Montag, 3. April 2023

Der Tag, an dem die Hühner streikten

Diese Geschichte möchte ich meiner verstorbenen Freundin Heide Marie Kalitta widmen, die mir extra ein Bild dafür gemalt hat. 
Wo immer du jetzt bist liebe Heide Marie, ich hoffe du freust dich darüber.
(c) Heide Marie Kalitta



 Der Tag, an dem die Hühner streikten



Heute kann ich es euch ja erzählen, denn es ist alles gut ausgegangen und ich denke mal jeder hat seine Ostereier gefunden.
Dabei war vor einigen Tagen noch gar nicht so sicher, ob es diesmal klappt mit den Ostereiern.
Und das kam so.

(c) Irmgard Brüggemann


Zwischen Himmel und Erde liegt das Zauberland und dort wohnt der Osterhase mit seiner Frau und seinen Kindern.
Das sind die drei Jungen Schlitzohr, Bertl und Angsthase und die drei Mädchen Myrtel, Fellchen und Samtpfote.
Sie wohnen inmitten einer großen Wiese in einem riesigen Haus, das aussieht wie ein Osterei.
Hinter dem Haus gibt es einen Garten, in dem Mutter Osterhase Karotten, Salat und verschiedene leckere Kräuter angepflanzt hat.
In dem schmucken Gartenhäuschen sind die Farbeimer und Pinsel, sowie der große gusseiserne schwarze Kessel in dem die Eier gekocht werden, untergebracht.
Alles ist sehr ordentlich, denn Frau Osterhase legt darauf großen Wert.
In der großen offenen Scheune am Rande der Wiese steht der Pritschenwagen, mit dem sie in der nahegelegenen Farm die Eier abholen und natürlich damit auch in die Menschenwelt fahren, um sie zu verstecken.

 
(c) Irmgard Brüggemann

 Schlitzohr liegt gerade unter dem Wagen und streckt die Hand aus.Schraubenzieher!“
Welchen denn?“ fragt Bertl
Schlitzohr rutscht unter dem Wagen hervor und seine Brüder fangen an zu lachen, denn er ist ganz schwarz im Gesicht.
Vater Osterhase kommt in die Scheune und auch er schmunzelt.
Seid ihr so weit Jungs, wir müssen los.“
Gleich muss nur noch eine Schraube anziehen!“ ruft Schlitzohr, der sich inzwischen den Schraubenschlüssel selbst genommen hat.
Wenig später, nachdem sich der Hasenjunge noch schnell gewaschen hat, sind sie auf dem Weg zur Hühnerfarm.
Sie ahnen nicht, was dort auf sie wartet.

 
(c) Roswitha und Werner B.


Auf der Hühnerfarm herrscht nämlich große Aufregung.
Die schöne Louisa thront auf dem großen Stein inmitten des Hofes und hält eine flammende Rede.
Die dicke Berta, die mit ihren Freundinnen bei einem gemütliche Tee zusammen sitzt, guckt aus dem Fenster.
Es ist Louisa, seit sie aus dem Ei geschlüpft ist hält sie sich für etwas besseres und verbreitet immer wieder Unruhe und besonders das Jungvolk hört auf sie. Was sie diesmal wohl wieder vorhat. Kommt wir wollen mal nachsehen.“
Berta und ihre drei Freundinnen verlassen das Häuschen und nähern sich dem Versammlungsort.
Wir werden, wenn heute der Osterhase kommt, die Eier nicht ausliefern!“ ruft Louisa gerade triumphierend und die anderen schreien begeistert „Jaaaaa!“
Nur einige der älteren Hühner sind still und machen ein bedenkliches Gesicht.

 
(c) Roswitha und Werner B.

Berta drängt sich nach vorne.
Was soll denn der Unsinn, Louisa! Die Eier stehen doch schon verpackt in Körben im Schuppen. Was für eine verrückte Sache hast du dir denn jetzt wieder ausgedacht!“


 
(c) Irmgard Brüggemann

Die junge Henne wirft ihr einen spöttischen Blick zu.
Seit Jahren arbeiten wir für den Osterhasen und welchen
Dank bekommen wir. Wir legen die Eier!!! Und nur weil der Osterhase ein paar Farbtupfer drauf gibt wird er gerühmt.
Manche Kinder glauben ja sogar, dass die Hasen auch noch die Eier legen. Habt ihr schon jemals ein Kind sagen hören, die lieben Hühner legen uns die Eier? Nein!, der liebe Osterhase bringt sie uns, ach wie ist er doch soooo lieb!“
Louisa hat sich richtig in Fahrt geredet und die anderen Hühner nicken zustimmend.
Berta aber schüttelt nur den Kopf.
So ein Unsinn, wir arbeiten für den Osterhasen und liefern die Eier, dafür besorgt er Futter für uns, hat uns diese hübschen Häuschen gebaut und außerdem den schützenden Zaun, durch den kein Fuchs oder Marder kommt.“
Louisa wirft ihr einen listigen Blick zu, dann wendet sie sich an die anderen.
Wer dafür ist, dass wir dem Osterhasen keine Eier ausliefern, der hebe den rechten Flügel.“
Fast alle Flügel schießen in die Höhe.
 
(c) Irmgard Brüggemann

Und so kommt es, dass der Osterhase und seine Söhne vor verschlossenen Türen stehen, als sie wenig später die Eier abholen wollen.
Besorgt fahren sie wieder nach Hause, nachdem ihnen die dicke Berta gesagt hat, was los ist.
Mittlerweile ist es wieder ruhig geworden auf dem Hühnerhof. Die älteren Hühner haben sich besorgt in ihre Hütten zurückgezogen und das Jungvolk, das noch vor kurzem so begeistert 'Ja' geschrien hatte, schleicht leise über den Hof und wirft immer wieder einen scheuen Blick auf die Körbe voll Eier.
Louisa aber sitzt vor dem Spiegel und sieht sich selbstgefällig von allen Seiten an.
Sie ist sehr zufrieden mit sich, schon seit sie erfahren hat, wie beliebt der Osterhase bei den Kindern ist, war sie
neidisch.
Dabei hat sie noch gar kein Osterfest erlebt, da sie ja noch sehr jung ist. Aber sie ist nun mal sehr eitel und alles soll sich nur um sie drehen.
Jetzt hat sie es diesen Osterhasen gezeigt, die werden sich ärgern, schade dass sie das nicht sehen kann. Warum eigentlich nicht? Sie würde heimlich die Osterwiese beobachten.
Vergnügt springt sie auf und verlässt den Hof.
Berta sieht zufällig aus dem Fenster, als Louisa durch das Tor schlüpft.
Dieses dumme Ding!“ schimpft sie leise, „sie weiß doch, dass draußen der Fuchs lauert.“
Berta wirft sich ihren Umhang um und verlässt ebenfalls ungesehen den Hof.
In der Ferne sieht sie die junge Henne, die stolz erhobenen Hauptes auf den Wald zu schreitet.
Aber Berta sieht auch ein rotbraunes Fell aufleuchten
und erschrickt. Der Fuchs!
Und dann hört sie schon Louisa kreischen und rennt los.
Gerade noch sieht sie wie der Rotpelz die zappelnde Henne in seinen Bau schleppt.
Tränen laufen der guten Berta über die Wangen.
Wenn Louisa auch keine besonders nette Henne ist, aber diesen Schicksal hat sie nicht verdient.
Der Fuchs kommt wieder aus dem Bau und rennt schnell durch den Wald.
Berta versteckt sich im Gebüsch, bis er vorüber ist, dann schleicht sie vorsichtig in die Höhle, voller Angst was sie da vorfindet.
Louisa lebt noch, aber sie steckt in einem Käfig und starrt mit vor Angst geweiteten Augen auf die Tür, die sich langsam öffnet.

(c) Irmgard Brüggemann

Im hellen Licht, das von draußen herein kommt, erkennt sie Berta und atmet erleichtert auf, als sie die alte Henne erblickt.
Berta, bitte Hilf mir, der Fuchs ist zu seinem Freund dem Marder, um ihn zum Festessen einzuladen und auf der Speisekarte werde ich stehen.“
Louisa heult laut auf und zittert am ganzen Körper.
Berta untersucht das Schloss des Käfigs, aber sie stellt gleich fest: 'das kann sie nicht öffnen.'
Ich hole Hilfe!“
Bleib hier Berta!“ jammert Louisa, doch diese ist schon durch die Tür.
Und Berta rennt, als gelte es das eigene Leben und erst auf der Osterhasenwiese fällt sie außer Atmen ins Gras.
Die Hasen kommen angelaufen und nachdem Berta endlich wieder etwas Luft bekommt, erzählt sie was geschehen ist.
Vater Osterhase und die Jungen laufen sofort los, während Frau Osterhase mit Berta ins Haus geht, um ihr einen Beruhigungstee zu kochen.
Erschöpft lässt die Henne sich auf einen der gemütlichen Sessel fallen. Myrtel stopft ihr ein Kissen hinter den Rücken, Fellchen legt ein anderes unter ihre Füße und Samtpfötchen reicht ihr knicksend die Tasse mit heißem Tee.
Dann setzen sich die Hasenmädchen zu ihren Füßen und Berta muss erzählen wie sie in die Fuchshöhle geschlichen war.
Mutter Osterhase aber geht vors Haus, um auf die Retter zu warten.
Endlich kommen sie aus dem Wald und in ihrer Mitte eine zerzauste, verlegene aber auch glückliche Louisa.
Unterwegs hat sie sich mehrmals bei dem Osterhasen entschuldigt und versprochen, dass sie die Eier bekommen werden.
Die Hasen fahren auch gleich zusammen mit Louisa zur Farm, denn die Zeit drängt.


 
(c) Irmgard Brüggemann

Berta aber schielt auf die leckeren Erdbeertörtchen auf dem Tisch und meint:
Ich bin noch viel zu erschöpft und kann mich kaum auf den Füßen halten.“
Dann nimmt sie ein Erdbeertörtchen und lässt es blitzschnell im Schnabel verschwinden.
Lautes Hupen verkündet die Ankunft des Wagens.
Auf der Ladefläche aber zwischen den Körben mit Eiern sitzt das ganze Federvolk und flattert nun gackernd auf die Wiese.
Herr Osterhase aber tritt zu seiner Frau, die etwas entsetzt auf die kreischenden Gäste blickt.
Ich habe sie eingeladen uns zu helfen. Vielleicht könntest du ja für sie deine berühmten Erdbeertörtchen backen, die Mädchen sollen dir helfen.“
Drei würdevolle ältere Hennen kommen nun auf sie zu.
Jede von ihnen trägt einen großen eleganten Hut, auf dem lustig eine Feder hin und her schwankt.
Höflich grüßen sie und fragen nach ihrer Freundin Berta.
Frau Osterhase führt sie ins Haus und aufgeregt gackernd umringen sie ihre Freundin, die wieder mit Genuss ihr Abenteuer erzählt. Dabei wird der Kuchenteller überraschend schnell leer.
Frau Osterhase winkt die Mädchen in die Küche und während Samtpfötchen und Fellchen im Garten Erdbeeren, Himbeeren und Heidelbeeren pflücken, bereiten die Mutter und Myrtel in der größten Schüssel den Teig zu.
Nur wie sie den Tee servieren soll, da sie nicht genügend Tassen hat, weiß Frau Osterhase nicht.
Herr Osterhase und seine Söhne haben inzwischen den großen Topf aus dem Schuppen gerollt, um schwirrt von dem lärmenden Hühnervolk.
Sie begleiten die Hasen zum Bach und sehen dann staunend zu, wie das Feuer unter dem großen Topf, der nun voll Wasser ist, entfacht wird.
Als es brodelt und sprudelt werden die Eier mit großen Löffeln vorsichtig im Wasser versenkt, begleitet von den
Ahh und Ohhs“ der Zuschauer.
Dann werden die Tische mit den Farbeimern aufgestellt und die Hasen beginnen zu malen.
Die Hennen aber drängen so nahe heran, dass sie die Künstler in ihrer Arbeit behindern.


Aber Herr Osterhase, den nichts aus der Ruhe bringt, lässt von Schlitzohr und Bengel einen extra Tisch aufstellen und bittet die Hühnern doch selbst einige Eier zu bemalen.
Nun bekommt jedes Huhn ein Ei, doch die beiden Hasenjungen erklären feixend, als der Vater außer Hörweite ist, leider gäbe es nicht genug Pinsel.
Aber womit sollen wir denn die Eier bemalen?“ rufen die zukünftigen Künstlerinnen enttäuscht.
Ihr habt doch eure eigenen Pinsel dabei,“ grinsen die Jungen und Kikki, die Kleinste, versteht sofort und taucht ihren Flügel vorsichtig in den Topf mit roter Farbe und fährt dann über das Ei, und freut sich über die roten Wellen, die sie hinterlässt.
Nun sind auch die anderen Hühner nicht mehr zu bremsen und bald sind sie bunter als die Eier.
Aber sie haben alle einen große Spaß und jubeln, kreischen und gackern.
So laut war es auf der Osterwiese noch nie.
Bald sind alle Eier trocken und in Körben verpackt zur morgigen Abfahrt bereit.
Die Hühner aber torkeln zum Bach, um sich zu waschen.
Dann gibt es Gebäck und Tee.
Frau Osterhase hat den Tee in einen großen Eimer geschüttet und ihre Gäste können daraus mit einer Schöpfkelle trinken.
Endlich flattern die müden, aber glücklichen Hühner auf den Pritschenwagen und Schlitzohr fährt sie nach Hause.

(c) Irmgard Brüggemann


Erschöpft lehnt Frau Osterhase sich an ihren Mann.
Was für ein Spektakel,“ stöhnt sie.
Der Osterhase grinst leicht verlegen.
Ich habe sie eingeladen nächstes Jahr wieder zu helfen.“
Oh nein!“ ruft seine Frau entsetzt, doch dann kichert sie.
Wenigstens ist ein ganzes Jahr dazwischen!“
Und lachend gehen sie ins Haus.

© Lore Platz





6 Kommentare:

  1. Das ist eine liebevolle Erinnerung an Heide,Danke Lore.Das war sehr lieb.

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  2. Eine sehr schöne Geschichte im Gedenken an Heide !

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  3. Wie wunderschön in Angedenken an unsere liebe Freundin Heide Marie.

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  4. Diese Geschichte so schön und passend in diesen Tagen.
    Das Bild mit den herausgeputzten Hühnern, liebevoll gemalt von Heide Marie, erinnert fein an sie und ihre wunderbare Fantasie.
    Danke liebe Lore

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  5. Der vorherige Dank kam von Monika

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  6. Liebe Lore,
    diese Geschichte und dazu das Bild, welches deine Freundin Heide Marie gemalt hat, passen perfekt zusammen. So hast du ein unvergängliches Andenken an deine Freundin.
    Ich wünsche dir ein frohes Osterfest und hoffentlich ein bisschen Sonne, denn die brauchen wir inzwischen alle.
    Astrid

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