Dienstag, 31. Oktober 2023

Schönheit liegt im Auge des Betrachters







Schönheit liegt im Auge des Betrachters


Die alte Frau sitzt in ihrem bequemen Ohrensessel und sieht gedankenverloren aus dem Fenster.
Tiefe Nebelschwaden hüllen den Garten in trübes Grau und nicht ein Sonnenstrahl findet seinen Weg durch die dichten Schleier.
Trübe Gedanken sind es auch, die ihr durch den Kopf gehen. Zwanzig Monate sind es nun schon, seit ihr geliebter Heinrich die Augen für immer geschlossen, nicht bevor er ihr noch mit einem Zwinkern zu geflüstert hatte:
Ich warte dort oben auf dich und werde schon mal ein schönes Plätzchen für uns beide suchen.“
Fünfzig Jahre waren sie verheiratet und nun hatte er sie allein gelassen.
Die Tür öffnet sich leise und Emilia, kurz Milli, genannt huscht ins Zimmer.
Oma, störe ich?“
Diese lächelt und schüttelt den Kopf.
Morgen haben wir eine Halloween Party im Kindergarten und Mama fährt nachher mit mir in die Stadt und dann bekomme ich ein Kostüm.“
Als was möchtest du dich denn verkleiden?“
Ganz ganz gruselig, vielleicht werde ich ein böser Drache!“
Milli schneidet eine fürchterliche Grimasse.
Die Oma lacht.
Warum feiern wir eigentlich Halloween?“


Die Kleine war jetzt im 'warum' Alter und wollte immer alles genau wissen.
Früher war es ein Erntedankfest und da auch die dunkle Jahreszeit beginnt dachte man an die Toten und in verschiedenen Ländern glaubte man sogar, dass sie am 31.Oktober auf die Erde zurückkehrten, um zu spuken.
Und deshalb verkleidet man sich an diesem Tag und feiert und die Kinder gehen von Haus zu Haus und sammeln Süßigkeiten.“
Millie nickt eifrig. „Anne geht morgen Abend mit mir auch Süßigkeiten sammeln. Ich freue mich schon darauf!“
Anne war ihre große Schwester.
Frau Pelzer lächelt und denkt glücklich wie reich gesegnet sie doch ist mit ihren fünf prächtigen Kindern und 14 Enkelkindern, von denen Milli das jüngste war.
Nach dem Tode ihres Mannes hatte ihre Tochter Astrid sie zu sich genommen, damit sie nicht so allein war.
Mille zupft sie am Ärmel.
Omilein erzählst du mir eine Geschichte?“
Sie klettert auf den Sessel und schmiegt sich in die Arme der alten Frau.
Diese überlegt kurz, dann beginnt sie zu erzählen.

Es war einmal eine junge Frau, die wollte gar nicht mehr unter die Menschen gehen, denn durch einen schweren Verkehrsunfall an dem sie nicht schuld war, hatte sie schlimme Narben auf ihrer rechten Wange.
Obwohl ihre Freunde sie immer wieder bedrängten doch mit ihnen zu kommen, so wollte Erika das Haus nicht verlassen.
Zu sehr fürchtete sie die teils mitleidigen, entsetzten, oder auch unverschämten Blicke, die ihrem verunstaltetem Gesicht galten.“

Milli rekelt sich in ihrem Arm und sieht die Oma ernst an, dann fährt sie liebevoll mit der Hand über die Wange der alten Frau.

Diese lächelt liebevoll und erzählt weiter.





Dann kam Halloween und Rena konnte ihre Freundin überreden auf eine Party mit zu kommen, denn unter all den Masken würde sie nicht auffallen und es wurde an der Zeit, dass sie endlich ihr Krähennest verließ und wieder unter Leute ging.
Unter viel Gekicher verkleideten sich die beiden.
Aus Erika wurde eine freche Hexe, den spitzen Hut hatte sie selbst gebastelt.
Rena verkleidete sich als Skelett, dazu trug sie Stöckelschuhe und eine Kette aus Knochen die bei jedem Schritt klapperten.
Mit dem Taxi fuhren sie zu dem Haus in dem die Party statt fand. Erika war anfangs noch ängstlich, doch unter all den grotesken und gruseligen Masken fiel sie gar nicht auf. Niemand machte eine dumme Bemerkung über ihre Narben, dachten sie doch es gehörte zur Maskierung.
Rena war sofort mitten im Trubel verschwunden, während Erika etwas schüchtern in der Ecke stehen blieb und dem vergnügten Treiben zusah. 
Ein Werwolf kam auf sie zu mit einem Glas Sekt in der Hand. Er hielt es ihr hin und dankbar nahm sie einen Schluck, der kribbeltet in der Nase und sie musste niesen.
Er lachte und die blauen Augen aus der Wolfsmaske funkelten vergnügt.
Ich beobachte dich schon eine Weile, alle amüsieren sich und du stehst hier schüchtern herum.
Komm!“
Er fasste sie an der Hand und bald tanzte sie genauso ausgelassen wie die anderen. Der Werwolf blieb den ganzen Abend an ihrer Seite und Erika fühlte sich immer wohler in seiner Gegenwart, als würde sie ihn schon ein Leben lang kennen.
Und als er sie küsste, da fühlte sie sich wie im siebten Himmel, doch dann fielen ihr plötzlich ihre Narben wiederein und in einem unbeobachtetem Moment verschwand sie und lief durch die kalten dunklen Straßen nach Hause.
Heinrich, der Werwolf aber stand da und murmelte:
Aschenputtel hat wenigstens einen Pantoffel da gelassen“
Der Abend machte ihm keinen Spaß mehr, denn er hatte sich verliebt.
Er erkundigte sich bei dem Gastgeber, der konnte ihm aber nur sagen, dass die kleine Hexe mit Rena, er deutete dabei auf das Skelett, gekommen sei.
Heinrich ging zu Rena und fragte sie nach ihrer Freundin.
Diese erschrak. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass Erika verschwunden war, hatte nur beobachtet wie sich diese mit dem Werwolf amüsierte und hatte sich gefreut, als sie ihr Lachen hörte, das so klang wie früher.
Sie zog Heinrich in eine stille Ecke und erzählte ihm von dem Unfall und den Narben und dass ihre Freundin sich nicht mehr unter Menschen wagte. Nur mit Mühe sei es ihr heute gelungen Erika mitzunehmen und das nur unter dem Schutz der Verkleidung.
Eine Weile war es still, dann fragte Heinrich, ob sie ihm die Adresse von Erika geben könnte.
Rena überlegte lange, sie kannte ihn nur flüchtig, wusste aber von ihrem Freund Klaus, dass er ein feiner Mensch war, humorvoll, ehrlich und vielleicht wäre es gut für Erika.
Ernst sah sie den jungen Mann an.
Ich werde dich morgen Nachmittag mitnehmen, aber wehe du brichst ihr das Herz.“
Erika hatte die ganze Nacht geweint und war dann endlich eingeschlafen. 
Es war schon weit nach Mittag, als sie sich lustlos aus dem Bett schob, fast kalt duschte und trödelte beim Anziehen.
Gerade verließ sie das Bad, als es klingelte.
Das war bestimmt Rena. Erika öffnete die Tür und erschrak, als sie neben ihrer Freundin Heinrich erblickte.
Erschrocken senkte sie den Kopf, drehte sich um und lief ins Wohnzimmer.
Rena gab Heinrich einen Stoß, flüsterte 'Viel Glück' und schloss die Tür hinter ihm.
Erika stand mit hängenden Armen und tief gesenktem Kopf mitten im Zimmer, die Haare wie einen Schleier vor dem Gesicht.
Heinrich legte ihr die Hände auf die Schultern und sagte mit leiser zärtlicher Stimme.
Willst du mich nicht ansehen?“
Langsam hob das Mädchen den Kopf, wagte aber nicht in seine Augen zu schauen, denn sie fürchtete den entsetzten Blick.
Heinrich aber führte sie vor den großen Spiegel ihm Flur.
Liebling sieh in den Spiegel,“ flüsterte er zärtlich an ihrem Ohr.
Erika sah hinein und erblickte die große gutaussehende Gestalt des Mannes hinter sich und dann fiel ihr Gesicht auf ihre Narben und sie wollte sich aus seinem Griff befreien.
Doch er hielt sie fest.
Weißt du was ich sehe?
Ich sehe ein wunderschönes Mädchen aus deren Augen Liebe, Güte und Herzenswärme strahlen. Eine bezaubernde kleine Nase, die etwas keck nach oben zeigt und die beweist wie fröhlich und humorvoll dieses Mädchen sein kann. Und einen Mund der so schön lächeln und Lachen kann und den ich gerne küssen möchte.
Dann beugte er sich vor und küsste sie sanft und zärtlich.
Erika aber liefen die Tränen über das Gesicht.
Mit dem Daumen wischte der junge Mann diese weg und drückte ihren Kopf an seine Brust.
Hörst du wie mein Herz schlägt, es wird für dich schlagen so lange ich lebe.“
Und das Mädchen hörte das Klopfen des Herzen, das in ihrem Ohren vibrierte und fühlte sich geborgen.“




Eine Weile ist es still, dann dreht Mille sich in den Armen der alten Frau und kniet sich auf deren Schoß.
Mit beiden Händen umfasst sie ihr Gesicht.
Oma Erika, Opa Heinrich hat Recht, du bist die liebste Oma der Welt und wunderschön!“
Und die alte Frau blickt in die Augen des kleinen Mädchens, die ihrem Mann so ähnlich sind und lächelt unter Tränen.


© Lore Platz




Mittwoch, 18. Oktober 2023

Die Katzenmarei

Vor Jahren fand ich einen kleinen Zeitungsbericht. Eine alte Frau hat  eine Packung Katzenfutter  gestohlen und wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Ich war wütend und fand das ungerecht, denn wenn die Frau kein Geld für Katzenfutter hat, wie soll sie dann die Strafe bezahlen. Zum Glück haben gute Menschen gesammelt,daraus habe ich eine Geschichte gemacht.

Und nun wünsche ich Euch viel Spaß beim Lesen!

 
(c) Werner Borgfeldt






Die Katzenmarei


Müde tastet sich die alte Frau durch den schmalen Flur, den Eimern ausweichend, die sie wegen dem eindringenden Regen dort aufgestellt hat.
Der Sturm vor einigen Tagen hat einige Dachziegel herunter gerissen.
In der halbdunklen Küche, durch dessen schmales Fenster der beginnende Tag sein schwaches Licht wirft, ist es kühl und Marei zieht frierend das Schultertuch fester um ihre Schultern.
Mit klammen Fingern schürt sie in der Glut des alten Eisenofens und legt einige Holzstücke dazu.
Bald hört man es lustig knistern und knacken und ganz langsam breitet sich Wärme aus.

Fröstelnd wäscht sie sich mit dem kalten Wasser an dem Becken aus Email am Fenster, dann schlüpft sie in die alten abgenutzten Kleider, die sie aus der Schlafstube mitgebracht hat.
Sie stellt einen Kessel mit Wasser auf den Ofen, nimmt den Melkeimer, schlüpft in die Holzpantinen und schlurft über den Hof in den Schuppen.
 
(c) C.P.

Die Ziege begrüßt sie mit ihrer meckernden Stimme und liebevoll streicht Marei ihr über das Fell, bevor sie sie melkt.
Dann geht die alte Frau zu einer großen weißen Schüssel in der Mitte des Schuppens und gießt die noch warme Milch hinein.
Und nun wird es lebendig. Aus allen Ecken kommen Katzen angelaufen. Keine Schönheiten, mager zerzaust und einem kampferprobtem Kater fehlt sogar ein Ohr.
Schmeichelnd drängen sie sich an Marei, als wollen sie Danke sagen, bevor sie sich über die Milch hermachen.
Liebevoll betrachtet die Katzenmarei, so nennt man sie im Ort, weil sie sich um streunende Katzen kümmert, ihre Schützlinge.
Dann wird ihr Blick traurig. Wie mager sie sind, wie viele von ihnen den Winter wohl überleben. Und es würde einen harten Winter geben.

(c) Werner Borgfeldt

Als sie im Wald Tannenzapfen und Holz gesammelte hat, ist ihr aufgefallen, wie groß die Ameisenhaufen sind. Das lässt auf einen langen harten Winter schließen.
Ihr Blick fällt auf eine schwarzweiße Katze, die jetzt die Schüssel erreicht hat. Gestern erst ist sie zu ihr gekommen und so schwach, dass ihre Hinterläufe immer wieder einknicken und so mager, dass man jede einzelne Rippe zählen kann.
Sie braucht unbedingt kräftigere Nahrung als nur Milch, die anderen auch, doch die sind wenigstens noch kräftig genug, um sich ab und zu eine Maus zu fangen.
Marei seufzt und Tränen treten ihr in die Augen.
Bis vor kurzem hat ihr der Metzger am Ort jede Woche eine große Portion Fleischabfälle vorbei gebracht und auch Markknochen.
Aus den Markknochen machte sie eine kräftigende Brühe , der sie, die von ihr gesammelten Kräuter, hinzufügte.
Und diese Brühe flößte sie dann den schwächsten ihrer Schützlingen ein. So manches Tier konnte sie damit retten.
Aber vor einigen Monaten hat die Metzgerei geschlossen, der nahe Supermarkt war eine zu große Konkurrenz .
Marei geht in trübe Gedanken versunken ins Haus zurück.
Nachdem sie den Melkeimer gesäubert, gießt sie sich einen Tee auf und isst die letzte Scheibe Brot mit Marmelade.

Nachher muss sie noch im Supermarkt, Brot kaufen, doch erst will sie auf den Kartoffelacker.
Sie darf nämlich die Kartoffeln, die die Maschine nicht erfasst hat, auflesen.
Wenig später kommt sie mit zwei gut gefüllten Eimern wieder zurück. Es ist gar nicht so leicht gewesen mit dem kleinen Leiterwagen und der schweren Last über die holprigen Wege zu fahren. Doch es hat sich gelohnt, mit den Kartoffeln wird sie gut über den Winter kommen.
Nachdem sie ihren kostbaren Schatz im Keller verstaut hat, macht sie sich Stadt fein und mit ihrer großen Tasche über dem Arm geht sie zum Supermarkt.
Sie mag den Supermarkt nicht, hier ist alles so groß und unübersichtlich und die Verkäufer sind auch nicht sehr freundlich. Sie schüchtern sie sogar ein wenig ein und wenn sie etwas umständlich ihr Kleingeld zusammen sucht, spürt sie die Ungeduld der jungen Frau an der Kasse.
Marei legt das Brot und die Flasche billiges Salatöl in ihren Einkaufswagen und fährt in Richtung Kasse.
Im Vorbeigehen fällt ihr Blick auf ein Regal voll mit Katzenfutter. Sie studiert die Preise und bedauert, dass sie nicht genügend Geld dabei hat. Es ist einige Tage vor dem Ersten.

(c) Helge T.

Vor ihrem inneren Augen sieht sie die schwarzweiße kleine Katze, die so schwach ist, dass sie sich nur mühsam vorwärts bewegen kann.
Mit diesem kräftigen Futter könnte sie sie wieder aufpäppeln, ansonsten befürchtet sie das allerschlimmste.
Automatisch greift sie nach der großen Dose und lässt sie in ihrer karierten Einkaufstasche verschwinden
Ein schwere Hand legt sich auf ihre Schultern.


 
(c) Werner Borgfeldt


Daniel sitzt in seinem Büro des Zeitungsverlags
'Der Tagesbote', die Füße auf dem Schreibtisch und zielt mit Papierkügelchen auf den Papierkorb.
Christiane, seine Kollegin beobachtet ihn amüsiert und meint: „ Du solltest mal an deinem Wurfarm arbeiten.“
Mit einem schiefen Grinsen betrachtet Daniel das Chaos auf dem Teppich.
Er nimmt die Füße vom Schreibtisch und fährt sich mit beiden Händen durch das bereits verstrubbelte Haar.
Ich soll bis Redaktionsschluss einen Artikel schreiben und ich habe keine Ahnung worüber.“
Da hätte ich was für dich, ich war eben auf dem Gericht.“
Hat Richter Gnadenlos mal wieder zu geschlagen?“
Christianes Gesicht verfinstert sich.
Ja und diesmal hat er sich selbst übertroffen. Er hat die Katzenmarei zu 300Euro Strafe verdonnert!“
Ist das die alte Frau, die in dem verfallenem Haus am Ortsrand wohnt und sich um streunende Katzen kümmert? Was hat sie denn verbrochen?“
Im Supermarkt eine Dose Katzenfutter gestohlen?“
Die Strafe ist aber happig, selbst für Richter Gnadenlos.“
Er will ein Exempel statuieren, erklärte er bei der Begründung, denn die Verluste durch Ladendiebstähle sei enorm hoch.“
Ach und das muss er ausgerechnet bei dem armen alten Weiblein?“
Die sich noch nie etwas in ihrem Leben zuschulden kommen ließ und der nur 170 Euro von ihrer Rente bleiben zum Leben.“
Daniel machte nur „hm“ und Christiane verlässt leise das Zimmer.
Den Blick kennt sie, nicht umsonst hat sie den besten Reporter im Team auf diese Geschichte angesetzt.
Vergnügt summend schlendert sie zu ihrem Schreibtisch mit dem sicheren Gefühl, dass der Katzenmarei geholfen wird.
Wenig später verlässt Daniel die Redaktion und bald hält sein Sportwagen vor dem alten Häuschen.

Er führt ein langes Gespräch mit der alten Frau, macht auch einige Fotos von den Katzen besonders von der schwarzweißen für die das Katzenfutter bestimmt war.
Beim Abschied erklärt er noch, dass die Zeitung die Strafe bezahlen würde.
Zurück in der Redaktion geht er ohne rechts und links zu schauen in sein Büro und dann hämmern seine Finger auf den Laptop.
Am nächsten Morgen steht ein großer Artikel auf der ersten Seite des 'Tagesboten' mit Bildern von der Marei, ihren Schützlingen und der kleinen völlig abgemagerten schwarzweißen Katze.
Dieser Artikel löst einen Sturm der Hilfsbereitschaft aus.
Geldspenden gehen in der Redaktion ein, sodass man ein extra Spendenkonto einrichten muss.
Der hiesige Tierschutzverband ruft an, dass er künftig die Katzenmarei mit Katzenfutter versorgen wird.
Aus der Kreisstadt kommt der Tierarzt und fragte nach dem Weg zu Mareis Haus, denn er will die Katzen kostenlos ärztlich betreuen.
Und der ortsansässige Bauunternehmer fährt mit einigen seiner Leute zu dem alten Haus, um die Sturmschäden zu beseitigen und selbst den Schuppen verstärken sie mit zusätzlichen Brettern, damit die Tiere es schön war haben.

Die alte Marei aber kann ihr Glück gar nicht fassen und als Daniel sie besucht, streckt sie ihm nur mit Tränen in                                                                                                          den Augen beide Hände entgegen und flüstert: „Danke“
Dann nimmt sie den jungen Mann mit in den Schuppen und zeigt ihm die schwarzweiße Katze, die gesund und munter mit den andern angelaufen kommt.

© Lore Platz (2022)






Montag, 16. Oktober 2023

Fritz und der Kartoffelkönig

 

Vielleicht habt ihr auch schon als Kind am Lagerfeuer gesessen und Kartoffel gebraten.

Wir haben die Kartoffeln ,die auf dem Feld vergessen wurden immer aufgesammelt und dann ein Lagerfeuer gemacht und die Erdäpfel hinein geworfen.

Eine regelrechte Mutprobe war es dann ,die kohlschwarzen Dinger mit spitzen Fingern aus der heißen Glut zu klauben und zum Abkühlen neben sich zu legen.

Aber die Mühe war es wert, wenn auch die Schale verbrannt war, aber das Innere war köstlich.

Zu Hause aber wurden wir in den Waschzuber gestellt und von Kopf bis Fuß abgeschrubbt , denn wir sahen wie kleine Kaminfeger aus.

Doch wo kommt die Kartoffel eigentlich her?

Vor 500 Jahren brachten sie die spanischen Eroberer aus Südamerika mit.

Die Kartoffel hatte in Südamerika so eine große Bedeutung, dass man Kartoffel aus Stein und Tonkrüge in Form einer Kartoffel herstellte, wie Entdeckungen eines 8000 Jahre alten Grabes in Peru bestätigen.

Obwohl wir in der Volksschule noch das Lied des Dorfschullehrers

Friedrich Sauter (1766-1846) lernen mussten und mit Begeisterung plärrten:

Frank Drake hieß der brave Mann, der vor zweihundert Jaaaahren ,“war er nicht der Entdecker der Kartoffel.Eine nette kleine Geschichte wurde überliefert, ich weiß aber nicht ob sie stimmt.

Ein englischer Graf kaufte ein paar Kartoffeln und ließ sie in seinem Garten anpflanzen,

Die Kartoffel wurde nämlich anfangs wegen ihrer schönen Blüten als Zierpflanze gehalten.

Eines Tages erzählte ihm ein Spanier, dass man die Kartoffel essen könnte.

Der Graf lud seine Freunde zum Festmahl ein und als besonderes Dessert ließ er die Beeren der Kartoffel servieren.

Die Gäste spuckten diese aus, so scheußlich schmeckten sie.

Zornig befahl der Graf seinem Gärtner die Kartoffeln zu vernichten.

Dieser riss alle Pflanzen aus und verbrannte sie. Doch stieg ihm ein köstlicher Duft in die Nase und er fischte ein Knolle heraus und probierte sie. Sie schmeckte köstlich!

Wenig später lud der Graf wieder seine Freunde ein und diesmal waren alle begeistert von der Kartoffel.

So soll sie sich in Europa verbreitet haben.

Ich denke aber, dass es von Spanien aus ging, denn die Spanier und Italiener waren die ersten ,die die Kartoffel auf ihrem Speiseplan hatten.

Die Deutschen waren der neuen Speise eher skeptisch gegenüber eingestellt.

Der“ Alte Fritz „musste die Bauern 1756 mit einem „Kartoffelbefehl „

zum Anbau zwingen.

Heute gehört die Kartoffel wie selbstverständlich zu unserem Leben und es gibt viele wunderbare Gerichte ,die man aus dieser Knolle zaubern kann.

Aber am besten schmeckt mir immer noch: Eine heiße Pellkartoffel mit ein bisschen Salz und einem Stückchen Butter. Hmmmm!

 


 

Fritz und der Kartoffelkönig


Missmutig schlug Fritz die Decke zurück und schlüpfte ins Bett.

Seine Mutter kam herein und setzte sich auf die Bettkante. 

Na, mein Großer, immer noch wütend?“

Beim Abendessen hatte es Ärger gegeben, denn Fritz wollte seine Kartoffeln nicht essen, denn die mochte er überhaupt nicht.

Der Vater hatte geschimpft und Großvater hatte auf die hungrigen Kinder hingewiesen, die froh wären wenn sie solche guten Kartoffeln essen dürften. 

Fritz hätte sie ja nur allzu gern den hungrigen Kindern gegeben.

Die Großmutter hatte die Geschichte vom Kartoffelkönig erzählt, der davon gelaufen war, um in die Welt zu ziehen, doch als er zwei hungrigen Kindern begegnet ist, sich geopfert hat damit sie sich satt essen konnten.

Als wenn ihm deshalb die Kartoffel besser schmecken würden. 

Nur die Mutter hatte ihn bittend angesehen und leise auf den Nachtisch hingewiesen.

Daran musste Fritz jetzt denken und so grinste er seine Mutter an.

Der Schokoladenpudding mit dem Sahnehäubchen war Klasse!“

Dann ist es ja gut!“ lachte die Mutter und strubbelte ihm das Haar.

Gute Nacht meine Junge, schlaf' gut:“

Sie strich ihm über das Haar, da er keinen Gute Nacht Kuss mehr wollte, löschte das Licht und verließ das Zimmer.

Fritz drehte sich um und war bald eingeschlafen.

Mitten in der Nacht wurde er plötzlich wach, da etwas auf seinen Bauch drückte.

Er öffnete die Augen und sah im fahlen Schein des Mondes einen seltsamen kleinen Kerl, der auf seinem Bauch saß.

Fritz blinzelte und rieb sich die Augen, doch das Männchen war immer noch da.

Es sah aus wie eine dicke große Kartoffel, hatte eine rote Nase, pfiffige Augen, einen breiten Mund und kleine Arme und Beine und auf dem Kopf trug es ein kleines Krönchen.

Der Kartoffelkönig!“

Ja, du hast mich erkannt!“

Was willst du hier? Außerdem könntest du mal von meinem Bauch herunter gehen, du erdrückst mich ja!“

Der Kartoffelkönig sprang herunter und setzte sich neben Fritz auf das Kopfkissen. 

Dieser drehte sich um und knurrte:Lass mich in Ruhe, ich will schlafen!“

Da aber zog ihn der Dicke energisch an den Haaren.

Aufwachen, ich brauche deine Hilfe!“

Nun wurde Fritz neugierig und drehte sich wieder seinem Besucher zu.

Du musst mit mir kommen, zieh dich an.“

Das Männlein sprang vom Bett und lief zum Stuhl auf dem die Kleider des Jungen lagen.

Langsam folgte ihm Fritz und zog sich an, doch als er in seine Turnschuhe schlüpfen wollte, rief der König:

Zieh feste Schuhe an, dort wohin wir gehen ist es schlammig, besonders nach Regen und nimm die Jacke mit den großen Taschen.

Warum?“

Damit ich hinein schlüpfen kann,“ lachte der Kartoffelkönig und schwups saß er in der Tasche und grinste vergnügt.

Es kann los gehen!“

Auf einmal waren sie in einem Dorf.

Es sah sehr ärmlich aus, die alten Holzhäuser hätten einen Anstrich gebraucht, die Straßen waren wirklich riesige Schlammfelder, Hühner liefen gackernd umher und ein struppiger Hund schlich sich heran und entsetzt verschwand der Kartoffelkönig in der Jackentasche.

Feigling!“ zischte Fritz.

Ein Mann kam aus einem der Höfe, stutzte als er den Jungen sah und ging auf ihn zu.

Der sieht ja aus wie mein Großvater!“ flüsterte Fritz. 

Ist ja auch dein Urahn, aber still er kommt näher!“

Der Mann betrachtete den seltsam gekleideten Jungen, er selbst trug nur einen groben Leinenkittel.

Woher kommst du?“Von weit her, wo bin ich hier?“

Weißt du das nicht, in Pommern im Land von Friedrich dem Großen.“

Oh, und welches Jahr schreiben wir?“

Der Mann schüttelte den Kopf ob der seltsamen Frage.

Ob der Junge nicht richtig im Kopf war?

Wir haben das Jahr 1744. Wie heißt du denn?“

Fritz Ungerer!“

Da haben wir ja denselben Namen, ich heiße Karl Ungerer, sind wir verwandt!“

Fritz zuckte die Schultern.

Na dann komm mal mit, Vetter, kannst auf dem Heuboden schlafen, viel zu essen kann ich dir nicht anbieten, die Getreideernte war diesmal nicht gut. Und die meisten Felder hier sind sandig und eignen sich nicht zum Anbau.“

Vier kleine Kinder zwischen 3 Jahren und 10 Jahren blickten ihnen neugierig entgegen.

Eine junge Frau kam aus einem Nebenraum mit einem Eimer Milch.

Die Kuh gibt nicht mehr viel Milch, es fehlt an genügend Futter.“ seufzte sie mutlos.

Ich werde mal auf die höher gelegene Wiese gehen und Gras mähen, hier ist ein Vetter von mir, er kann auf dem Heuboden schlafen.“ Die Frau nickte nur.

Und ich werde in den Wald gehen und Beeren pflücken,“ erklärte das zehnjährige Mädchen.

Ihr Vater runzelte die Stirn.

Mariechen, ich möchte nicht, dass du allein in den Wald gehst, dort treibt sich allerhand Gesindel herum.“

Dann hellte sich seine Miene auf.

Vetter Fritz wird dich begleiten!“

Fritz nickte und bald haben sie ihr Körbchen voll mit leckeren Beeren, auch einige Kräuter für eine Suppe pflückte Mariechen.

Auf dem Rückweg kamen sie an einem Bach vorbei und Fritz sah einige Forellen darin schwimmen.

Warte, Mariechen!“

Er krempelte seine Hosenbeine hoch und stieg ins Wasser.

Sein Freund Rudi hatte ihm einmal gezeigt wie man Fische mit den Händen fing.

Man braucht nur Geduld, ein gutes Auge und Schnelligkeit.Bald lagen drei Forellen zappelnd im Gras und Mariechen packte sie in den Korb. Der Vater war auch schon zurück und fütterte gerade die Kuh.

Anerkennend klopfte er Fritz auf die Schulter und ging mit den Fischen hinters Haus, um sie auszunehmen.

An diesem Abend gingen alle mal satt ins Bett. Fritz bekam von Frau Gertrude noch eine Decke aus groben Stoff und ging hinauf auf den Heuboden.

Der Kartoffelkönig hüpfte aus der Tasche und streckte sich.

Bisher ist es doch gut gelaufen,“ meinte er zufrieden.

Was soll ich eigentlich hier, obwohl es ja interessant ist meine Vorfahren kennen zu lernen.“

Nun Morgen wirst du es erfahren, aber zuerst muss ich direrklären wie man Kartoffel anbaut, du wirst es brauchen.“Ich werde bestimmt keine Kartoffeln anbauen,“ brummte Fritz, doch dann wurde er nachdenklich, „obwohl sie dann nicht mehr hungern müssten.“ 

Siehst du, also dann höre genau zu!“

Aufmerksam verfolgte der Junge was der Kartoffelkönig ihm erklärte, doch dann fielen ihm die Augen zu.

Am nächsten Morgen saßen sie gerade beim Frühstück, einer Schüssel Haferbrei mit Beeren, da hörten sie Lärm von draußen. Mariechen lief ans Fenster.

Die Soldaten des Königs!“ rief sie aufgeregt.

Die Familie und Fritz eilten hinaus und gesellten sich zu den anderen Bauern die neugierig die Soldaten umstanden.

Einer der Soldaten hielt einen großen Pergamentbogen in der Hand und las laut vor:

Befehl des Königs, unseres verehrten 'Friedrich den Großen'! Alle Bauern müssen Kartoffel pflanzen, auf dass sie im Winter nicht hungers sterben. Das ist ein Befehl und muss sofort ausgeführt werden!“

Der Soldat winkte und ein Fuhrwerk fuhr heran auf dem mehrere Säcke standen.

Zwei Männer sprangen von der Pritsche und hoben die Säcke vom Wagen und stellten sie an eine Hauswand.

Die Bauern drängten sich neugierig näher und fingen schallend an zu Lachen.

Einer hielt eine verschrumpelte Kartoffel, die bereits zu keimen begann, in die Höhe und schrie:

Was soll denn das sein, will der König uns zum Narren halten, das ist weder ein Samen noch eine Wurzel!“

Verächtlich warf er die Knolle zurück und wandte sich ab.

Die Soldaten aber drehten ihre Pferde und galoppierten davon. 

Murrend gingen die Bauern nach Hause.

Nur Karl, Fritz und Mariechen standen noch bei den Säcken.

Auch Frau Gertrude war zurück in den Hof gegangen und die drei kleineren Kinder spielten mit dem Hund.

Karl hatte eine der Kartoffel in die Hand genommen und drehte sie nachdenklich zwischen den Fingern.

Kann mir nicht vorstellen, dass unser König uns verspotten will?“

Nein! Kartoffel sind sehr nahrhaft und sättigend!“ erklärte Fritz.

Du hast schon mal eine gegessen?“

Der Junge nickte heftig und meinte: „ Ja sie schmecken mir zwar … Aua!“

Der Kartoffelkönig hatte ihn gezwickt.

Karl betrachtete ihn amüsiert.

Sie schmecken Aua?“

Nein ich meine sie schmecken ausgezeichnet.“

Fritz schlug kräftig auf seine Jackentasche und grinste als er ein leises Stöhnen hörte.

Weißt du denn wie man sie anbaut?“

Als der Junge nickte, hob Karl einen der Säcke auf und warf ihn sich über die Schulter.

Auch Fritz nahm einen der Säcke und selbst Mariechen zog einen Sack hinter sich her.

Während sie zurück zum Haus gingen erklärte er dem aufmerksam lauschenden Karl was er von dem Kartoffelkönig erfahren hatte.

Man musste Furchen in den Acker ziehen, die ungefähr 40cm auseinanderlagen, dann musste man eine Kartoffel, die bereits gekeimt hatte, hineinlegen und Erde darüber häufen.

Gießen sollte man sie nicht, denn das würde ihnen schaden. Da die Kartoffel eine sehr robuste Pflanze ist schadet ihr auch längere Trockenheit nichts, außerdem gedeiht sie prächtig in sandigem Boden.

Davon haben wir ja genug,“ brummte Karl, der aufmerksam gelauscht hatte. Inzwischen hatten sie den Hof erreicht, stellten die Säcke vor der Tür ab und betraten das Haus.

Wir werden diese Kartoffeln pflanzen!“ verkündete Karl als er die Küche betrat.

Er deutete auf Fritz.

Unser junger Vetter weiß wie man es macht und hat auch schon solche Dinger gegessen.“

Dann kratzte er sich am Kopf.

Aber wie sollen wir solche Furchen in den Acker machen?“

Habt ihr denn keine Harke?“

Karl schüttelte den Kopf und brummte:

Wie sieht so ein Ding denn aus?“

Fritz holte ein angebranntes Holz von der Feuerstelle und zeichnete auf den Tisch ein Harke.

So was kann ich bauen!“

Karl verschwand im Schuppen.

Mariechen und Fritz luden mit Hilfe der Mutter die Säcke auf einen Leiterwagen und als Karl mit zwei Harken aus dem Schuppen kam, gingen sie zu dem brach liegenden Acker.

Während Karl und Fritz lange Furchen zogen, legten Frau Gertrude und Mariechen die Kartoffel hinein und die drei Kleinen durften die Erde darüber häufen.

Während sie arbeiteten kamen die Leute aus dem Dorf neugierig näher und Karl erklärte ihnen was sie machen sollten.

Und bald sah man auf allen Feldern die Bauern fleißig Furchen ziehen.

Nun hieß es warten. Jeden Tag ging Karl nun zu seinem Feld um nachzusehen.

Eines Tages kam er freudestrahlend zurück, denn das Feld hatte zu blühen begonnen.

Fritz, der inzwischen wieder vom Kartoffelkönig unterrichtet worden war, erklärte ihm, sobald die Blüten und das wuchernde Kraut abgestorben sei, könnte man die Kartoffel unter der Erde heraus holen.

Karl erklärte es auch den Dorfbewohnern und dann war es eines Tages soweit.

Die Kartoffelernte begann.

Als alle ihre reichliche Ernte in den Scheunen hatten, bat Karl seine Vetter Fritz auf den Marktplatz.

Und der Junge erklärte den Dorfbewohner nun wie man die Kartoffel kochte und was man daraus alles machen konnte.

Während er noch redete verschwamm alles um ihn herum wie in einem Nebel.

Eine Hand rüttelte ihn an der Schulter.

Fritz, Fritz, wach auf, du musst zur Schule!“

Der Junge öffnete die Augen.

Wo ist der Kartoffelkönig?“

Nicht hier!“ lachte die Mutter, „ aber nun beeile dich!“

Mama, ich habe geholfen Kartoffel an zu bauen und zu ernten!“

Die Mutter verließ Kopf schüttelnd das Zimmer.

'Nun verfolgten die Kartoffeln den Jungen schon im Schlaf'

Noch mehr aber wunderte sie sich, als Fritz beim Abendessen eine doppelte Portion Kartoffel auf seinen Teller lud.


© Lore Platz