Mein Freund, die Nachtigall, hat mir wieder eines seiner schönen Gedichte geschickt.
Es handelt von dem kleinen Glück.
Ich habe mir darüber einmal so meine Gedanken gemacht.
Pearl S. Buck eine Frau, die ich sehr bewunderte und deren Bücher ich gerne las, sagte einmal:
"Viele Menschen versäumen das kleine Glück, während sie auf das Große vergebens warten"
Und wenn ich so zurück denke und an die vielen Menschen, denen ich so im Laufe meines Lebens begegnet bin, dann waren etliche dabei die am Glück vorbei lebten.
Die meisten ihrer Sätze begannen: " wenn doch ... dann wäre alle besser.
In dem Forum bei dem ich dabei bin. höre ich oft von Kinderarmut, Rentnerarmut und wie schlecht es uns Deutschen doch geht.
Wo aber beginnt Armut?
Ich kann alles haben und doch arm sein, wenn ich die innere Zufriedenheit nicht habe.
Vielleicht errinnert ihr euch an die Geschichte über meine Patentante, eine wirklich arme Frau aber so bescheiden, liebevoll, fröhlich und vor allem zufrieden.
In der Erzählung nur "Nur ein Päckchen Kaffee" habe ich ihr ein Denkmal gesetzt.
Es ist so leicht glücklich zu sein und auch andere glücklich zu machen.
Die Perlen des Herzogs
Der Zirkus Bellandini gastierte in H.
In einem der bunt bemalten Wohnwägen saß eine alte Dame vor dem Schminktisch und sah traurig in den Spiegel.
Das Leben hatte viele Falten in das einst schöne Gesicht gegraben.
Carmelita di Pavlio, unter diesem Künstlernamen sang sie auf den größten Bühnen der Welt. Von den Kritikern hochgejubelt, vom Publikum geliebt und von den Männern begehrt.
Doch ihr Herz gehörte nur einem, Archibald!
Mit seinem jungenhaften Charme hatte sich der englische Adelige in ihr Herz gestohlen und es im Sturm erobert.
Es machte ihm nicht aus, dass sie fünf Jahre älter war. Auf all ihren Reisen begleitet er sie, war immer für sie da und der ruhende Pol in ihrem hektischen Leben.
Einen Moment schloss die alte Dame träumend die Augen und ließ noch einmal die unbeschwerte glückliche Zeit Revue passieren.
Doch Fortuna ist neidisch und kein Glück dauert ewig.
Der Vater von Archibald starb und er musste zurück nach England und die Frau heiraten, die ihm seine Familie ausgesucht hatte.
Es war undenkbar, dass er als Herzog eine Künstlerin heiratete.
Es war hier in H., als sie für immer Abschied genommen hatten. Archie hatte ihr ein rotes Etui mit einer wunderschönen Perlenkette überreicht, damit sie ihn niemals vergaß.
Als ob das nötig gewesen wäre.
Vor einigen Jahren war er gestorben.
Die alte Dame öffnete eine Schublade an ihrem Tischen und zog ein rotes Etui heraus.
Zärtlich fuhr sie mit den Fingern die Perlen entlang.
Perlen bedeuten Tränen. Für jede einzelne dieser Perlen hatte sie hundert Tränen vergossen.
Sie stürzte sich in die Arbeit und die Kritiker überschlugen sich vor Begeisterung, denn ihr Gesang war noch besser, noch gefühlvoller geworden und niemand ahnte den großen Schmerz, der hinter all diesen Tönen lag.
Doch eines Tages brach ihre Stimme und sie musste die Bühne verlassen.
Zuerst musste sie ihre wunderschöne Villa verkaufen, dann ihren Schmuck.
Doch von der Perlenkette konnte sie sich nicht trennen.
Schließlich landete sie in einer kleinen schäbigen Pension und fürchtete sich jeden Tag davor, dass ihre Ersparnisse zur Neige gingen.
Und dann war sie dem Zirkusdirektor Martinsen begegnet. Er hatte sie sofort erkannt und ihr eine Stelle an der Kasse angeboten.
Viele Jahre reiste sie nun schon mit dem Zirkus durchs Land und sie waren wie eine kleine Familie.
Doch Direktor Martinsen starb vor einigen Monaten und sein arroganter Sohn übernahm die Leitung und heute hatte er sie in den Bürowagen bestellt und erklärt, dass ab sofort seine Freundin an der Kasse sitzen würde.
Außerdem wäre er nicht so dumm wie sein Vater und würde nutzlose alte Leute mit durchfüttern.
Sie solle sich eine andere Bleibe suchen, denn wenn der Zirkus weiterzöge, würde sie nicht mitkommen.
Die alte Dame seufzte, dann steckte die das Etui in ihre Handtasche und stand auf.
Gerade als sie ihren Mantel anzog, öffnete sich die Tür und die alte Lissy, die beiden Clowns Pippo und Peppo und der alte Sam, der seit einem Unfall auf dem Trapez hinkte, drängten sich herein.
Als die alte Dame Lissys verweintes Gesicht sah, fragte sie nur:
„Ihr auch?“
Schweigend nickten die Vier.
Dann polterte Pippo wütend: „Unsere Späße seien veraltet, niemand könne darüber noch lachen. Und er will den Zirkus verjüngen und wir Alten sollen verschwinden.
Lissy schluchzte laut auf. „Ich habe doch niemanden, wohin soll ich?“
Die alte Dame nahm sie liebevoll in die Arme. „Wir sind deine Familie.“
Fragend sah sie die drei Männer an und diese nickten und bestätigten.
„Wir bleiben zusammen!“
„Siehst du, du kleiner Angsthase, nun hast du eine Schwester und drei Brüder. Wir werden uns eine Wohnung suchen und unsere kleinen Renten zusammen schmeißen. Dann können wir wunderbar leben.
Aber nun muss ich noch etwas erledigen. Wartet doch hier auf mich, ich bin bald zurück.“
Kurze Zeit später stand sie vor dem Juweliergeschäft, in dem Archie damals die Perlen für sie gekauft hatte.
Wenig später kam sie mit einem Scheck in der Tasche aus dem Geschäft, dessen Höhe sie noch immer erbleichen ließ.
Diesmal leistete sie sich ein Taxi zurück in den Zirkus.
Wie staunten und strahlten ihre Freunde, als sie ihnen den Scheck zeigte und ihnen erklärte, dass sie für sich und ihre kleine Familie ein Haus kaufen wollte und gleich darauf machten sie sich auf den Weg zu einem Makler.
Es dauerte auch nicht lange bis sie ein passendes kleines Häuschen mit fünf Zimmern und einer großen Wohnküche und einem schönen Garten gefunden hatten.
Sie bekamen es sogar ziemlich günstig, da es schon lange leer stand und die Renovierungsarbeiten wollten sie selber machen.
So blieb noch eine schöne Summe über als Notgroschen.
Ein Jahr war vergangen.
Es war eine laue Sommernacht.
Auf der Terrasse saß Lissy deren Stricknadeln lustig klapperten. Zu ihren Füßen lag der Kater Merlin.
Pippo, Peppo und Sam spielten Karten und die alte Dame trat eben aus der Tür und ging die kleinen Stufen hinunter in den Garten.
Auf der Bank unter der Ulme setzte sie sich und sah hinauf in den Sternenhimmel.
„Nun hast du wieder einmal für mich gesorgt Archibald. Dein großzügiges Geschenk hat uns allen einen ruhigen Lebensabend beschert.
Einige Jahre muss ich noch hier bleiben, denn meine Freunde brauchen mich, doch dann komme ich zu dir und keine Macht der Welt wird uns wieder trennen können!“
Sie schüttelte den Kopf und blinzelte verwirrt.
Es war ihr, als hätte einer der Sterne geblinkt, doch als sie wieder nach oben sah, zogen die Sterne gleichmäßig ihre Bahn.
Lächelnd stand sie auf. Das war wohl eine Sinnestäuschung.
Wer weiß!
© Lore Platz 2014
Das gelingt dir, liebe Lore und die Geschichte ist ja eine meiner Lieblingsgeschcihten von dir!
AntwortenLöschenDas Gedicht ist auch toll!
Liebe Grüße
Regina
Das darfst du dir getrost auf deine Fahne schreiben, dass du die Menschen mit deinen Geschichten glücklichst machst. Du hast einen warmherzigen Post geschrieben - genau so ist es mit dem Glück. Auch dein Freund die Nachtigall hat es in seinem Gedicht famos niedergeschrieben! LG Martina
AntwortenLöschenLiebe Lore, finde ich toll, dass Du Dein Archiv öffnest, so lerne ich Deine älteren Geschichten neu kennen. Mach bitte weiter so. Vor allem hast Du damals gerade mal einen Kommentar gehabt und jetzt schon drei. Liebe Grüße Eva
AntwortenLöschenDu bringst auf jeden Fall mit Deinen Geschichten ein bisschen Glück in unseren Alltags. So oft schon hast Du mir damit ein Lächeln ins Gesicht gezaubert, aber auch hin und wieder eine kleine Träne vor Rührung entlockt.
AntwortenLöschenIch bin immer offen für das kleine Glück, ergeben doch viele kleine Glücksmomente insgesamt gesehen ein großes Glück.
LG und einen angenehmen Samstagabend
Astrid
So schön und so positiv Dein Gedicht Lore <3
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