Montag, 2. Dezember 2024

2. Türchen 2024

 

2. Türchen





Die Erbschaft



Die junge Frau sah sich vergnügt um.

So schön hatte sie es sich nicht vorgestellt.

Als der Brief vom Notar kam und sie bat bei ihm vorbei zu kommen, da hatte sie keine Ahnung was er von ihr wollte.

Und an eine Erbschaft hatte sie überhaupt nicht gedacht, denn sie stand ganz allein auf der Welt und hatte nach dem tragischen Tod ihrer Eltern, als sie gerade fünf Jahre alt war, im Waisenhaus verbracht.

Und nun erfuhr sie, dass die Schwester ihrer Oma, Großtante Adelgunde, im Alter von 98 Jahren in einem Hospiz in Bayern gestorben war und ihr als einzige noch lebende Verwandte ein Haus in Bayern und ein gut gefülltes Bankkonto vererbt hatte.

Mit strahlenden Augen sah sie um sich lauter gediegene, gemütlich wirkende Möbel und alles blitzte vor Sauberkeit. Langsam kamen ihr Zweifel, Ob sie im falschen Haus war.

Großtante Adelgunde war mehr als ein Jahr im Hospiz.

Jemand klopfte.

Auf ihr herein betrat ein junger Mann, die Wohnung. „Grüß Gott und herzlich Willkommen,“ grüßte er und seine blauen Augen funkelten vergnügt.

„Dann gehört dieses wundervolle Haus wirklich mir!“ „Ja, wenn sie die Barbara Werdenfels sind.

„ Ja, das bin ich!“

Dann kommen sie, draußen steht mein Jeep.“ Er nahm sie an der Hand, zog sie nach draußen und schob sie auf den Beifahrersitz und sauste los.

„Wollen sie mich umbringen! Sie entführen mich, werfen mich ins Auto und sausen in einem Tempo durch die Gegend, dass ich um mein Leben fürchten muss und dabei weiß ich weder ihren Namen noch wer sie sind.“

Ich bin der Anderl Moosgruber, wir haben uns um ihre Tante gekümmert und ich sollte sie am Bahnhof abholen, kam aber zu spät,“ erklärte ihr Entführer während er in den Hof eines großes Bauernhofs einbog.

Das zweistöckige Bauernhaus sah gepflegt und stattlich aus und nun öffnete sich die Tür und mehrere Menschen, Erwachsene und Kinder, quollen ins Freie. „ Komm, lass de meiner Familie vorstellen.“

Er wollte ihre Hand ergreifen, doch mit wütendem Blick zog sie diese zurück.

Grinsend zuckte er die Schulter.

Eine mollige Frau mit freundlichem Gesicht kam ihr entgegen, nachdem sie die anderen mit einer Handbewegung zurück ins Haus gescheucht hatte.

Liebevoll legte sie den Arm um die Schulter des jungen Mädchen. „Komm mit ins Warme.“

Als Barbara die Stube betrat sah sie in lauter freundlich Gesichter. Wie von Zauberhand stand eine große Tasse Kaffee vor ihr und auf dem Teller lag ein großes Stück Rosinenkuchen.

Die Bäuerin stellte ihr nun die Familie vor, ihren Mann den Martl, den Großvater Sepp, seine Frau das Reserl. Dann stellte die Mutter die Kinder vor.

Den zwanzigjährigen Wastl , die zehnjährigen Zwillinge Gundi und Felix und das Nesthäkchen die fünfjährige Christl.

„Und i bin die Josefa und meinen ältesten, den Anderl kennen sie ja schon.“

„Leider !“ entfuhr es Barbara.

Josefa warf ihrem Sohn einen strengen Blick zu. "Was hast wieder ogstellt!“

Unschuldig sah er sie an und zuckte mit den Schultern. „Goar nix“

Nun platzte Barbara der Kragen.

„ Nennen sie eine Entführung etwa gar nichts.“ Sie wandte sich an die Anderen.

Vor drei Wochen habe ich erst erfahren, dass die Schwester meiner Oma gestorben ist.

Als ich fünf Jahre alt war sind meine Eltern verunglückt und da ich keine Verwandten hatte, bin ich im Waisenhaus aufgewachsen, das ich vor einem Jahr verlassen habe, um in einem Schreibbüro zu arbeiten.

Als der Brief vom Notar kam, konnte ich es erst gar nicht fassen. Ich brach alle Brücken hinter mir ab und kam hierher.

Doch kaum hatte ich das Haus betreten stürzte dieser Neandertaler herein, fragte nach meinen Namen, packte meine Hand, zerrte mich nach draußen, stieß mich in den Jeep, sprang hinters Steuer und raste los, als wären hundert Teufel hinter ihm her.“

Alle lachten, nur die Mutter sah ihren Ältesten streng an.

hoab i die so erzogen, benimmt man sich so am Madl gegenüber. Denk bloß net, du langer Lakl, du bist zu groß dass i dir de Ohrn lang ziag.“

Als Anderl schnell seine beiden Ohren mit den Händen bedeckte musste sie doch lachen und alle lachten mit.

Es begann nun für Bärbel, wie alle sie inzwischen nannten, da sie Barbara für viel zu steif hielten, eine wunderschöne Zeit.

Sie gehörte zu nun einer großen Familie. Natürlich stritten Anderl und Bärbel ständig, aber beide schienen es zu genießen.

Wie Opa Sepp schmunzelnd verkündigte: wer sich neckt, der liebt sich.

 

(c) Irmi Brüggemann

Und dann begann für Bärbel eine schöne magische Zeit.

Sie erlebte die Vorweihnachtszeit in einer großen Familie.

In der Adventszeit fing es an. Festlich gekleidet ging man am Sonntag in die Kirche die weihnachtlich geschmückt war.

Dann daheim das Frühstück während die erste Kerze auf dem Adventskranz brannte.

Danach ging jeder seiner Arbeit nach, denn die Tiere mussten auch am Sonntag versorgt werden. Dann versammelten sich alle in der guten Stube.

Während die Bratäpfel in einem Fach des Kachelofens schmorten und ihren Duft verbreiteten saßen die Kinder am Tisch, auch die zwei Großen und Bärbel und bastelten Schmuck für den Weihnachtsbaum.

Der Opa holte seine Zither und sie sangen Weihnachtslieder.

Bärbel fühlte sich wie Alice im Wunderland, jeder Tag war eine Überraschung.

 

(c) Bonmomo

Das gemeinsame fröhliche Plätzchen backen, dann der Ausflug mit den Kindern in den Wald, um Moos, Tannenzapfen und kleine Äste für die Krippe zu sammeln.

Am Abend nach getaner Arbeit saßen alle in der guten Stube und sahen den Männern zu, die am Boden knieten um die Krippe herum. Opa Sepp hatte sich geweigert, das tät seinen alten Knochen net gut.

Also ist Felix für ihn ein gesprungen, als Gundi ihrem Bruder folgen wollte scheuchte dieser sie zurück. „ bleib du bei den Madln. Des is Männersache.“

Gundi zog eine finstere Miene , doch Bärbel setzte sich neben sie aufs Sofa und flüsterte ihr etwas ins Ohr, was diese zum Kichern brachte.

Anderl schenkte Bärbel ein freches wissendes Grinsen. Überhaupt war Anderl heute sehr übermütig, er brachte alle zum Lachen.

Nur seine Mutter wusste, wie es wirklich in ihm aussah.

So war er auch als Kind schon gewesen, wenn ihn irgend etwas bedrückte spielte er den Kasperl vor den anderen, damit ja niemand in sein Herz sehen konnte.

Josefa sah zu Bärbel hinüber und hoffte, dass die Liebe ihres Sohnes erwidert wurde.

 


Jeden Tag war etwas anders los und dann einen Tag vor Heiligabend gingen sie gemeinsam in den Wald um den Baum auszusuchen.

Während die Männer den Baum fällten, wurden sie von den Frauen angefeuert.

Daheim schmückten sie alle gemeinsam die große stattliche Tanne.

Bärbel stand etwas abseits und dachte an die vielen einsamen vergangenen Weihnachten und zwei Tränen kullerten über die Wangen. Anderl der sie nicht aus den Augen gelassen hatte kam herüber.

„Madl, ja warum woanst denn?“

Dann sah er in ihre Augen und was er darin sah, brauchte keine Worte. Er zog seinen Schatz an sein Herz und küsste sie.

Christl entdeckte sie als erste. „Der Anderl busselt die Bärbel.“ Nun kamen sie alle herüber und gratulierten dem jungen Paar.

Anderl seufzte tief.“ Viel werde ich von meiner Frau moi net haben.“

Opa Sepp rief :“ Ich hab eine Idee und denke ihr werdet alle damit einverstanden sein. Mein Reserl und ich wohnen doch hier und brauchen das Austragshaus gar net. Wie wärs, wenn wir daraus ein Nest für unser junges Paar machen. Und das Haus von der Adelgunde vermieten wir an Feriengäste“

Alle stimmten zu und Max rief. “Und i ge jetz in Keller hoi vom besten Wein und dann feiern wir Verlobung.

Opa jubelt:“Hurra, heit feiern wir Verlobung, Morgen Weihnachten und im Frühjahr Hochzeit, wir kemma aus dem feiern nimmer raus!“



© Lore Platz 29.6.2024


Bei Regina lest heute diese Geschichte HIER

Sonntag, 1. Dezember 2024

Advent 2024 1. Türchen

 

 

(c)Bonmomo

 

Nur mehr ganz vage kann ich mich an meinen ersten 

Adventskalender erinnern.

Es war eine bunte schöne Weihnachts- und 

Winterlandschaft mit 24 Türchen und der ganze 

Kalender war mit silbern glitzernden Steinchen übersät.

Hinter jedem Türchen befand sich ein buntes Bild, mal 

war es ein Lebkuchen, eine Kerze, ein Ball oder auch ein 

Engel.

Aus einem doppelten Tor bestand das 24. Türchen und 

dahinter befand sich die heilige Familie im Stall.
 

Ich will euch heute auch ein Türchen öffnen und eine 

Geschichte erzählen.

Viel Spaß beim Lesen! 

 

 

1. Türchen



(c) Bonmomo

 

 

Nicole sammelt weihnachtliche Eindrücke



Aufatmend lehnte Nicole die Schi an die Wand der Hütte und blickte sich mit strahlenden Augen um.

Der Schnee glitzerte im Sonnenlicht und vom Dorf unten im Tal klang der voll tönende Klang der Glocken, der die Menschen in den sonntäglichen Gottesdienst einlud.

Ehrfürchtig betrachtete die junge Frau, die ringsum aufragenden Berge mit den schneeweißen Häubchen, die, majestätisch anzusehen, wie Wächter des Tals wirken.

Die Tür der Hütte knarzte leise, als sie diese öffnete. Kälte schlug ihr entgegen und sie warf den Rucksack auf den Boden und kniete sich vor den Kamin. Erfreut stellte sie fest, dass sie nur noch ein Streichholz an das aufgeschichtete Holz halten musste und dankte still den guten Geistern, die sich in ihrer Abwesenheit um die Hütte kümmerten.

Es klopfte und als sie die Tür öffnete lachte ihr das frische rotbackige Gesicht von Seppl, dem fünfzehnjährigen Sohn des Ehepaars Brandner entgegen.

Er grinste: " De Muada schickt mich, um nach zu schauen ob alles passt"

"Komm rein Seppl, hast du das Holz im Kamin so schön hergerichtet?" " Ja und die Mam hat mir a Brot, frische Butter, Eier und a Milch mit geben. Ich bring´s schnell in die Küche und dann geh ich in den Keller und dreh die Heizung auf." Und schon war er verschwunden. Nicki blickte ihm lächelnd nach, dann baute sie auf dem Tisch ihren Laptop auf. Zum Glück war der Empfang hier oben gut.

Der Junge kam die Kellertreppe herauf gestapft. "So Heizung läuft, brauchst noch was?"

"Ja, Seppl kannst du mir helfen vom Speicher den Weihnachtsschmuck herunter zu holen?"

"Jetzt schon! Wir haben ja erst Ende Oktober, wir schmücken erst vor dem ersten Adventssonntag."


(c) Bonmomo

"Du weißt doch Seppl, dass ich Kinderbücher schreibe und nun soll ich bis zum 20igsten November 24 Geschichten für einen Adventskalender schreiben, damit mein Verlag sie noch rechtzeitig drucken kann.

Weißt in der Stadt bei dem schmuddeligen diesigen grauen Wetter ist mir einfach nichts eingefallen."

"Ja, wenn des so ist, dann helfe ich ihnen auch gleich beim Schmücken."

Eine Stunde später erstrahlte das Zimmer im schönsten Weihnachtsglanz. Übermütig gab Nicki dem Hut des Schneemanns, der neben der Tür stand einen Schubs und sah sich vergnügt um. Auch Seppl war begeistert. Er kramte in der Schachtel und zog eine lange Lichterkette hervor.

"Die werde ich draußen an die große Tanne hängen"

" Halt, das kann man doch von unten sehen." Der Junge winkte ab, " aber die halten sie sowieso für verrückt, weil´s Bücher schreiben statt zu arbeiten."




Erschrocken sah er sie an und wurde knallrot. Die junge Frau lachte schallend. "Na wenn das so ist, dann mach mal."

Als Seppl dann mit dem Versprechen, am nächsten Morgen mit frischen Lebensmittel wieder zu kommen, auf seinen Skiern abfuhr, ging Nicole zurück in die Hütte.

Lächelnd ließ sie ihren Blick über die Krippe mit den holzgeschnitzten Figuren gleiten betrachtete die Girlanden, die das Treppengeländer umwanden, den von ihrer Oma gestrickten Socken mit ihrem Namen und den großen Schneemann neben der Tür, der sie aus großen schwarzen Augen ansah.

Dann setzte sie sich mit überkreuzten Beinen ihren Laptop auf den Knie vor den warmen Kamin, schloss ihre Augen einen Moment und dann liefen die Finger wie von selbst.

Einige Tage war nun Nicole auf der Hütte und die Einfälle flogen ihr nur so zu. Zehn fertige Geschichten hatte sie schon abgespeichert.

Jeden Tag nach dem Frühstück fuhr sie mit den Skiern durch die Schnee bedeckte Landschaft, beobachtete die Vögel, die sich um die Körner stritten, die in den Vogelhäuschen lagen, vom Förster an den Bäumen aufgehängt.

 


Auch in den Stall führte Seppl sie und als sie die gemütlich kauenden Kühe mit den wunderschönen warmen braunen Augen sah, dachte sie an die Legende, dass die Tiere am HL Abend sprechen konnten.

Oft fuhr sie auch auf den Einödhof der Familie Brandner und trank in der gemütlichen Bauernküche eine Tasse Kaffee, ließ sich vom Opa, der auf der Bank am Kachelofen saß, erzählen, wie man Weihnachten hier früher gefeiert hatte.

Natürlich wusste er viele lustige Anekdoten über den Ruprecht, der den Kindern immer mächtige Angst einflößte.

Und als sie dann in ihr behagliches, weihnachtlich geschmücktes Zuhause kam, da wurden aus der Fülle der Eindrücke wunderschöne kleine Geschichten. Lange vor dem vereinbarten Termin war ihr Adventskalender fertig.

(c) RMzV



Sie schickte das Manuskript an den Verlag, bekam einige Tage später ein begeistertes Lob und die Nachricht, dass das Buch in Druck ging.

Nicole beschloss noch einige Tage hier oben zu bleiben, bevor sie wieder in die triste Stadt fuhr.

Wie freuten sich Seppl und seine Geschwister, als kurz vor dem ersten Dezember ein großes Paket mit weihnachtlichen Leckereien und oben auf ein dickes Buch mit herrlichen Bildern eintraf.

Jeden Abend nun saßen sie zu Opas Füßen, während er ihnen eine der Geschichten vorlas. Und sie jubelten, wenn sie sich in einer Geschichte wieder erkannten, oder ihren Hof und den Stall. Selbst Harras der Hofhund erlebte ein eigenes Abenteuer.


(c) Lore Platz 2o21