Dienstag, 6. April 2021

Das ungeduldige Veilchen


Nun kommt er einfach wieder der grimmige Geselle, der Winter. Eben  noch hatten wir schöne Frühlingstage, kein Wunder, dass die Natur durcheinander gerät und manche Blumen nicht mehr wissen, welche Jahreszeit wir haben. 

Viel Spaß beim Lesen!








Das ungeduldige Veilchen


Viola wird wach.
Sie hatte so einen wunderschönen Traum vom Frühling. Zufrieden räkelt sie sich in ihrem dunklen Bett tief unter der Erde. Eigentlich war sie gar nicht mehr müde. Ob sie mal nachsehen sollte?
Kurzentschlossen richtet sie sich auf und strebt nach oben.
Vorsichtig spitzt sie aus der Erde und strahlt, als wunderbare Wärme sie umfängt. Vergnügt streckt sie ihr kleines violettes Köpfchen den warmen Strahlen der Sonne entgegen.
Endlich Frühling! Etwas enttäuscht sieht sich um, denn keine ihre Schwestern war zu sehen. Sie kichert.
Was für Schlafmützen ihre Schwestern doch sind.
Ihr Blick wird von einigen Vögeln angezogen, die lärmend an einem Futterhäuschen hängen.
Ein Fink hat sie nun gesehen und lässt sich neben Viola nieder.
Was machst du denn schon hier?“
Ich begrüße den Frühling?“ lächelt Viola.
Aber du bist viel zu früh, wir haben doch erst Dezember und der Winter war noch gar nicht hier.“
De... De... Dezember stammelt Viola erschrocken.
Ja und der Winter ist schon im Anmarsch. Mein Vetter, ein Bergfink aus Norwegen, hat es mir erzählt. Der Winter ist auf dem Weg zu uns, geh mal schnell wieder zurück, kleine Blume.“
Aber das kann ich nicht, wenn ich einmal die Erde durchstoßen habe, kann ich nicht mehr zurück.“
Oh, das ist schlimm, dann wirst du wohl erfrieren,“ bedauert der Buchfink und fliegt davon.
Viola lässt traurig das Köpfchen hängen. Warum nur war sie so ungeduldig gewesen, nun würde sie sterben ohne den Frühling erlebt zu haben.
Ein kalter Wind fegt plötzlich durch den Garten und lässt sie erschauern. Schnee fällt vom Himmel und hüllt sie ein.
Viola aber wartet auf ihr Ende.
Mama sieh doch, hier blüht schon ein Veilchen,“ hört sie eine Stimme rufen.
Als das Veilchen vorsichtig die Augen öffnet, sieht sie ein kleines Mädchen, das sich mit besorgtem Blick über es beugt.
Neben ihr erscheint das Gesicht einer jungen Frau.
Das arme Ding, hat sich wohl von den warmen Temperaturen verführen lassen. Wir wollen es ins Gewächshaus bringen, Traudel bring mir schnell den kleinen Spaten.“
Die junge Frau aber geht in die Hocke und befreit das Veilchen rundum vom Schnee. Dann nimmt sie die kleine Schaufel, die Traudel ihr reicht und sticht nun vorsichtig rund um die kleine verirrte Blume die Erde auf.
Viola zuckt etwas zusammen, als weiter unten ihre Wurzeln gekappt werden, doch sie hat keine Angst. Voller Vertrauen überlässt sie sich den zarten Händen.
Wenig später stecken ihre Füße in der warmen dunklen Erde in einem Haus, das nur aus Glas besteht und in dem es so herrlich warm ist. Und aus einem grünen Gefäß, dass das kleine Mädchen in den Händen hält, fällt warmer Regen auf das glückliche kleine Veilchen.
Als die Frau und das Kind, das Gewächshaus verlassen haben, sieht Viola vergnügt aus dem Fenster und betrachtet staunend die dicken Schneeflocken, die immer dichter werdend, vom Himmel fallen.
Dann grinst sie spitzbübisch. Vielleicht war es ja etwas unbesonnen von ihr gewesen, so früh schon auf die Erde zu kommen. Aber sie war wohl die einzige ihrer Art. die einen Winter erleben durfte.
Was konnte sie im Frühjahr ihren Schwestern alles erzählen!

© Lore Platz


Vielleicht hattet ihr ja auch in eurem Poesiealbum den Spruch stehen:
Sei wie das Veilchen im Moose,
so sittsam, bescheiden und rein
nicht wie die stolze Rose
die immer bewundert will sein.“


Das Veilchen gilt schon seit alters her als bescheiden. Und in der Antike wurden die Gräber der Frauen mit Veilchen geschmückt, als Zeichen der Ausdauer, Bescheidenheit und Weiblichkeit.
Ebenso galt das Veilchen in der Antike als heilige Blume und war dem Gott Pan geweiht und zu Ehren des Saturn trug man Veilchenkränze.
Auch als Heilpflanze machte sich das Veilchen einen Namen
und wurde bereits von Hippokrates gegen Sehstörungen, Kopfschmerzen und Melancholie eingesetzt.
In der heutigen Naturheilkunde wird es hauptsächlich bei Beschwerden der Atemwege verwendet.





Das Veilchen und der Schmetterling

Ein Veilchen auf der Wiese stand
an Baches Rand und sandte ungesehen,
bei sanftem Frühlingswehen
süßen Duft durch die Luft.

Da kommt auf schwankendem Flügel
ein Schmetterling über den Hügel
und senket zur kurzen Rast
zum Veilchen sich nieder als Gast.

Schmetterling:
Ei! Veilchen! Wie du töricht bist,
zu blühen, wo niemand dein genießt!
Veilchen
Nicht ungenossen blüh ich hier,
ein Schäfer kommt gar oft zu mir
und atmet meinen Duft und spricht:
"Ein solches Blümchen fand ich nicht,
wei Veilchen du! Auf Wiesen, Auen
ist keines mehr wie du zu schauen!
Schmetterling
`s ist schöner doch, glaub meinem Wort,
zu blühn auf freier Wiese dort,
in jener bunten Blumenwelt,
als hier im dunklen Schattenzelt!


Veilchen
Hier bin ich meines Schäfers Wonne,
dort aber bleichet mich die Sonne,
und ohne Farbe, ohne Duft,
find ich zu früh dort meine Gruft,
drum blüh ich in der Einsamkeit,
wenn auch nur Einer mein sich freut.

Nikolaus Lenau (1802-1850

7 Kommentare:

  1. Guten Morgen liebe Lore,
    so eine schöne Geschichte vom Veilchen, das wohl eines der wenigen ist, das den Winter einmal erleben darf. Toll geschrieben!
    Herzliche Grüße am Montagmorgen
    Regina

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  2. Hallo Lore,
    schön, dass ich dich gefunden habe. Ich liebe Märchen so sehr. Habe meinen Kindern jeden Abend welche vorgelesesn. Noch heute schauen wir uns gerne die Märchenfilme, die immer sonntags im Fernseher kommen, an.
    Liebe Grüße und eine schöne Woche,
    Christine

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  3. Liebe Lore,
    und wieder eine niedliche Geschichte! Ich habe mich richtig mit dem kleinen Veilchen gefreut. Es hat aber auch wirklich Glück gehabt und hat dann im Frühling viel zu erzählen.
    Ich sende Dir ganz herzliche Grüße
    Astrid

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  4. Och, Lore, was für eine süße Geschichte! So etwas kannst nur Du Dir ausdenken! Ich bin begeistert!
    Das Gedicht von dem "Veilchen im Moose" hatte ich auch in meinem Poesiealbum stehen. Nur habe ich leider mit dem Wesen eines Veilchens wenig gemeinsam. Aber die Ungeduld - DAS könnte auch ich sein...
    Vielen Dank für diesen Beitrag, und liebe Grüße
    Christine

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  5. Liebe Lore,
    so eine schöne Geschichte. Ich sehe das kleine Veilchen vor mir. Es sind so bezaubernde Blumen, vor allem so vielfältig. Alles Liebe Eva

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  6. Liebe Lore, so schöne Geschichte und Verse - bei uns blühen die ersten Veilchen. Ich mag dieses Blau. Diesen Vers schrieb mir die Mutter meines Vaters in Poesie-album. Leider passte er nicht zu mir. Liebe Grüße Roswitha

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  7. Liebe Lore was für eine schöne Geschichte. Sie erwärmt Herz und Seele. Ich mag Veilchen so sehr!

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