Mittwoch, 3. März 2021

Plauderecke

Vor einigen Jahren habe ich einen Bericht gesehen, über einen Austeiger in Australien.
Ein ehmaliger Börsenmakler hatte durch den Börsenkrach alles verloren und zog sich auf eine einsame Insel in Australien zurück.
Der 71jährige lebt dort mit seinem Hund und ...
nein! nicht mit Freitag sondern einer Schaufensterpuppe.
Diese hat er fesch angezogen, einen Hut mit Blümchen aufgesetzt und auf seiner Veranda auf einem Stuhl plaziert.
Sie hat sogar ein aufgeschlagenes Buch auf dem Schoß.
"Bisher hätte er noch keine Frau gefunden, die auf die Insel wollte und man braucht doch jemand mit dem man seine Eindrücke teilen kann," meinte er.
So von aller Welt abgeschieden wie Robinson Cruso muss er aber nicht leben.
Alle paar Wochen fährt er mit dem Boot auf das Festland zum Einkaufen, denn auf seinen Kaffee will er nicht verzichten.
In seinem Unterstand steht ein Kühlschrank sowie ein Gasofen. Also ein moderner Robinson.
Nun er hat nach seinen finanziellen Absturz, eine andere Lebensform gefunden.
Glücklich sein hängt von vielen Dingen ab, aber bestimmt nicht vom Geld.

Wenn ich meine Schwester am Bodensee besuchte ging ich gerne spazieren und kam an einem kleinen Häuschen vorbei in dem ein alter Mann lebte inmitten von Gartenzwergen. Er hatte sich eine eigene Welt erschaffen. Auf einem Tischchen standen kleine Tellerchen und Tässchen, er hatte sich seine eigene Märchenwelt geschaffen und er war ein freundlicher Mann. Von einigen wurde er belächelt oder gar verspottet, doch ich denke, dass er glücklicher war, als die Spötter.

Ich war ein wenig in meiner Familie der Außenseiter, der oft nicht für voll genommen wurde. Ich war ein schüchternes verträumtes Kind, das voller Fantasie steckte. Doch wenn ich so zurückblicke, bin ich doch die glücklichste von allen geworden, weil ich nie aufgehört habe zu träumen.



Wirklich reich ist der, der mehr Träume in seiner Seele hat, als die Wirklichkeit zerstören kann.

Hans Kruppa   




 

 


 

Cornelia ist anders


Benommen richtete sie sich auf und sah sich um.

Wo war sie hier?

Sie fröstelte und ein unheimliches Gefühl beschlich sie. Waren das dort hinten Gräber, war sie etwa auf einem Friedhof?

Dunkel konnte sie sich an ein Fest erinnern, lachen und trinken, doch dann hatte sie einen Filmriss.

Durch den dichten Nebel kam eine schwarz gekleidete Gestalt auf sie zu.

Schemenhaft tauchten Erinnerungen auf. Er hatte sie zu einem Tango aufgefordert und sie elegant und doch feurig durch die Schritte geführt.

Sie war vollkommen hingerissen von ihm gewesen. Er war irgendwie faszinierend.

Nun blieb er vor ihr stehen.

Ein teuflisches Lächeln spielte um seine Lippen. Dann öffnet er den Mund und zwei spitze lange Zähne wurden sichtbar.

Sie fing gellend an zu schreien!“

Bianca!“

Enttäuscht legte die Vierzehnjährige das Buch hin.

Ich komme!“

Ihre Mutter stand in der Küche und knetete einen Teig, der Tisch brach fast zusammen unter dem Chaos.

Die Oma schälte, ungerührt von dem Ganzen, Äpfel.

Frau Bauer strich sich eine Strähne zurück und hinterließ eine Mehlspur auf der Stirn.

Bianca du solltest doch Petra vom Kindergarten abholen, hast du wieder die Zeit vergessen beim Lesen.“

Das Mädchen errötete und sah schuldbewusst zur Uhr.

Bin schon weg!“

Im Laufschritt lief sie zum Kindergarten, der zum Glück nur zwei Straßen weiter lag.

Gerade rechtzeitig kam sie etwas atemlos an. Die Kinder verließen gerade lärmend das Gebäude, Petra mitten unter ihnen.

Als sie ihre große Schwester entdeckte winkte sie ihren Freundinnen zu und lief zu Bianca.

Wie viele hast du denn zu deinem Geburtstag eingeladen?“

Oh nur Elfie, Gretel, Paula, Babsi, Tom, Andreas und Karin!“

Das geht ja noch,“ grinste Bianca.

Der Hof hatte sich inzwischen geleert, nur ein kleines Mädchen stand noch da und sah irgendwie verloren aus.

An ihrem rechten Bein trug sie eine Schiene.

Kennst du sie?“

Ja, sie heißt Cornelia Larson und ist noch nicht lange hier. Sie wohnt mit ihrer Oma in dem Haus von der alten Berta, die letztes Jahr gestorben ist.“

Das ist ja nicht weit von uns, komm wir fragen sie, ob wir sie mitnehmen sollen.“

Cornelia hob nicht den Kopf, als Bianca sie fragte und meint nur zögernd; ihre Oma würde sie abholen.

Da kam die alte Frau auch schon etwas außer Atem in den Hof.

Tut mit leid Nelly, ich habe Kekse gebacken und musste noch auf das letzte Blech warten, um es aus dem Ofen zu holen.“

Sie sah Bianca und Petra freundlich an. „Danke, dass ihr mit Cornelia gewartet habt.“

Ja, wir wollten sie gerade mitnehmen, da ihr ja in unsere

Nähe wohnt,“ erklärte Bianca.

Die alte Frau sah sie nun genauer an, dann lächelte sie.

Ihr seid die Bauer-Kinder und wohnt in dem schönen großen Haus schräg gegenüber.“

Cornelia hob den Kopf und warf ein: „ mit dem schönen großen Hund!“

Ja, das ist Fussel, ein richtiger Clown, doch sehr lieb, kommt wir wollen gehen,“ meinte Petra, nahm Cornelia bei der Hand und ging mit ihr dem Ausgang zu.

Es war rührend zu sehen wie Petra sich den langsamen Schritten des anderen Mädchens anpasste.

Als sie das kleine Häuschen der Larsons erreicht hatten, bat die Oma sie ins Haus, um die frisch gebackenen Kekse zu probieren.

Während Petra mit Cornelia schon im Haus verschwand, lief Bianca schnell hinüber, um der Mutter zu sagen wo sie waren.

Später als sie dann mit Frau Larson bei einer Tasse Tee und Keksen zusammen saß, erfuhr sie die ganze traurige Geschichte.

Petra und Nelly spielten in deren Zimmer, reichlich mit einem Teller voller Kekse versehen.

Mit Tränen in den Augen erzählte Frau Larson von dem großen Unglück, dass ihre Familie getroffen hatte.

Bei einem unverschuldetem Unfall kamen ihr Sohn und seine Frau vor zwei Jahren ums Leben. Cornelia überlebte schwer verletzt, doch ihr rechtes Bein war total zerschmettert. Über ein Jahr lag sie in der Klinik und musste immer wieder operiert werden.

Dann starb ihre Kusine Berta und hinterließ ihnen ihr kleines Haus. Und sie zogen hierher.

Inzwischen hatte sie auch eine nette Therapeutin für Nelly gefunden, die ihr über das erlebte Trauma hinweg helfen sollte.

Die Therapeutin war es auch, die vorgeschlagen hatte, das Kind in den Kindergarten zu bringen.

Finanziell waren sie gut versorgt, da die Versicherung des

Unfallverursachers eine große Summe als Schmerzensgeld an Nelly zahlen musste und außerdem noch eine lebenslange Rente.

Die Kinder kamen in die Küche.

Bianca , ich habe Nelly zu meinem Geburtstag morgen eingeladen.“

Das ist eine gute Idee, kommen sie morgen doch beide, das Fest beginnt um 14 Uhr.“

Gerne, aber was wird eure Mutter dazu sagen.“

Bianca lachte.

Das kann ich ihnen gleich sagen. Sie wird nur antworten, das Haus bricht sowieso auseinander bei dem Ansturm, da kommt es auf zwei Personen auch nicht mehr an.“

Petra grinste.

Wir haben so viele Tanten, Onkel, Vettern und Basen , die kommen morgen alle zu meinem Geburtstag, außerdem habe ich auch noch Elfie, Gretel, Paula, Babsi, Karin, Tom und Andreas eingeladen,“ wendete sie sich an Nelly. „Du kennst sie aus dem Kindergarten.“

Als Bianca später ihrer Mutter dann von den neuen Gästen erzählte, winkte diese nur ab. Zwei Gäste mehr war kein Problem.

Als Petra dann im Bett lag, setzte sich Bianca zu ihren Eltern und der Oma ins Wohnzimmer und erzählte ihnen von dem traurigen Schicksal von Cornelia.

Allen tat das Mädchen leid.

Da müssen wir eben mehr Spiele machen, die im Sitzen stattfinden, damit sie mitmachen kann.“ meinte die Oma.

Ich werde mir einige ausdenken,“ versprach Bianca.

Und bei den Spielen, die draußen stattfinden, kann sie sich zu den Zuschauern setzen. Wir werden schon dafür sorgen, dass sie sich nicht ausgeschlossen fühlt,“ versprach die Mutter.

Und der Vater erklärte in resigniertem Ton.

Und ich werde mich wieder opfern und den Clown spielen

und beim Sack hüpfen auf die Nase fallen.“

Fröhliches Gelächter erfüllte das Wohnzimmer.

Pünktlich um 14Uhr kamen Frau Larson und Cornelia.

Das Mädchen war total eingeschüchtert von all den vielen Menschen, die lachend und schwatzend im Garten waren, die langen Biertische deckten und zwischen Haus und Garten eilig hin und her liefen.

Nelly schmiegte sich Schutz suchend an ihre Oma. Fussel kam zu ihr und leckte ihr die Hand, als spürte er ihre Unsicherheit. Lächelnd streichelte sie den Hund.

Petra kam herüber und fasste Nelly resolut an der Hand.

Komm mit zu den anderen.“

Für die Kinder war unter einem Pavillon, der mit Luftballons geschmückt war, ein großer runder Tisch gedeckt.

Nelly wurde herzlich begrüßt und da Fussel nicht von ihrer Seite wich, verlor sie auch ein wenig ihre Scheu.

Keines der Kinder machte eine Bemerkung über das lahme Bein von Nelly und hatten auch bald vergessen, dass sie eigentlich „anders“ war.

Später spielten sie einige Spiele am Tisch unter der Aufsicht von Bianca.

Nelly machte eifrig mit und ab und zu lachte sie sogar hellauf.

Ihre Oma, die das Kind nicht aus den Augen gelassen hatte, rührte dieses Lachen zu Tränen.

Wie lange hatte sie das Kind nicht mehr lachen gehört.

Frau Bauer trat neben sie.

Es tut Nelly gut hier unter den Kindern zu sein.“

Frau Larson nickte. „Danke, dass sie uns eingeladen haben.“

Sie sollten öfter zu uns kommen. Sehen sie die meisten der Kinder sind meine Neffen und Nichten. Ich stamme aus

einer großen Familie und alle wohnen in der Nähe. Bei uns ist immer etwas los.“

Nelly und ich sind noch das Einzige, was von unserer

Familie übrig ist,“ murmelte Frau Larson traurig.

Frau Bauer legte ihr den Arm um die Schulter.

Wissen sie was, ab jetzt gehört ihr beide zu unserer Familie. “

Die beiden Frauen umarmten sich.

Fussel weicht nicht von Nellys Seite.“

Frau Bauer runzelte die Stirn.

Wissen sie, ach nein wir wollen du zueinander sagen, ich bin Barbara.“

Betty!“

Also Betty, ich glaube es wäre gut für Nelly, wenn sie einen eigenen Hund hätte.Ein Hund könnte ihr helfen die schlimmen Erlebnisse besser zu verkraften.

Weißt du was, Fussels Mutter hat vor kurzem wieder geworfen. Wir könnten nächste Woche zum Züchter fahren und Nelly kann sich dann einen der Welpen aussuchen. Aber jetzt beginnt das Sack hüpfen. Wir wollen Nelly in unsere Mitte nehmen, denn bei den folgenden Spielen kann sie nicht mitmachen.“

Nelly war nicht traurig darüber, dass sie ausgeschlossen war. Sie fiebert richtig mit und feuerte Petra lautstark an und als Herr Bauer der Länge nach ins Gras fiel, da lachte sie laut auf.


Am Abend, als Frau Larson das Mädchen ins Bett brachte, sah diese so glücklich aus wie schon lange nicht mehr.

Und als sie ihr erzählte, dass sie ein Geschwisterchen von Fussel bekommen würde, da fiel sie ihr jubelnd um den Hals.

Als Nelly sich mit ihrem Teddybären in die Kissen kuschelte murmelte sie, während ihr die Augen zufielen:

Weißt du Petra hat gesagt, ich sei ihre aller, aller beste

Freundin und soll nun jeden Tag zu ihr kommen. Wenn ich dann meinen eigenen Fussel habe, dann können die beiden Hund auch miteinander spielen.“

Die letzten Worte konnte Frau Larson kaum mehr verstehen, denn das Kind war eingeschlafen.

Dankbar faltete sie die Hände und sandte ein stummes Gebete zum Himmel.

Nach all der schweren dunklen Zeit, hatte Gott ihr wieder einen Sonnenstrahl gesandt.


© Lore Platz




4 Kommentare:

  1. ... Test, wegen der Kommentare. Wie es aussieht, funktioniert es wieder!

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  2. Liebe Lore eine herzergreifende Geschichte. Hatte nach dem Lesen ein Tränchen im Auge!

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  3. Ohja, das war wieder eine Lore-Geschichte, die der Seele gut tut, denn es "menschelt".
    Danke liebe Lore,
    Sei lieb umarmt in Gedanken
    Von Monika aus Dresden

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