Mittwoch, 30. Januar 2019

Wie der Zufall dem Schicksal einmal geholfen hat.

Träumt ihr nicht auch von Sonnenschein und Wärme, wenn ihr aus dem Fenster blickt und das trübe Wetter seht.
Wie schön wäre es jetzt im freien in einem Cafe zu sitzen, einen Becher Eis löffeln und das Gesicht der warmen Sonne entgegen strecken.
Lasst mich euch einladen ins Cafe zur goldenen Sonne.
Viel Spaß beim Lesen!

 
(c) R.M.z.V.
 
Wie der Zufall dem Schicksal einmal geholfen hat.

Etwas gelangweilt flog der Zufall durch die Gegend.
Unter ihm lag der Rumensrieder Forst, ein beliebter Ausflugsort.
Es war Sonntag und viele Wanderer und Familien waren bei dem schönen Wetter unterwegs.
Am Ende des Waldes lag das CafeZur Goldenen Sonne“ und der Zufall verzog etwas spöttisch das Gesicht.
Sehr einfallsreich fand er den Namen nicht.
An den runden weißen Tischen saßen nur vereinzelt einige Personen.Erst später, wenn die Ausflügler müde von ihrer Wanderung zurück kamen, würde hier mehr los sein.
Auf dem alten Kastanienbaum, der seine weit ausladenden Äste Schatten spendend über den Platz breitete, entdeckte der Zufall Myriam, die jüngste Tochter der Schicksalsfee.
Myriam die Träumerin nannte man sie, denn sie war mit den Gedanken immer irgendwo in den Wolken.
Auch jetzt saß sie auf einem Ast, baumelte mit den Beinen und sah träumend in die Wolken.
Der Zufall setzte sich neben sie.
Hallo Myriam, was machst du denn hier.“
Die Fee zuckte zusammen, dann erkannte sie ihn.
Hallo Zufall, oh ich soll einen Auftrag ausführen.“
Was musst du denn tun?“
Siehst du, da unten die junge Frau, die ganz allein am Tisch sitzt?“
Der Zufall spähte zu dem betreffenden Tisch.
Eine junge etwas unscheinbare Frau rührte mit gesenktem Kopf in ihrer Kaffeetasse.
Ab und zu warf sie einen Blick zum Nebentisch, an dem ein gutaussehender junger Mann saß und sich gelangweilt umsah.
Weiter hinten blätterte ein anderer Mann mit einer dicken Hornbrille auf der Nase in einem Stapel Papier und schien die Umgebung um sich herum gar nicht wahrzunehmen.
Der Zufall wandte sich zu Myriam.
Was ist mit der jungen Frau?“
Das ist Frauke Baumgarten, sie ist sehr sensibel und schüchtern und meine Mutter gab mir den Auftrag sie mit dem Mann, der ihr vom Schicksal bestimmt ist, zusammen zu bringen“
Welcher von den Beiden ist es?“
Oh?“ Etwas ratlos sah die Fee zwischen den beiden Männern hin und her.“
Du hast wieder geträumt und nicht aufgepasst!“ meinte der Zufall streng.
Myriam errötete und wurde ein wenig rot.
Doch, ich weiß es ganz genau, der Hübsche mit den lustig funkelnden Augen,“ meinte sie trotzig.
Der Zufall wiegte zweifelnd das Haupt.
Er fand nicht das der Genannte lustige Augen hatte. Eher sahen sie spöttisch und sehr überheblich in die Welt.
Doch Myriam hatte nun ihre silbernen Schicksalsfäden aus der Tasche geholt und warf sie über die beiden jungen Menschen.
Dann flog sie davon.
Der Zufall aber blieb sitzen, denn er wollte wissen was weiter passierte.
Frauke beobachtet heimlich den jungen Mann am Nebentisch.
Er gefiel ihr, aber gutaussehende Männer interessierten sich nicht für so eine graue kleine Maus wie sie.
Gerade warf er einer blonden Joggerin, die aus dem Wald kam, einen herausfordernden Blick zu.
Diese schenkt ihm ein keckes Lächeln und lief weiter.
Beneidenswert!“ dachte Frauke, „ so hübsch und selbstsicher würde sie auch gerne sein.“
Nun ließ der junge Mann gelangweilt seinen Blick über die anderen Gäste gleiten und blieben an Frauke hängen, der einzigen jungen Dame hier.
Besser als nichts!“ dachte er, erhob sich und schlenderte hinüber zu dem Mädchen.
Darf ich mich zu ihnen setzen?“
Frauke verschluckte sich fast an ihrem Kaffee und wurde knallrot.
Bibibitte,“ stammelt sie.
Ingo Markner,“ stellte er sich vor, zog den Stuhl geräuschvoll unter dem Tisch hervor und flegelte sich darauf.
Frauke Baumgartner,“ murmelte das Mädchen, dessen Herz wie eine Trommel schlug und sie meinte man könnte es hören.
Sie habe ja gar keinen Kaffee, darf ich ihnen einen bestellen?“
Er wartete ihre Antwort gar nicht ab und winkte der Kellnerin.
Eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen und mir ein Glas Bier.“
Die Bedienung wandte sich an Frauke.
Welchen Kuchen möchten sie denn.“
Ehe Frauke nur den Mund aufmachen konnte, meinte der junge Mann schon:
Bringen sie ihr irgendein Stück Torte und nun schwirren sie ab, aber ein bisschen dalli.“
Die Kellnerin warf ihm einen giftigen Blick zu und auch Frauke war etwas befremdet von dem rüden Ton und leise Zweifel kamen ihr.
Der Zufall aber saß oben auf dem Baum und runzelte die Stirn.
Der Schönling redete nun wie ein Wasserfall auf Frauke ein, die still ihren Kuchen aß.
Der Mann mit der Hornbrille hatte inzwischen bezahlt und packte die Blätter in seine braune Aktentasche.
In den Augen des Zufalls blitzte es auf.
Er hatte das unbestimmte Empfinden, dass Myriam sich getäuscht hatte und dass der Mann mit der Hornbrille für Frauke bestimmt war.
Als dieser nun an dem Stuhl des Mädchens vorbei ging, hob der Zufall grinsend seine Hand, der Mann stolperte und fiel gegen das Mädchen.
Frauke fiel die Kaffeetasse aus der Hand.
Ein hässlicher Kaffeefleck breitete sich auf ihrer Bluse aus und ein paar Spritzer landeten auf der Krawatte ihres Gegenübers.
Ingo sprang auf und brüllte:
Du tolpatschiger Trampel, sieh mal was du angerichtet hast. Die Krawatte war noch ganz neu. Aber das kommt davon, wenn aus lauter Gutmütigkeit sich mit so einem unscheinbaren Mauerblümchen einlässt.!“
Frauke erblasste und senkte den Kopf, damit man die Tränen in ihren Augen nicht sehen konnte.
Der Mann mit der Hornbrille aber trat drohend auf Ingo zu und knurrte zornig.
Die junge Dame kann gar nichts dafür, das war meine Schuld. Außerdem werden sie sich sofort bei ihr entschuldigen!“
Die Kellnerin, die herbei geeilt war, warf Ingo einen spöttischen Blick zu.
Dieser aber dreht sich um und stolzierte, ganz gekränkte Unschuld, davon.
Was ist mit der Rechnung!“ rief ihm die Kellnerin nach.
Lassen sie nur, ich übernehme das.“
Nachdem abkassiert war, wandte sich der Mann mit der Hornbrille an Frauke.
Mitleidig blickte er auf ihren gesenkten Kopf.
Es tut mir leid, dass ich ihren Freund vertrieben habe.“
Frauke hob den Kopf und lächelte.
Er war nicht mein Freund, ich habe ihn eben erst kennen gelernt. Und ehrlich gesagt, bin ich froh, dass sie ihn in die Flucht geschlagen haben.“
Der junge Mann aber dachte: „Was für schöne Augen sie hat.“
Dann stutzte er.
Arbeiten sie nicht in der Kanzlei Brankburger?“
Frauke nickte erstaunt.
Ich bin der neue Assessor. Gestatten Marco Dornbach. Da habe ich mich ja schön eingeführt.“
Die beiden sahen sich an, dann wurde ihnen das absurde der Situation bewusst und sie begannen fröhlich zu lachen.
Und wieder dachte Marco : „Sie ist richtig schön, wenn sie lacht.“
Darf ich sie nach Hause bringen?“
Frauke nickte und bald gingen sie in eine angeregte Unterhaltung vertieft, als kannten sie sich schon lange, zum Parkplatz.
Der Zufall aber grinste und flog davon.

 
 
 
Eine Woche später.
Myriam saß auf einer Wiese und flocht einen Blumenkranz. Mit den Gedanken war sie mal wieder im Traumland.
Ihre Mutter tauchte neben ihr auf und fragte streng.
Hast du meinen Auftrag ausgeführt?“
Die junge Fee erschrak.
Daran hatte sie schon nicht mehr gedacht. Sie hätte sich überzeugen müssen, ob es auch geklappt hatte.
Moira schnippte mit den Fingern und ein Bild erschien.
Frauke und Marco schlenderten Hand in Hand durch einen Park. Ab und zu blieben sie stehen und küssten sich.
Myriam erschrak. Das war ja gar nicht der Mann den sie für Frauke bestimmt hatte.
Unter den Lidern warf sie einen besorgten Blick zu ihrer Mutter.
Diese aber lächelte.
Das hast du gut gemacht. Die Beiden hat das Schicksal füreinander bestimmt. Sie werden sehr glücklich werden.
Ehrlich gesagt, ich hatte meine Zweifel, dass du es richtig machen würdest. Ich bin stolz auf dich. Komm, ich gebe dir eine neue Aufgabe.“
Während Myriam hinter ihrer Mutter her schwebte, nahm sie sich fest vor, in Zukunft besser aufzupassen.
Und wenn sie dem Zufall wieder begegnen würde, dann wollte sie sich bei ihm bedanken.

© Lore Platz  30.01.2019

Dienstag, 29. Januar 2019

Die Liebe kam mit dem Regen

Das Wetter ist trüb, kalt und nass, darum lasst euch mit meiner Geschichte ein wenig das Herz erwärmen.
Viel Spaß beim Lesen!







Die Liebe kam mit dem Regen


Draußen ist es noch dunkel als Nicole das Bett verlässt und ins Bad schlurft
Heute hatte sie Frühschicht und das würde wieder stressig werden.
Bereits um viertel vor acht standen die Kunden schon lange vor dem Supermarkt in dem sie als Kassiererin arbeitete.
Und wenn dann um acht die Tür aufgesperrt wurde, dann stürmten sie herein, wie eine Herde wild gewordener Affen.
Nicole seufzte und betrachtete ihr Spiegelbild. Zweiunddreißig wurde sie bald und ihre biologische Uhr tickte und ihre ganze Sehnsucht galt einer eigenen kleinen Familie.
Aber die letzten zwei Jahre hatte sie neben dem Job auch noch ihre kranke Mutter gepflegt und da blieb für Männer wenig Zeit, obwohl sie gar nicht so schlecht aussah. Außerdem hatte die schlechte Erfahrung mit Richie sie misstrauisch gegenüber Männern werden lassen.
Seufzend wandte sie sich vom Spiegel ab.

Als sie wenig später aus der Haustür trat, prasselte der Regen in Sturzbächen vom Himmel.
Auch das noch!
Sie stülpte sich die Kapuze ihres Mantels über den Kopf und hastete zur U-Bahn.
Auch der Regen hielt die Leute nicht ab vom Einkaufen, nur ihre Stimmung spiegelt das schlechte Wetter wider.

(c) Helge L.

Nicole fiel es schwer ihr freundliches Lächeln beizubehalten, als sie in ihrem adretten Kittel mit dem Namensschild an der Kasse saß.
Immer wieder wurde sie von eiligen, schlecht gelaunten Kunden angekeift.
Und sie war froh, als der Blick auf die Uhr ihr zeigte, dass die Schicht bald zu Ende war.
Müde zog sie ihre verspannten Schultern hoch, da sah sie eine schmutzige kleine Hand, die 20 Cent und eine Packung mit Keksen auf das Laufband legte.
Bedauernd erklärte sie dem kleinen etwa sechsjährigen Mädchen:
Tut mir leid, Kleine, die Packung kostet einen Euro dreißig.“
Das Mädchen sah sie mit einem Blick an, der ihr fast das Herz zerriss, sammelte das Geld auf und lief hinaus.

Aufatmend verließ die junge Frau den Supermarkt.
Feierabend! Es hatte zu regnen aufgehört und so beschloss sie zu Fuß zu gehen.
Als sie in die nächste Querstraße einbog, sah sie das kleine Mädchen stehen.
Es wirkte irgendwie verloren und hustete heftig.
Spontan ging Nicole zu ihr hin.
Musst du denn nicht nach Hause?“
Das Mädchen erschrak und wollte weg laufen, da erkannte sie die freundliche Frau aus dem Supermarkt.
Wie heißt du denn?“
Christiane,“ murmelte die Kleine und scharrte verlegen mit den Füßen.
Nicole überlegte.
Sie konnte das Kind doch nicht einfach hier stehen lassen, außerdem war es viel zu leicht bekleidet bei dieser Kälte.
Da vorne ist ein Mac Donald, hast du Lust auf einen Burger?“
Christiane nickte heftig und strahlte, wobei eine Zahnlücke sichtbar wurde.
Da ihr die Kleine außer ihrem Namen nichts verraten wollte, nahm die junge Frau das Kind schließlich mit nach Hause.
Nach einem ausgiebigem Bad zog sie ihr einen Pullover über und steckte sie ins Bett, das im Zimmer ihrer Mutter stand.
Nachdem sie ihr noch eine Gute-Nacht-Geschichte erzählt hatte, gab sie ihr einen Kuss auf die Stirn.
Das Mädchen schlang beide Arme um ihren Hals und flüsterte:
Ich möchte bei dir bleiben.“
Nicole verließ leise das Zimmer, ließ aber die Tür etwas offen stehen, damit das Kind sich nicht fürchtete in der ungewohnten Umgebung.
Lange saß die junge Frau nun da und überlegte was sie machen sollte. Die Polizei anrufen oder das Jugendamt verständigen?
Nein! Das hatte Zeit !
Vermissen würde die Kleine sicher keiner, so verwahrlost wie sie aussah.
Morgen hatte sie Spätschicht, dann würde sie vormittags erst Mal für das Kind anständige warme Kleidung kaufen.
Aber mit ihren zerrissenen verschmutzten viel zu dünnen Kleidchen konnte sie das Mädchen nicht mitnehmen.
Ihre Mutter hatte doch immer so viele Stoffe gesammelt!
Kurzentschlossen setzte sie sich an die Nähmaschine und nähte eine Latzhose und dazu ein Jacke.
Außerdem fand sie noch einen Wollstoff den sie zu einem warmen Pullover verarbeitete.
Die Sachen sahen zwar nicht modern aus, aber waren wenigstens warm.

Nicole spürte einen warmen kleinen Körper neben sich und öffnete die Augen.
Ihr kleiner Schützling lag eng an sie gekuschelt und schlief.
Sie hatte gar nicht bemerkt, dass das Kind in der Nacht in ihr Bett gekommen war.
Lächelnd betrachtete sie das vom Schlaf gerötete Gesicht und verließ leise das Zimmer.
Als sie gerade den Tisch deckte kam die Kleine in die Küche.
Hier riecht es aber gut.“
Guten Morgen Spatz, das sind die Pfannkuchen, gehe ins Bad wasche dich und ziehe dich an, nach dem Frühstück gehen wir einkaufen. Ich habe dir gestern noch schnell etwas genäht, hoffentlich gefällt es dir.“
Die Hose und auch der Pullover passten wie angegossen, die Unterwäsche der Kleinen hatte sie gestern Abend noch gewaschen und über die Heizung gelegt.
Christiane lief zu der jungen Frau und schmiegte sich an sie. „ Danke!“
Später dann bummelten die Beiden durch die Geschäfte und kamen mit vielen Taschen beladen wieder nach Hause. Den warmen Mantel und die warmen Schuhe durfte das Mädchen gleich anbehalten.
Nachdem sie die Pizza verspeist hatten sah Nicole Christiane ernst an:
Ich muss bald in die Arbeit und kann dich nicht alleine hier lassen, willst du mir immer noch nicht sagen wo du wohnst?“
Das Mädchen schüttelte heftig den Kopf und klammerte sich schluchzend an die junge Frau:
Ich möchte bei dir bleiben, kannst du mich denn nicht in die Arbeit mitnehmen?“
Liebevoll strich ihr Nicole über den Kopf, „das geht nicht mein Schatz.“
Aber ich will auch ganz brav und still sein.“
Verzweifelt überlegte Nicole, ob sie frei nehmen sollte, doch so kurzfristig ging das nicht.
Dann fiel ihr Frau Jansen von gegenüber ein.
Und das sagte sie Christiane.
Die alte Frau erklärte sich gleich bereit.
Beim Abschied klammerte sich Christiane verzweifelt an Nicole.
Du kommst doch auch bestimmt wieder!“
Die alte Frau nickte Nicole beruhigend zu und so löste sich diese sanft aus der Umklammerung und verließ schnell die Wohnung.
Noch im Treppenhaus hörte sie das verzweifelt Weinen und es schnitt ihr ins Herz.
Bei der Arbeit heute war sie unkonzentriert und vertippte sich öfters und so war sie froh, als die Schicht zu Ende war.
Schnell hängte sie die Schürze in den Spind, da hörte sie auf dem Gang Stimmen.
Peter, der Biobauer, der jeden Abend den Markt belieferte.
Er hatte eine kleine Landwirtschaft und baute Biogemüse an, auch die Bioeier bezogen sie von ihm.
Außerdem hatte er ein Auge auf sie geworfen, was ihre Kolleginnen immer zum kichern brachte.
Er war ihr sympathisch aber mehr hatte sie noch nicht über ihn nachgedacht.
Dann fiel ihr ein, dass er einmal erwähnt hatte, dass er aus einer kinderreichen Familie stammte und ganz vernarrt in seine Neffen und Nichten wäre.
Außerdem arbeitete eine seiner Schwestern beim Jugendamt.
Sie stürzte auf den Gang, wo ihre Chefin und Peter standen. Die alte Frau grinste wissend und ging ihn ihr Büro.
Nicole kümmerte es nicht, was ihre Chefin vielleicht denken könnte.
Sie packte Peter am Ärmel und rief beschwörend:
Du bist genau der Mann den ich brauche!“
Einen Moment sah dieser sie verdutzt an, dann zog ein Grinsen über sein Gesicht.
Meine Rede!“
Da erst wurde Nicole bewusst, was sie gesagt hatte und wurde rot.
Sie fing zu stottern an: „nein, nein, so, so , ach welch ein Unsinn, ich brauche deinen Rat und deine Hilfe!“
Sofort wurde das Gesicht des Mannes ernst.
Komm!“ Er nahm ihre Hand und führte sie zu seinem Lieferwagen.
Dort erzählte Nicole nun dem aufmerksam zuhörenden Mann von der kleinen Christiane.
Peter ließ den Motor an. „Als ersten sollten wir die Kleine bei Frau Jansen abholen. Sagst du mir bitte deine Adresse.“
Nicole nannte sie und lehnte sich entspannt zurück. Sie betrachtete das energische und doch so sensible Gesicht des Mannes neben ihr.
Eine Schönheit im eigentlichen Sinn war er nicht, aber sie spürte die Kraft und Stärke, die er ausstrahlte und seine Verlässlichkeit.
All die Jahre lastete soviel auf ihren Schultern und ihr Verlobter war ihr keine Hilfe gewesen. Im Gegenteil er hatte nur immer gejammert und war beleidigt, wenn sie wieder mal keine Zeit für ihn hatte, weil es ihrer Mutter so schlecht ging.
Als sie bei Frau Jansen klingelten, öffnete Christiane die Tür und stürzte sich mit einem Freudenschrei in Nicoles Arme.
Dann erst bemerkte sie den Mann, der gerade Frau Jansen begrüßte.
Schüchtern drückte sie sich an Nicole.
Peter aber ging vor dem Kind in die Hocke.
Hallo, ich bin Peter und der Freund von Nicole, außerdem habe ich viele Nichten und Neffen, die sind genauso groß wie du.
Auch habe ich einen Bauernhof, mit kleinen Küken, zwei Katzen, einem Hund und sogar einem Pony.
Du kannst mich gerne mal mit Nicole besuchen. Willst du das“
Er gab ihr einen Nasenstüber.
Christiane nickte schüchtern lächelnd.
Ich habe einen Gemüseeintopf gemacht, viel zu viel, möchten sie etwas mitnehmen!“ fragte Frau Jansen.
Nicole bedankte sich bei der alten Frau.
Während sie dann die Suppe aufwärmte und den Tisch deckte hörte sie fröhliches Lachen aus dem Wohnzimmer.
Peter tappte brummend wie ein Bär auf allen Vieren herum und Christiane kringelte sich vor Lachen.
Später kam dann Jutta, Peters Schwester und gemeinsam gelang es ihnen von dem kleinen Mädchen die Adresse ihrer Mutter zu erfahren.
Aber Christiane erzählte ihnen auch, dass ihre Mutter bereits seit einigen Tagen nicht mehr nach Hause gekommen sei und als dann im Kühlschrank nichts mehr zu Essen gewesen war, habe sie das Geld genommen.
Dass es zu wenig war, hatte sie nicht gewusst.
Die drei Erwachsenen waren erschüttert.
Als Christiane dann im Bett lag, überlegten sie was weiter geschehen sollte.
Ich könnte dafür sorgen, dass du die Kurzzeitpflege bekommst bis man die Mutter gefunden hat.“ schlug Jutta vor.
Nicole nickte. „Kann ich das Kind nicht adoptieren?“
Dazu müsstest du verheiratet sein.“
Dem kann abgeholfen werden!“ rief Peter forsch.
Nicole sah ihn Stirn runzelnd an.
Soll das ein Heiratsantrag sein, wir hatten noch nicht einmal ein Date,“ rief sie empört.
Jutta gluckste und stand auf.
Das macht mal unter euch aus.“
Die beiden bemerkten nicht einmal, dass sie gegangen war.
Peter nahm Nicoles Gesicht in beide Hände und gab ihr einen zärtlichen Kuss.
Dann strich er zart eine Strähne ihres Haars aus dem Gesicht und meinte leise.
Ich liebe dich schon lange und weiß, dass du die Richtige bist, aber wir werden es langsam angehen.“

Christianes Mutter wurde in einer billigen Absteige mehr tot als lebend gefunden. Hier hatte sie ihre Freier empfangen, um ihre Drogensucht zu finanzieren.
Peter und Nicole heirateten und bekamen die Pflegschaft für Christiane und das Mädchen blühte auf.
Als ihre Mutter nach langem Siechtum dann starb wurde sie von ihren Pflegeeltern adoptiert und wurde ihren kleinen Geschwistern eine liebevolle große Schwester.

© Lore Platz 29.01.2019






Donnerstag, 24. Januar 2019

Rena und die lustigen Wörter








Rena und die lustigen Wörter



Die alte Frau betritt das Wohnzimmer und sieht lächelnd auf das friedliche Bild.
Ihre Enkelin kuschelt in der Sofaecke, ein Buch vor der Nase, auf ihren Füßen liegt eingerollt der dicke Kater Mohrle.
Die junge Frau hebt den Kopf und lächelt ihr zu.
Was liest du denn da?“
Ich habe das Buch auf dem Speicher gefunden und es ist ja so lustig.
Die Schriftstellerin heißt Hedwig Courths Mahler“
Die Oma runzelt die Stirn.
Als junges Mädchen habe ich diese Bücher verschlungen, obwohl sie im Internat nicht erlaubt waren. Doch irgendwie ist es einem der Mädchen immer gelungen sie einzuschmuggeln.
Und dann saßen wir auf dem Bett mit hochroten Wangen und Tränen in den Augen und lasen die herzzerreißenden Geschichten. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass ein lustiges Buch dabei war.“
Rena kichert.
Die Geschichte ist immer noch voller Herzschmerz, aber nicht nur der Stil ist lustig, auch einige Wörter die vorkommen.
'Erlaucht' das Wort habe ich noch nie gehört, wer spricht heute noch jemanden so an.“
Die Oma lächelt.
Nach dem ersten Weltkrieg hat der Adel ja auch seine Bedeutung verloren.“
Ihre Enkelin grinst.
Und hier, der Notar öffnet mit wichtigem Blick das Testament des 'Erblassers,' als ich dieses Wort das erste Mal sah, las ich Er-blasser, obwohl so ein Erb-lasser ist ja wohl auch sehr blass.“
Rena will sich ausschütten vor Lachen und Mohrle maunzt verärgert, streckt sich und rollt sich auf der gegenüberliegenden Sofaecke zusammen.
Frau Baumeister schüttelt den Kopf.
Alte Spottdrossel!“
Rena grinst nur.
Da gibt es noch mehr so komische Wörter.
Der Graf möchte eine schlichte einfache Hochzeit ohne Brimborium und sein Schwiegervater gibt seiner Tochter das Anwesen als Morgengabe.“
Nun das ist nichts anders als die Mitgift, die Bräute mit in die Ehe bringen,“ erklärt ihre Oma, was bei Rena einen erneuten Lachanfall auslöst.
Das ist auch so ein Wort. Die Braut bekommt das Gift gleich mit, wenn ihr der Ehemann mal auf den Wecker fällt.“
Die alte Frau schüttelt den Kopf, dann muss sie mitlachen.
Naja die Sprache hat sich im Laufe der Jahre verändert.“
Rena wirkt nachdenklich.
Du weißt ja, dass ich als Kind die Bücher von Karl May verschlungen habe und da waren viele französische Wörter.“
Nun in der Zeit, in der Karl May lebte, waren ja auch die deutsch-französischen Kriege und das schlägt sich auch in der Sprache nieder.
So wie wir nach dem zweiten Weltkrieg unter amerikanischem Einfluss sind und die englischen Wörter unsere Sprache unterwandern.“
Rena überlegt einem Moment, dann lacht sie wieder.
Um nochmal auf das Buch zurückzukommen.
Die Menschen darin sind ja so was von steif. Die Männer so wohlerzogen und höflich, nach dem Motto 'errötend folgt er ihren Spuren'.
Und die Mädchen so schüchtern und sie leiden mit niedergeschlagenen Augen, brrrrr.“
Das Mädchen schüttelt sich.
Frau Baumeister lacht.
Nun die Geschichten spielen um die Jahrhundertwende und spiegeln diesen Zeitgeist und die Erziehung wider.“
Dann bin aber froh, dass ich im Jahr 2017 lebe! Stell dir vor Omi, wenn wir damals gelebt hätten, dann müsste ich dir jedes-mal, wenn ich dich besuche und begrüße ehrfürchtig die Hand küssen, statt dich in die Arme zu nehmen und liebevoll zu knuddeln. Und mit Uli müsste ich ins Theater gehen, wo wir steif nebeneinandersitzen müssen und nicht mal Händchen halten dürfen, denn es gab ja kein Kino.“
Wie elektrisiert springt sie auf.
Kino! gleich kommt Uli. Er hat versprochen mit mir in den Film 'Es' von Stephen King zu gehen. Ich muss mich fertig machen!“
Später, als Rena von ihrem Freund abgeholt worden ist, geht Frau Baumeister ins Wohnzimmer.
Sie nimmt das alte Buch in die Hand, betrachtet es versonnen, setzt sich auf ihren Lesesessel, nimmt ihre Lesebrille und beginnt zu lesen.
Mohrle verlässt das Sofa, springt der alten Dame auf den Schoß, rollt sich umständlich zusammen und beginnt zu schnurren.

© Lore Platz   2017



Mittwoch, 23. Januar 2019

Schäfflertanz - Erinnerungsgeschichte

 Heute fand ich in meinem Postfach eine Einladung von einem ortsansässigem Betrieb. Am Sonntag wird vor diesem Betrieb ein Schäfflertanz vorgeführt.
Leider bin ich ja gehbehindert, denn dieser Tanz ist ein  besonders schönes Ereigniss. 
Einer Legende nach gibt es den Schäfflertanz seit dem Jahr 1517. Damals herrschte in ganz Europa die Pest. Da sich die Menschen kaum noch auf die Straße trauten, ging ein Schäffler hinaus und führte einen Tanz auf, um so die Leute wieder ins Freie zu locken.
Ein Schäffler war ein Fassmacher, deshalb sind die Tänzer mit einer schwarzen Kniebundhose, einer roten Jacke, einem Lederschurz und einer grünen Kappe bekleidet. 

 

 
Hilfe bringt die Feuerwehr


Als ich unlängst in meiner Fotokiste kramte, fiel mir ein Bild von einer Gruppe Schäffler aus dem
Jahre 1949, übrigens meinem Geburtsjahr, in die Hände.
Ob mein Vater deshalb diese Gruppe aufgenommen hat?
Der Legende nach wurde der erste Tanz der Schäffler in München im Jahre 1517 während einer Pestepidemie aufgeführt, als sich die Menschen nicht mehr auf die Straße wagten.
Doch erstmals nachgewiesen ist der Schäfflertanz im Jahre 1702.
Die Legende dürfte im 19. Jahrhundert entstanden sein.
Denn ob 1517 in München wirklich eine Pestepidemie war, kann nicht nachgewiesen werden.
In den Sterberegistern dieser Zeit standen keine auffälligen Todesraten.
Die Tanzfiguren der Schäffler bestehen neben den Tänzern, aus dem Vortänzer, dem Fass -Schlager
( Sie schlagen mit dem Hammer auf die Fässer)
und den Reifenschwinger, die einen Holzreifen in dem auf einer kleiner Vertiefung ein volles Weinglas (oder Schnapsglas) steht schwingen, ohne einen Tropfen zu verschütten.
Vergessen darf man auch natürlich den Kasperl nicht, der mit Gstanzl (gesungene Reime) die Leute derblekkt (verspottet)
Einmal war sogar meine große Schwester Karin Ziel ihres gutmütigen Spottes.
Meine Schwester arbeitete im Sommer nebenbei in einem Biergarten als Kellnerin.
Eines nachts, nachdem sie noch abgerechnet hatte setzte sie sich ins Auto und fuhr die etwa
15 Kilometer nach Hause.
Ich kann mich noch erinnern, es war eine hellblauer Opel mit weißem Dach und gehörte meinem Vater.
Zu Hause angekommen stellte meine Schwester fest, dass sie die Schlüssel liegen gelassen hatte.
Wie nun ins Haus kommen, ohne alle rebellisch zu machen.
Sie sammelte einige Kieselsteine und bombardierte mein Fenster.
Aber ich schlief natürlich so tief wie ein Bär im Winter und hörte nichts.
Es war zwar Sommer, aber im Auto schlafen wollte meine Schwester nun doch nicht, auch zurückfahren hatte keinen Sinn.
Denn auch in dem Gasthof würden alle jetzt friedlich schlafen.
Sie schaute sich um, als ein herzhaftes Lachen hinter ihr ertönte.
Über den Dorfplatz kamen zwei Floriansjünger geschlendert, die ihre Bemühungen schon eine
Zeitlang feixend beobachtet hatten.
Karin schilderte kurz ihre blöde Situation.
Dann wollte sie wissen, was die beiden zu so später Stunde noch hier machten.
Die beiden jungen Männer deuteten hinüber zum Sparkassenplatz wo ein wunderschöner Altar aufgebaut worden war und drei weiter Floriansjünger eifrig winkten.
Morgen war nämlich Primiz und die jungen Burschen mussten den Altar bewachen.
Karin schlenderte mit ihnen hinüber und mit großem Hallo wurden sie begrüßt.
Für die Feuerwehrmänner war dies eine willkommene Abwechslung in der langweiligen Nachtwache.
Karin wurde eine Leberkässemmel in die Hand gedrückt und auch aus der kreisenden Bierflasche durfte sie einen Schluck nehmen.
Als die Kirchturmuhr aber dreimal schlug, bekam meine Schwester doch einen Schrecken.
Nun wurde beratschlagt, wie man dem Mädchen helfen konnte und dann kam einer auf die glorreiche Idee das Feuerwehrauto zu holen und Karin sollte dann über die ausgefahrene Leiter in das offen stehende Wohnzimmerfenster im ersten Stock klettern.
Vergnügt machten sich alle auf den Weg zum Spritzenhaus.
Für die Jungs war das eine Riesengaudi.
Unter viel Gelächter wird das große rote
Feuerwehrauto geholt und vor unserer Wohnung dann die Leiter ausgefahren.
Unter den leisen anfeuernden Rufen der jungen Männer kletterte Karin hinauf.
Bevor sie im Zimmer verschwand warf sie ihren freundlichen Kavalieren noch ein Kusshand zu.
Beim nächsten Schäfflertanz wurde diese Geschichte dann als Gstanzl gesungen.
Und erst da haben meine Eltern alles erfahren.
Übrigens sind die Schäffler auch auf dem Rathaus von München zu sehen.
Zu der Melodie „aber heit is koalt, aber heit is koalt, drehen sich die Figuren im Kreis und im Sommer ist der Platz vor dem Rathaus von Touristen besetzt die alle nach oben sehen und die Kameras zücken.


© Lore Platz 23.01.2019







Dienstag, 22. Januar 2019

Einmal Himmel und zurück

Habe mich gestern geärgert, denn durch die Rentenerhöhungen der letzten Jahre muss ich auf einmal meine Rente versteuern.
Ich werde dieses Jahr 70 und hatte eigentlich gedacht mich nie mehr mit nervenaufreibendem Papierkram rumschlagen zu müssen.
Aber die Bürokraten werden noch an meinen Sargdeckel klopfen und fragen:
"Frau Platz haben sie etwas zu verzollen oder zu versteuern, bevor sie in den Himmel eintreten?" 
Aber wie heißt es so schön, nicht ärgern nur wundern.
Freut euch lieber an meiner Geschichte. 
Viel Spaß beim Lesen!
 
(c) Peter S.

 
Einmal Himmel und zurück


Anna stand vor der Tür der kleinen Bergpension und genoss den Ausblick.
Als sie vor fünf Tagen hier ankam, war sie verzweifelt und total unglücklich und ihr Leben ein einziger Scherbenhaufen.
Doch die herrliche Landschaft, die Freundlichkeit der Menschen und ihre täglichen einsamen Wanderungen in die herrlichen Bergen, hatten sie viel ruhiger werden lassen.
Außerdem war sie, als sie einen verwundeten kleinen Falken gefunden hatte und ihn, in ihre Jacke gewickelt, ins Tal brachte, dem hiesigen Tierarzt Jochen Berner begegnet und seine liebevolle Art mit dem Tier umzugehen hatte eine Seite in ihr zum klingen gebracht.
Hinter ihr trat die mollige Pensionswirtin aus der Tür.
Fräulein Anna, ich habe ihnen eine Brotzeit gerichtet und eine Thermoskanne mit Kaffee, hell und süß, wie sie ihn mögen.“
Dankend nahm die junge Frau die Kanne und die eingewickelten Brote und verstaute sie in ihrem Rucksack.
Die Wirtin drückte ihr nun noch einen Plan in die Hand.
Hier sind die Schutzhütten verzeichnet, versuchen sie immer in deren Nähe zu bleiben, denn das Wetter schlägt schnell um in den Bergen.
Anna schulterte ihren Rucksack und mit einem Gruß ging sie den Abhang hinunter und dann hinauf Richtung Gogelalm.


Einige Stunden wanderte sie nun schon in der sengenden Hitze, ließ sich dann an einem Felsen nieder und machte Brotzeit.
Tief aufatmend schweifte ihr Blick umher und plötzlich fiel ihr auf, dass die Vögel verstummt waren und auch sonst lähmende Stille herrschte.
Dunkle drohende Wolken türmten sich am Himmel und ein heftiger Wind brachte die Bäume und Gräser zum Zittern.
Anna faltete den Plan auseinander, um die nächste Schutzhütte zu suchen, doch der Sturm der jetzt aufbrauste, riss ihr das Blatt aus der Hand, spielte mit ihm und trieb es wild aufheulend vor sich her.
Das Mädchen raffte ihre Sachen zusammen und rannte los.
Bald bemerkte sie, dass sie sich vollkommen verirrt hatte.
Ein Poltern hinter ihr ließ sie umschauen und entsetzt sah sie, wie Geröll und Steine sich vom Berg lösten und direkt auf sie zukamen.
Mehr schlitternd als rennend lief sie den Weg nach unten, das Tosen hinter ihr nahm kein Ende.
Dann spürte sie einen harten Schlag auf dem Kopf und um sie war Schwärze.

Stimmen und Licht umgab sie und sie fühlte sich wie in Watte gepackt.
Dann hörte sie einen entsetzten Aufschrei:
Herzstillstand, wir verlieren sie!“
Eine andere Stimme brüllte: „Reanimieren!“
Anna aber fühlte sich sehr glücklich und sah sich plötzlich in einem Tunnel, an dessen Ende ein helles strahlendes Licht leuchtete.
Sie lief darauf zu und kam auf eine herrliche sonnenbeschienene Wiese voll leuchtender Blumen, von Bienen um schwirrt und Schmetterlingen um tanzt.
Kinder spielten und ihr fröhliches Lachen spiegelte sich auf den Gesichter der Erwachsenen die in Gruppen standen, oder im Gras bei einem Picknick saßen, wider.
Anna sah an sich herunter und stellte fest, dass sie anstatt der Krankenhauskleidung nun ihre Jeans und ein T-Shirt trug.
Langsam ging sie über die Wiese, grüßte freundlich die Menschen um sie herum, die fröhlich zurück grüßten, dann sah sie, wie sich zwei alte Leute aus einer Gruppe lösten und auf sie zu eilten.
Oma, Opa!“ jubelte sie und bald hielten die drei sich umfangen.
Ihre Großeltern führten sie auf eine Bank und nun musste Anna erzählen von den Eltern daheim und was ihr passiert ist.
Ein bisschen jung bist du, um schon hier bei uns zu sein,“ brummte der Großvater.
Anna sah sich glücklich um.
Es ist so wunderschön hier und ich fühle mich so wohl, wie schon lange nicht mehr.“
Eine Weile schwiegen alle drei, dann meinte ihre Oma.
Hast du dich schon angemeldet?“
Muss man sich denn anmelden?“
Der Opa kicherte: „Auch der Himmel bleibt nicht verschont von der Bürokratie.“
Die beiden Alten nahmen nun ihre Enkelin in die Mitte und führten sie zu einem großen weißen Gebäude.
An einer Tür stand Anmeldung und sie reihten sich in die lange Schlange ein.
Ein hübsches rothaariges Mädchen auf Rollschuhen brachten ihnen auf einem Tablett Getränke und etwas skeptisch besah sich Anna in ihrer Tasse die farblose Flüssigkeit.
Was ist das?“
Probiere!“ lachte die Oma.
Hm, das ist ja Kaffee so wie ich ihn liebe!“
Ja, hier im Himmel kann man essen und trinken was man sich wünscht,“ meinte ihre Oma fröhlich.
Nur mein geliebtes Bier nicht, denn im Himmel ist Alkohol verboten,“ brummte der Opa, zwinkerte aber seiner Enkelin fröhlich zu.
Endlich dürfen sie in das große Büro treten.
An einem Schreibtisch saß ein Mann mit einer riesigen Brille auf der Nase und schaute in ein großes aufgeschlagenes Buch.
Name?“ fragte er kurz angebunden.
Anna Möller!“
Der Engel runzelte die Stirn und suchte die Listen rechts und links ab, blätterte rückwärts und vorwärts, dann hob er den Kopf und sah Anna an.
Ich kann sie nicht finden, welcher Engel hat sie herauf begleitet?“
Ich bin allein gekommen.“
Einen finsteren Blick auf sie werfend wendete sich der Mann an den Jungen hinter ihm, der an einem Computer saß.
Gib den Namen ein.“
Die Finger des Jungen fuhren flink über die Tasten und Anna sah ihr Bild auf dem Bildschirm erscheinen.
Sterbetag 12. Oktober 2074,“ schnarrte das Bürschlein.
Sie sind sechzig Jahre zu früh gekommen, sie müssen sofort zurück.“
Streng sah der Büroengel das junge Mädchen an.
Der Opa aber hatte sich leise hinter den Jungen am Computer geschlichen.
Plötzlich wurde das Bild auf dem Apparat schwarz und der Jüngling drehte sich um und warf dem alten Mann einen finsteren Blick zu.
Annas Opa grinste, er hatte genug gesehen.
Der Aufnahmeengel aber drückte eine Taste und sprach in den kleinen Apparat: „Welcher Engel ist gerade frei, er muss ein Mädchen zurück begleiten.“
Doch Annas Großvater legte seine riesige Pranke auf die feingliedrigen Finger des Mannes und meinte:
Wir werden unsere Enkelin selbst zum Tunnel begleiten.“
Der Engel sah ihn kurz an, dann sprach er in das Sprechgerät. „ Hat sich erledigt!“
Die alten Leute führten Anna nach draußen und setzten sich auf eine Bank.
Ich möchte nicht gehen, hier ist es so schön und friedlich und zum ersten Mal seit langem fühle ich mich wieder froh und frei. Mein Leben ist zur Zeit ein einziges Chaos. Mein Freund ist nach vier Jahren ausgezogen, weil er mich nicht mehr lieb hat. Ich muss mir eine kleinere Wohnung suchen, weil ich die Miete nicht bezahlen kann und mein Job füllt mich auch nicht aus. Lasst mich doch hier bleiben!“
Liebevoll strich ihr die Oma über die Locken.
Du hast ja gehört, du bist sechzig Jahre zu früh gekommen. Bist du denn nicht neugierig was das Leben dir noch bietet. Nach Regen kommt Sonnenschein! Und denk doch an deine Eltern, wie traurig sie sind, wenn sie ihr einziges Kind so früh schon verlieren.“
Anna senkte beschämt den Kopf.
Der Opa aber meinte schmunzelnd:
Ich habe doch ein wenig in deiner Akte gelesen bis der verdammte Bas...!“ „Ferdinand!“
Ja, ja, ich weiß wir sind im Himmel, Fluchen und Schimpfwörter verboten.“
Anna sah wie ihr Opa leicht errötete und grinste.
Dieser aber zwinkerte ihr zu und fragte ganz harmlos:
Kennst du jemanden, der Jochen heißt?“
Nun errötete Anna und verlegen erzählte sie von dem jungen Tierarzt, den sie vor kurzem an ihrem Urlaubsort kennen gelernt hatte.
Ferdinand Möller aber lehnte sich behaglich zurück und erzählte den beiden Frauen was er in der Akte von Anna lesen konnte.
Anna würde den Jochen Berner heiraten, vier bezaubernde Kinder bekommen, eine Schar Enkelkinder und genauso eine lange und glückliche Ehe führen wir ihre Großeltern.
Ist das kein Grund zurück zu gehen?“ beendete der alte Mann schmunzelnd seinen Bericht.
Anna strahlte und sprang auf.
Sich an den Händen haltend liefen die drei nun los.
Mit dem Rücken zum Tunnel stand das Mädchen da und umklammerte die Hände ihrer Großeltern.
Sie konnte sich nicht trennen.
Ein Ruck ging durch ihren Körper, die Hände entglitten ihr und sie wurde in den Tunnel gezogen.
Ihre Großeltern wurden immer kleiner, bis sie ganz verschwanden.

Gott sei dank, wir haben sie wieder!“ hörte das Mädchen eine Stimme und öffnete die Augen.
Das weiße sterile Krankenzimmer war voller Menschen. Ärzte und Schwestern standen mit erleichterten Gesichtern um ihr Bett.
Im Hintergrund sah sie ihre Eltern, denen die Tränen über das Gesicht liefen und hinter ihnen war Jochen.
Sie bemerkte die Liebe, aber auch die Angst in seinen Augen und Anna lächelte, schloss die Augen und schlief dem Leben entgegen.


© Lore Platz  22.01.2019