Freitag, 17. Mai 2019

Geschichten aus dem Zauberwald

Mit dem Ende meiner Geschichte wünsche ich euch ein schönes Wochenende.
Die Geschichte von Mirzel und Melisande erzähle ich ein anderes Mal. 
Jetzt aber viel Spaß beim Lesen!





Atemlos stürmen die Kinder durch den Wald.
Sie haben keinen Blick für die herrlichen grün goldenen Sprenkel, die Frau Sonne in die Blätter zaubert und hören auch nicht das fröhliche Jubilieren der Vögel, die für die Hochzeit üben.
Sie haben nur Angst zu spät zu kommen.
Endlich erreichen sie Lilofees Garten.
Mume Immerzerstreut steht am Brunnen und bewundert sich im klaren Wasser.
Herrlich ist sie heraus geputzt.
Ihr kunterbuntes Kleid ist mit rosa Rüschen und lila Bändern verziert.
Auf ihrem Kopf thront ein riesengroßer Strohhut, beladen mit Kirschen und Äpfeln.
Uiiii!“ Mit offenem Mund bestaunen die Kinder ihre Großtante.
Lilofee kommt aus dem Haus, neben ihr hüpft Mathilde in den Garten.
Jubelnd laufen ihr die Kinder entgegen.
Bist du wunderschön!“ ruft Vanessa und auch Peter nickt anerkennend.
Lilofee sieht auch bezaubernd aus.
Ein unifarbenes zartgrünes Kleid aus feinster Seide umschmeichelt ihre grazile Gestalt, dazu hat sie ein gleichfarbiges Band in ihre Haare geflochten.
Madame Spinne und ihre Helferinnen haben sich selbst übertroffen, als sie das Kleid schneiderten.
Ein Wunder, dass sie dies schafften, bei den vielen Aufträgen, denn jeder wollte zur Hochzeit neu eingekleidet werden.

Die kleine Gesellschaft macht sich nun auf den Weg ins Zwergenreich.
Unterwegs schließen sich immer mehr Waldbewohner an und es wird recht lustig.
Vanessa und Peter sind entzückt von all den neuen Freunden.
 
 
(c) meine Tochter

Schön geschmückt ist das Zwergenreich und auf einer großen Wiese stehen Tische und Bänke.
An den Bäumen hängen Girlanden und die Äste sind voll mit fein heraus geputzten Vögeln.
Eben verlässt das Brautpaar das Schloss von begeisterten Hochrufen empfangen.
Zwergenkinder laufen voraus und streuen Blumen und in einem geschmückten Pavillon wartet mit wichtiger Miene der Bürgermeister.
Königin Rosamund und Amalie, die beiden Mütter, weinen um die Wette, als nach der Trauung das Brautpaar sich küsst.
Dann aber wird gefeiert!
Die Grillen spielen zum Tanz auf und fröhlich dreht sich das kleine Völkchen im Kreise.
Peter und Vanessa schlendern über die Wiese, spielen mit den Zwergenkindern Ringelreihen, tollen mit den Fuchskindern, hören den Vögeln zu und setzen sich etwas müde unter einen Schatten spendenden Baum.
Hier findet sie Lilofee.
Kommt mit, ich möchte euch jemand vorstellen.“
Auf einem großen hölzernen Stuhl sitzt der Feenkönig.
Zwei Diener haben den Stuhl extra vom Schloss hierher getragen, denn die kleinen Stühle der Zwerge sind viel zu klein für ihre Majestät.
Neugierig mustern die Kinder die große Gestalt.
Ein weißer buschiger Bart reicht ihm bis zum obersten Knopf seines blauen Mantels, dicke Augenbrauen geben ihm ein etwas finsteres Aussehen und unwillkürlich klammern sich die Kinder an ihre Tante.
Diese gibt dem alten Mann einen Kuss auf die Wange.
Hallo Papa! Darf ich dir meine Freunde Vanessa und Peter vorstellen?“
Kritisch werden sie betrachtet.
Unter diesem Blick fühlen sie sich ganz klein, wie an Weihnachten, wenn der Nikolaus aus seinem goldenen Buch vorliest.
Vanessa streckt ihre Hand aus:
Guten Tag, ich bin Vanessa und das ist mein Bruder Peter, dürfen wir dich einmal auf deinem Schloss besuchen?“
Lachend ergreift der alte Mann die kleine Kinderhand und sieht auf einmal gar nicht mehr so furchteinflößend aus.
Du bist ja ein keckes kleines Ding,“ etwas nachdenklich fügt er hinzu, „ du erinnerst mich an jemand, aber sagt wie gefällt es euch denn hier.“
Nun taut auch Peter langsam auf und zutraulich setzen sie sich zu ihrem Großvater und plaudern vergnügt mit ihm.
Lilofee entfernt sich lächelnd.
Die Zwerge und Waldbewohner tanzen ausgelassen.
Die Grillen und Vögel musizieren vergnügt, doch als nun die Frösche zu Quaken beginnen, ist die Aufregung groß.
 
 
(c) Irmgard Brüggemann

Dirigent Amsel wirft seinen Taktstock nieder, die Vögel hören mitten im Lied zu singen auf und die Grillen lassen ihre Geigen sinken.
Nun ist nur noch das Quaken der Frösche zu hören.
Die Tänzer bleiben stehen, denn nach dieser Melodie kann niemand tanzen.
Ein ärgerliches Murren beginnt.
Doch der König hebt gebieterisch die Hand.
Die Frösche wollen ja nur dem Brautpaar ein Ständchen bringen, dass es entsetzlich klingt, bemerken sie ja nicht.
Geduldig lauschen Mirzel und seine Braut dem Musikgenuss. Doch als die Frösche immer wieder von vorne beginnen und kein Ende finden , winkt Prinz Mirzel den Koch Petersilie herbei und flüstert ihm etwas ins Ohr.
Mit einer tiefen Verbeugung entfernt sich der Koch und kommt wenig später mit einer riesigen Schüssel, die von zwei Zwergen getragen wird, zurück.
Mirzel bittet die Frösche freundlich, doch eine Pause zu machen und von dem köstlichen Salat mit Fliegengeschmack zu kosten, den der Schlosskoch extra für sie zubereitete hat.
Das lassen sich die Frösche nicht zweimal sagen, denn außer Singen lieben sie noch das Fressen.
Nun kann das Fest ungestört weiter gehen.
Lilofee freut sich.
Prinz Mirzel wird einmal ein guter König werden.
Vanessa hat inzwischen einen Entschluss gefasst.
Zutraulich klettert sie auf den Schoß des Feenkönigs und zupft ihn am Bart.
Duuu, warum kannst du meinen Papa nicht leiden?“
Peter verschluckt sich an seinem Kakao.
Ich kenne doch deinen Papa nicht.“
Doch du kennst ihn. Du bist nämlich unser Opa und weil Mama unseren Papa lieb hat, redest du nicht mehr mit ihr. Mama ist bestimmt sehr traurig deswegen und wir haben nicht gewusst, dass wir außer Opa Braun noch einen Opa haben. Und das ist doch schade, denn wir finden dich ganz toll.“
Es wird ganz still.
Peter hat einen hochroten Kopf und spielt mit den Krümeln seines Kuchens.
Lilofee beobachtet besorgt ihren Vater.
Dieser sieht ziemlich finster aus, doch als sein Blick auf Vanessa fällt die ihn kritisch mustert, bricht er in lautes dröhnendes Lachen aus.
Lilofee atmet auf.
Theoderich aber beugt sich zu Vanessa hinunter und flüstert ihr ins Ohr.
Ich bin auch sehr traurig und habe schon lange bereut, dass ich so böse zu deiner Mutter war. Aber ich weiß nicht wie ich es anfangen soll, dass wir uns wieder vertragen. Willst du mir helfen?“
Vanessa nickt eifrig und zwinkert verschwörerisch.
Ich will sehen, was ich tun kann,“ flüstert sie, „aber nun müssen wir nach Hause, es wird schon dunkel.“
Sie rutscht von seinem Schoß, zwinkert noch einmal verschmitzt und zusammen mit Lilofee verlassen sie das Fest, nachdem sie sich bei dem Brautpaar bedankt haben.
Die Fee begleitet sie bis zum Forsthaus.
Bald liegen alle friedlich im Bett.

Vanessa sitzt schmollend in ihrem Zimmer.
Peter und Papa sind mit Opa in den Wald gegangen und sie durfte nicht mit.
Das ist Männersache hat Peter hochnäsig erklärt.
Verena schaut ins Zimmer.
Sei nicht traurig meine Süße, komm mit zu Oma in den Garten.“
Missmutig erhebt sich das Mädchen und schlurft hinter ihrer Mutter hinaus.
Das ist doch langweilig,“ mault sie und beobachtet, wie die Oma Kartoffel schält.
Wie kann man an so einem schönen Tag nur so grantig sein,“ lacht Verena.
Vanessa scharrt mit der Fußspitze im Kies.
Ich möchte zu Tante Lilofee.“
Verena tauscht mit ihrer Schwiegermutter einen Blick.
Du hast also meine Schwester kennen gelernt?“
Vanessa nickt und dann sprudelt die ganze Geschichte aus ihr heraus, nur von der Begegnung mit dem Feenkönig erzählt sie nichts.
Aufgeregt umfasst sie die Hände der Mutter.
Komm doch mit Mama, Tante Lilofee wird sich bestimmt freuen.“
Geht nur, ich komme allein zurecht,“ lacht die Oma.
Vergnügt wandern sie durch den Zauberwald.
Ein aufgeregtes Wispern begleitet sie.
Verena ist wieder da!Verena ist wieder da!
Vor Lilofees Haus bleiben sie stehen und schon läuft diese heraus und umarmt ihre Schwester liebevoll.
Wie schön, dass du endlich wieder einmal im Zauberwald bist, komm herein, Muhme Immerzerstreut ist auch da.“

Mathilde hüpft durch die Küche und zuckt erschreckt zusammen, als sie jemand am Schürzenband zupft.
Unwirsch dreht sie sich um und bemerkt Vanessa die mit ernstem Gesicht zu ihr aufsieht.
Sie beugt sich zu der Kleinen hinab.
Begleitest du mich zu meinem Großvater, aber Mama und Tante Lilofee dürfen davon nichts wissen.“
Mathilde überlegt und schmunzelt.
Ich verstehe, warte im Garten auf mich.“
Vanessa schlendert hinaus zu den Anderen.
Mathilde hüpft heran, am Arm einen Henkelkorb.
Ich muss zu Agnes, um Kräuter zu holen, kann ich Vanessa mitnehmen?“
Verena möchte etwas sagen, doch Lilofee legt ihr die Hand auf den Arm.
Im Zauberwald ist sie sicher.“
Wenig später springt das Mädchen vergnügt neben dem Känguru durch das grüne Moos.
Der Weg zum Schloss ist steil und Mathilde muss öfter stehen bleiben und verschnaufen.
Endlich stehen sie vor dem mächtigen Tor und betätigen den Türknopf, der wie der Kopf eines Wolfes aussieht.
Ein dumpfer Ton hallt durch die Halle und die Hausdame öffnet die Tür.
Ich möchte meinen Großvater sprechen,“ verlangt Verena energisch.
Die alte Dame strahlt.
Du bist die Tochter von Verena. Ich habe deine Mutter schon gekannt, da war sie noch ein ganz kleines Ding und genau so keck wie du. Kommt herein.“
Vanessa betritt das Schloss und Mathilde macht sich auf den Weg zu der Kräuterfrau Agnes, verspricht aber auf dem Rückweg wieder vorbei zu kommen.
Die Hausdame führt das Mädchen durch die riesige Halle zu einer Treppe, die mit einem roten Teppich ausgelegt ist.
An den Wänden hängen Bilder mit altmodisch gekleideten Damen und Herren. Frauen in wallenden Kleider, einige mit spitzen Hüten und Männer in prächtigen Gewändern.
Die alte Frau öffnet nun eine große Tür, die leise knarrt und führt Vanessa in eine Bibliothek.
Staunend betrachtet das Mädchen die riesigen Regale, die bis zu der hohen Decke reichen und voll mit Büchern sind.
Der Feenkönig sitzt an seinem Schreibtisch und öffnet einladend die Arme.
Jubelnd umarmt Vanessa ihren Opa und die Hausdame wischt sich schnell ein paar Tränen aus den Augen.
Das ist ja wunderbar, dass du mich besuchst. Bist du allein gekommen?“
Hoffnung schwingt in seiner Stimme.
Mama ist bei Tante Lilofee. Sie weiß nicht, dass ich hier bin. Mathilde holt mich später ab.“
Spitzbübisch blinzelt das Mädchen den alten Mann an.
Wie wäre es, wenn du mit mir kommen würdest zu Mama.“
Ich weiß nicht,“ murmelt dieser unbehaglich.
Empört strampelt sich Vanessa frei und springt von seinem Schoß.
Mit blitzenden Augen, die Hände in die Hüften gestemmt stellt sie sich vor den Feenkönig.
So du hast gesagt, du willst dich mit Mama versöhnen und nun habe ich sie überredet, Tante Lilofee zu besuchen und du kneifst. Pah!“
Sie dreht sich um und marschiert zur Tür.
Ein dröhnendes Lachen ertönt hinter ihr und der Feenkönig ruft.
Warte kleiner Hitzkopf, ich begleite dich.“
Langsam dreht sich Vanessa um
Ehrenwort?“
Ehrenwort!“
Das Mädchen strahlt und umarmt den Opa stürmisch.
Die Hausdame verspricht Mathilde zu benachrichtigen und der große mächtige Feenkönig marschiert den Berg hinunter, an der Hand ein kleines Mädchen.
Mit klopfendem Herzen steht der Feenkönig wenig später im Garten seiner Tochter Lilofee.
Die Tür des Hauses wird aufgerissen und Verena stürmt heraus.
Papa!“ Schluchzend liegen sie sich in den Armen.
Vanessa lehnt an der Mauer, die Arme verschränkt und zufrieden grinsend.
Lilofee steht neben ihr, glücklich lächelnd, mit feucht schimmernden Augen.
Mathilde hüpft in den Garten.
Das wurde ja endlich Zeit, dass der alte Querkopf sich besinnt!“
Das habe ich gehört!“ ruft der Feenkönig.
Das Känguru brummelt etwas und hüpft in die Küche.
Glücklich lachend hebt der alte Mann seine Enkelin in die Höhe und gibt ihre einen schallenden Kuss.
Na du kleiner Friedenstifter bist du zufrieden?“
Vanessa lacht vergnügt und schlingt die Arme um Opa und Mama.
Später begleitet der Feenkönig Verena und ihre Tochter zum Forsthaus.
War das eine Überraschung, als der mächtige Herr der Feen in die Stube tritt.

Etwas verlegen reicht er seinem Schwiegersohn die Hand, in die dieser nach kurzem Zögern einschlägt.
War das ein Fest!
Oma Braun trägt auf, was die Küche zu bieten hat und es wird erzählt und gelacht.
Später holt Opa Braun seine Zither und es wird musiziert.
Peter ist anfangs etwas beleidigt, weil Vanessa ohne ihn den Großvater besucht hat, aber als der Feenkönig ihm verspricht, dass er morgen ganz allein zu ihm kommen darf, ist er beruhigt.
Der Feenkönig lehnt sich in seinem Stuhl zurück und schmunzelt Es gefällt ihm bei den Menschen.

  (c) Lore Platz