein kleines Mädchen stand noch da und sah irgendwie verloren aus.
An ihrem rechten Bein trug sie eine Schiene.
Kennst du sie?“
Ja, sie heißt Cornelia Larson und ist noch nicht lange hier. Sie wohnt mit ihrer Oma in dem Haus von der alten Berta, die letztes Jahr gestorben ist.“
Das ist ja nicht weit von uns, komm wir fragen sie, ob wir sie mitnehmen sollen.“
Cornelia hob nicht den Kopf, als Bianca sie fragte und meint nur zögernd; ihre Oma würde sie abholen.
Da kam die alte Frau auch schon etwas außer Atem in den Hof.
Tut mit leid Nelly, ich habe Kekse gebacken und musste noch auf das letzte Blech warten, um es aus dem Ofen zu holen.“
Sie sah Bianca und Petra freundlich an. „Danke, dass ihr mit Cornelia gewartet habt.“
Ja, wir wollten sie gerade mitnehmen, da ihr ja in unsere
Nähe wohnt,“ erklärte Bianca.
Die alte Frau sah sie nun genauer an, dann lächelte sie.
Ihr seid die Bauer-Kinder und wohnt in dem schönen großen Haus schräg gegenüber.“
Cornelia hob den Kopf und warf ein: „ mit dem schönen großen Hund!“


    (c)Roswitha und Werner B.

Ja, das ist Sedy, ein richtiger Clown, doch sehr lieb, kommt wir wollen gehen,“ meinte Petra, nahm Cornelia bei der Hand und ging mit ihr dem Ausgang zu.
Es war rührend zu sehen wie Petra sich den langsamen Schritten des anderen Mädchens anpasste.
Als sie das kleine Häuschen der Larsons erreicht hatten, bat die Oma sie ins Haus, um die frisch gebackenen Kekse zu probieren.
Während Petra mit Cornelia schon im Haus verschwand, lief Bianca schnell hinüber, um der Mutter zu sagen wo sie waren.
Später als sie dann mit Frau Larson bei einer Tasse Tee und Keksen zusammen saß, erfuhr sie die ganze traurige Geschichte.
Petra und Nelly spielten in deren Zimmer, reichlich mit einem Teller voller Kekse versehen.
Mit Tränen in den Augen erzählte Frau Larson von dem großen Unglück, dass ihre Familie getroffen hatte.
Bei einem unverschuldetem Unfall kamen ihr Sohn und seine Frau vor zwei Jahren ums Leben. Cornelia überlebte schwer verletzt, doch ihr rechtes Bein war total zerschmettert. Über ein Jahr lag sie in der Klinik und musste immer wieder operiert werden.
Dann starb ihre Kusine Berta und hinterließ ihnen ihr kleines Haus. Und sie zogen hierher.
Inzwischen hatte sie auch eine nette Therapeutin für Nelly gefunden, die ihr über das erlebte Trauma hinweg helfen sollte.
Die Therapeutin war es auch, die vorgeschlagen hatte, das Kind in den Kindergarten zu bringen.
Finanziell waren sie gut versorgt, da die Versicherung des
Unfallverursachers eine große Summe als Schmerzensgeld an Nelly zahlen musste und außerdem noch eine lebenslange Rente.
Die Kinder kamen in die Küche.
Bianca , ich habe Nelly zu meinem Geburtstag morgen eingeladen.“
Das ist eine gute Idee, kommen sie morgen doch beide, das Fest beginnt um 14 Uhr.“
Gerne, aber was wird eure Mutter dazu sagen.“
Bianca lachte.
Das kann ich ihnen gleich sagen. Sie wird nur antworten, das Haus bricht sowieso auseinander bei dem Ansturm, da kommt es auf zwei Personen auch nicht mehr an.“
Petra grinste.
Wir haben so viele Tanten, Onkel, Vettern und Basen , die kommen morgen alle zu meinem Geburtstag, außerdem habe ich auch noch Elfie, Gretel, Paula, Babsi, Karin, Tom und Andreas eingeladen,“ wendete sie sich an Nelly. „Du kennst sie aus dem Kindergarten.“
Als Bianca später ihrer Mutter dann von den neuen Gästen erzählte, winkte diese nur ab. Zwei Gäste mehr war kein Problem.
Als Petra dann im Bett lag, setzte sich Bianca zu ihren Eltern und der Oma ins Wohnzimmer und erzählte ihnen von dem traurigen Schicksal von Cornelia.
Allen tat das Mädchen leid.
Da müssen wir eben mehr Spiele machen, die im Sitzen stattfinden, damit sie mitmachen kann.“ meinte die Oma.
Ich werde mir einige ausdenken,“ versprach Bianca.
Und bei den Spielen, die draußen stattfinden, kann sie sich zu den Zuschauern setzen. Wir werden schon dafür sorgen, dass sie sich nicht ausgeschlossen fühlt,“ versprach die Mutter.
(c) Irmgard Brüggemann

Und der Vater erklärte in resigniertem Ton.
Und ich werde mich wieder opfern und den Clown spielen
und beim Sack hüpfen auf die Nase fallen.“
Fröhliches Gelächter erfüllte das Wohnzimmer.

Pünktlich um 14Uhr kamen Frau Larson und Cornelia.
Das Mädchen war total eingeschüchtert von all den vielen Menschen, die lachend und schwatzend im Garten waren, die langen Biertische deckten und zwischen Haus und Garten eilig hin und her liefen.
Nelly schmiegte sich Schutz suchend an ihre Oma.Sedy kam zu ihr und leckte ihr die Hand, als spürte er ihre Unsicherheit. 
Lächelnd streichelte sie den Hund.
Petra kam herüber und fasste Nelly resolut an der Hand.
Komm mit zu den anderen.“
Für die Kinder war unter einem Pavillon, der mit Luftballons geschmückt war, ein großer runder Tisch gedeckt.
Nelly wurde herzlich begrüßt und da Sedy nicht von ihrer Seite wich, verlor sie auch ein wenig ihre Scheu.
Keines der Kinder machte eine Bemerkung über das lahme Bein von Nelly und hatten auch bald vergessen, dass sie eigentlich „anders“ war.
Später spielten sie einige Spiele am Tisch unter der Aufsicht von Bianca.
Nelly machte eifrig mit und ab und zu lachte sie sogar hellauf.
Ihre Oma, die das Kind nicht aus den Augen gelassen hatte, rührte dieses Lachen zu Tränen.
Wie lange hatte sie das Kind nicht mehr lachen gehört.
Frau Bauer trat neben sie.
Es tut Nelly gut hier unter den Kindern zu sein.“
Frau Larson nickte. „Danke, dass sie uns eingeladen haben.“
Sie sollten öfter zu uns kommen. Sehen sie die meisten der Kinder sind meine Neffen und Nichten. Ich stamme aus
einer großen Familie und alle wohnen in der Nähe. Bei uns ist immer etwas los.“
Nelly und ich sind noch das Einzige, was von unserer
Familie übrig ist,“ murmelte Frau Larson traurig.
Frau Bauer legte ihr den Arm um die Schulter.
Wissen sie was, ab jetzt gehört ihr beide zu unserer Familie. “
Die beiden Frauen umarmten sich.
Sedy weicht nicht von Nellys Seite.“
Frau Bauer runzelte die Stirn.
Wissen sie, ach nein wir wollen du zueinander sagen, ich bin Barbara.“
Betty!“
Also Betty, ich glaube es wäre gut für Nelly, wenn sie einen eigenen Hund hätte.Ein Hund könnte ihr helfen die schlimmen Erlebnisse besser zu verkraften.
Weißt du was, Sedys Mutter hat vor kurzem wieder geworfen. Wir könnten nächste Woche zum Züchter fahren und Nelly kann sich dann einen der Welpen aussuchen. Aber jetzt beginnt das Sack hüpfen. Wir wollen Nelly in unsere Mitte nehmen, denn bei den folgenden Spielen kann sie nicht mitmachen.“
Nelly war nicht traurig darüber, dass sie ausgeschlossen war. Sie fiebert richtig mit und feuerte Petra lautstark an und als Herr Bauer der Länge nach ins Gras fiel, da lachte sie laut auf.

Am Abend, als Frau Larson das Mädchen ins Bett brachte, sah diese so glücklich aus wie schon lange nicht mehr.
Und als sie ihr erzählte, dass sie ein Geschwisterchen von Sedy bekommen würde, da fiel sie ihr jubelnd um den Hals.
Als Nelly sich mit ihrem Teddybären in die Kissen kuschelte murmelte sie, während ihr die Augen zufielen:
Weißt du Petra hat gesagt, ich sei ihre aller, aller beste
Freundin und soll nun jeden Tag zu ihr kommen. 
Wenn ich dann meinen eigenen Sedy habe, dann können die beiden Hund auch miteinander spielen.“
Die letzten Worte konnte Frau Larson kaum mehr verstehen, denn das Kind war eingeschlafen.
Dankbar faltete sie die Hände und sandte ein stummes Gebete zum Himmel.
Nach all der schweren dunklen Zeit, hatte Gott ihr wieder einen Sonnenstrahl gesandt.

© Lore Platz




Mittwoch, 16. August 2023

Ein Tag auf Sommering

 


Das schreiben ist nicht so einfach, wenn man ans Bett gefesselt ist und sich langsam den achtziger nähert. Aber ich wollte natürlich auch nicht, dass ihr ohne eine Geschichte bleibt. (2o23)

Zufällig fand ich eine uralte Geschichte, die ich 1972 geschrieben habe. Es handelt sich um eine wahre Geschichte
Die Erinnerungen einer alten Frau, der ich etwas von meiner Zeit schenkte, da sie sehr einsam war, habe ich zu einem Tag zusammen gefasst und ihr die Geschichte dann zum Geburtstag geschenkt .
Das ganze geschah Anfang der Dreißiger im vorigen Jahrhundert. Der Krieg hat dann später alles zerstört und die Familie musste fliehen.








Ein Tag auf Sommering

Mit einem strahlendem Lächeln begrüßt die Sonne den Tag.
Sie taucht die Welt in ihr goldenes Licht, streift die wogenden Ähren, beleuchtet die grünen saftigen Wiesen, spiegelt sich in dem klaren flink dahin eilendem Bach und leuchtet schließlich auch über Sommering, dem großen behäbigen Einödhof mitten in der herrlichen Landschaft Jugoslawiens.
Die Bewohner von Sommering sind schon munter und verrichten fröhlich ihre morgendlichen Pflichten.
Peter, der Älteste striegelt die Pferde, Johann holt frisches Heu von der Tenne und Adam der Jüngste der Brüder füttert die Schweine.
Andrasch der Knecht verlässt gerade mit einer Schubkarre voll Mist den Stall.
Fröhliche Worte fliegen zwischen den jungen Männern hin und her, doch als Vater Ulrich aus dem Haus tritt, sind sie still.
Denn der Bauer ist ein sehr strenger Mann.
Lena, die älteste Tochter hilft der Mutter in der Küche.
Nun habe ich euch alle Bewohner von Sommering vorgestellt, doch halt da fehlt doch noch jemand?
Richtig! Bibi, die Jüngste kuschelt noch in ihrem Bett und schläft.
Eigentlich heißt sie ja Christine, aber da sie sie Jüngste und somit das Küken der Familie ist, wird sie von allen nur Bibi gerufen.
Lena, die schon sechzehn und etwas eifersüchtig auf das Nesthäkchen ist, blickt immer wieder zur Schlafzimmertür.
Endlich hält sie es nicht mehr aus.
Die Bibi darf noch schlafen, das ist ungerecht. Sie könnte uns ruhig hier helfen,“ mault sie.
Die Mutter lächelt nachsichtig.
Lass sie doch, sie ist doch noch so klein.“
Pah, klein! Sie ist immerhin schon zehn!“
Bä, bääää!“ tönt es durch das offene Fenster und gleich darauf ist ein Kratzen an der Tür zu hören.
In Lenas Augen blitzt es auf.
Ha, nun weiß ich, wie ich die Langschläferin aus dem Bett bringe,“ lacht sie und öffnet die Tür, um Suki, Bibis Schäfchen, hereinzulassen.
Suki bleibt mit schief geneigtem Kopf mitten in der Küche stehen, hebt dann das Näschen, bäät noch einmal herausfordernd und trippelt dann zielstrebig zur Schlafzimmertür, die Lena einladend geöffnet hat.
Tripp, Trapp, Tripp Trapp, klappern die kleinen Hufe über den Steinboden und schon fährt eine raue Zunge über Bibis Gesicht.
Erschreckt zuckt Christine zusammen, blinzelt und mit einem empörten „Suki, lass mich bloß in Ruhe!“ dreht sie sich zur Wand und zieht die Decke über den Kopf.
Doch sie hat nicht mit Sukis Beharrlichkeit gerechnet.
Energisch stößt das kleine Köpfchen gegen den Rücken des Mädchens und als das nicht hilft springt das Schäfchen einfach auf das Bett.
Bibis brauner Wuschelkopf kommt unter der Decke hervor und lachend umarmt sie das Schaf, das sich zufrieden an ihre Schulter kuschelt.
Fröhliches Lachen schallt von der Tür her, denn dort stehen die Mutter und Lena.
Na, Bibi hat Suki es endlich geschafft dich wach zu bekommen?“ schmunzelt die Mutter.
Das Mädchen blinzelt ihr vergnügt zu und springt aus dem Bett.
Zusammen mit Suki, die keinen Schritt von ihrer Seite weicht, eilt sie ins Bad und steht kurze Zeit später frisch gewaschen und gekämmt im Flur, greift sich im vorbei gehen den Eierkorb und läuft leichtfüßig über den Hof.
Die Hennen flattern aufgeregt gackernd von den Nestern als Bibi und natürlich auch Suki sich durch die schmale Tür zwängen.
Das Schaf betrachtet misstrauisch das Federvieh. Warum müssen diese dummen Hühner nur so viel Lärm machen und diese Federn, die durch die Luft fliegen. Hatschi!
Suki tritt vorsichtig zurück, doch als ihr eins dieser unmöglichen Biester auf den Rücken fliegt und ihr mit den Flügeln eine kräftige Ohrfeige versetzt, da ist es mit ihrer Geduld zu Ende.
Sie dreht sich im Kreis, um das Federvieh auf ihrem Rücken los zu werden und landet mitten in den Eiern.
Bibi blickt entsetzt auf den goldgelben Saft, der sich über das Stroh ergießt und schiebt das Schaf energisch aus dem Hühnerstall.
Flink sammelt sie die restlichen Eier ein und verlässt den Hühnerverschlag. Sauber machen will sie später.
In der einen Hand den Korb balancierend und mit der anderen Hand das Schaf abwehren, eilt sie ins Haus.
In der Küche hat sich inzwischen die Familie zum Frühstück versammelt.
Als Bibi mit Suki in die Küche stürmt, runzelt der Vater streng die Stirn.
Bring das Schaf sofort hinaus!“ ordnet er an und schweigend stellt Bibi den Eierkorb auf die Holzbank und zieht Suki am Halsband hinaus.
Sie weiß, dass der Vater das Schaf nicht leiden kann, weil es immer etwas anstellt und schuldbewusst denkt sie an die kaputten Eier.
Und auch der entsetzliche Wintermorgen fällt ihr ein, als Suki den Truthahnküken die in einem Korb am warmen Ofen lagen, einfach die Köpfe und Glieder abgebissen hat.
War das eine Aufregung! Damals wollte der Vater Suki verkaufen, aber glücklicherweise konnte die Mutter ihn besänftigen.
Bibi wird ganz bange bei dem Gedanken und sie zerrt das Schaf in den Stall und verschließt fest die Tür.
Krampfhaft versucht sie das klägliche 'Bäääää' zu überhören.
Und nach dem Frühstück hat sie nichts eiligeres zu tun, als Suki aus ihrem Gefängnis zu befreien.
Übermütig springt das Schäfchen um seine kleine Freundin
herum und versucht immer wieder die leuchtend roten Zopfschleifen zu erwischen.
Die beiden gebärden sich, als hätten sie sich monatelang
nicht mehr gesehen.
Peter, der lässig die Hände in den Hosentaschen, über den Hof schlendert, grinst von einem Ohr zum andern.
Na, Kleines fährst du mit zur Mühle?“
Ja, aber nur, wenn Suki mit darf,“ meint Bibi trotzig.
Peter lacht und zupft sie am Ohrläppchen.
Na, dann kommt ihr Zwei,“ brummt er gutmütig.
Andrasch schirrt gerade die beiden temperamentvollen Rappen Lendsch und Gendsch ein.
Ah die beiden Unzertrennlichen fahren also auch mit,“ feixt er.
Bibi streckt ihm die Zunge raus, was der Knecht mit einem fröhlichem Gelächter beantwortet.
Peter lässt die Peitsche durch die Luft sausen und die Pferde traben los.
Es ist ein wunderschöner Morgen und das Mädchen genießt die Fahrt durch ihre schöne Heimat.
Sie sitzt auf den leeren Mehlsäcken, die Arme um Sukis Hals geschlungen und träumt.
Vorbei geht das lustige Traben der Pferde an dem kleinen Bach, an dessen Ufer die Kühe in der Sonne liegen.
Große mächtige Weiden säumen den Weg und Bibi blinzelt gegen die Sonne und versucht die Nester der Raben zu erspähen.
Eine Lerche flattert aus dem Gebüsch und das Mädchen kneift die Augen zusammen und beobachtet wie der braun gefiederte Vogel jubilierend dem Himmel zu fliegt.
Der Wagen biegt jetzt in den Hof des Müllers ein und Peter springt vom Kutschbock und begrüßt diesen mit einem Handschlag.
Bald sind die Säcke mit Mehl aufgeladen und es geht zurück.
Als sie in den Hof von Sommering einbiegen, führen Adam und Johann gerade den Vollbluthengst Gidran aus dem Stall.
Nervös tänzelt das kräftige Tier zwischen den beiden jungen Männern.
Bibi!“ ruft Adam und winkt dem Mädchen zu.
Gidran braucht Bewegung, hast du Lust?“
Und ob!“ Leichtfüßig springt Bibi vom Wagen und schon sitzt sie im Sattel.
Mit sicherer Hand lenkt sie ihr Lieblingspferd und lässt ihn eine Ehrenrunde im Hof drehen.
Dann aber steht sie plötzlich im Sattel und treibt das Pferde zum Galopp
Gidran setzt über das Gatter und galoppiert den kleinen Waldweg hinunter.
Bald ist Bibi den Blicken ihrer Brüder entschwunden und sie hört auch nicht mehr Sukis verzweifeltes Blöken, die dem halsbrecherischen Tempo nicht folgen kann.
Doch zum ersten Mal vergisst das Mädchen das kleine Schaf.
Dies ist eine ganz andere Bibi.
Wild und unbezähmbar steht sie auf dem Pferderücken.
Die Zöpfe haben sich aufgelöst und der Rock schleudert um ihre Knie.
Bibi fühlt sich frei und glücklich.
Sie reitet bis zur alten Felsengrotte, schlägt einen Bogen und galoppiert in demselben Tempo zurück, begeistert von ihren Brüdern empfangen.
Glücklich und mit hochrotem Gesicht springt sie aus dem Sattel.
Bibi, Bibi!“ tönt die Stimme der Mutter aus der Küche.
Schnell fährt das Mädchen mit den Händen über den Rock und eilt ins Haus.
Vorwurfsvoll sehen die guten Augen der Mutter auf das zerzauste Mädchen.
Du weißt doch, ich will nicht, dass du so wild wie ein Junge reitest,“ tadelt die Mutter sanft.
Bibi nickt etwas schuldbewusst.
Ja, Mutter, aber es war doch so wunderschön!“
Die Mutter lacht und streicht ihr schnell über den Kopf.
Nun lauf und deck schnell den Tisch!“
Bibi nimmt die blaue Tischdecke aus der Schublade und Teller und Besteck aus dem Schrank und eilt hinaus in den Garten.
Es ist inzwischen heiß geworden, aber unter der dicken alten Linde, die ihre weit ausladenden Zweige über den grob gezimmerten Tisch breitet, ist es angenehm kühl.
Flink wirft Bibi die Decke über den Tisch, verteilt Teller und Löffel und schon kommt Lena mit der dampfenden Suppenschüssel.
Kichernd laufen die Mädchen zurück ins Haus und vergessen ganz Suki, die mit neugierig glänzenden Augen das eifrige Schaffen der Mädchen verfolgt hat.
Nun trippelt das Schäfchen näher, hebt schnuppernd das Näschen und klettert mühsam mit den Vorderbeinen auf
die Holzbank.
Ein Sprung und es steht mit den Vorderbeinen auf der Tischkante. Noch ein Sprung und Suki thront mitten auf dem Tisch.
Scheppernd fällt das Geschirr auf den Rasen.
Suki macht einen erschrockenen Satz und landet mit der rechten Vorderpfote in der heißen Suppenschüssel.
Ihr klägliches Schreien lockt die ganze Familie aus dem Haus.
Lena und Bibi befreien das Schaf und Adam verarztet es.
Der Vater hat dies alles mit strenger Miene beobachtet und als die Mutter ihm sacht die Hand auf den Arm legt, dreht er sich um und geht stumm ins Haus.
Die Mutter dirigiert nun die Kinder und bald ist alles wieder in Ordnung.
Adam aber bringt das verletzte Schaf in die Scheune. Bibi kniet sich neben Suki und schlingt die Arme um den wolligen Hals.
Kommst du mit zum Essen?“ fragt ihr Bruder.
Das Mädchen schüttelt den Kopf und Adam verlässt schulterzuckend die Scheune.
Als Peter später nach Bibi schaut, findet er sie tief schlafend, die Arme fest um Sukis Hals geschlungen.
Lächelnd schließt er die Tür.
Es ist später Nachmittag als das Mädchen erwacht.
Erschrocken springt es auf und auch Suki rappelt sich hoch.
Oh Suki!“ ruft Bibi, „ der Vater wird schimpfen, bleib du hier, ich muss ja noch die Kühe melken!“
Sie läuft über den Hof und trifft auf den Knecht, der gerade polternd die Milchkannen auf den Leiterwagen lädt.
Na auch schon wach?“ spottet er gutmütig und Bibi wird puterrot.
Schnell läuft sie an ihm vorbei ins Haus, schlüpft in die groben Holzpantoffeln, bindet sich das Kopftuch um, nimmt die beiden Melkschemel und Milchsiebe und kommt etwas atemlos auf den Hof.
Andrasch wartet bereits auf dem Kutschbock und Bibi wirft die Sachen auf den Wagen und klettert neben ihn.
Ein kurzes Wippen mit der Peitsche und ab geht die Fahrt hinunter zum Bach.
Gemeinsam verladen sie die Milchkannen in das bereit stehende Boot.
Bibi lässt die Pantoffeln am Ufer und watet in den seichten Schlamm und während Andrasch das Boot ins Wasser schiebt, springt sie hinein.
Lachend hilft sie dann dem Knecht in das schaukelnde Boot.
Dieser greift sich die Ruder und bringt sie mit kräftigen Schlägen ans andere Ufer, während Bibi vorne am Bug sitzt und spielerisch die Hände durchs Wasser gleiten lässt.
Andrasch stimmt ein fröhliches Lied an und Bibi fällt mit heller Stimme ein.






Die Kühe heben staunend die Köpfe.
Als das Boot ans Ufer stößt und Andrasch es fest gemacht hat, nehmen sie die Melkschemel und Milcheimer und klettern den Hang hinauf.
Der Abend dämmert schon herauf und graue Nebelschleier breiten sich über das Land, als sie mit den Kühen fertig sind.
Als die letzte volle Milchkanne auf dem Boot verladen ist und sie zurück rudern ans andere Ufer werden sie begleitet von dem dankbaren Muhen der Kühe, die befreit von der Milch sich viel wohler fühlen.
So sind die Tage auf Sommering ausgefüllt mit Arbeit, kleinen Erlebnissen und Freuden.
Als Bibi dann um neun Uhr abends ins Bett kriecht, denkt sie noch kurz vor dem Einschlafen, wie glücklich sie doch ist.
Glücklich auf Sommering!


© Lore Platz






Sonntag, 6. August 2023

Lila-Luna ,Anneliese und der böse Anton

Die Zeichnungen zu dieser Geschichte hat meine leider inzwischen verstorbene Freundin Heide Marie Kalitta gemalt. Ich hoffe sie guckt jetzt vom Himmel und freut sich, dass sie in ihren Bildern weiter lebt. Danke liebe Heide.

Viel Spaß beim Lesen!




Lila-Luna, Anneliese und der böse Anton


Anneliese sah sich vergnügt in der Küche um, alles blitzblank.
Ihre Mutter hatte zur Zeit Doppelschicht, da einige ihrer Kollegen krank waren und würde sich sicher freuen wenn sie nach Hause kam.
Schließlich waren zur Zeit Ferien und sie hatte doch Zeit und es war schön, wenn die müden Augen der Mutter strahlten und sie sie liebevoll dann ' mein kleines Hausmütterchen' nannte.
Und Morgen hatte die Mama frei und sie würden zusammen ins Schwimmbad gehen.
Durch das Küchenfenster beobachtete das Mädchen wie der Postbote gerade auf sein Fahrrad stieg und weiter fuhr.
Ob Bärbel ihr geschrieben hatte? Seit sie deren Adresse an dem gelben Luftballon gefunden hatte, schrieben sie sich eifrig und in diesen Ferien wollten sie sich treffen.
Schnell lief Anneliese hinaus und strahlte, als sie das gelbe Kuvert herauszog. Gelb war nämlich Bärbels Lieblingsfarbe.
Wieder im Haus legte sie die Post für ihre Mutter auf den Küchentisch und ging in ihr Zimmer.
Enttäuscht las sie, dass Bärbels Vater von seiner Firma zum Leiter eines neuen Projekts ernannt wurde und kurzfristig nach Spanien reisen musste und ihre Mutter ihn begleitete. Deshalb sei sie nun hier in Hamburg bei der Oma.
Jetzt erst fiel Anneliese auf, dass der Absender eine Hamburger Adresse war.
Etwas traurig und enttäuscht holte sie einen Bogen Briefpapier aus der Schublade und begann zu schreiben.
Nun noch eine Marke drauf und sie konnte ihn gleich in den Briefkasten werfen.
Als sie aufsah bemerkte sie Lila-Luna, die mit unterschlagenen Beinen auf dem Schreibtisch saß.
Wie lange bist du denn schon hier?“
Och, eine ganze Weile, wollte dich aber nicht stören.“
Anneliese bemerkte, dass ihre kleine Freundin traurig und besorgt aussah.
Was ist los?“
Wie lange dauern eigentlich diese schrecklichen Ferien noch?“
Anneliese lachte.
Schrecklich! Ferien sind wunderbar, ausschlafen, keine Hausaufgaben und viel Zeit, das ist doch herrlich!“
Wir aber sind froh, wenn sie bald zu Ende sind!“
Und nun erzählte die kleine Elfe ihrer Freundin von dem Enkel des alten Mannes, der am Rande des Waldes lebte.
Anton rief ihn der alte Mann. Ein ganz böser Junge war das. Den ganzen Tag stapfte er mit mürrischem Gesicht
durch den Wald und schlug mit einem Stecken auf alles ein, ohne dabei auf die kleinen Tiere zu achten.
Seit er hier war, wurde das Wartezimmer von Dr. Wichtel nicht mehr leer.
Neulich hatte dieser unartige böse Junge sogar mit einem Stock einen Ameisenbau zum Einsturz gebracht und wollte sich ausschütten vor Lachen, als die Ameisen völlig verzweifelt durcheinander liefen.
Lila -Luna sah richtig traurig aus, doch dann hellte sich ihr Gesicht auf.
Hast du Zeit, um mit mir zu kommen.“
Anneliese nickte: „Aber vorher möchte ich noch schnell den Brief ein werfen.“
Die Elfe saß auf den Schultern des Mädchens, von den Haaren verdeckt, als dieses durch den Ort lief.
Mit einem Klappern verschwand der Brief im Kasten und als sie dann am Waldrand waren, verwandelte Lila - Luna ihre Freundin in eine Elfe.
Vergnügt flogen sie im Sonnenschein, bis sie unter sich das Haus von Dr. Wichtel sahen.
Unzählige Käfer, Bienen, Hummel, Schnecken,Marienkäfer, ein dicker Maikäfer, ja selbst Pilze, die ihre Hüte in der Hand hielten, tummelten sich vor der Praxis.
Ein Heuhüpfer, der nicht mehr stehen konnte, da sein Bein abgewinkelt war, saß im Gras.
Alle sahen irgendwie bedauernswert aus.
Die beiden Mädchen schwebten auf den Boden.
Ein Hirschkäfer, dessen Geweih geknickt war und recht armselig zur Seite hing, murrte:
Warum geht es denn nicht weiter, ich habe Schmerzen!“
Wir auch, wir auch!“ ertönte es ringsum.
Und Max der Regenwurm, dem ein Stück seines Schwanzes fehlte, rief:
He Pietro, du Schlafmütze, öffne endlich die Tür, wir wollen zu Dr. Wichtel.“
Pietro, der Assistent von Dr. Wichtel steckte seinen Kopf durch das Fenster und rief.
Der Doktor ist nicht da, unsere Salbe ist ausgegangen und er holt neue Kräuter. Ihr müsst euch also noch etwas gedulden.“
Da ging die Tür des Häuschen auf und Primela die Frau von Dr. Wichtel begleitet von ihren Töchtern kam heraus und bot den Ungeduldigen Tee und kleine Kuchen an.
Lila - Luna und Anneliese aber flogen zu der Wiese auf der Dr. Wichtel immer seine Kräuter sammelte, vielleicht konnten sie ja helfen.
Bald sahen sie ihn, wie er eifrig Kräuter in einen Korb legte.
Gerade wollten sie landen, da bemerkten sie einen Jungen der sich dem Wichtel näherte und blitzschnell einen Sack über ihn stülpte.
Erschrocken flogen die Mädchen in ein Gebüsch und beobachteten wie der Junge sich böse grinsend den Sack mit dem zappelnden Wichtel über die Schulter warf.
Was sollen wir nur machen!“ jammerte Lila - Luna.
Kannst du ihn den nicht klein zaubern?“
Das darf ich n..., was soll's, es geht nicht anders.“
Die Elfe zückte den Zauberstab, murmelte einige Worte und Anton war auf einmal klitzeklein.
Der Sack aber landete auf der Erde, ein „Aua“ war zu hören und Dr. Wichtel kroch ins Freie.
Als Anton aber den Wichtel sah, der auf einmal viel größer als er selbst war, drehte er sich um lief davon.
Die Feenkönigin erschien auf der Wiese und sah Lila-Luna mit einem strengen Blick an.
Du weißt, dass es verboten ist einen Menschen zu verzaubern?“
Die kleine Elfe wurde rot und senkte beschämt den Kopf.
Aber sie darf mich doch auch verwandeln?“ rief Anneliese.
Der ernste Blick der Feenkönigin richtete sich auf das Mädchen.
Du bist ihre Freundin und alle hier in meinem Reich haben dich gern und damit du mit deinen großen Füßen keinen Schaden anrichten kannst, wenn du uns besuchst, habe ich ausnahmsweise die Erlaubnis erteilt.“
Frau Königin,“ meldete sich nun Dr. Wichtel zu Wort, „ Lila-Luna hat mir das Leben gerettet. Wer weiß was der Unhold vorhatte, bestimmt wollte er mich auch in eine Schachtel mit Löchern stopfen, wie neulich Maikäfer Moritz, den wir gerade noch vor dem Ersticken retten konnten.
Außerdem schadet es dem Bengel gar nicht, wenn er mal sieht, wie schwer es ist so klein zu sein.“
Es zuckte um die Mundwinkel der Fee.
Du hast Recht, ich beobachte den Jungen bereits seit einiger Zeit und hätte ihm wohl bald eine Lehre erteilt.
Das bedeutet aber nicht, dass du das noch einmal machen
darfst, Lilia-Luna.
Außerdem darf ihm nichts passieren, die Tiere sind sehr aufgebracht. Du wirst auf ihn aufpassen!“
Mit diesen Worten verschwand die Fee und die Mädchen machten sich auf die Suche nach dem winzig kleinen Anton.
Dieser aber war sehr erschrocken, als er auf einmal so klein war und die Welt um ihn herum erschien ihm sehr bedrohlich.
Die Grashalme waren hoch wie Bäume und es war beschwerlich sich einen Weg zu bahnen.
Über ihm brummte es und eine dicke Hummel erschien und schnell duckte er sich und atmete erleichtert auf, als sie weiter flog.
Es raschelte und ein dicker Käfer groß wie ein Pferd krabbelte schwerfällig direkt auf ihn zu.
Mit einem Hechtsprung brachte Anton sich seitwärts in Sicherheit.
Als aber ein Regenwurm in der Größe einer Riesenschlange vor ihm auftauchte, lief er blindlings davon.
Er stolperte in ein Loch und rutschte schreiend auf dem Rücken einen Abhang hinunter.
Benommen, mit geschlossenen Augen blieb er liegen.


Als er sie vorsichtig wieder öffnete sah er zwei riesige schwarze Ameisen vor sich stehen.
Sie hatten Speere in der Hand und Helme auf dem Kopf und sahen alles anders als freundlich auf ihn herab.
Was willst du Eindringling, wir bringen dich zum König.“
Sie zogen ihn nicht gerade sanft hoch und nahmen ihn in die Mitte.
Der König musterte Anton lang und nachdenklich, dann verfinsterte sich sein Gesicht.
Du bist doch der Junge, der unseren Bau zerstört hat, mitkommen.“
Die beiden Soldaten packten Anton und schritten hinter dem König her.
Dieser öffnete eine Tür und der Junge sah viele Ameisen, die ihnen mit müden Augen entgegensahen.



Jede von ihnen trug einen Verband um den Kopf, oder das Bein oder einem Arm.
Ein alter Mann humpelte auf sie zu und betrachtete Anton lange, dann grinste er zufrieden.
Ihr habt den Unhold also gefangen, was sollen wir mit ihm machen?“
Nun kamen auch die anderen Verletzten näher, selbst ein kleiner Junge, der an zwei Krücken ging, schleppte sich heran.
Er war es auch, der rief: „Schmeißt ihn doch in ein Loch und werft Erde über ihn, dann sieht er wie das ist!“
Drohend kamen die Ameisen näher und Anton wurde es ganz bang zumute, aber die Angst verlieh ihm Bärenkräfte.
Er riss sich los und rannte davon, verfolgt von den wütenden Ameisen.
Schnell kletterte er den Abhang hinauf, rutschte aber auf der lockeren Erde immer wieder ab, doch endlich hatte er es geschafft und ließ sich erschöpft ins Gras sinken.
Doch als die erste Ameise ihren Kopf aus dem Loch steckte, rappelte er sich wieder auf und lief blindlings immer tiefer ihn den Wald.
Erschöpft blieb er liegen.
Vor ihm lag eine kleines Häuschen und davor standen oder saßen viele Tiere.



Ein Schnecke entdeckte ihn als erste.
Seht das ist doch der Junge der mein Haus zertrümmert hat!“
Nun wurden auch die anderen aufmerksam.
Maikäfer Moritz rief: „ Mich hat er eingesperrt und seitdem
leide ich an Atemnot!“
Mir hat er das halbe Geweih abgeschlagen,“ klagte der Hirschkäfer.
Der Pilz jammerte: „ Und mir den Hut vom Kopf, der hat einen Riss und kann mich bei Regen nicht mehr schützen.“
Jedes der Tier klagte ihn an und dabei kamen sie drohend näher.
Aber Anton hatte keine Kraft mehr und blieb angstvoll sitzen.
Er glaubte schon sein letztes Stündlein hätte geschlagen,
da wurde er an den Händen gepackt, flog durch die Luft und landete zwischen zwei Elfen sitzend auf einem Ast.



Erschrocken aber auch erleichtert sah er seine beiden Retterinnen an.
Danke, ich hatte mächtige Angst!“
Und mit Recht, denn für all diese Verletzungen bist du zuständig!“ sagte Lila-Luna streng.
Beschämt senkte Anton den Kopf. „Ich weiß.“
Was hast du dir überhaupt dabei gedacht, wie ein wilder Büffel durch die Gegend zu laufen und auf alles einzudreschen?“


Auch Anneliese sah den Jungen sehr streng an.
Dieser errötet: „Ich war so furchtbar wütend, weil mein Vater uns verlassen hat, meine Mutter soviel arbeiten muss, dass sie kaum mehr Zeit für mich hat und nun hat sie mich einfach in den Ferien zu meinem Großvater geschickt, damit sie mich los wird.“
Unsinn, warum sollte sie dich loswerden wollen?“
Ich habe einige Dummheiten gemacht. Die Schule geschwänzt, mich herumgetrieben und gestohlen. Es sollte so eine Art Mutprobe sein, damit ich bei den Blackbirds aufgenommen werde, aber ich wurde erwischt. Deshalb hatte meine Mutter Angst mich alleine zu lassen. In der Schule habe ich einen Verweis bekommen und meine Noten sind so miserabel, dass ich wohl durchfallen werde.“
Eine Weile schwiegen die drei, dann sagte Anneliese leise:
Meine Eltern haben sich auch scheiden lassen und ich war traurig und wütend auf meinen Papa, aber deshalb habe ich die Wut nicht an anderen ausgelassen. Und auch meine Mama muss viel arbeiten und weil ich sie lieb habe, helfe ich ihr zuhause wo ich nur kann, auch lerne ich fleißig, damit sie nicht noch mehr Kummer hat. Hast du denn deine Mama nicht lieb?“
Doch!“
Warum vergrößert du dann ihre Sorgen durch dein schlechtes Benehmen?“
Anton senkte ganz tief den Kopf und murmelt: „ So habe ich das noch nicht gesehen?“
Dann wird es Zeit, dass du darüber nach denkst!“
Wieder schwiegen sie eine Weile, dann fragte Anton schüchtern: „Lassen denn Elfen sich auch scheiden?“
Anneliese lachte.
Ich bin keine Elfe, ich bin ein Menschenkind wie du?“
Hast du auch etwas böses gemacht, weil du verzaubert wurdest?“
Anneliese lächelte und deutete auf Lila-Luna.
Lila-Luna ist meine Freundin und wenn ich sie besuche verwandelte sie mich in eine Elfe, damit ich mit meinen großen Füßen ihre kleinen Freunde nicht verletze. Sie war es auch die dich verwandelte, als du Dr. Wichtel fangen wolltest. Warum hast du das überhaupt getan?“
Anton zuckte verlegen mit den Schultern.
Zwerge sollen doch einen Topf mit Gold habe, ich wollte ihn zwingen ihn mir zu geben, denn dann müsste meine Mama nicht soviel arbeiten und hätte mehr Zeit für mich.“
Die beiden Mädchen lachten und Lila-Luna erklärte.
Wichtel und Zwerge besitzen kein Gold, das sind die Kobolde, aber mit denen solltest du dich lieber nicht einlassen, die sind ganz schön hinterhältig.“
Anton nickte und sah dann Lila-Luna traurig an.
Muss ich nun für immer ein Winzling bleiben?“
Nein! Ich werde dich zurück verwandeln.“



Die Mädchen fassten Anton an den Händen und flogen mit ihm durch den Wald zur großen Wiese.
Langsam ließen sie sich ins Gras gleiten, Lila-Luna murmelte einige Worte und Anton hatte wieder seine normale Größe.
Erstaunt sah er sich um, dann lief er los zum Haus seines Großvaters.
Die Feeenkönigin stand auf einmal neben den Mädchen und Anneliese fragte:
Wird er sich daran erinnern, dass er ein Winzling war?“
Die Fee schüttelte den Kopf.
Er wird alles vergessen, nur eine Ahnung wird in seinem Herzen bleiben und er wird in Zukunft achtsamer sein. Auch deine Worte werden bleiben, aber er wird nicht wissen woher sie kommen, doch wird er in Zukunft versuchen seiner Mutter keinen Kummer mehr zu machen.
Ihr habt es beide sehr gut gemacht!“
Die Fee verschwand.
Lila-Luna und Anneliese aber flogen zurück in den Wald.

© Lore Platz

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