Mein liebstes Unterrichtsfach war Geschichte.
Es hat mich fasziniert, wie die Menschen früher lebten und auch wie Erfinder obwohl sie oft verlacht wurden, trotzdem weitermachten.
Ich weiß noch wie ich mich freute, als wir in der Schule lernten, dass Robert Koch den Tuberkulosebazillus entdeckte.
Obwohl ich heute weiß, sobald eine Krankheit besiegt ist, eine neue auftaucht.
Das Leben ist ein ewiger Kreislauf.
Helmut Kohl der studierter Historiker war, sagt einmal:
Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten.
Heute will ich euch mitnehmen ins Mittelalter. Als ich für diese Geschichte im Internet recherchierte wurde erwähnt, dass auf einem Markt auch ein Kamel mal zu bestaunen war.
Das habe ich in diese Geschichte mit eingebaut.
Viel Spaß beim lesen!
Reise
in die Vergangenheit
Sebastian
sitzt neben seinem Freund Rudi in der Schulbank und sieht angestrengt
nach vorne.
Frau
Kebinger erzählt über das Mittelalter und wie die Menschen damals
lebten. Recht anschaulich schildert sie gerade einen
mittelalterlichen Markt.
Und
Sebastian denkt, was für ein tolles Erlebnis das doch wäre so einen
Markt zu besuchen. Oh ja, das würde ihn schon reizen!
Doch
ihm fällt es schwer sich zu konzentrieren.
Sein
Hals schmerzt, seine Ohren sausen und sein Kopf fühlt sich an wie
Gummi.
„Hatschi!
„Gesundheit!“
ruft die ganze Klasse und auch die Lehrerin schmunzelt.
Doch
dann wird ihr Blick ernst und mit drei langen Schritten ist sie bei
dem Jungen und legt ihm die Hand auf die Stirn.
„Du
glühst ja vor Fieber! Rudi begleite Sebastian in das Sekretariat.
Frau Hagemann soll seine Mutter anrufen!“
Kurze
Zeit später liegt Sebastian zu Hause im Bett, Doktor Waller beugt
sich über ihn und der Junge muss bittere Medizin schlucken.
„Viel
trinken und schlafen,“ hört er noch, dann fallen ihm schon die
Augen zu.
Laut
gähnend reckte Sebastian beide Arme, öffnete die Augen und staunte.
Er
lag auf einem Strohsack in einem kleinen Raum.
In
der Mitte war eine Feuerstelle und der Rauch kroch wie eine Schlange
nach oben und verschwand durch das Dach.
Ein
Tisch und grob gezimmerte Stühle nahmen die Hälfte des Zimmers ein
und in der Ecke stand eine große Truhe.
Seine
Mutter kam aus einem Nebenraum, aus dem das Muhen einer Kuh und das
Grunzen von Schweinen drang.
„Guten
Morgen, du Faulpelz, nun aber geschwind, treib die Kuh auf die Weide,
bring die Schweine in den Pferch, Futter habe ich dir schon
vorbereitet. Dann gehst du mit den Gänsen auf die obere Wiese.
Vater
ist schon längst auf dem Feld und du weißt, er sieht es gar nicht
gern, wenn du so lange schläfst.“
Seufzend
kroch Sebastian unter der Felldecke hervor, ging in den Hof und
steckte den Kopf unter die Pumpe.
Das
kalte Wasser vertrieb den letzten Rest Schlaf und er lief in den
Stall.
Er
gab der Kuh einen Klaps auf das Hinterteil und sie trottete los.
Nachdem er das Gatter der Weide geschlossen hatte, rannte er zurück
und trieb die Schweine in den Pferch.
Grunzend
und schmatzend stürzten sich diese auf den Trog in den er den Eimer
mit Essensresten kippte.
Seine
Mutter kam aus dem Haus und reichte ihm einen Lederbeutel mit seinem
Frühstück.
Vergnügt
pfeifend hängte er sich die Tasche um, riss von einem Busch eine
Gerte und öffnete die Tür des Schuppens.
Schnatternd
und mit hoch erhobenen Köpfen watschelten die zehn Gänse auf den
Hof und Sebastian trieb sie mit der Rute wedelnd vor sich her, den
Hang hinauf.
Da
er Hunger hat setzte er sich unter einen Baum und biss mit kräftigen
Zähnen in den harten Kanten Brot und das Stück Käse, während die
Gänse schnatternd und nach
Futter
suchend sich auf der Wiese tummelten.
Bäuchlings
vor dem kleinen Bach liegend schlürfte er das klare Wasser.
Dann
legte er sich ins Gras und guckte in die Wolken.
Er
liebte die Stunden am Vormittag, wenn er nur auf die Gänse
aufpasste, denn am Nachmittag musste er dann mit dem Vater aufs Feld.
Lautes
Bellen war zu hören und die Gänse schnatterten aufgeregt.
Grinsend
setzte der Junge sich auf und blickte seinem Freund Rudi und dessen
Hund Wolf entgegen.
Der
Hund erreichte ihn als erster und begrüßte ihn stürmisch.
Rudi
ließ sich neben ihm ins Gras fallen. Rudi war der Sohn des reichen
Bürgermeisters und konnte den ganzen Tag durch die Gegend stromern.
Er musste nicht mitarbeiten, denn seine Eltern konnten sich Knechte
und Mägde leisten. Auch hatte er einen Hauslehrer, der ihm Lesen und
Schreiben beibrachte.
„Hast
du heute keinen Unterricht?“
Rudi
grinste.
„Mein
Lehrer muss heute in der Amtstube helfen.
Stell
dir vor ein Ritter ist im Dorf. Er kommt aus dem Morgenland und hat
ein gar seltsames Tier dabei, das ein Mann führt, der komisch
gekleidet und im Gesicht ganz schwarz ist.
Das
kommt von der heißen Sonne im Morgenland.“
„Ach
das würde ich gerne sehen,“ rief Sebastian voller Sehnsucht.
Rudi
sprang auf. „Das kannst du doch, sie wollen das Tier auf dem Markt
zeigen. Wenn wir den Weg über den Hang nehmen sind wir in einer
Viertelstunde im Dorf!“
„Aber
die Gänse?“
Rudi
winkte ab. „Wolf passt auf sie auf!“
Der
Hund, der seinen Namen hörte, sprang
schwanzwedelnd
hoch.
Rudi
sah ihn ernst an und hob den Finger.
„Wolf
du passt auf die Gänse auf!“
Der
Hund bellte kurz und legte sich wieder nieder.
Als
hätte er verstanden was sein Herrchen wollte, ließ er das Federvieh
nicht mehr aus den Augen.
Beruhigt
lief Sebastian neben seinem Freund den Hang hinunter, denn er weiß,
dass Wolf ein guter Wachhund ist.
Etwas
atemlos kamen sie auf dem Markt an.
Das
Gackern der Hühner und Schnattern der Gänse, die in Käfigen auf
dem Boden neben einem Eselskarren standen vermischten sich mit dem
Lärmen der Marktschreier, die mit derben Sprüchen ihre Ware
anpriesen.
Der
Gesang des Bänkelsängers ging dabei fast unter und man musste ihm
schon ziemlich nahe sein, um seine in Reim gefassten schaurigen
Lieder zu verstehen.
Beim
Refrain sangen die Umstehenden lautstark mit.
Auch
Sebastian und Rudi blieben eine Weile stehen und betrachteten
schaudernd die grausigen Bilder, die der bunt gekleidete Sänger bei
jeder Strophe zeigte.
Doch
dann zogen sie weiter an Ständen mit Gemüse, Brot, Eiern, Fisch,
Geschirr und Kleidern vorbei.
Sogar
vergoldete Marienstatuen gab es zu sehen.
An
einem Stand kaufte Rudi für sie beide einen der leckeren kleine
Honigkuchen und während sie genussvoll das klebrige Gebäck
verspeisten, sahen sie den Gauklern und Jongleuren zu.
Das
Plärren eines Quacksalbers zog sie in ihren Bann, der während er
mit einem Stößel in einer Schale Kräuter zermalmte, seine
Wundersalbe anpries.
Doch
dann zog Rudi seinen Freund weiter, denn er hatte das seltsame Tier
entdeckt.
Und
wenig später standen sie staunend vor dem goldbraunen Tier, das ein
Mann mit einem breiten Grinsen und rabenschwarzen Gesicht an einer
Leine hielt.
Mit
offenem Mund starrte Sebastian das komische Tier an.
Auf
einem Hals, der wie eine Schlange geformt war befand sich ein kleiner
Kopf der spitz nach vorne lief.
Auf
seinem Rücken saßen zwei Berge, durch ein tiefes Tal getrennt, die
bei jeder Bewegung etwas wackelten.
Das
Tier stand mit hoch erhobenem Kopf da und blickte arrogant auf die
ihn umgebende Menge.
Der
dunkle Mann, der ein seltsam geformtes Tuch auf dem Kopf trug, fragte
nun mit einem breiten Grinsen und in gebrochenem Deutsch, ob jemand
Lust hätte auf dem Kamel zu reiten, doch niemand traute sich.
Da
schwang er sich selber hinauf und verließ den Markt von den
johlenden Kindern begleitet.
Sebastian
hielt Rudi zurück, denn eben hatte die Turmuhr elf Uhr geschlagen.
Die
beiden wollten gerade den Markt verlassen, da sahen sie Lisa, die
auch das Tier sehen wollte und Sebastian stellte ihr ein Bein.
Das
Mädchen stürzte und heulte los und die Jungen lachten aus vollem
Hals.
Da
wurden sie plötzlich an den Ohren gepackt und ein Ritter in einem
Kettenhemd und einem großen Schwert an der Seite, musterte sie
finster.
„Junge
Herren, das war nicht sehr ritterlich von euch, wisst ihr nicht, die
größte Tugend eines Ritters ist es, die Damen zu schützen, zu
ehren und vor Gefahren zu bewahren.“
Er
reichte Lisa seine Hand und zog sie hoch, dann hielt er ihr ein
sauberes weißes Taschentuch, in das ein Monogramm gestickt war, hin.
„Trocknet
euch die Tränen, holde Maid, das Tuch dürft ihr behalten und
ihr...“ wandte er sich an die Buben, die mit betretenem Gesicht zu
Boden starrten.
„Werdet
euch jetzt bei dieser jungen Dame entschuldigen und wehe, ihr tut ihr
noch einmal etwas zuleide, dann komme ich über euch.“
Sebastian
und Rudi murmelten eine Entschuldigung.
Lisa
streifte sie nur mit einem verächtlichen Blick, dem Ritter aber
schenkte sie ein strahlendes Lächeln und lief davon.
Der
Ritter schmunzelte und gab den beiden einen Klaps auf den Kopf, dann
schritt er Sporenklirrend zu seinem Pferd.
Die
Jungen aber verließen still und beschämt den Marktplatz.
Bevor
sie sich trennten, schworen sie, das Abenteuer zu verschweigen.
„Das
Fieber ist gesunken, er ist über den Berg,“ hört Sebastian eine
Stimme und öffnet die Augen. Seine Mutter beugt sich über ihn und
Tränen rinnen aus ihren Augen.
Das
blasse sorgenvolle Gesicht seines Vaters erscheint hinter ihr und
auch das vergnügte Gesicht von Doktor Waller.
„Ich
hab Hunger!“
Dröhnend
lacht der Arzt: „Na geben sie ihm mal eine kräftige Hühnerbrühe
und später etwas Grießbrei!“
Eine
Woche später darf Sebastian wieder zur Schule gehen und wird
begeistert von seinen Mitschülerin umringt.
Etwas
abseits steht Lisa, die von Sebastian immer nur geärgerte wurde.
Der
Junge bahnt sich einen Weg zu ihr und streckt dem Mädchen die Hand
hin.
„Guten
Tag, Lisa, es tut mir leid, dass ich dich immer an den Zöpfen ziehe,
oder ein Bein stelle.
In
Zukunft werde ich mich wie ein echter Ritter benehmen.“
Lisa
starrt ihn an, dann prustet sie los.
„Du
spinnst! Das Fieber ist dir wohl nicht bekommen!“
Alle
lachen!
©
Lore Platz 2021
Liebe Lore, die Geschichte ist wieder fein aufgebaut. Gern denkt man sich weit zurück und streift mit über den Markt zum Kamel.
AntwortenLöschenDanke für diesen interessanten Rückblick. Erinnerte mich an
Unseren Urlaub im Schwarzwald, war ebenso interessant in einem Museumshof der alten Schwarzwaldhäuser in Guttach. Eine sehr karge Lebensweise.
Liebe Grüße Monika
Danke liebe Lore, für diese und alle gelesenen Geschichten. Und ohne Geschichtswissen von Menschwerdung, Welt/Länder Geschichte war, ist für mich ein vorwärts Leben gar nicht denkbar.Schon jetzt bin ich für Enkel und Urenkel ein "Fossil" (liebenswertes) Um mein Werden und Leben von Beginn ab zu verstehen, empfehle ich ihnen ein Museumsdorf meiner Kindheit. Ohne Bad, Matratzen mit Stroh selber gestopft, Daunen gerupft, Hausschlachtung, ohne Tiefkühler und Kühlschrank. Trockeneis in der Kiste, Sirup selber gekocht. In jeder Frucht ein zufriedenes Würmchen.Obst und Gemüse wie das Jahr es wachsen ließ. Wie will ich andere Völker und Länder verstehen, ohne Wissen um deren Geschichte?.
LöschenVersäumt, im Kommentar, liebe Grüße von Frauke.
LöschenDanke liebe Lore für diese Zeitreise. Liebe Grüße, Roswitha und hier ist das Wetter noch grauslicher
AntwortenLöschenLiebe Lore, was für eine schöne Geschichte ! habe sie mit viel Freude gelesen!
AntwortenLöschenEine wunderbare Geschichte. Sie entführt mich in vergangene Zeiten. Toll geschrieben Lore!
AntwortenLöschenLiebe Lore, diese Geschichte von Dir bringt immer wieder Freude in mein Leben!
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