Donnerstag, 9. März 2023

Noch mal gutgegangen

Das Wetter ist zur Zeit mies, Sonne und Regen wechselt sich ab. Außerdem ist es empfindlich kalt für die Jahreszeit. Nicht gerade schön ist das, deshalb will ich euch ins Theater einladen und lasse euch ein wenig hinter die Kulissen schauen.
Viel Spaß beim Lesen!



(c) Werner Borgfeldt



Noch mal gutgegangen


Trixie steht an der Seite der Bühne und wartet auf ihren Einsatz.
Heute ist Generalprobe für die Operette „Gräfin Mariza“ und Trixie kann immer noch nicht glauben, dass sie die Rolle der Schwester des Verwalters bekommen hat.
Aus den Augenwinkeln sieht sie den Kater Pablo, der wie immer oben auf der Brüstung der Galerie liegt und mit geschlossenen Augen der Musik lauscht.
Sie war erst einige Tage hier engagiert, als sie den jungen halb verhungerten Kater in einer Gasse hinter dem Theater gefunden hat. Leider durfte sie das Tier nicht in die Künstlerpension, in der das Ensemble wohnt, mitbringen.
Direktor Tümpel hat ihr deshalb erlaubt Pablo im Keller des Theaters unterzubringen.
Mittlerweile war der Kater das Maskottchen der Theaterleute und versäumte keine Probe.
Ihr Einsatz!
Trixie läuft auf die Bühne und beginnt mit dem Tenor Rudolf das Lied „Oh schöne Kinderzeit, Brüderlein, Schwesterlein“ zu singen.
Die Tür zum Zuschauerraum klappert und ein Mann in einem braunen Anzug, einer Hornbrille auf der Nase und einer abgeschabten Aktentasche unter dem Arm, kommt den Gang herunter.
Schon auf halben Weg ruft er: „Direktor Tümpel!“
Unwillig dreht dieser sich um: „Mann, sehen sie denn nicht, dass wir mitten in der Probe sind!?“
Der Mann reicht ihm ein braunes Kuvert und meint lakonisch:
Die Räumungsklage, in drei Tagen müssen sie das Theater verlassen.“
Wie bitte!“
Der Gesang verstummt und die Schauspieler drängen nach vorne.
Ich habe dem Bürgermeister, doch erklärt, dass sobald die Premiere vorbei ist, ich die ausstehende Miete bezahlen werde und er war einverstanden!,“ ruft der Direktor.
Der Amtsdiener zuckt die Schultern, dreht sich um und geht.
Betroffen stehen alle da, nur der unverbesserliche Felix ruft: „ Es wiehert der Amtsschimmel!“ und er lässt ein fürchterliches Wiehern erklingen, doch niemand lacht.
Ich gehe ins Rathaus!“ verkündet Direktor Tümpel.
Pablo, der bemerkt hat, dass etwas nicht in Ordnung ist, läuft die Treppe hinunter und drängt sich gerade noch mit dem Direktor durch die Tür.
Dieser bemerkt gar nicht, dass der Kater ihm in das Rathaus folgt, so wütend ist er.
Die Vorzimmerdame grübelt gerade darüber nach, warum der Nachtclubbesitzer Almanzo schon wieder beim Bürgermeister ist, als Direktor Tümpel herein stürmt und direkt auf das Arbeitszimmer ihres Chef zu.
Halt, der Chef hat Besuch!“
Da erblickt Frau Braun den Kater.
Scht, scht, verschwinde, was willst du hier!“
Sie wedelt mit den Händen.
Doch Pablo macht einen großen Bogen um sie und rast hinter Direktor Tümpel ins Zimmer.
Wie ein Verrückter saust er durch den Raum, springt auf den Schreibtisch, schlittert über die Papiere, kippt eine halb gefüllte Tasse Kaffee um und als er mit einem Sprung dann unter dem Schrank verschwindet, segeln mehrere Blätter zu Boden.
Die beiden Männer im Raum starren fassungslos auf das Durcheinander.
Frau Braun kreischt und tupft verzweifelt mit einem Tuch die Kaffeeflecken auf.
Nur Direktor Tümpel bleibt gelassen.
Er bückt sich und sammelt die Papiere zusammen, dann stutzt er und beginnt zu lesen.
Das ist ja ein Ding! Deshalb also haben sie uns die Räumungsklage geschickt, weil sie das Theater an den Nachtclubbesitzer verkaufen wollen.“
Er wendet sich an den elegant gekleideten Mann.
Und was wollen sie aus unserem schönen Theater machen, einen Pornoclub?“
Dieser verzieht spöttisch den Mund.
Ich denke, ich habe hier nichts mehr verloren!“
Direktor Tümpel wendet sich nun an der Bürgermeister, der leichenblass in seinem Stuhl hängt.
Schweißperlen stehen auf seiner Stirn.
Er schwitzt vor Angst.
Ich konnte nicht anders, ich habe Spielschulden bei ihm,“ stammelt er.
Direktor Tümpel wirft ihm einen verächtlichen Blick zu.
Und dafür wollten sie unser schönes Theater opfern!“
Bitte geben sie mir den Brief, ich nehme auch die Räumungsklage zurück,“ fleht der Bürgermeister.
Doch der Direktor schüttelt den Kopf.
Ich denke, dafür werden sich einige Herren im Stadtrat interessieren.“
Er dreht sich um und verlässt das Zimmer.
Pablo flitzt unter dem Schrank hervor und folgt ihm.
Auf der Straße beugt sich Direktor Tümpel zu dem Kater hinunter und krault ihn hinter dem Ohr.
Das hast du gut gemacht, mein Junge, aber nun geh zurück ins Theater. Den Rest schaffe ich alleine.“
Als hätte Pablo ihn verstanden läuft er die Straße entlang zum Theater.
Direktor Tümpel aber verschwindet im Gebäude des Tagesboten, dessen Redakteur im Stadtrat sitzt.

Eine Woche später findet die Premiere der „Gräfin Mariza“ statt und wird ein voller Erfolg.
Besonders lachen die Zuschauer, wenn Pablo, der inzwischen als Held gefeiert wird, immer wieder über die Bühne läuft.
In der Loge für die Ehrengäste fehlt der Bürgermeister, denn der ist aus gesundheitlichen Gründen zurück getreten.

© Lore Platz


1 Kommentar:

  1. Liebe Lore,
    Ja oft sind es die kleinen Nebendarsteller, die die Geschichte erst richtig dramatisch werden lassen. Hat mir gefallen, konnte das das Chaos beim Bürgermeister fast greifen. Und der Eigentliche Grund der Räumung war überraschend. Sehr gelungen fand ich den Nachsatz "...aus gesundheitlichen Gründen fehlte..."
    Liebe Grüße aus Dresden Monika

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