Montag, 6. Februar 2023

Reichtum: Fluch oder Segen ?


Viel Spaß beim Lesen! 





Reichtum: Fluch oder Segen ?



Diese Geschichte kann in jedem Land spielen, in dem die Schere zwischen arm und reich sehr groß ist.

Leise betrat die Dame die Kirche setzte sich ganz vorne in die erste Bank. Sie war nicht mehr ganz jung, denn durch ihr volles kastanienbraunes Haar zogen sich schon einige graue Strähnen.

Obwohl sie den Zenit ihres Lebens bereits überschritten hatte war ihr Gesicht faltenlos. Die elegante Kleidung und die kostbaren Ringe an ihren gepflegten Hände ließen auf Reichtum schließen.

Doch ihre Augen, die durch die Kirche wanderten, waren traurig.

Ein alter weißhaariger Mann kam aus der Sakristei und direkt auf sie zu.

Darf ich mich zu ihnen setzen?“

Die Dame sah in die gütigen blauen Augen und nickte.

Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander. „Wollen sie mir nicht anvertrauen, was sie bedrückt? Manchmal tut es gut, wenn man sich seinen Kummer von der Seele redet.“

Ludwina, die schon lange das Vertrauen zu den Menschen verloren hatte, schüttete diesem freundlichen alten Mann ihr Herz aus. Erzählte ihm von ihrer einsamen Kindheit reicher Eltern, die ihr zwar alles schenkten was sie wollte, Dinge die oft überflüssig waren. Doch niemals hatten  sie Zeit für sie. Als sie schulpflichtig wurde schickten ihre Eltern sie in ein teures Internat und nach dem Abitur wurde sie in die Gesellschaft eingeführt. Ausgehungert nach Liebe wie sie war, fiel sie auf den ersten Heiratsschwindler herein. Nach der Trennung begann sie zu reisen und stürzte sich in das oberflächliche Gesellschaftsleben.

Und nun saß sie hier und dachte über ihr leeres verpfuschtes Leben nach. Und sie hatte festgestellt, dass Reichtum ein Fluch ist.

Der alte Mann schüttelte lächelnd den Kopf. „Niemand kann bestimmen in welche Verhältnisse er hineingeboren wird.

Aber wir alle können bestimmen welchen Weg wir gehen. Reichtum kann auch ein Segen sein. Kommt mit!“

Er nahm sie an der Hand und führte sie aus der Kirche, vorbei an den wunderschönen Hotels und Anlagen, die für die Touristen gebaut sind. Je weiter sie gingen umso grauer wurden die Häuser bis sie eine Gasse betraten und Ludwina unwillkürlich stehen blieb. Was sie sah kam ihr vor wie der Vorhof zur Hölle. „Wo sind wir hier?“ flüsterte sie.

Das ist das Elendsviertel, gut versteckt vor den Touristen. Ein Schandfleck des Ortes. Wie viel Segen könnten sie hier mit ein wenig Geld schon bringen.“

Erschüttert sah die Dame sich um. Not und Elend waren hier spürbar und der entsetzliche Geruch, den sie wahrnahm, raubte ihr fast den Atem

Nun hatten die Kinder die schöne reiche Dame entdeckt. Mit ausgestreckten Händen kamen sie bittend auf sie zu. Das Gemurmel wurde immer lauter und Ludwinda stieß einen Schrei aus.

Eine Hand rüttelte an ihrer Schulter. „Entschuldigen sie, ich wollte sie nicht erschrecken, aber sie sind eingeschlafen und gleich beginnt die Messe.“

Verwirrt sah die Dame den jungen Priester, der vor ihr stand, an. “Wo ist der alte weißhaarige Priester?“

Ich bin der einzige Priester hier, mein Vorgänger hatte weiße Haare, aber er ist letztes Jahr verstorben.“

Dann habe ich wohl geträumt,“ murmelte Ludwina.

Oft schickt uns Gott Träume, um uns den Weg zu weisen.“

Da haben sie wohl Recht!“ Die Augen der Dame blitzten, die Traurigkeit ist verschwunden. Sie öffnete ihre Tasche und holt das Scheckbuch heraus. Mit einem fröhlichem Lächeln füllte sie einen Scheck aus und drückt ihn dem jungen Mann in die Hand. „Kümmern sie sich um das Elendsviertel!“ Dann verließt sie mit beschwingten Schritten die Kirche.



Zwei Kinder gingen mit langsamen müden Schritten den mit Bäumen gesäumten Weg entlang.

Das etwa vierjährige Mädchen jammerte.

Konrad , ist es noch weit, ich bin soooo müde und meine Füße tun mir weh.“

Nein Veverl, siehst du da vorne ist schon das Haus zu sehen“ tröstete sie ihr zehnjähriger Bruder.

Die letzten Schritte mehr stolpernd als gehend erreichten sie die schöne weiße Villa.

Der Junge klingelt. 

Eine Frau mit kastanienbraunen Haaren, die von einigen grauen Strähnen durchzogen sind, öffnete die Tür, im Hintergrund war das fröhliche Lachen von Kindern zu hören. „Guten Tag, ist das hier das Haus Sonnenschein?“ fragte Konrad. Die Dame lächelte sie liebevoll an.

Ja kommt herein, hier seid ihr richtig.“


Haus Sonnenschein, ist das erste Gebäude eines großen Projekts, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Not in der Welt, besonders die der Kinder, zu lindern.


© Lore Platz

 





 

Auch der letzte Lebensabschnitt hat noch schöne Stunden

 


 

 Auch der letzte Lebensabschnitt hat noch schöne Stunden


"Hast du meine Brille gesehen?", fragte Elli ihren Mann. Der grinste. "Du hast sie auf der Nase, liebe Elli!"
Elli grinste auch. "War ein Test!", sagte sie. "Ich wollte nur mal sehen, ob du mich ab und zu mal anschaust!"
"Das kann ja jeder sagen," schmunzelte Karl und betrachtete seine Frau liebevoll.
Wie gut sie noch immer aussah mit ihren sechzig Jahren.
Wenn er zurückdachte an seine Mutter, die ihm mit Fünfzig schon wie eine alte Frau vorgekommen war, kam er ins Grübeln. Er und Elli hatten ein wunderschönes Leben. Seine Mutter hingegen hatte ihr Leben lang nur gearbeitet, da sie ihn allein, ohne Vater, großgezogen hatte. War es ein Wunder, wenn sie dadurch schneller gealtert war? 
Sicher, allein schon die technischen Hilfen die heute Frauen zur Verfügung standen. Er konnte sich noch erinnern wie schwer allein der Waschtag für seine Mutter war. In großen Pötten die Wäsche kochen, dann herausziehen und in einem Waschbottisch immer wieder spülen.
Und heute warf man die dreckige Wäsche nur in die Maschine  und diese machte alles allein, man muss sie nur noch heraus holen und aufhängen oder gar in den Trockner werfen.
"Ach Elli, wir haben es doch gut, nicht wahr?", seufzte Karl und nahm ihre Hand. 
"Ja, Karl, das haben wir. Ich kann mich nicht beklagen!" Elli lächelte. Sie hatten wirklich ein gutes Leben.  Große Sprünge konnten sie sich nicht erlauben, aber sie hatten ihr Auskommen und das Wichtigste war: Sie liebten sich!
Und doch gab es etwas, das Elli unzufrieden machte. 

Seit die Kinder aus dem Haus waren fühlte sie sich gelegentlich unterfordert und es langweilte sie, dass die Tage sich glichen wie eineiige Zwillinge. 

Karl war seit ein paar Monaten als Rentner zu Hause und eigentlich war er immer da und wollte alles mit ihr zusammen machen. 

Das konnte schön sein, aber es engte sie auch ein in gewisser Weise. 
Früher hatte sie ihren eigenen Rhythmus im Tagesablauf, nun wuselte ihr Mann dauernd um sie herum. Obwohl sie ihn sehr liebte, störte es sie doch manchmal.
Irgendetwas musste sich ändern.
"Was hältst du davon, wenn wir beide einmal ein paar Tage verreisen?", fragte Elli. Karl schaute sie verwundert an.
"Du bist doch diejenige, die eigentlich ihr Zuhause nicht verlassen möchte, oder habe ich mich all die Jahre getäuscht?" 
"Das schon, aber wir beide stehen doch nun vor einem neuen Lebensabschnitt. Den sollten wir mit einer schönen Reise beginnen.
Mal abschalten und darüber nachdenken wie wir unser gemeinsames neues Leben gestalten wollen."
"Hm, eigentlich keine schlechte Idee."
"Dann streichen wir das Wort "eigentlich" mal aus unserem Vokabular und gehen die Sache gemeinsam an. Wohin sollen wir fahren?", lachte Elli. Sie stand auf und holte eine Zeitschrift aus dem Regal.
"Schau mal hier. Die bieten eine Reise für Senioren an, ganz billig, ein Wochenende in Konstanz, mit Besuch auf der Insel Mainau. Wäre das was für uns?" 
Karl studierte das Angebot, grinste und gab seiner Frau einen Kuss.
"Du bist die Beste! Weißt du ich war traurig als die Rente immer näher rückt, hatte Angst vor dem Leben nach dem Beruf. Aber nun zeigst du mir, dass es auch eine Chance ist, um all das nachzuholen, was man eingebunden in den Alltag nie machen konnte."
Elli sah ihn liebevoll an. "Verreist sind wir doch selten, anfangs fehlte es an Geld, dann kamen die Kinder und je mehr du in deinem Job aufstiegst, umso weniger Zeit hattest du und wolltest nur noch deine Ruhe."
"Es war ja auch anstrengend!", verteidigte sich Karl. "Doch, das ist ja nun Schnee von gestern. Lass uns nach vorn blicken!", schlug er vor.
Bereits eine Stunde später hatten die beiden die Reise gebucht und es begann die Zeit der Vorfreude. 
Einige Tage später dann warteten sie am Busbahnhof. 
Der Platz füllte sich mit immer mehr  Menschen in ihrem Alter.
Elli stieß Karl in die Seite.
"Sind das nicht Herr und Frau Baumgartner aus unserer Straße?"
Das Ehepaar hatte sie nun entdeckt und kam freudestrahlend auf sie zu.
"Wie schön bekannte Gesichter zu sehen."
Der Bus fuhr ein und zischend öffnete sich die Tür. Der Fahrer sprang heraus und begann das Gepäck zu verstauen.
Wenig später saßen alle im Bus. 
Das Ehepaar Baumgartner ergatterte einen Platz gegenüber von Elli und ihrem Mann.
"Wir haben uns ziemlich kurzfristig entschlossen, mitzufahren, denn nun da Peter im Ruhstand ist, haben wir uns vorgenommen öfter zu verreisen," erklärte Frau Baumgartner.
Elli nickte verstehend.
"Wir auch. Endlich mal Zeit für uns."
In Koblenz folgten sie wie Lemminge der Reiseleiterin ins Hotel. Bald hatten alle ihre Zimmer bezogen. 
Zum Abendessen traf sich die Reisegesellschaft im Speisesaal,bald 
hatten sich Gruppen gebildet und es war selbstverständlich, dass Baumgartners mit Elli und Karl zusammen an einem Tisch saßen.
Später bei einem Gläschen Wein tranken sie Brüderschaft.
Am nächsten Morgen nach dem Frühstück ging es zum Landesteg.
Die Reiseleitern flatterte aufgeregt  um sie herum und drückte jedem die Fahrkarte in die Hand.
"Sie umkreist uns wie der Hütehund die Herde," kicherte Elli.
Linda, Peter und Karl grinsten.
Die Fahrt über den Bodensee war wunderschön und viel zu schnell vorbei.
Am Landesteg stand die Reiseleiterin und drückte jedem die Eintrittskarte in die Hand teilte ihnen mit, dass die Rückfahrt um achtzehn Uhr sei und sich die Gruppe hier am Landungsteg pünktlich einzufinden hätte.
Elli kam es vor als würde sie das Paradies betreten. Eine Vielfalt von Blumen in allen Farben breitet sich vor ihnen aus.
Mitten auf dem Rasen stand ein großer wunderschöner Pfau ganz aus Blumen geformt. 
Es gab noch mehr Kunstwerke, drei Entchen schwammen im Kreis in einem See aus Blumen. Ein Zwerg sah beschaulich in die Gegend und aus einem alten Auto wuchsen aus Motorhaube, Kofferraum und Fenstern grüne Pflanzen.
Die Männer witzelten, dass sie künftig ihr Auto nicht mehr verschrotten, sondern es in den Garten stellen und bepflanzen.
Sie schlenderten nun über die Insel, atmeten tief den Duft der Rosen, die es in 1000 Formen gab, ein. 

Daneben gab es Zitrusfrüchte und Dalien und auch alle Arten von Kakteen konnte man begutachten.
Die beiden Frauen zückten immer wieder die Fotoapparate und stießen bewundernde, begeisterte Rufe aus.
Die Männer aber begannen zu maulen, die Füße taten ihnen weh und sie hatten Hunger.
Also suchten sie eins der vielen Cafes auf.
Nach einem leckeren Essen, einem gemütlichen Glas Bier für die Herren und einer Tasse Kaffee für die Damen schlenderten die vier wieder über die wunderschöne Insel.
Es gab ja noch soviel zu sehen. 

 



Das Schmetterlingshaus gefiel auch den Herren, die der vielen Blumen doch leicht überdrüssig waren.
Bald war es Zeit zum Landesteg aufzubrechen und als sie mit dem Schiff über den Bodensee zurück nach Konstanz fuhren, waren sie sich einig einen  schönen Tag erlebt zu haben.
Später auf der Terrasse ihres Hotels bei einem Glas Wein gelobten sie sich, ihre Freundschaft auch weiterhin zu pflegen und gemeinsam kleine Reisen miteinander zu unternehmen.
Versonnen ließ Elli den Blick über den Bodensee schweifen und dachte:
'Auch der letzte Lebensabschnitt hielt noch schöne Stunden bereit.'

  Lore Platz





Als der Winter nicht weichen wollte

 



Lena sah, das Gesicht in beide Hände gestützt, aus dem Fenster. Ein tiefer Seufzer entfuhr ihr. Oma Emma trat neben sie. "Was ist los meine Kleine?" "Gestern als wir alle spazieren gingen, war es doch so herrlich warm und überall haben schon die Blumen aus der Erde geguckt und Papa hat zu Mama etwas von Frühlingsgefühlen gemurmelt." Omas Lippen zuckten, auch sie hatte ihren Schwiegersohn gehört. Lena aber klagte weiter, und heute schneit es und alle die Blumen werden erfrieren." "Keine Bange," tröstete die Oma, " das ist nur noch ein kurzes Aufbäumen des Winters und die Blumen sind stärker , als sie aussehen. Doch vor vielen vielen Jahren, da wollte der Winter überhaupt nicht weichen. Möchtest du die Geschichte hören?" Lenas Augen leuchteten auf. Schnell holte sie das Fußbänkchen, schob es neben den Sessel der Oma, setzte sich und lehnte ihren Kopf an Omas Knie.

 

 


Als der Winter nicht weichen wollte

Der April ging schon seinem Ende zu und immer noch tobte  der Winter durch das Land und begrub alles unter seiner weißen Pracht. Er wollte einfach weiter herrschen und nicht weichen, Dabei bemerkte er gar nicht wie müde die Schneeflocken waren. Sie sehnten sich nach ihrem kuscheligen weichen Wolkenbett, um endlich ihren Sommerschlaf zu halten. Auch die Erde litt unter dem langen strengen Winter. Die grünen Triebe an den Bäumen wagten sich nicht heraus und die Blumen waren wieder in der Erde versunken, denn es war viel zu kalt und die Tiere fanden kein Futter. Und auch die Menschen sehnten sich nach den wärmenden Sonnenstrahlen, denn der listige Winter hatte seine zwei dicksten Schneewolken vor dem Haus der Sonne plaziert, damit diese nicht auf die Erde gelangen konnte.

 


Eines Tages versammelten sich die Tier und gingen zu Mutter Erde, um sich über den Winter zu beschweren.Auch diese hatte das Geschehen  mit großer Sorge beobachtet. Zusammen mit dem Frühling ging sie zu dem Winter. Sie hatte bemerkt , dass die Helfer des Winters müde und unzufrieden waren und sich nach ihrem Sommerschlaf sehnten, dies erzählte sie unterwegs dem Frühling, denn das war ihre Chance, den Winter zu besiegen. 

Der Winter fläzte sich auf  seinem Thron und grinste ihnen spöttisch entgegen. "Ich weiß schon was ihr wollt und sage nein!"

Mutter Erde appellierte an seine Vernunft. "Du kannst nicht länger auf der Erde bleiben, Tiere und Planzen werden sterben und mit ihnen die Menschen."

"Pah, die Menschen! Haben die daran gedacht, dass sie mich mit ihren giftigen Dämpfen jahrelang hier oben gefangen gehalten haben! Und da ich endlich wieder auf die Erde kommen konnte, habe ich beschlossen auch hier zu bleiben."

"Dann bist du nicht besser wie die Menschen," brüllte der Frühling, denn du hinderst mich, den Sommer und den Herbst daran auf die Erde zu kommen!" Der Winter zuckte nur mit den Schultern, was den Frühling noch wütender machte. Die beiden begannen zu streiten.

Mutter Erde hörte sich das eine Weile an, dann ging sie dazwischen. Sie schlug den beiden einen Wettkampf vor. Wer von den beiden innerhalb drei Tagen die Herrschaft über die Erde erlangte, der hatte gesiegt. Natürlich erinnerte sich der Frühling an das Gespräch mit ihr und sagte sofort zu. Der Winter zierte sich noch ein wenig und warf einen listigen Blick auf Mutter Erde. Er würde zustimmen unter der Bedingung, dass Mutter Erde sich nicht einmischte. Diese versprach es.Nun begann ein erbitterter Kampf.

Der Winter trieb seine Helfer noch mehr an und der Frühling forderte die Bäume auf sich gegen den Schnee kräftig zur Wehr zu setzen.Dann bat er die Tiere sich im Schnee zu wälzen, damit sie durch ihre Körperwärme diesen zum schmelzen  brachten, selbst die großen Bären weckte er aus dem Winterschlaf. Aus den vom Schnee befreiten Flächen kamen die Pflanzen hervor, doch als der Winter über sie brauste und eine Ladung Schnee fallen ließ, krochen sie wieder zurück.

Es war ein aussichtsloser Kampf und dem Frühling wurde klar, dass er ohne die Sonne nichts erreichen konnte. Also ging er zum Nordwind, den er als vernünftigen Gesellen kannte. Er schilderte, was der Winter vorhatte und erzählte ihm auch von dem Wettkampf, den Mutter Erde vorgeschlagen hatte und bat ihn die Sonne zu befreien.

Der Nordwind machte sich auf den Weg, um mit den beiden Schneewolken zu sprechen. Nun Wolken sind eigentlich sehr gutmütige, aber auch sehr einfältige Wesen. Sie hörten freundlich lächelnd dem Nordwind zu, weigerten sich aber ihren Platz zu verlassen. Befehl war Befehl!

 

 


Die Sonne aber hatte dem Gespräch gelauscht. Sie rief alle ihre Kinder und gemeinsam begannen sie die Wolken zu kitzeln, bis diese kichernd auseinander rückten. Dann stürzten sie auf die Erde und verwandelten den Schnee in Wasser und halfen so den Schneeflocken zurück in ihre Wolkenbetten. Sie strichen über die Bäume und lockten die ängstlichen Triebe heraus. Ihre  Strahlen erwärmten die Erde und Blumen und Gräser kamen nach oben. Die Vögel zwitscherten, Hasen schlugen Purzelbäume und die Eichhörnchen sausten wirbelnd von Baum zu Baum. Die Welt fing an zu blühen und die Menschen verließen ihre Häuser und sangen und tanzten.

Der Frühling hatte gewonnen! Der Winter aber gähnte laut und ungeniert und schlief auf seinem Thron ein.

Lena hob den Kopf. "Das war eine schöne Geschichte." Die Oma fuhr ihr liebevoll über das Haar. " Du wirst sehen, der Frühling wird auch diesmal gewinnen."

 

(C) Lore Platz



Donnerstag, 2. Februar 2023

Ein Geschenk zum Verlieben










Ein Geschenk zum Verlieben


Das fröhliche Klingeln einer Fahrradglocke ließ die alte Dame, die vor einem Gemüsebeet kniete, aufblicken.
Du bist aber heute früh, mein Kind,“ lachte sie ihre Enkelin vergnügt an.
Durfte früher gehen, dafür habe ich aber eine Mammutaufgabe von meinem Chef bekommen.“
Franziska, kurz Franzi genannt, verzog das Gesicht und nahm den Kopf Salat entgegen, den die Oma ihr reichte.
Zusammen gingen sie ins Haus.
Während die alte Frau den gefüllten Schweinebraten übergoss und dann die Knödel ins Wasser legte, zerpflückte Franzi mit flinken Fingern den Salat.
Als ihre Eltern starben kam die damals Zwölfjährige zu ihrer Großmutter und dann als sie die Wirtschaftsschule erfolgreich abgeschlossen hatte, bekam sie die Stelle auf dem hiesigen Rathaus.
Mittlerweile war sie so etwas wie die rechte Hand des Bürgermeisters, Franzi bezeichnete sich aber „als Mädchen für alles“.
Weißt du was er,“ damit meinte sie ihren Chef, „mir wieder aufgedrückt hat. Ich soll für die da oben auf dem Berg ein Geburtstagsgeschenk besorgen.“
Die alte Frau wusste, wen sie meinte.
Auf dem Berg stand die Villa des längst verstorbenen Fabrikanten Kleinholz. Vor ungefähr zwei Jahren hatte seine Tochter nach dem Tode ihres Mannes die Villa wieder bezogen und lebte nun mit einer alten Haushälterin allein in dem riesigen Haus.
Was soll man denn einer Frau schenken, die schon alles hat?“ stöhnte das junge Mädchen.
Warum will der Bürgermeister das überhaupt?“
Weil sie und ihr Mann berühmte Forscher waren und am selben Tag doch die 500 Jahresfeier unseres Ortes ist.
Und du weißt ja unser Bürgermeister will unseren Ort berühmt machen und der 70igste Geburtstag einer so berühmten Einwohnerin, das ist doch das gefundene Fressen für ihn. Wäre mir auch alles wurscht, wenn er nur nicht mich mit der Suche nach einem Geschenk beauftragt hätte.“
Franzi zog ein ulkig verzweifeltes Gesicht und ihre Oma lachte herzlich.
Oma, ihr beide seid doch im selben Alter, kannst du mir denn keinen Tipp geben?“
Frau Hermes schüttelte den Kopf und meinte:
Weißt du die da oben auf dem Berg, die waren immer für sich und Magda hat auch nicht die Dorfschule besucht, sondern hatte einen Privatlehrer, später kam sie dann ins Internat und ging dann in G. auf die Universität, dort hat sie dann ihren Professor, der zwanzig Jahre älter war, geheiratet und sie sind in alle Herren Länder auf Forschungsreisen gegangen.
Sie war fast vierzig als sie schwanger und die Beiden sesshaft wurden.“
Dann gibt es also ein Kind, aber es hat seine Mutter bisher noch nicht besucht, lebt es denn noch?“
Ach der Professor war ein ungemein schwieriger Mensch und fast sechzig, als der Junge geboren wurde.
Ich hörte munkeln, dass es ein Zerwürfnis zwischen den beiden gab. Aber weißt du was, frag doch die alte Leni, ihre Haushälterin, die war damals die Kinderfrau des Jungen.Vielleicht kann sie dir auch helfen bei einem Geschenk. Aber nun deck den Tisch, die Knödel sind fertig.“
Am nächsten Vormittag wartete Franzi in der Nähe der Villa und als sie Leni mit den Einkaufstaschen den Berg herauf kommen sah, eilte sie ihr entgegen und half ihr beim Tragen.
Sie folgte der Alten in die geräumige Küche.
Moagst an Kaffää?“
Franzi nickte und dann fing sie vorsichtig an die Leni auszufragen.
Dazu brauchte es gar nicht viel, denn Leni redete für ihr Leben gern, war es doch sehr einsam hier in der Villa für sie.
Ja woast, der gnädige Herr war hoalt a ganz extraer, war eben a Wissnschaftler und seine Vorträg waren voller Brillianten.“
Franzi sah sie verblüfft an, hatte der Professor denn mit Edelsteinen zu tun, dann dämmerte es ihr, dass die gute Alte wohl „Brillianz“ meinte.
Das bestätige sich dann, denn die Leni stand mit Fremdwörtern auf Kriegsfuß.
Ja, der war ganz a Gscheider, aber a schwierig, die gnä Frau hoats net immer leicht ghabt mit eam, trotzdem , is sie sehr melandolisch“ – Franzi registrierte bei sich, dass sie wohl melancholisch meinte – „ seit er doat is, aber des is woi a weger dem Tobias“.
Leni schnäuzte sich kräftig und wischte sich die Tränen aus den Augen und dann erzählte sie von dem lieben Bub, der nach einem bösen Streit mit seinem Vater fortgegangen war. Wissenschaftler sollte er werden, aber er wollte Kunst studieren, jetzt sei er ein gefragter Resttadeur.
Franzi grinste, die Gute meinte wohl Restaurator.
Sie erfuhr nun, dass Leni mit ihrem Bub seit zehn Jahren in Verbindung stand, doch die Gnädigen durften davon nichts wissen.
Franzi kam eine Idee und die teilte sie gleich der guten Alten mit.
Sie wollte den Tobias ausfindig machen und ihn zum Geburtstag seiner Mutter einladen, das wäre doch ein tolles Geschenk.
Leni schlug die Hände zusammen.
Döes wär a Freid für die Gnädige, denn sie hoat sehr under dem Streit glitten, aber gegen den Professor kams net oa, der war ja so vuil älter wia sie und hoats oft bhandlt wie a kloans Kind.“
Franzi fragte nach der Adresse von Tobias van der Meeren und Leni gab sie ihr.

Zuhause setzte sich das junge Mädchen sofort an den Computer und recherchierte.
Gleich am nächsten Tag machte sie sich auf den Weg, denn das schien ihr sicherer, als zu schreiben.
Ein junges hübsches Mädchen saß in dem Büro der Firma van der Meeren und erklärte auf ihre Frage, der Chef wäre in der Werkstatt.
Franzi betrat diese und blieb einen Moment stehen und beobachtet den jungen gutaussehenden Mann,  der tief versunken über einem alten Schreibtisch stand vorsichtig mit einem Pinsel darüber fuhr.
Jetzt richtete er sich auf und bemerkte das junge Mädchen, das ihn fasziniert betrachtete.
Hallo!“ Er grinste und Franzi spürte plötzlich ein Kribbeln im Bauch.
Einen schönen Gruß von der Leni!“
Der junge Mann wurde ernst. „Geht es ihr gut, ist alles in Ordnung?“ fragte er besorgt.
Ja, ja, aber ich hätte gerne mit ihnen über ein besonderes Anliegen gesprochen, nichts berufliches, eher privat.“
Nun wurde Franzi doch verlegen und überlegte, ob das ganze nicht doch eine verrückte Idee war.
Sie drehte sich um und wollte gehen.
Doch da wurde sie am Arm gepackt und festgehalten.
Jetzt haben sie mich neugierig gemacht, also was ist los?“
Ehe sich das Mädchen versah, saß sie auf einem Stuhl, einen Kaffeebecher in der Hand und blickte in die erwartungsvollen Augen des jungen Mannes, der ihr Herz soviel schneller schlagen ließ.
Sie wusste nicht wie sie anfangen sollte, doch dann sprudelte sie die ganze Geschichte heraus.
Der siebzigste Geburtstag seiner Mutter, der Auftrag des Bürgermeisters wegen eines Geschenkes und dass sie bei der Leni sich Hilfe holen wollte, diese dann von ihm erzählt und sie beide beschlossen hätten, ihn als Geschenk zu überbringen.
Eine Weile blieb es still und Franzi wagte nicht ihr Gegenüber anzusehen.
Plötzlich fing dieser zu lachen an.
Ich soll also ein Geburtstagsgeschenk für meine Mutter sein, wollen sie mich einpacken und eine große rote Schleife um mich binden?“
Franzi wurde flammend rot und stammelte.
Entschuldung, es war eine dumme Idee.“
Der junge Mann wurde ernst und nahm ihre Hand.
Nein, so dumm war die Idee gar nicht, Leni will schon längst, dass ich mich mit meiner Mutter versöhne, aber ich habe es bisher nicht geschafft.
Vielleicht ist dies eine gute Gelegenheit.
Wissen sie, meine Eltern waren schon sehr alt, als ich zur Welt kam und beide Wissenschaftler, die mit einem kleinen Kind wenig anfangen konnten. So war ich meist Leni überlassen und ohne sie, wäre meine Kindheit sehr lieblos geworden. Ich mache meinen Eltern keinen Vorwurf, sie konnten wohl nicht anders. Mein Vater nahm erst von mir Notiz, als ich nach dem Abitur aus dem Internat kam. Er wollte, dass ich in seine Fußstapfen trete, doch das machte ich nicht mit. Ich wollte Kunst studieren. Das hat uns entzweit und von da ab existierte ich nicht mehr für ihn.
Ich zog aus, finanzierte mein Studium selbst, durch Nebenjobs. Und dann bekam ich einen Job als Aushilfsfahrer bei einem Restaurator und dessen Arbeit faszinierte mich. Ich wusste nun was ich werden wollte.
Als mein Vater starb hatte ich gerade einen Auftrag in Amerika und konnte nicht zur Beerdigung kommen. Irgendwie tut es mir leid, dass ich mich vor seinem Tod nicht mehr mit ihm versöhnt habe. Ich möchte nicht, dass dies auch mit meiner Mutter geschieht und Leni bittet mich schon lange, doch endlich zu kommen, aber bisher fand ich nicht den rechten Mut. Vielleicht aber ist ihr Geburtstag die Gelegenheit, vorausgesetzt sie verzichten auf die rote Schleife.“ grinste er.
Als Franzi sich auf den Weg machte sang sie vergnügt und seltsamerweise handelten alle Lieder von der Liebe.
Die Festgäste waren alle eingetroffen und Franzi blickte immer wieder zum Eingang. Würde er auch kommen?
Da sah sie ihn und ihr Herz begann freudig zu schlagen.
Schnell schlängelte sie sich durch die Tischreihen zum und zog ihren Ehrengast aus dem Festzelt.
Wie schön, dass sie gekommen sind, warten sie, ich muss sie erst anmelden.“
Und schon lief sie zurück zur Bühne, klopfte an das Mikrofon und erzählte nun in launigen Worten, wie der Bürgermeister ihr aufgetragen hatte für ihren Ehrengast ein Geschenk zu suchen.
Liebe gnädige Frau van der Meeren, sehen sie bitte zum Eingang, dort kommt ihr Geschenk.“
Alle Augen wandten sich dem Zelteingang zu, durch das jetzt Tobias van der Meeren trat.
Leni quietschte und legte beide Hände aufs Herz und Frau van der Meeren wurde abwechselnd rot und blass.
Sie stand auf und eilte ihrem Sohn entgegen.
In der Mitte trafen sie sich und lagen sich weinend in den Armen.
Ringsum herrschte Stille und manche Träne floss, dann aber brauste Beifall auf.
Franzi aber setzte sich still neben die Oma und über ihre Wangen liefen die Tränen.
Später holte Tobias sie und ihre Oma an ihren Tisch.
Als Franzi dann alle Pflichttänze mit den Honoratioren hinter sich hatte, wobei ihr der dicke Bäcker Strudel kräftig auf die Zehen trat, konnte sie mit dem geliebten Mann über die Tanzfläche wirbeln.
Drei Augenpaare beobachteten sie und Leni sprach aus, was die anderen zwei sich dachten.
O mei, is des a schens Paar und wia verliabt s si oschaun.
Deee passn guat zsamm!“

© Lore Platz

Anmerkung: 
Ich hoffe ihr versteht den bayrischenKauderwelsch von Leni!




Schönheit liegt im Auge des Betrachters







Schönheit liegt im Auge des Betrachters


Die alte Frau sitzt in ihrem bequemen Ohrensessel und sieht gedankenverloren aus dem Fenster.
Tiefe Nebelschwaden hüllen den Garten in trübes Grau und nicht ein Sonnenstrahl findet seinen Weg durch die dichten Schleier.
Trübe Gedanken sind es auch, die ihr durch den Kopf gehen. Zwanzig Monate sind es nun schon, seit ihr geliebter Heinrich die Augen für immer geschlossen, nicht bevor er ihr noch mit einem Zwinkern zu geflüstert hatte:
Ich warte dort oben auf dich und werde schon mal ein schönes Plätzchen für uns beide suchen.“
Fünfzig Jahre waren sie verheiratet und nun hatte er sie allein gelassen.
Die Tür öffnet sich leise und Emilia, kurz Milli, genannt huscht ins Zimmer.
Oma, störe ich?“
Diese lächelt und schüttelt den Kopf.
Morgen haben wir eine Halloween Party im Kindergarten und Mama fährt nachher mit mir in die Stadt und dann bekomme ich ein Kostüm.“
Als was möchtest du dich denn verkleiden?“
Ganz ganz gruselig, vielleicht werde ich ein böser Drache!“
Milli schneidet eine fürchterliche Grimasse.
Die Oma lacht.
Warum feiern wir eigentlich Halloween?“


Die Kleine war jetzt im 'warum' Alter und wollte immer alles genau wissen.
Früher war es ein Erntedankfest und da auch die dunkle Jahreszeit beginnt dachte man an die Toten und in verschiedenen Ländern glaubte man sogar, dass sie am 31.Oktober auf die Erde zurückkehrten, um zu spuken.
Und deshalb verkleidet man sich an diesem Tag und feiert und die Kinder gehen von Haus zu Haus und sammeln Süßigkeiten.“
Millie nickt eifrig. „Anne geht morgen Abend mit mir auch Süßigkeiten sammeln. Ich freue mich schon darauf!“
Anne war ihre große Schwester.
Frau Pelzer lächelt und denkt glücklich wie reich gesegnet sie doch ist mit ihren fünf prächtigen Kindern und 14 Enkelkindern, von denen Milli das jüngste war.
Nach dem Tode ihres Mannes hatte ihre Tochter Astrid sie zu sich genommen, damit sie nicht so allein war.
Mille zupft sie am Ärmel.
Omilein erzählst du mir eine Geschichte?“
Sie klettert auf den Sessel und schmiegt sich in die Arme der alten Frau.
Diese überlegt kurz, dann beginnt sie zu erzählen.

Es war einmal eine junge Frau, die wollte gar nicht mehr unter die Menschen gehen, denn durch einen schweren Verkehrsunfall an dem sie nicht schuld war, hatte sie schlimme Narben auf ihrer rechten Wange.
Obwohl ihre Freunde sie immer wieder bedrängten doch mit ihnen zu kommen, so wollte Erika das Haus nicht verlassen.
Zu sehr fürchtete sie die teils mitleidigen, entsetzten, oder auch unverschämten Blicke, die ihrem verunstaltetem Gesicht galten.“

Milli rekelt sich in ihrem Arm und sieht die Oma ernst an, dann fährt sie liebevoll mit der Hand über die Wange der alten Frau.

Diese lächelt liebevoll und erzählt weiter.





Dann kam Halloween und Rena konnte ihre Freundin überreden auf eine Party mit zu kommen, denn unter all den Masken würde sie nicht auffallen und es wurde an der Zeit, dass sie endlich ihr Krähennest verließ und wieder unter Leute ging.
Unter viel Gekicher verkleideten sich die beiden.
Aus Erika wurde eine freche Hexe, den spitzen Hut hatte sie selbst gebastelt.
Rena verkleidete sich als Skelett, dazu trug sie Stöckelschuhe und eine Kette aus Knochen die bei jedem Schritt klapperten.
Mit dem Taxi fuhren sie zu dem Haus in dem die Party statt fand. Erika war anfangs noch ängstlich, doch unter all den grotesken und gruseligen Masken fiel sie gar nicht auf. Niemand machte eine dumme Bemerkung über ihre Narben, dachten sie doch es gehörte zur Maskierung.
Rena war sofort mitten im Trubel verschwunden, während Erika etwas schüchtern in der Ecke stehen blieb und dem vergnügten Treiben zusah. 
Ein Werwolf kam auf sie zu mit einem Glas Sekt in der Hand. Er hielt es ihr hin und dankbar nahm sie einen Schluck, der kribbeltet in der Nase und sie musste niesen.
Er lachte und die blauen Augen aus der Wolfsmaske funkelten vergnügt.
Ich beobachte dich schon eine Weile, alle amüsieren sich und du stehst hier schüchtern herum.
Komm!“
Er fasste sie an der Hand und bald tanzte sie genauso ausgelassen wie die anderen. Der Werwolf blieb den ganzen Abend an ihrer Seite und Erika fühlte sich immer wohler in seiner Gegenwart, als würde sie ihn schon ein Leben lang kennen.
Und als er sie küsste, da fühlte sie sich wie im siebten Himmel, doch dann fielen ihr plötzlich ihre Narben wiederein und in einem unbeobachtetem Moment verschwand sie und lief durch die kalten dunklen Straßen nach Hause.
Heinrich, der Werwolf aber stand da und murmelte:
Aschenputtel hat wenigstens einen Pantoffel da gelassen“
Der Abend machte ihm keinen Spaß mehr, denn er hatte sich verliebt.
Er erkundigte sich bei dem Gastgeber, der konnte ihm aber nur sagen, dass die kleine Hexe mit Rena, er deutete dabei auf das Skelett, gekommen sei.
Heinrich ging zu Rena und fragte sie nach ihrer Freundin.
Diese erschrak. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass Erika verschwunden war, hatte nur beobachtet wie sich diese mit dem Werwolf amüsierte und hatte sich gefreut, als sie ihr Lachen hörte, das so klang wie früher.
Sie zog Heinrich in eine stille Ecke und erzählte ihm von dem Unfall und den Narben und dass ihre Freundin sich nicht mehr unter Menschen wagte. Nur mit Mühe sei es ihr heute gelungen Erika mitzunehmen und das nur unter dem Schutz der Verkleidung.
Eine Weile war es still, dann fragte Heinrich, ob sie ihm die Adresse von Erika geben könnte.
Rena überlegte lange, sie kannte ihn nur flüchtig, wusste aber von ihrem Freund Klaus, dass er ein feiner Mensch war, humorvoll, ehrlich und vielleicht wäre es gut für Erika.
Ernst sah sie den jungen Mann an.
Ich werde dich morgen Nachmittag mitnehmen, aber wehe du brichst ihr das Herz.“
Erika hatte die ganze Nacht geweint und war dann endlich eingeschlafen. 
Es war schon weit nach Mittag, als sie sich lustlos aus dem Bett schob, fast kalt duschte und trödelte beim Anziehen.
Gerade verließ sie das Bad, als es klingelte.
Das war bestimmt Rena. Erika öffnete die Tür und erschrak, als sie neben ihrer Freundin Heinrich erblickte.
Erschrocken senkte sie den Kopf, drehte sich um und lief ins Wohnzimmer.
Rena gab Heinrich einen Stoß, flüsterte 'Viel Glück' und schloss die Tür hinter ihm.
Erika stand mit hängenden Armen und tief gesenktem Kopf mitten im Zimmer, die Haare wie einen Schleier vor dem Gesicht.
Heinrich legte ihr die Hände auf die Schultern und sagte mit leiser zärtlicher Stimme.
Willst du mich nicht ansehen?“
Langsam hob das Mädchen den Kopf, wagte aber nicht in seine Augen zu schauen, denn sie fürchtete den entsetzten Blick.
Heinrich aber führte sie vor den großen Spiegel ihm Flur.
Liebling sieh in den Spiegel,“ flüsterte er zärtlich an ihrem Ohr.
Erika sah hinein und erblickte die große gutaussehende Gestalt des Mannes hinter sich und dann fiel ihr Gesicht auf ihre Narben und sie wollte sich aus seinem Griff befreien.
Doch er hielt sie fest.
Weißt du was ich sehe?
Ich sehe ein wunderschönes Mädchen aus deren Augen Liebe, Güte und Herzenswärme strahlen. Eine bezaubernde kleine Nase, die etwas keck nach oben zeigt und die beweist wie fröhlich und humorvoll dieses Mädchen sein kann. Und einen Mund der so schön lächeln und Lachen kann und den ich gerne küssen möchte.
Dann beugte er sich vor und küsste sie sanft und zärtlich.
Erika aber liefen die Tränen über das Gesicht.
Mit dem Daumen wischte der junge Mann diese weg und drückte ihren Kopf an seine Brust.
Hörst du wie mein Herz schlägt, es wird für dich schlagen so lange ich lebe.“
Und das Mädchen hörte das Klopfen des Herzen, das in ihrem Ohren vibrierte und fühlte sich geborgen.“




Eine Weile ist es still, dann dreht Mille sich in den Armen der alten Frau und kniet sich auf deren Schoß.
Mit beiden Händen umfasst sie ihr Gesicht.
Oma Erika, Opa Heinrich hat Recht, du bist die liebste Oma der Welt und wunderschön!“
Und die alte Frau blickt in die Augen des kleinen Mädchens, die ihrem Mann so ähnlich sind und lächelt unter Tränen.


© Lore Platz




Karneval in Venedig




Als ich vor kurzem einige wundervolle venezianische Masken sah, war meine Neugier geweckt und ich wollt mehr über diesen Karneval in Venedig erfahren.
Also rein ins Internet.
Übrigens eine feine Sache dieses Internet.
Wenn ich früher bei der Hausaufgabenbetreuung meinen „Kindern“ bei einem Referat half, wie viele Bücher musste ich da wälzen und nun brauche ich nur im Computer eingeben was ich wissen will und sofort habe ich eine Fülle von Informationen.

Aber zurück zum Karneval.
Im Jahr 1094 wurde der „Carnevale di Venezia“
zum ersten Mal von dem Dogen Vitale Falier in einer seiner Schriften erwähnt.
Nach christlicher Auslegung deutet es auf die letzte Nach vor der Fastenzeit hin.
Carne vale = Fleisch lebe wohl“
Ursprünglich aber war es ein Fest zum Einzug des Frühlings.
Erst 1420 bekam es die heutige Bedeutung.
Der damalige Doge ließ zu Ehren des Sieges der Venezianer über das nördliche Aquileia eine Feier abhalten.

Dabei wurde ein Ochse und 12 Schweine, als Symbol für die feindlichen Aquileia geschlachtet.

Diese Feier wurde dann jedes Jahr wiederholt und wurde zu einem wahren Volksfest.
Während der Karnevalstage wurde die strenge Hierarchie der Dogen aufgehoben und jeder Bürger ob arm oder reich war offiziell gleichgestellt.
Unter diese vorgegaukelte Gleichstellung fiel natürlich die Meinungsfreiheit und so entstanden die Straßentheater, wie die „Commedia dell`Arte“.



Im Schutz der Masken wurde das öffentliche Leben auf lustige Art dargestellt und auch kritisiert.
Gaukler, Narren, Quacksalber, Hellseher und Akrobaten traten auf und der Karneval in Venedig war geboren.




Im 18ten Jahrhundert dauert der Karneval oftmals bis zu sechs Monaten und einer der Höhepunkte waren die prachtvollen Gondelumzüge der Adeligen.
Aber wie immer, wenn man die Dinge übertreibt, dann arten sie aus.
Die Sitten wurden immer zügelloser und die Späße im Schutz der Masken immer derber.
Deshalb ließ Napoleon den Karneval verbieten.



Erst 1979 wurde er von findigen Geschäftsleuten wieder entdeckt und sie kurbelten damit die Wirtschaft in Venedig an.
Kostüm- und Maskenhersteller boomten und die Hotels waren zur Karnevalszeit ausgebucht.
Venedig entwickelte sich zur Hochburg des Karnevals in Europa und zieht noch heute viele Besucher an.










Närrische Tage





 

Gestern war der unsinnige Donnerstag oder auch Weiberfastnacht.

Ich weiß noch, dass mein Mann an diesem Tag immer ohne Krawatte in die Arbeit ging.
Wisst ihr eigentlich wann vermutlich die erste Weiberfastnacht war?
Am Donnerstag vor Karneval tanzten und sprangen die Nonnen im Kölner Kloster St. Mauritius in weltlicher Kleidung durch die Hallen.
Das war im Februar 1729.
Da hätte ich zu gerne Mäuschen gespielt.

Je nach Region werden die närrischen Tage
Fastnacht – Karneval - Fasching
genannt.

Fastnacht setzt sich aus den Wörtern:
Fasta (Fastenzeit) und naht (Nacht, Vorabend) zusammen.
Was soviel wie Tag vor der Fastenzeit bedeutet

Karneval:
'carne levare' = Fleisch wegnehmen.

Fasching:
Diesen Wort ist hauptsächlich in Bayern und Österreich gebräuchlich.
Es leitet sich ab von dem Wort 'Vaschang' was soviel wie letzter Ausschank alkoholischer Getränke vor der Fastenzeit bedeutet.

Bereits vor 5000 Jahren wurde in Mesopotamien nach Neujahr, ein siebentägiges Fest als symbolische Hochzeit eines Gottes, gefeiert.
In einer babylonischen Schrift aus dem 3. Jahrtausend vor Christus stand geschrieben.
' Kein Getreide wird an diesem Tag gemahlen. Die Sklavin der Herrin gleichgestellt und der Sklave an der Seite des Herrn.
Der Mächtige und der Niedrige sind gleichgestellt.'
Hier wird zum ersten Mal bei ausgelassenen Festen die Gleichheit erwähnt, die bis heute ein charakteristischen Merkmal des Karnevals ist.
Heute werden hauptsächlich, wie es so schön in Bayern heißt; die Politiker dablääkt (verspottet).

Nun zu den Römern, die ja eigentlich viel in Europa geprägt haben.
Vom 17. Dezember bis 19. Dezember hielten die Römer ein öffentliches Gelage ab zu Ehren des Gottes Saturn.
Herren und Sklaven tauschen die Rollen, saßen zusammen mit Myrten bekränzt am Tisch, konnten frei reden und bewarfen sich mit kleinen Rosen.
Das dürfte der Ursprung des Konfetti sein.

Die spinnen die Römer!“ würde Asterix wohl sagen.

Zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert feierte man in der Kirche die Narrenfeste.
Wolfram von Eschenbach erwähnte im Jahre 1206 in seinem 'Parzival' erstmals die 'Fastnacht'
Die mittelalterliche Fastnacht stand für den 'Staat des Teufels' . 
Deshalb wurden die ausschweifende Feste auch von der Kirche geduldet, um zu zeigen, dass sowohl der 'Staat des Teufels', als auch der Mensch vergänglich sei und am Ende Gott siegt.
Mit dem Aschermittwoch musste dann der Karneval enden.

Bedenke, dass du Mensch Staub bist und wieder Staub wirst,“ dies murmelt der Pfarrer wenn er das Aschenkreuz auf die Stirn malt.
Ich habe es gehasst, denn einzelne Körner der Asche lösten sich immer und rieselten mir in die Augen.

Nun lasst euch die gute Laune von niemand verbieten, lacht, schunkelt und freut euch des Lebens.

Hellau!




Fasching

Nun ist sie da, die Faschingszeit,
darüber freuen sich viele Leut',
sie tanzen, jubeln ganz toll,
sie lachen, scherzen stimmungsvoll.

Sie setzen ihre Narrenkappen auf,
ziehen bunte Kleider an zuhauf,
es geht zu wie in einem Narrenhaus,
mancher schaut dabei ganz lustig aus.

Räuber kommen mit wildem Gesicht,
Rittersleut`reiten im Sonnenlicht,
Zigeuner dürfen auch nicht fehlen,
Diebe die nicht können stehlen.

Und aus Tirol kommt jener Gesell,
verkleidet als Wilhelm Tell,
Türken, Inder und noch mehr,
zwischendurch ein brauner Bär.

Musikkapellen zwischendurch,


Zwei Strolche auch, das Haar zerfurcht,
Ein Hauptmann sieht ganz strenge drein,
er humpelt mit dem rechten Bein.

Politiker die auf Wagen sitzen,
Plakate halten mit geschriebenen Spitzen,
und man sieht noch vieles mehr,
was so kommt maskiert daher.

Auf der Geige und auf dem Bass.
jeder spielt da irgendwas,
kunterbunt und kreuz und quer,
und klingen tut es wie noch mehr.

Kunterbunt der Maskenscherz,
viele Leute mit frohem Herz,
Alle Sorgen sind da wie weggeblasen,
mancher nimmt auch einen Schaden.

Lustig ist doch die Fastnachtszeit,
und jubeln tun da alle Leut',
Vergessen wird da jedes Ach,
aber was kommt dann danach?


© Die Nachtigall