(c) Werner Borgfeldt |
Herr
Siebenpunkt in Not
Kater
Moritz fährt mit seiner rauen Zunge eifrig durch seine
Futterschüssel, bis sie blitzblank ist, dann streckt er sich
zufrieden und stolziert hinaus in den Garten.
Eifrig
beginnt er sich zu putzen, bis er ein leises Weinen hört.
Als
er sich erstaunt umsieht erblickt er seine Freundin Frau Siebenpunkt,
die bitterlich weinend auf einem Rosenblatt sitzt.
Lautlos
schreitet er näher, bis seine Nase fast das Blatt berührt und
fragt. „Aber liebe Siebenpunkt, was ist denn geschehen?“
Die
Marienkäfer-Dame schnieft und deutet auf das Blatt hinter sich.
„Heute
Nacht sind meine Kinder geboren und mein lieber Mann ist nicht dabei
gewesen. Seit gestern ist er spurlos verschwunden. Ach meine armen
Kleinen, sie werden ihren Vater niemals sehen!“
Wieder
bricht sie in ein jämmerliches Schluchzen aus.
Moritz
wirft einen Blick auf die klebrigen orangen Kugeln und kann sich
nicht vorstellen, dass diese überhaupt etwas sehen können.
Er
zuckt die Schultern und sucht sich ein ruhigeres Plätzchen.
Frau
Siebenpunkt aber betrachtet traurig ihre Eier und bange Gedanken
quälen sie.
Ein
Schmetterling lässt sich in der Nähe nieder.
„Gratuliere
liebe Freundin, eine prächtige Schar und sie haben Glück, denn wenn
in ein paar Tagen die Larven schlüpfen, habe sie große Chancen zu
überleben.
Ein
gutes Jahr, denn es gibt viele Blatt- und Schildläuse!
Aber
wo ist der gute Siebenpunkt?“
Da
perlen wieder die Tränen aus den schwarzen Äuglein und schluchzend
ruft sie.
„Ach
Tausendschön, er ist seit gestern verschwunden und dabei wollte er
doch unbedingt bei der Geburt dabei sein!“
Eine
Hummel kommt brummend angeflogen und lässt sich schnaufend auf einem
Blatt nieder, das ein wenig unter ihrem Gewicht wankt.
„Aber
liebe Siebenpunkt, Tränen?, sie sollten sich doch freuen über ihre
prächtigen Kinder.“
„Ihr
Mann ist verschwunden,“ informiert ihn der Schmetterling.
Eine
Heuschrecke hüpft durch das Gras und bleibt bei ihnen stehen.
„Guten
Tag, alle zusammen, habe euer Gespräch gehört.
Im
Nachbarhaus wohnt ein böser Junge, der macht immer Jagd auf
unsereins und stopft uns dann in eine Schachtel mit Löchern und
vergisst uns. Viele meiner Freunde sind so schon verendet.“
Frau
Siebenpunkt fällt in Ohnmacht.
„Wie
kannst du sie nur so erschrecken!“ ruft Tausendschön.
„Na
und, hab doch nur die Wahrheit gesagt!“
Beleidigt
hüpft die Heuschrecke weiter.
Hermann
Hummel hat inzwischen einen Tautropfen geholt und lässt ihn auf die
Marienkäfer-Dame fallen.
Diese
öffnet langsam die Augen und dann erhebt sie sich energisch.
„Wir
müssen nachsehen, kommt ihr mit!“
Die
Drei fliegen nun auf das Nachbargrundstück.
Die
Hummel war schon einmal im Haus gewesen und weiß wo das Zimmer des
Jungen ist.
Sie
haben Glück, denn das Fenster steht offen.
Kleider
und Schuhe sind über den Boden verstreut, eine Schultasche liegt
umgekippt auf dem Fußboden und Hefte
und
Bücher sind herausgefallen.
Der
Schreibtisch ist übersät mit Papieren, Stiften, einer
Schnur,
einem Taschenmesser und mittendrin eine Coladose und ein angebissenes
Brot.
„Wie
sollen wir hier meinen lieben Mann nur finden,“ seufzt Frau
Siebenpunkt mutlos.
(c) eigenes Foto |
Da erspähen sie eine Maus die über den Schreibtisch huscht und sich schnüffelnd mit erhobenen Pfötchen an der Dose aufrichtet.
Enttäuscht
wendet sie sich ab und entdeckt dann das Brot in das sie mit einem
wohligen Seufzer ihre Nase steckt. Käse!
Die
drei Freunde fliegen zum Schreibtisch und lassen sich am Rande
nieder.
Die
Maus hebt den Kopf und funkelt sie an.
„Ich
habe es zuerst entdeckt!“
„Keine
Sorge, wir wollen ihnen ihre Beute nicht streitig machen,“
beschwichtigt Tausendschön.
„Wir
sind nur auf der Suche nach unserm Freund Herrn Siebenpunkt.“
„Meint
ihr den Marienkäfer?“
„Ja!
Habt ihr meinen Mann gesehen?“ Frau Siebenpunkt wird ganz
aufgeregt.
„Der
ist dort hinten in der Schachtel,“ meint die Maus gleichgültig und
knabbert an dem Brot weiter.
Nun
erst bemerken sie den kleinen Karton, der auf der Kommode steht und
fliegen dorthin.
Im
Deckel sind Löcher und Frau Siebenpunkt beugt sich ganz tief darüber
und ruft durch ein Loch.
„Zuckerbärchen,
bist du da drin?“
Ein
leises Rascheln und dann hört man eine schwache Stimme jubeln:
„Zuckerpünktchen, ja , ja, der böse Junge hat mich hier
eingesperrt. Es ist so dunkel hier und ich bekomme kaum Luft! Kannst
du mich befreien?“
„Tausendschön
und dein Freund Hermann - Hummel sind bei mir. Wir wollen es
versuchen.“
Frau
Siebenpunkt wendet sich an die Maus.
„Mein
liebes Fräulein können sie uns helfen?“
Die
Maus lässt nur unwillig ihre Mahlzeit im Stich und klettert auf den
Karton, doch auch sie kann diesen nicht bewegen.
„Wer
ist Moritz?“ fragt das Mäuse - Fräulein neugierig.
„Ein
Kater!“ brummt Hermann Hummel.
„Dann
will ich mich lieber verziehen,“ murmelt die Maus, springt auf den
Boden und verschwindet in einem Loch.
Frau
Siebenpunkt will bei ihrem Mann bleiben.
Tausendschön
und Hermann Hummel haben Bedenken, dass der Junge zurückkommt und
sie auch noch in die Kiste sperrt.
Da
spitzt die Maus aus ihrem Loch und ruft: „ Keine Bange, der ist mit
seinen Freunden zum Baden an den Weiher gegangen und kommt so schnell
nicht wieder.“
Kater
Moritz liegt auf der Veranda und lässt sich die Sonne auf den Pelz
brennen.
Unwillig
öffnet er ein Auge, als er eine leichte Bewegung vor seiner Nase
spürt.
„Was
wollt ihr?“ brummt er ungnädig, als er den Schmetterling und die
Hummel bemerkt.
„Du
musst uns helfen, Siebenpunkt wurde von einem Jungen in eine Kiste
gesperrt und wir sind zu schwach ihn zu befreien!“ ruft Hermann
Hummel und Tausendschön nickt bestätigend.
„Kann
mir schon denken, wer das ist,“ brummt Moritz,
„ der Bengel von
nebenan, hat schon mit Steinen nach mir geworfen und einmal packte er
meinen Schwanz und wollte
ein
Blechdose daran hängen. Da habe ich ihn aber tüchtig gekratzt, da
hat er geheult!“
Moritz
grinst zufrieden und begleitet von seinen Freunden springt er über
den Zaun.
Er
klettert die große Kastanie hinauf, die direkt vor dem Fenster steht
und dann sind sie auch schon im Zimmer.
Die
Maus, die sich mit Frau Siebenpunkt unterhalten hat, verschwindet
blitzschnell in ihrem Loch, als der Kater durch das
Fenster kommt.
Doch
dieser beachtet sie gar nicht, springt auf die Kommode und stupst mit
der Nase die Schachtel herunter.
Der
Deckel springt auf und dürres Gras fliegt heraus und mittendrin Herr
Siebenpunkt.
Grinsend
sieht er seine Freunde an. „Danke!“
Dann
spreizt er die Flügel und sie fliegen durch das Fenster in die
Freiheit.
Zufrieden
grinsend folgt ihnen Moritz.
Die
kleine Maus aber huscht aus ihrem Loch und vergnügt sich wieder mit
dem Käsebrot.
Herr und Frau Siebenpunkt sitzen wenig später eng umschlungen auf dem Rosenblatt und betrachten verzückt ihre Kinderchen.
Tausendschön
und Hermann Hummel sind schon weitergeflogen.
(c) Werner Borgfeldt |
Er denkt an seine letzte Flamme Susi, die ihm vor einigen Wochen drei Kinder geschenkt hat, zwei Mädchen und einen Jungen.
Er
könnte sie ja mal wieder besuchen und so streift er am Zaun entlang
und als er die Straßenseite erreicht, springt er elegant darüber.
Während
er durch die Gasse stolziert denkt er an Susi.
Sie
war schon eine sehr Hübsche, der die Mädchen sehr ähneln und der
Junge, nun der war ein richtiger Tunichtgut.
Moritz
grinst.
Eben
ganz der Vater!
©
Lore Platz (2021)
Wieder eine so schöne Geschichte liebe Lore. Vielen Dank. tat mir gut sie zu lesen!
AntwortenLöschenHerrlich deine Geschichte, lieben Dank für etwas Harmonie im Tierreich.
AntwortenLöschenMeine Schwester Karin hat auch oft Insekten in Schachteln zur Beobachtung gesperrt. Aber nie vergessen. Heute hat sie so viele Blumen in ihrem Garten, dass alle Insekten ein Paradies haben. Wunderschön hast du die Anreden des Käferpärchens gewählt!
Liebe Grüße von Monika