Leider geht es mir im Moment nicht so gut und ich
lege eine kleine Pause ein, bis bald!
Mit dieser Geschichte wünsche ich euch ein schönes Wochenende. Vergesst nicht in der Dunkelheit auch das Licht zu sehen!
Die Reizwörter sind diesmal: Clematis, clever, chauffieren, campen, Couch
Sicher wollt ihr auch wissen, was Regina und Martina geschrieben haben.
Oma, Lena und ihre besonderen Geschichten
Lena warf ihr Kindergartentäschchen in die Ecke und stürmte in das Zimmer ihrer Oma. Diese lag mit geschossenen Augen auf der Couch, eine warme Decke über sich gebreitet. Abrupt blieb die Kleine stehen und schlich auf Zehenspitzen durch den Raum. Liebevoll legte sie beide Hände um das Gesicht der alten Frau.
"Omi liebe Omi, Mama hat gesagt du bist krank und hast Schmerzen. Aber nun ist ja dein Lena-Kind da und pustet die bösen Schmerzen weg."
Emma öffnete die Augen und lächelte. In dem Moment öffnete sich die Tür.
"Lena habe ich dir nicht gesagt, dass es Oma nicht gut geht und du sie nicht stören darfst."
Die junge Frau warf ihrer Schwiegermutter einen entschuldigenden Blick zu. "Sie war zu schnell!" Die alte Frau lächelte nur. "Lass nur, Lena lenkt mich von meinen Schmerzen ab."
Ihre Enkelin warf der Mutter einen triumphierenden Blick zu und diese schloss kopfschüttelnd die Tür hinter sich.
Lena aber holte ihr Bänkchen, streichelte noch einmal über die Wange der alten Frau, bevor sie sich setzte.
Dann begann sie vom Kindergarten zu erzählen; "Stell dir vor Toby und seine Eltern wollen in den Sommerferien campen. Da wohnen sie in einem Zelt, das muss toll sein! Obwohl?" Lena krauste ihr Näschen. "wenn es regnet werden sie ganz nass." "Nein mein Schatz," beruhigte sie Oma, "die Zelte sind wasserdicht."
Erleichtert atmete das Kind auf und berichtete weiter. "Damit all die vielen Sachen, die sie brauchen Platz haben, mussten sie einen großen Bus mieten. Tobys Mutter fragte zweifelnd, ob ihr Mann den auch chauffieren könnte. Tobys Vater war richtig beleidigt und sagte, "er wäre clever genug!"
Lena kicherte und auch Oma musste schmunzeln. "Oma, da du krank bist will ich dir jetzt eine Geschichte erzählen. Heute waren wir im Park und da haben wir wunderschöne Blumen gesehen, am besten gefallen hat mir die Clematis und deshalb heißt meine Geschichte:"
"Prinzessin Clematis
Auf einer Wiese voller wunderschönen Blumen tummelten sich viele kleine Elfen und jede trug ein Kleid in der Farbe der Blumen, die sie betreuen mussten. Auch ein Schloss stand auf der Wiese, das von oben bis unten mit Clematis bewachsen war, in allen Farben. Die Königin Rosenblüte liebte nämlich diese Blumen und deshalb gab sie ihrer Tochter den Namen Clematis. Die Prinzessin war nicht nur sehr schön, sondern auch ein richtiger Sonnenschein. den ganzen Tag sang und lachte sie. Überhaupt waren alle, die auf der Elfenwiese lebten sehr glücklich.
Doch gab es Geschöpfe, die es nicht leiden konnten, wenn andere fröhlich und glücklich waren. Einer davon war der Kobld Mürrisch, der nicht weit entfernt in einer dunklen Höhle hauste und den ganzen Tag schlecht gelaunt war. Eines Tages als er so durch die Gegend streifte, hörte er jemand singen. Bäuchlings robbte er an den Rand der Elfenwiese und sah Prinzessin Clematis. die singend über die Wiese schlenderte. Ab und zu blieb sie stehen, um den fleißigen Bienen zuzusehen, die eifrig Nektar in ihren Körbchen sammelten. Oder sie beobachtet begeistert, die Heuschrecken bei ihrem Wettkampf im Hochspringen. Singend schritt sie weiter und streichelte unterwegs einer Raupe über den Kopf.
Mürrisch aber konnte die Augen nicht von diesem lieblichen Wesen wenden und er wünschte sich, es könnte mit seinem Lachen und Singen Licht in seine dunkle Höhle bringen. Und da hatte er ein Idee, er wollte die Prinzessin rauben.
Eine Blaumeise hatte ihn schon länger beobachtet und ahnte, dass er nichts Gutes vorhatte. Und als der Kobold sich noch näher an die Wiese schob, flog sie in den Wald zu den Ameisen. Sie verlangte den General Ruckzuck und erzählte ihm in welcher Gefahr Clematis steckte. Ruchzuck handelte schnell und bald waren mehrere hundert Ameisen im Gänsemarsch auf dem Weg zur Elfenwiese.
Die Prinzessin aber war dem Ort, an dem der Kobold lauerte immer näher gekommen. Doch bevor dieser aufspringen konnte war er von hunderten Ameisen umzingelt und in Windeseile mit den klebrigen Fäden, die Frau Spinne zur Verfügung gestellt hatte, gefesselt. Der General berichtete nun der erblassten Prinzessin, dass der Kobld sie rauben und in seine dunkle Höhle sperren wollte.
Bald sprach es sich auf der Wiese herum und alle folgten den Ameisen ins Schloss. Der Thronsaal war voll und als der König hörte was Mürrisch vorhatte wurde er sehr zornig. Der Kobold stand mit gesenkten Kopf und sein Gesicht war rot vor Scham.
Die Prinzessin aber trat vor ihn und fragte: "Warum wolltest du mich rauben?" Mürrisch hob den Kopf: " Ich lebe allein in einer dunklen Höhle, habe keine Familie, keine Freunde und als ich euch singen und lachen hörte, dachte ich ihr könnte etwas Licht in mein dunkles Dasein bringen."
"Nun mein Singen Lachen gehört allen, nicht nur einem einzelnen. Willst du mir versprechen, dass du mir niemals mehr etwas böses antun wirst?"
Der Kobold hob den Kopf und sah ihr direkt in die Augen. "Ich verspreche es!"
"Ich glaube dir, deshalb mache ich dir einen Vorschlag: Wir alle hier werden deine Höhle in einen freundlichen lichten Ort verwandeln und du darfst uns jeden Tag besuchen, mit uns lachen, singen und arbeiten.
Wir wollen deine Freunde sein. Und zum ersten Mal in seinem Leben flog ein Lächeln über das mürrische Gesicht des Kobolds."
Lena stand auf, gab der Oma ein Küsschen und flüsterte: "Nun schlaf dich gesund." Dann verließ sie leise das Zimmer. Liebevoll lächelnd sah die alte Frau ihr nach. Welch eine Fantasie und großer Wortschatz zeigte diese Geschichte. Das Samenkorn, das sie schon früh gepflanzt hatte, war aufgegangen.
(Lore Platz) 15.05.2022
Gerade lese ich die Biographie von Bernd Siggelkow, dem Gründer "Der Arche" . 1964 in Hamburg geboren hat er Einsamkeit und Armut früh kennengelernt . Seine Eltern mussten schwer arbeiten, um die Schulden des Vaters zu tilgen. Sein Bruder und er wurden von der Oma betreut, von deren Rente sie auch lebten. Oft war die kleine Rente am zwanzigsten des Monats bereits aufgebraucht, trotzdem schaffte es die Oma sie über die Runden zu bringen. Als er sechs Jahre alt war, verließ die Mutter die Familie.
Vielleicht waren es diese Erfahrungen , die ihn später zur Gründung einer Arche für vernachlässsigte Kinder veranlasste. In der Arche erhalten die Kinder eine warme Mahlzeit und es wird ihnen bei den Hausaufgaben geholfen und sie haben einen gesicherten Ort, wo sie Sport treiben oder einfach nur spielen können.
Ich denke nichts im Leben geschieht ohne Sinn, auch wenn es uns nicht immer gleich bewusst ist. Oft erscheint uns die Last , die das Leben uns aufbürdet zu schwer und unüberwindbar. Viele zerbrechen daran, andere wiederum werden stärker.
Ich habe einmal gesagt, mein Leben wäre wie eine Achterbahen, ein ständiges auf und ab. Es gab Zeiten da habe ich regelrecht gewartet, was als nächstes wieder schlimmes passiert.Doch wenn ich heute zurückblicke, wird mir klar, dass alles Gute und Schlechte, was mir im Leben passierte, mich erst zu dem Menschen gemacht hat , der ich heute bin. Vielleicht hat mich dies ja auch zu einer guten Geschichtenerzählerin gemacht, mit denen ich Mut machen will. Egal was passiert, man weiß nie. ob an der Ecke bereits ein Engel steht, der dir den richtigen Weg zeigt.
Die Kraft, das Leben zu meistern habe ich wohl von meinem Vater. Er war der Fels in der Brandung und als Kind wusste ich immer, wenn mein Vater bei mir war, konnte mir nichts passieren. Mein Vater konnte Drachen töten! Meine Mutter war lieb und hat auch die schlimmen Herausforderungen der Nachkriegszeit tapfer gemeistert, aber sie verzagte auch schnell.
Nun erzähle ich euch von meinem Vater. Einige werden die Erinnerungsgeschichte schon kennen, aber sie rundete meine Plauderecke so schön ab. (zwinkern)
Mein Vater
Er war 24 Jahre alt und gerade verheiratet, als er 1939 in den Krieg ziehen musste.
Als er dann einmal Urlaub von der Front bekam, fuhr ihm seine junge Frau entgegen und der Bahnhof, an dem sie ihn erwartet wurde durch Bomben zerstört und er war Witwer.
Dieser Krieg hat so viel Unheil und Leid den Menschen gebracht.
Später lernte er dann meine Mutter kennen und diese schrieb ihm jeden Tag einen Brief an die Front.
1944 haben sie dann geheiratet.
Mein Vater wurde dann schwer verwundet und während er in Deutschland im Lazarett lag, wurde seine gesamte Einheit in Russland getötet.
Er wurde dann nach Ingolstadt in die Kaserne versetzt und meine Mutter folgte ihm und er mietete ihr ein kleines Zimmer.Nach dem Krieg blieben meine Eltern in Bayern und mein Vater ging zur Polizei.
Er wurde in einen kleinen Ort versetzt, in dem in einem ehemaligen Schloss in der großen Halle die Polizeistation war.Ich verbrachte viele Stunden in der gemütlichen Wachstube.
Als ich klein war brachte mich meine Mutter zu meinem Vater, wenn sie etwas zu erledigen hatte.
Und da ich sehr brav und ruhig war, hatte keiner etwas dagegen und ich wurde so ein bisschen das Maskottchen der Gendarmerie.Später, als ich größer war, besuchte ich oft meinen Vater, durfte auf den alten Schreibmaschinen herum klappern und spitzte mit Begeisterung für jeden die Bleistifte.
Am Pult war ein Spitzer angeschraubt, in die Rolle vorne steckte man den Stift und durch kurbeln wurde er spitz.Als ich ungefähr zwei Jahre alt war starb meine Großmutter mütterlicherseits und meine Eltern wollten mich nicht auf die weite Zugreise ins Saarland mitnehmen.
Ein Kollege meines Vaters, der selbst zwei kleine Jungen hatte, erbot sich, mich während dieser Zeit aufzunehmen und da ich ihn kannte fremdelte ich auch nicht.
Zwei Tage später hatte ich meine Eltern vergessen und da der
Kollege dieselbe Statur und Uniform wie mein Vater hatte, war er bald für mich mein Vater.Jeden Abend, wenn er vom Dienst nach Hause kam, wieselte ich in den Flur, hievte seine schweren Pantoffeln hoch und stolperte auf ihn zu, streckte ihm die Puschen mit strahlendem Lächeln und den Worten: „Vati kalte Füß!“, entgegen.
Dieser Satz verfolgte mich dann jahrelang.
Jedes Mal wenn ich dem Kollegen begegnete, egal wo und wenn es mitten im Supermarkt war, dann grinste er von einem Ohr zum anderen und brüllte mit seiner dröhnenden Stimme:
„Vati kalte Füß!“
Das konnte manchmal ganz schön peinlich sein, besonders wenn man inzwischen ein Teenager ist.
Wir hatten eine schöne Kindheit.
Es war keine heile Welt, es wurde auch gestritten, gezickt, gezankt und wir bekamen, wenn wir es verdienten auch eine auf den Popo.
Doch die vielen fröhlichen und glücklichen Stunden, sowie die Liebe und Geborgenheit begleiten uns ein Leben lang.
Bei uns wurde viel gesungen, besonders die alten Volkslieder, wenn wir drei Mädels abspülten sangen wir dabei und aus irgendeinem Zimmer fiel meine Mutter mit ein und manchmal brummte auch mein Vater dazwischen.
Mein Lieblingslied ist übrigens bis heute:
„Am Brunnen vor dem Tore...“
Mein Vater liebte Friedrich Schiller.
Als Bub musste er das lange Gedicht vom Lied der Glocke auswendig lernen und jedes mal wenn er uns ärgern wollte zitierte er daraus.
Samstags saßen wir gerne mit unserer Mutter länger am Frühstückstisch und erzählten und lachten.
Das mochte er gar nicht, vielleicht fühlte er sich auch als einziger Mann ausgeschlossen.
Jedenfalls, sobald er seine Tasse Kaffee ausgetrunken hatte, erhob er sich, ging in das angrenzende Zimmer und begann demonstrativ aufzuräumen und dabei zitierte er so laut, dass wir es ja auch mitbekamen aus dem Lied der Glocke:
„Und drinnen waltet
Die züchtige Hausfrau
Die Mutter der Kinder
Und herrscht weise
Im häuslichen Kreise
Und lehret die Mädchen
Und wehret die Knaben
Und regt ohne Ende
Die fleißigen Hände“
Natürlich hat uns das zu noch größeren Heiterkeitsausbrüchen
veranlasst und am Ende musste er selbst mitlachen.Sind es nicht gerade seine Macken, die einen Menschen besonders liebenswert machen?
Als wir größer waren lag jedes Jahr unter dem Weihnachtsbaum ein Gesellschaftsspiel und wir saßen dann zusammen und spielten.
Mein Vater mogelte für sein Leben gerne dabei, aber so, dass man es merkte, denn meine Mutter regte sich immer furchtbar darüber auf und das bereitete ihm eine diebische Freude.
Überhaupt verband meine Eltern eine große Liebe zueinander die 44 Jahre hielt.
Leider erkrankte mein Vater die letzten vier Jahre an Alzheimer.
Eine sehr schlimme Krankheit, denn der Mensch den du einst gekannt hast, verschwindet mit der Zeit, lange vor seinem Tod.
Aber ich behalte ihn in Erinnerung wie er war: Ein guter Vater!
(c) Lore Platz ( Februar 2021)
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3.02.2025
Nun starten wir bereits in den Februar, eigentlich ein schöner Monat, das fröhliche Treiben im Karneval, und der Valentinstag, der voll der Liebe gewidmet ist. Doch die Zeiten sind dunkel, aber in den 75 Jahren, die ich nun lebe waren sie das bereits mehrmals und irgendwann wird es wieder heller. Wir dürfen nur die Hoffnung nicht verlieren.
Ich interessiere mich sehr für Geschichte und habe bemerkt, dass in der Geschichtsscheibung Frauen wenig und wenn dann eher im negativen Sinn vorkommen. Das kommt wohl daher weil den Frauen bis ins späte 19te Jahrhundert das Recht auf Bildung abgesprochen wurde und daher nur Männer für die Geschichtsschreibung zuständig waren, sowie für die Bibel.
Eva reichte Adam den Apfel und ist Schuld daran, dass wir Menschen das Paradies nicht kennenlernen durften. Die Erbsünde Evas, doch Adam hat niemand gezwungen den Apfel zu essen. Auch wenn die beiden nicht wirklich gelebt haben, ist es doch auffällig, dass die Hauptschuld der Frau zugesprochen wurde.
Xanthippe wird noch heute ein zänkisches streitlustiges Weib genannt und ich denke, ihr wurde unrecht getan. Sie war die Frau von Sokrates (469 . 369 v. Christus) und auch in der Antike war das Frauenbild in einer von Männern bestimmten Welt sehr schlecht. Es wurde ihnen jedes Verständnis für Philosophie und Wissenschaften abgesprochen und sie waren Menschen zweiter Klasse.
Im Mittelalter waren es wieder die Frauen, die für alles was passierte angeklagt und als Hexen verbrannt wurden.
1487 erschien das berüchtigte Buch "Malleus melficarum" Die Minderwertigkeit der Frau wurde dadurch erklärt, dass in der Bibel stand, Eva wurde aus Adams Rippe geschaffen und hat dann Adam mittels eines Apfels verführt.Eine Frau, die niemals gelebt hat, was für ein tolles Alibi für all die Grausamkeiten.
Vor einigen Jahren habe ich einen Bericht über Frauenhäuser in Polen gesehen, schrecklich. Die Häuser müssen die Frauen nach einigen Wochen wieder nach Hause schicken und dort sind sie wieder ihren gewaltätigen Männern ausgeliefert Das schlimmste aber war für mich, dass ein Priester in der Kirche erklärte; einem Mann ist es erlaubt seine Frau zu züchtigen.
Bis ins späte 19te Jahrhundert galten noch für Frauen die drei Ks: Küche Kinder, Kuschen, noch in den sechzigern und siebzigern konnten Frauen ohne Erlaubnis ihres Mannes, weder arbeiten gehen , noch den Führerschein machen. 1974 erklärte der Münchner Polizeipräsident: "Frauen gehören an den Herd und nicht zur Polizei."
Viele hundert Jahre haben wunderbare Frauen für unsere Rechte gekämpft, aber es ist immer noch nicht genug, wenn ich lese, dass alle 45 Minuten eine Frau häusliche Gewalt erfährt.
Wieder zu dem Thema eine alte Geschichte von mir.
Und plötzlich ist man Oma
Luise Brunner band sich die Schürze um das Dirndl und schaute in den Spiegel.
Müde Augen sahen ihr entgegen, wie so oft in den vergangenen zehn Jahren war sie lange wach gelegen und hatte sich dann immer wieder schlaflos herum gewälzt.
Und wenn sie dann schlief, dann kam es ihr vor als wären es nur Sekunden gewesen.
Vor zwölf Jahren hatte ihr einziger Sohn nach einem bitterbösen Streit mit ihrem Mann den Hof verlassen.Bertl war dahinter gekommen, dass Andreas statt Landwirtschaft Medizin studierte, weil er unbedingt Arzt werden wollte.
Sein Vater hatte ihn vor die Wahl gestellt, Landwirt oder Medizin.Die beiden Hitzköpfe hatten sich angeschrien und ein Wort gab das andere und dann hatte Andreas seinen Rucksack gepackt und war gegangen.Zwei Jahre hatte sie ihm Geld fürs Studium geschickt, denn Bertl hatte die Unterstützung für seinen Sohn eingestellt.
Doch dann war ihr Mann dahinter gekommen und es hatte einen fürchterlichen Krach gegeben und er hatte ihr die Vollmacht für das Konto entzogen.Seitdem hatte sie auch nichts mehr von ihrem Jungen gehört.Seufzend wendete sie sich um und ging die knarrenden Holzstufen hinunter.Aus der Küche klang das Klappern von Geschirr und das Lachen der Mägde.Luise setzte ein Lächeln auf und trat mit einem Gruß ein.
„Guten Morgen,“ klang es fröhlich zurück und Kathi, dieJungmagd brachte ihr eine Tasse dampfend heißen Kaffee.
Die alte Theres brockte Brot in ihr Haferl Kaffee und warf unter ihren buschigen Augenbrauen einen prüfenden Blick zur Bäuerin. Sie bemerkte als einzige die müden traurigen Augen.
Theres war schon über achtzig und war schon auf dem Hof, als der Bauer noch in den Windeln lag, und durfte sich mehr erlauben als manch andere und sie hatte dem Bertl damals ordentlich die Meinung gesagt, als er den Buben vom Hof jagte, aber genutzt hatte es auch nichts. Sture Dickschädel sind sie eben alle Beide.
Der Bauer kam in die Küche, brummte einen kurzen Gruß und ließ sich auf seinem Platz nieder. Kathi brachte auch ihm ein Haferl Kaffee.
Während Bertl sich reichlich von der Erdbeermarmelade auf sein Butterbrot schmierte warf er einen besorgten Blick zu seiner Frau.
Er hatte mitbekommen, dass sie sich wieder ruhelos im Bett gewälzt hatte und wie so oft hatte er ein schlechtes Gewissen. Es tat ihm doch auch schon leid, die Sache mit dem Buben und er hätte es gerne ungeschehen gemacht, denn der Andi fehlte ihm, aber er wusste nicht wie.Er war halt so ungeschickt, wenn es um Gefühle ging. Deshalb sagte er barscher, als er wollte.
„Luise, die Selma wird bald kalben, behalte sie ein wenig im Auge und ruf den Tierarzt, wenn etwas sein sollt. Das letzte Mal hat sie sich auch so schwer getan.
Ich bin mit dem Loisl und dem Xaver auf der oberen Wiese, da kann man net mit'm Mähdrescher hin, müssen also mit der Sense mähen.
Und du Kathi, nachher wenn' st im Stall fertig bist, kimst aufi und hilfst beim zsamm recha. Und Alma du bringst die Kühe auf die Weide.“
Er verließ die Küche.
Luise folgte den Mägden in den Stall.
Während Kathi die Melkmaschine säuberte, ließ Alma die Tiere aus der Box und trieb sie den Gang entlang ins Freie. Luise aber ging zu Selma, die mit müden Augen in ihrem Pferch stand.„Nicht wahr es ist schon ein Kreuz mit den Kindern. Schmerzen hat man bis sie auf der Welt sind und dann machen sie einem immer wieder mal Sorgen und Kummer.“
Später ging Luise in den großen Gemüsegarten.Sie kniete nieder, um das Unkraut zu rupfen.
„Grüß Gott!“ Die Frau sah auf und sah ein kleines etwa vierjähriges Mädel am Zaun. „Grüß Gott,“ antwortete sie freundlich.
„Was machst du da?“„Ich rupfe Unkraut.“ „Warum?“„Damit das Gemüse mehr Platz zum Wachsen hat.“„Darf ich dir helfen?“„Gerne, komm nur rein, dort vorne ist die Tür.“
Bald knieten die beiden einträchtig nebeneinander und rupften das Unkraut aus der Erde.
Dabei stand das Mündchen der Kleinen keinen Moment still. Und so erfuhr Luise, dass sie Fiona hieß, aber jeder sie nur Pünktchen rief, wegen ihrer Sommersprossen.Dass sie bei Doktor Bauer wohnten und ihr Papa aber noch in Berlin sei, weil er seinen Vertrag noch einhalten müsse.
Aber in einigen Wochen würde er dann nachkommen und dann blieben sie immer hier.Ein weißer Spitz kam bellend an den Zaun, ihm folgte ein etwa achtjähriger Junge.
Pünktchen sprang auf „Das ist Flocke und mein Bruder Tobias.“„Pünktchen,“ schimpfte der Junge, „ du sollst doch nicht allein losgehen, wenn du dich nun verirrst?“
„Quatsch!“
Das Mädchen deutete mit dem Finger auf den Kirchturm.
„Ich gehe immer in Richtung Kirche und nicht weit davon ist dann das Haus von Onkel Pankratz.“ „Willst du herein kommen? Wir wollten gerade eine Pause machen. Es gibt Kirchweihnudeln.“
„Wat it dat?“ „Du sollst doch nicht berlinern,“ schimpfte Pünktchen ihren Bruder. Luise aber lachte und meinte: „Kirchweihnudeln sind so ähnlich wie Berliner.“
Bald saßen sie alle in der Küche bei Kakao und dem Schmalzgebäck.
Luise hörte amüsiert dem Geplänkel der Kinder zu und stellte erstaunt fest, dass sie so viel wie heute die vergangenen zehn Jahre nicht mehr gelacht hatte.
Später brachte sie die Kinder hinaus und winkte ihnen noch lange nach.Als sie ins Haus zurück kehrte wurde sie von der alten Theres, die auf der Bank in der Sonne saß, aufgehalten. „Die Kinder gefallen dir wohl?“
„Ja,“ Luise lächelte versonnen,“ weißt, es ist seltsam, aber mir ist, als würde ich sie schon immer kennen.“ „Das ist die Stimme des Blutes,“brummte die alte Magd.
Sie klopfte auf den Platz neben sich.„Setz dich zu mir, ich muss mit dir reden.“
Und nun erfuhr Luise, dass Andreas seinen Doktor gemacht und als Internist in der Charité in Berlin arbeitete.
Dort hat er auch sein Frau Friedel kennen gelernt, die als Krankenschwester ebenfalls dort tätig war.
„Aber warum hat er nie mehr geschrieben?“ klagte Luise.
„Weil er dir keinen neuen Ärger mit dem Vater bereiten wollte, deshalb hat er sich an mich gewandt und wollte immer wissen wie es euch geht.“
„Und warum hast du mir nicht gesagt, dass ich zwei Enkelkinder habe?“
„Das hätte dich doch nur noch trauriger gemacht und gegen den Bertl hast du dich doch noch nie durchsetzen können.“
Luise sah still vor sich hin. Dann straffte sie die Schultern und eilte los.
„Wohin willst' denn?“
„Zum Doktorhaus!“
Theres schmunzelte. „Wird Zeit Bäuerin, dass du mal Rückgrat zeigst.“
Eine hübsche junge Frau öffnete auf ihr Klingeln.
„Der Herr Doktor ist nicht da, er macht gerade einen Hausbesuch.“
„Ich will auch nicht zum Pankratz, sondern zu dir. Ich bin die Alpenhofbäuerin.“Die junge Frau errötete leicht und meinte verlegen.„Ich weiß, wollen sie herein kommen?“
„ Gern, aber wir sagen uns gleich du, nicht wahr.“ Friedel lächelte, „ willst du einen Kaffee?“Luise folgt der jungen Frau in die große geräumige Küche und während sie sich den Kaffee schmecken ließen, stellte sie viele Fragen, die Friedel bereitwillig beantwortete.
Bald war es als würden sie sich schon ewig kennen. Die Tür ging auf und die Kinder und hinter ihnen Pankratz kamen in die Küche. „Hm hier duftete es nach Kaffee.“ Zufrieden ließ er sich von Friedel eine Tasse einschenken.„Weißt Luise, seit die Friedel hier ist geht es mir gut, die verwöhnt mich und kochen kann die.“ Er küsste seine Fingerspitzen und alle lachten.
„ Und wenn erst der Andreas da ist, dann hab ich auch Hilfe in der Praxis und später wird der Bub sie dann ganz übernehmen. Aber vorher gibt es wohl noch einiges zu machen, hier wie auch anderswo.“
Er zwinkerte Luise zu. Pünktchen die sich an ihr Knie geschmiegt hatte fragt nun:„Tante Luise bleibst du zum Abendessen?“„Prima, es jibt Buletten, di magst sicher und Mama macht so nee große, da wirste kieken.“
„Tobias, du sollst doch nicht berlinern!“ riefen Friedel und Pünktchen. Pankratz aber lachte.„Luise hast du alles verstanden? Er meint Fleischpflanzerl riesig große und du wirst staunen.“
„Ich habe ihn schon verstanden.“ Liebevoll strich sie dem Jungen über das Haar.Nach dem Abendessen brachte Luise zusammen mit Friedel die Kinder ins Bett, dann setzten sich die drei Erwachsenen mit einem Glas Rotwein zusammen und überlegten wie sie den Bertl auf Andreas Rückkehr vorbereiten sollten.
Schließlich kamen sie überein, dass es wohl am besten wäre es über die Kinder zu versuchen.
Da sowieso der Maler kam, um die Zimmer zu renovieren, wäre das eine gute Ausrede, wenn Luise sich in der Zeit um die Kinder kümmerte. Es war schon zehn Uhr, als Luise sich auf den Heimweg machte.Sie fühlte sich so glücklich und beschwingt, wie schon lange nicht mehr.
Bertl war noch wach, als sie in die Schlafstube trat. „Wo warst du denn so lange?“ „Beim Pankratz!“ „Fehlt dir was?“ „Nein jetzt nimmer!“Luise legte ihre Kleider ordentlich auf den Stuhl, schlüpfte ins Bett und war gleich darauf eingeschlafen.
Bertl aber lag noch lange wach und grübelte über seine Frau, die ihm heute so verändert vorkam, nach.
Wie staunte er aber als er wach wurde und Luise leise summend aus dem Bad kam.
Diese hatte wunderbar geschlafen wie schon lange nicht mehr und während sie ihre lange Haare flocht und zu einem Knoten am Hinterknopf zusammen rollte, meinte sie. „Heute geh ich zum Frisör und lass mir die Haare schneiden, die machen viel zu viel Arbeit.“ „Nein, du weißt doch wie sehr ich deine langen Haare liebe, das erlaube ich nicht!“ Luise schenkte ihrem Mann ein strahlendes Lächeln. „Mich stören sie aber schon lange und deshalb müssen sie ab!“Vergnügt summend verließ sie die Schlafstube und betrat die Küche mit einem Scherzwort.
Die Mägde starrten sie erstaunt an und Theres kicherte vor sich hin.Noch mehr aber staunten sie, als Luise erklärte sie würde nachher zum Frisör gehen.
Der Bauer war heute noch schweigsamer als sonst und warf immer wieder verstohlene Blicke auf seine Frau die heute so verändert wirkte. Und als er die Arbeit verteilte für den heutigen Tag, da fiel sie ihm ins Wort.„Mit mir brauchst du heute nicht rechnen, ich gehe zum Frisör und anschließend fahre ich mit dem Besuch vom Pankratz in die Kreisstadt. Ich brauche ein paar hundert Euro und außerdem, habe ich keine Lust mehr um jeden Cent zu betteln. Ab heute will ich wieder Vollmacht über unser Konto.“
Mit diesen Worten verließ sie die Küche. Bertl sah ihr mit offenen Mund nach und Theres kicherte.Mit der neuen Kurzhaarfrisur sah Luise wirklich hübsch aus und es schien als wäre sie um Jahre jünger, vielleicht aber lag das auch an dem Strahlen, das von ihr ausging.
Mit Friedel und den Kindern verlebte sie einen schönen Nachmittag in der Stadt und sie kleidete die drei von Kopf bis Fuß neu ein. Als ihre Schwiegertochter protestiert, meinte sie nur, sie hätte so viele Jahre nachzuholen. Nachdem sie noch ein großes Eis gegessen hatten fuhren sie wieder nach Hause.Wieder schlief sie wunderbar diese Nacht und am nächsten Tag beim Frühstück teilte sie mit, dass das Doktorhaus renoviert werde, damit die Familie des neuen Arztes einziehen könnte und sie sich angeboten hat, sich in der Zeit um die Kinder zu kümmern.
„Mach was du willst,“ brummte Bertl nur, dem seine plötzlich so selbstbewusste Frau ein wenig unheimlich wurde.
Und von nun an kamen die Kinder jeden Tag und auch Bertl begann sich mit ihnen anzufreunden. Ja er ertappte sich sogar dabei, dass er frühmorgens schon Ausschau nach ihnen hielt.
Pünktchen hatte ihn bereits um ihren kleinen reizenden Finger gewickelt und nur allzu gern beantwortete er die Fragen von Tobias, der alles über die Landwirtschaft wissen wollte.
Nur dass der Bub immer wieder in seinen Berliner Dialekt zurück fiel, störte ihn ein wenig.
Bald war es als gehörten die Kinder schon immer zum Alpenhof und auch Friedel, die abends wenn sie die Kinder abholte noch ein wenig blieb, gehörte bald dazu.
Inzwischen waren die Zimmer im Doktorhaus alle fertig und ein großer Möbelwagen war aus Berlin gekommen. Begeistert erzählten die Kinder wie schön es jetzt wäre und jeder hätte wieder sein Zimmer genau wie in Berlin.Trotzdem aber kamen sie jeden Tag, denn der Alpenhof war ihre zweite Heimat geworden.
Die Dörfler aber hatten neugierig den Umzugswagen beobachtet, doch noch immer war von dem neuen Doktor nichts zu sehen.
Und wenn sie den alten Pankratz fragten, dann meinte der nur, der kommt schon noch oder könnt ihr es nimmer erwarten bis ihr mich los seid. Luise aber hatte schon öfter mit ihrem Sohn telefoniert und wusste, dass er bald kommen würde.Sein Vertrag mit der Charité war jetzt ausgelaufen, die Wohnung hatte er verkauft und nun musste er nur noch ein paar Behördengänge machen, dann könnte er los.
Es war Sonntag und wie immer waren Friedel und die Kinder da und sie alle saßen bei Kaffee und Kuchen, als die Tür aufging und ein junger gut aussehender Mann die Stube betrat. „Papa!“ jubelte Pünktchen und die Kinder liefen zu Andreas der sie fröhlich umfing. Luise presste beide Hände auf die Brust und Tränen traten in ihre Augen.
Friedel schenkte ihrem Mann einen zärtlichen BlickBertl aber saß wie erstarrt und über sein Gesicht zuckte es wie Wetterleuchten und seine Hände ballten sich zu Fäusten. Andreas setzte Pünktchen vorsichtig auf den Boden und trat an den Tisch.
Er streckte die Hand aus und sagte leise.
„Grüß Gott, Vater, willst mich denn nicht willkommen heißen?“ Bertl rührte sich nicht und alle hielten den Atem an.Pünktchen aber kletterte auf die Bank, schmiegte ihre Wange an die raue Backe des Bauern und fragte:
„Warum willst du denn dem Papa nicht 'Grüß Gott' sagen?“
Behutsam reichte der das kleine Dirndl an seine Frau weiter, die neben ihm saß, dann stand er auf und drückte fest die Hand seines Sohnes.
Die beiden Männer umarmten sich und schämten sich nicht der Tränen, die in ihren Augen standen.
Luise und Friedel aber liefen die Tränen über das Gesicht und die Kinder sahen mit großen staunenden Augen auf die Erwachsenen.Noch mehr aber staunten sie, als sie erfuhren, dass Luise und Bertl ihre Großeltern waren.
Nun aber ging es ans erzählen, viele Jahre waren aufzuholen.
Pünktchen war längst im Arm ihres Vaters eingeschlafen und Tobias stand am Fenster und schaute mit gerunzelter Stirn hinaus.
Dann drehte er sich um und rief:
„Opa, kieck mol, gleich wird’s zu pladdern (stark regnen) afange und dös Vieh is no uff der Weide“
Der alte Bauer stand auf und meinte gemütlich:
„Dann wollen wir es rein holen, bleibt nur sitzen,“ winkte er zu Luise und Andreas. Dann legte er die Hand auf die Schulter von Tobias.„Der Bua und ich wir schaffn des scho. Der wird moa a guater Landwirt, nur des berlinern, des muss i eam no abgwöhna!“
Fröhliches Lachen folgte den Beiden, als sie hinaus gingen.
©
Lore Platz 17.2. 21