Donnerstag, 29. September 2022

Lenerl verirrt sich

Diese Geschichte  wurde vor einigen Jahren geschrieben, also wunderte euch nicht über die ersten Zeilen. Ich wünsche euch einen schönen Tag und viel Spaß beim Lesen. Leider geht es mir immer noch nicht gut.
 

 
Schon wieder beginnt eine neue Woche und am Ende dieser  fängt schon der Juni an.
Haben wir uns doch dringend den Regen gewünscht und nun würden wir ihn am liebsten wieder abstellen.
Als ich noch ein Kind war, las ich einmal ein Märchen, ich weiß nicht von wem es ist und ich weiß auch nicht, ob ich es noch richtig erzählen kann.
Ich versuchs mal.
Ein Bauer beschwerte sich beim lieben Gott über das schlechte Wetter, sein Getreide würde nicht hoch genug sein.
Gott bot ihm an, dieses Jahr selbst das Wetter zu machen.
Der Bauer rieb sich die Hände und ließ nun abwechselnd Regen und Sonne scheinen.
Seine Felder waren wunderbar anzusehen, groß und goldgelb stand das Getreide. 
Doch als er es erntete waren die Ähren leer.
Er hatte den Wind vergessen!


 
(c) Werner Borgfeldt


Lenerl verirrt sich


Der Gong ertönte und die Klassen verließen lärmend die Zimmer, um in den Pausenhof zu stürmen.
Nur Anderl und Maxl drückten sich auf dem Flur herum.
Als endlich alle Kinder das Schulhaus verlassen hatten, liefen die beiden Buben über die Hintertreppe zum obersten Stock ins Kartenzimmer.
Hier wurden alle die Atlanten, ausgestopften Tiere, der Vorführapparat für Filme, eben alles was man zum anschaulichen Unterricht brauchte, aufbewahrt.
Zielstrebig durchquerten sie den Raum und öffneten das Fenster.
Ich hab dir`s ja gesagt, von hier aus kann man hinüber zum Jahrmarkt sehen!“ rief Maxl triumphierend.
He, was macht ihr da, schaut dass ihr hinunter kommt!“
Der alte Hausmeister sah sie grimmig an.
Grinsend liefen die Buben an ihm vorbei.
Verflixte Lausbuam,“ brummte der alte Mann und schloss das Fenster, dabei schmunzelte er aber.

Endlich war Samstag und der Jahrmarkt sollte heute eröffnet werden.
Anderl hatte mit dem Messer ein Geldstück nach dem anderen aus seiner Sparbüchse geangelt.
Vergnügt betrachtete er die 10 glitzernden 2 Euro Münzen, dann verstaute er sie in seinem Geldbeutel.
Es klingelte. Das war sicher sein Freund Maxl.
Vergnügt pfeifend polterte Anderl die Treppe hinunter.


Seine Mutter kam aus dem Nebenzimmer, seine kleine
Schwester an der Hand.
Hör mal Andreas, die Oma hat gerade angerufen, es geht ihr nicht so gut. Könntest du Lenerl mitnehmen?“
Sie drückte dem Verdutzten einen Geldschein in die Hand und verließ das Haus.
Mit missmutigem Gesicht stapften die beiden Jungen durch die Straßen, während die kleine Marlene vergnügt neben ihnen herhüpfte.
Dabei stand ihr Plappermäulchen keinen Moment still.
Sie wollte mit dem Karussell fahren, Zuckerwatte essen, ins Kasperletheater und einen großen Luftballon.
Sie waren am Eingang des Jahrmarkts angekommen. Obwohl es noch früh am Nachmittag war, wälzten sich doch schon eine Menge Menschen durch die Gassen zwischen den Buden.
Lenerl klammerte sich fest an die Hand ihres Bruders.
Was gab es alles zu sehen.
Staunend standen sie vor der größten Schaukel der Welt.
Sie sollte 45m hoch sein und neigte sich um 120°.
Die Buben versuchten sich im Pfeil werfen, am „Hau den Lukas“ und an der Torwand.
Dann standen sie bei dem Breakdancer. Das war eine sechseckige Drehscheibe, auf der sich in gleichmäßigem Abstand vier Gondelkreuze befanden, an denen sich jeweils vier Gondeln befanden.
Die vier Gondeln bewegten sich schnell in Gegenrichtung der Drehscheibe.
Das sah aus als würde man Breakdance tanzen.
Fahren wir mit ?“
Ja, aber was machen wir mit Lenerl?“
Die Jungs sahen sich enttäuscht an, dann hatte Anderl eine Idee.
Stell dich schon an und besorge uns Karten, ich bringe Lenerl zum Kinderkarussell.“


Der Junge kaufte fünf Chips und drückte sie seiner Schwester in die Hand.
Hier gib dem Mann jedes Mal einen Chip, dann kannst du
ganz lang Karussell fahren. Ich hol dich dann wieder ab.“
Die Dreijährige nickte ernsthaft und hielt die kostbaren Plastikdinger ganz fest in der kleinen Faust.
Von dem weißen Pferdchen, auf das sie ihr Bruder gesetzt hatte, sah sie ihm nach.
Dann drehte sich das Karussell und Lenerl juchzte vor Freude.
Doch nach der fünften Runde musste sie das Karussell verlassen und das Mädchen stand etwas verloren da.
Keine Spur von ihrem Bruder.
Lenerl beschloss ihn zu suchen.
Sie drängte sich durch die Menschen hindurch. Blieb bei einem Clown stehen, der aus Luftballons verschiedene Tiere formte. Zu gerne hätte sie eins gehabt, aber sie hatte ja kein Geld.
Aus der Kasperlbude klang fröhliches Lachen und sehnsüchtig sah das kleine Mädchen hinüber.
Auch die Zuckerwatte die sich in dem runden Ofen wie eine rosa Wolke um das Holzstäbchen drehte, weckte Sehnsucht ihn ihr.
Sie musste unbedingt ihren Bruder finden, um all diese Herrlichkeiten zu bekommen.
Doch es waren zu viele Menschen und sie waren alle so groß, dass sie gar nicht richtig den Platz überblicken konnte.
Tränen schossen ihr aus den Augen und tropften auf den Boden.
Und als gar noch aus der Geisterbahn ein schauerliches Geheul ertönte, lief Lenerl vollkommen verzweifelt los.
Plötzlich fand sie sich am Eingang der Festwiese wieder und setzte sich einfach heulend auf den Boden.
Ja, Lenerl was ist denn los?“ hörte sie die Stimme von Marianne.
Marianne wohnte ihnen gegenüber und hatte auf Lenerl
schon öfter aufgepasst, wenn die Mama dringend wohin
musste.
Erleichtert stürzte sich die Kleine in die Arme der jungen Frau und erzählte schluchzend ihren Kummer.
Tröstend strich ihr Marianne über das Haar und putzte ihr die Nase.
Komm wir suchen den Anderl.“
Lenerl strahlte und schob ihre kleine Hand vertrauensvoll in die Hand der jungen Frau.

Die beiden Jungen hatten endlich einen Platz in einer der Gondeln bekommen und standen nun beim Kinderkarrussel.
Andreas Herz klopfte plötzlich voller Angst. Von seiner Schwester war weit und breit nichts zu sehen.
Sie liefen durch die Menschenmengen und riefen laut ihren Namen, doch in dem Lärm ringsum gingen ihre Stimmen unter.
Maxl hatte keine Lust mehr und verdrückte sich, so irrte Andreas allein weiter und je mehr er suchte, umso mehr machte er sich Vorwürfe.
Er hätte seine kleine Schwester nicht einfach allein lassen
dürfen. Sie war doch noch so klein und seine Mutter hatte sie ihm anvertraut. Was war er doch ein schlechter verantwortungsloser Bruder.
Dann stand sie plötzlich vor ihm, an der Hand von Marianne.
Anderl kniete sich nieder und umarmte seine kleine Schwester schluchzend.
Bin ich froh, dass ich dich wieder habe!“
Ja, aber nun passe besser auf sie auf,“ mahnte Marianne und ging zu ihren Freundinnen hinüber.
Der Junge nickte nur und nahm seine kleine Schwester fest an Hand.
Er kaufte ihr Zuckerwatte, einen kleinen zu einer Giraffe
geformten Ballon und setzte sich auch mit ihr geduldig in die Kasperlbude.
Nie wieder, das schwor er sich, würde er so unverantwortlich handeln.

© Lore Platz

1 Kommentar:

  1. Tja manchmal muß man erst einen gehörigen Schreck bekommen, bevor man weiß, was wirklich wichtig ist im Leben!

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