2. Türchen
Die Erbschaft
Die junge Frau sah sich vergnügt um.
So schön hatte sie es sich nicht vorgestellt.
Als der Brief vom Notar kam und sie bat bei ihm vorbei zu kommen, da hatte sie keine Ahnung was er von ihr wollte.
Und an eine Erbschaft hatte sie überhaupt nicht gedacht, denn sie stand ganz allein auf der Welt und hatte nach dem tragischen Tod ihrer Eltern, als sie gerade fünf Jahre alt war, im Waisenhaus verbracht.
Und nun erfuhr sie, dass die Schwester ihrer Oma, Großtante Adelgunde, im Alter von 98 Jahren in einem Hospiz in Bayern gestorben war und ihr als einzige noch lebende Verwandte ein Haus in Bayern und ein gut gefülltes Bankkonto vererbt hatte.
Mit strahlenden Augen sah sie um sich lauter gediegene, gemütlich wirkende Möbel und alles blitzte vor Sauberkeit. Langsam kamen ihr Zweifel, Ob sie im falschen Haus war.
Großtante Adelgunde war mehr als ein Jahr im Hospiz.
Jemand klopfte.
Auf ihr herein betrat ein junger Mann, die Wohnung. „Grüß Gott und herzlich Willkommen,“ grüßte er und seine blauen Augen funkelten vergnügt.
„Dann gehört dieses wundervolle Haus wirklich mir!“ „Ja, wenn sie die Barbara Werdenfels sind.
„ Ja, das bin ich!“
„Dann kommen sie, draußen steht mein Jeep.“ Er nahm sie an der Hand, zog sie nach draußen und schob sie auf den Beifahrersitz und sauste los.
„Wollen sie mich umbringen! Sie entführen mich, werfen mich ins Auto und sausen in einem Tempo durch die Gegend, dass ich um mein Leben fürchten muss und dabei weiß ich weder ihren Namen noch wer sie sind.“
„Ich bin der Anderl Moosgruber, wir haben uns um ihre Tante gekümmert und ich sollte sie am Bahnhof abholen, kam aber zu spät,“ erklärte ihr Entführer während er in den Hof eines großes Bauernhofs einbog.
Das zweistöckige Bauernhaus sah gepflegt und stattlich aus und nun öffnete sich die Tür und mehrere Menschen, Erwachsene und Kinder, quollen ins Freie. „ Komm, lass de meiner Familie vorstellen.“
Er wollte ihre Hand ergreifen, doch mit wütendem Blick zog sie diese zurück.
Grinsend zuckte er die Schulter.
Eine mollige Frau mit freundlichem Gesicht kam ihr entgegen, nachdem sie die anderen mit einer Handbewegung zurück ins Haus gescheucht hatte.
Liebevoll legte sie den Arm um die Schulter des jungen Mädchen. „Komm mit ins Warme.“
Als Barbara die Stube betrat sah sie in lauter freundlich Gesichter. Wie von Zauberhand stand eine große Tasse Kaffee vor ihr und auf dem Teller lag ein großes Stück Rosinenkuchen.
Die Bäuerin stellte ihr nun die Familie vor, ihren Mann den Martl, den Großvater Sepp, seine Frau das Reserl. Dann stellte die Mutter die Kinder vor.
Den zwanzigjährigen Wastl , die zehnjährigen Zwillinge Gundi und Felix und das Nesthäkchen die fünfjährige Christl.
„Und i bin die Josefa und meinen ältesten, den Anderl kennen sie ja schon.“
„Leider !“ entfuhr es Barbara.
Josefa warf ihrem Sohn einen strengen Blick zu. "Was hast wieder ogstellt!“
Unschuldig sah er sie an und zuckte mit den Schultern. „Goar nix“
Nun platzte Barbara der Kragen.
„ Nennen sie eine Entführung etwa gar nichts.“ Sie wandte sich an die Anderen.
„Vor drei Wochen habe ich erst erfahren, dass die Schwester meiner Oma gestorben ist.
Als ich fünf Jahre alt war sind meine Eltern verunglückt und da ich keine Verwandten hatte, bin ich im Waisenhaus aufgewachsen, das ich vor einem Jahr verlassen habe, um in einem Schreibbüro zu arbeiten.
Als der Brief vom Notar kam, konnte ich es erst gar nicht fassen. Ich brach alle Brücken hinter mir ab und kam hierher.
Doch kaum hatte ich das Haus betreten stürzte dieser Neandertaler herein, fragte nach meinen Namen, packte meine Hand, zerrte mich nach draußen, stieß mich in den Jeep, sprang hinters Steuer und raste los, als wären hundert Teufel hinter ihm her.“
Alle lachten, nur die Mutter sah ihren Ältesten streng an.
„hoab i die so erzogen, benimmt man sich so am Madl gegenüber. Denk bloß net, du langer Lakl, du bist zu groß dass i dir de Ohrn lang ziag.“
Als Anderl schnell seine beiden Ohren mit den Händen bedeckte musste sie doch lachen und alle lachten mit.
Es begann nun für Bärbel, wie alle sie inzwischen nannten, da sie Barbara für viel zu steif hielten, eine wunderschöne Zeit.
Sie gehörte zu nun einer großen Familie. Natürlich stritten Anderl und Bärbel ständig, aber beide schienen es zu genießen.
Wie Opa Sepp schmunzelnd verkündigte: wer sich neckt, der liebt sich.
(c) Irmi Brüggemann |
Und dann begann für Bärbel eine schöne magische Zeit.
Sie erlebte die Vorweihnachtszeit in einer großen Familie.
In der Adventszeit fing es an. Festlich gekleidet ging man am Sonntag in die Kirche die weihnachtlich geschmückt war.
Dann daheim das Frühstück während die erste Kerze auf dem Adventskranz brannte.
Danach ging jeder seiner Arbeit nach, denn die Tiere mussten auch am Sonntag versorgt werden. Dann versammelten sich alle in der guten Stube.
Während die Bratäpfel in einem Fach des Kachelofens schmorten und ihren Duft verbreiteten saßen die Kinder am Tisch, auch die zwei Großen und Bärbel und bastelten Schmuck für den Weihnachtsbaum.
Der Opa holte seine Zither und sie sangen Weihnachtslieder.
Bärbel fühlte sich wie Alice im Wunderland, jeder Tag war eine Überraschung.
(c) Bonmomo |
Das gemeinsame fröhliche Plätzchen backen, dann der Ausflug mit den Kindern in den Wald, um Moos, Tannenzapfen und kleine Äste für die Krippe zu sammeln.
Am Abend nach getaner Arbeit saßen alle in der guten Stube und sahen den Männern zu, die am Boden knieten um die Krippe herum. Opa Sepp hatte sich geweigert, das tät seinen alten Knochen net gut.
Also ist Felix für ihn ein gesprungen, als Gundi ihrem Bruder folgen wollte scheuchte dieser sie zurück. „ bleib du bei den Madln. Des is Männersache.“
Gundi zog eine finstere Miene , doch Bärbel setzte sich neben sie aufs Sofa und flüsterte ihr etwas ins Ohr, was diese zum Kichern brachte.
Anderl schenkte Bärbel ein freches wissendes Grinsen. Überhaupt war Anderl heute sehr übermütig, er brachte alle zum Lachen.
Nur seine Mutter wusste, wie es wirklich in ihm aussah.
So war er auch als Kind schon gewesen, wenn ihn irgend etwas bedrückte spielte er den Kasperl vor den anderen, damit ja niemand in sein Herz sehen konnte.
Josefa sah zu Bärbel hinüber und hoffte, dass die Liebe ihres Sohnes erwidert wurde.
Jeden Tag war etwas anders los und dann einen Tag vor Heiligabend gingen sie gemeinsam in den Wald um den Baum auszusuchen.
Während die Männer den Baum fällten, wurden sie von den Frauen angefeuert.
Daheim schmückten sie alle gemeinsam die große stattliche Tanne.
Bärbel stand etwas abseits und dachte an die vielen einsamen vergangenen Weihnachten und zwei Tränen kullerten über die Wangen. Anderl der sie nicht aus den Augen gelassen hatte kam herüber.
„Madl, ja warum woanst denn?“
Dann sah er in ihre Augen und was er darin sah, brauchte keine Worte. Er zog seinen Schatz an sein Herz und küsste sie.
Christl entdeckte sie als erste. „Der Anderl busselt die Bärbel.“ Nun kamen sie alle herüber und gratulierten dem jungen Paar.
Anderl seufzte tief.“ Viel werde ich von meiner Frau moi net haben.“
Opa Sepp rief :“ Ich hab eine Idee und denke ihr werdet alle damit einverstanden sein. Mein Reserl und ich wohnen doch hier und brauchen das Austragshaus gar net. Wie wärs, wenn wir daraus ein Nest für unser junges Paar machen. Und das Haus von der Adelgunde vermieten wir an Feriengäste“
Alle stimmten zu und Max rief. “Und i ge jetz in Keller hoi vom besten Wein und dann feiern wir Verlobung.
Opa jubelt:“Hurra, heit feiern wir Verlobung, Morgen Weihnachten und im Frühjahr Hochzeit, wir kemma aus dem feiern nimmer raus!“
© Lore Platz 29.6.2024
eine herzige Geschichte ;)
AntwortenLöschenfröhlich und unbeschwert
das tut immer gut
adventliche Grüße
Rosi