Freitag, 31. Juli 2020

Oma Jette weiß Rat







Oma Jette weiß Rat






Wenn Amelie hier oben auf ihrer Bank saß und ins Tal hinunter schaute, dann schien ihr alles so friedlich zu sein da unten.
Doch leider täuschte der Schein. Gar nichts war friedlich dort, wieder hatte sie Schelte von ihrer Stiefmutter bekommen. Das war so ungerecht, dabei hatte sie gar nichts gemacht, für das man sie hätte ausschimpfen müssen.
Aber egal was sie machte, alles war falsch.
Dabei hatte sie sich so gefreut, als Papa nach Mamas frühen Tod wieder geheiratet hatte und schon ihm zuliebe wollte sie sich bemühen ihre neue Mutter lieb zu haben. Doch leider spürte sie sofort, dass die neue Mutter sie nur als Störenfried empfand und ganz schlimm war, dass Papa ihren bösen Einflüsterungen glaubte.
"Mein Lieber", hatte sie erst heute zu Papa gesagt, "du musst dringend mit deiner Tochter sprechen.
Sie hat schon wieder das Waschbecken nicht sauber gemacht, nachdem sie ihre Zähne geputzt hatte!"
Dabei hatte sie die Wörter 'deiner Tochter' besonders betont und in die Länge gezogen, dass es Amelie fast weh in den Ohren getan hatte, obwohl sie im Nebenzimmer war.
Ganz leise hatte sie das Nebenzimmer verlassen, denn sie wollte gar nicht hören was ihr Papa dazu sagte.
Zu oft schon hatte sie erlebt, dass er ihren Lügen glaubte. Sie bemühte sich doch so sehr es allen Recht zu machen, aber nie war es genug.
Und heute bekam sie zufällig ein Telefongespräch mit, das ihre Stiefmutter mit ihrer Freundin führte,
"Ich habe ihn bald soweit, ab September wird die lästige Göre im Internat sein und ich werde schon dafür sorgen, dass er sie vergisst. Jedenfalls will ich sie auch in den Ferien nicht mehr hier haben,"
Entsetzt hatte sie das Haus verlassen und war hierher zu ihrer Bank gelaufen.
Die Tränen kullerten nun unaufhörlich von ihren Wangen und Amelie wusste nicht, wie es nun weitergehen sollte. Ins Internat sollte sie - für immer. Die Stiefmutter wollte sie nie mehr zurückhaben. Das konnte doch ihr Vater nicht gutheißen, er liebte seine Tochter doch.
Aber wenn er all die Lügen glaubte, die ihm seine neue Frau auftischte, dann war es sicher für Papa immer schwieriger, sie, seine einzige Tochter, zu lieben.
Energisch wischte sie sich die Tränen ab. Wenn man sie hier nicht mehr wollte, dann würde sie eben gehen.
Es waren ja Ferien! Aber wohin sollte sie gehen, die Oma wohnte ja weit weg im Schwarzwald.
Jetzt müsste sie auf jeden Fall erstmals nach Hause gehen und dann wollte sie sich etwas überlegen. vielleicht konnte sie vom Nachbarhaus die Oma einmal anrufen, die möglicherweise einen Rat für sie hätte.
Traurig machte sich Amelie auf den Heimweg.
Frau Mahler, die Nachbarin stand in ihrem Garten.
"Guten Morgen, Amelie. Deine Mutter ist eben zum Einkaufen gefahren, willst du nicht herein kommen."
Das Mädchen nickte und folgte der alten Frau ins Haus.
Frau Mahler tat das Mädchen sehr leid, sie hatte oft erlebt, wie die Stiefmutter die Kleine behandelte und deshalb wunderte sie sich auch nicht, als Amelie sie bat ob sie ihre Oma anrufen dürfte.
Diskret verließ sie das Zimmer. als die zehnjährige den Telefonhörer nahm und wählte.
Als Amelie die liebe Stimme der Oma hörte, sprudelte alles aus ihr heraus, was sie die letzten Monate seit der Hochzeit mit der Stiefmutter erlebt hatte und was sie jetzt vorhatte.
Ein Weile war es still, dann meinte die Oma.
"Liebes sei nicht traurig ich werde mir etwas einfallen lassen. Denk daran du bist nicht allein."
Getröstet legte Amelie den Hörer auf. Sie bedankte sich bei Frau Mahler und ging still nach Hause, wo sie gleich wieder eine Schimpftirade der Stiefmutter über sich ergehen lassen musste.
"Habe ich dir nicht gesagt, dass du gefälligst pünktlich zu Hause sein sollst. Du trödelst den ganzen Tag herum und ich muss alle Arbeit allein machen. Nicht einmal die Einkäufe nimmst du mir ab. Warte nur, das werde ich deinem Vater sagen, wenn er nachher von der Arbeit heimkommt."
Dieses Mal weinte Amelie nicht. Das Gespräch mit der Oma hatte ihr gut getan, vor allem, weil sie sich einmal alles von der Seele gesprochen hatte.
Oma hatte versprochen, sich zu kümmern und das würde sie gewiss tun.
Still verrichtete sie die Arbeit, die die Stiefmutter ihr auftrug.
Nach dem Abendessen ging sie in ihr Zimmer. Das Telefon läutete und sie hörte ihren Vater;
"Hallo Mama," sagen.
Fest drückte sie beide Hände auf ihr stark klopfendes Herz. Und als ihr Vater sie rief, lief sie mit einem bangen Gefühl nach unten, das sich noch verstärkte, als sie ein bösen Blick ihrer Stiefmutter traf.
Doch ihr Vater rief ihr fröhlich entgegen. "Oma Jette hat angerufen, sie lädt dich ein, die Ferien bei ihr zu verbringen, was hältst du davon."
Amelie lief auf ihn zu und umarmte ihn, das hatte sie schon lange nicht mehr gemacht.
"Das werte ich mal als Zustimmung!", Papa lachte und Amelie stimmte ein.
Lediglich Elvira machte ein missmutiges Gesicht. Dabei hatte sie doch gesagt, sie sei froh, wenn sie Amelie mal wegschicken könnte.
"Du wirst sie doch nicht etwa dorthin bringen?", keifte sie. "Die kann mit dem Zug fahren!"
"Die ist meine Tochter und selbstverständlich werde ich sie fahren. Komm doch mit, dann machen wir drei einen schönen Ausflug und du könntest meine Mutter auch einmal wiedersehen.", schlug Papa vor.
Obwohl sie ihre Schwiegermutter überhaupt nicht leiden konnte beschloss sie doch mitzufahren, fürchtete sie doch ,Amelie könnte etwas ausplaudern.
Also ging es am Wochenende in den Schwarzwald.
Oma stand schon an der Haustür, als die drei am Samstag angefahren kamen. Amelie sprang aus dem Auto und stürmte auf ihre Oma zu.
"Unmöglich, dieses Kind!", schimpfte Elvira. Sie konnte es sich einfach nicht verkneifen, Amelie zu kritisieren und erntete einen erstaunten Blick ihres Mannes.
"Sie freut sich eben, das ist doch ganz normal!", sagte er und lief ebenfalls einen Schritt schneller auf seine Mutter zu, umarmte und küsste sie herzlich auf beide Wangen.
Nach einem gemütlichen Kaffee mit Kuchen, sagte Oma Jette lächelnd zu Amelie:
"Willst du nicht hinüber zu Christina gehen, die freut sich schon so sehr auf dich,"
Als Amelie zu ihrer Freundin gegangen war, führte
Oma Jette ein ernstes Gespräch mit ihrem Sohn und dessen Frau.
"Mir ist zu Ohren gekommen, dass du Amelie loswerden willst!", sagte sie. "Red dich nicht raus, ich weiß es genau!", fügte sie hinzu.
Elvira war kreidebleich geworden und Amelies Papa wich auch jede Farbe aus dem Gesicht. Was hatte seine Mutter da gerade gesagt? Das war ja ungeheuerlich!
Oma Jette meinte versöhnlich, sie wollte keinen Knacks in die Ehe ihres Sohnes bringen.
" Ich weiß es ist nicht einfach in einer jungen Ehe sich auch noch um eine Zehnjährige zu kümmern, obwohl du wusstest, Elvira, dass Bernd eine Tochter mit in die Ehe bringen würde.
Und auch für Amelie war die Situation nicht ganz so leicht. Sie wurde aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen, wo sie seit dem frühen Tod ihrer Mutter lebte und alle ihre Freunde hier hatte.
Und in ihrem neuen Zuhause war ihr nur ihr Vater vertraut. deshalb mache ich euch auch einen Vorschlag.
Lasst sie die Ferien über jetzt mal bei mir, das wird auch eurer jungen Ehe gut tun.
Nach den Ferien kann sie weiter hier zur Schule gehen, und ihr könnt sie am Wochenende so oft ihr Lust habt besuchen, die Ferien verbringt Amelie bei euch. So ist beiden Teilen geholfen.
Mit strahlendem Gesicht kam Amelie von ihrer Freundin zurück, doch als sie das blasse Gesicht ihrer Stiefmutter und das ernste Gesicht ihres Vaters sah, wurde ihr ganz ängstlich zumute.
Sie sah zu ihrer Oma und als diese ihr zuzwinkerte wurde es ihr wieder leichter ums Herz.
Bernd trat zu seiner Tochter und legte ihr den Arm um die Schulter.
Komm`, wir gehen in den Garten und setzen uns auf die Hollywoodschaukel.“
Mit bangem Herzen folgte Amelie ihrem Vater.
Hör mal mein Kind, ich weiß von Oma, dass du und Elvira euch nicht so gut vertragen. Schuld bin wohl ich auch ein bisschen, Die Heirat, der Umzug und mein neuer Job waren für uns alle ein Problem, das wir nicht gleich erkannt haben.
Dir fiel es nicht leicht dich einzugewöhnen, Elvira hatte sich ihr junge Ehe anders vorgestellt und ich hatte viel zu wenig Zeit für euch beide, da ich mich in meinem neuen Job erst einarbeiten musste.
Und darum war Elvira auch eifersüchtig und hat wohl etwas falsch reagiert. Ich bitte dich, gib ihr noch eine Chance.
Amelie nickte.
Und erzählte Bernd seiner Tochter, was die Oma vorgeschlagen hatte.
Und bei jedem seiner Worte begann das Mädchen mehr zu strahlen, dann fiel sie ihrem Vater um den Hals.
Natürlich komme ich in den Ferien zu euch, dass ist eben umgekehrt wie jetzt und außerdem können wir ja uns ja über Video unterhalten.“
Als sie wieder ins Wohnzimmer zurück gingen, trat Amelie
auf ihre Stiefmutter zu und streckte ihr die Hand entgegen.
Es tut mit leid, wir beide hatten wohl einen schlechten Anfang , in Zukunft wollen wir es besser machen.“
Mit Tränen in den Augen nickte Elvira und drückte fest die Hand ihre Stieftochter.
Oma Jette schmunzelte zufrieden und dachte sie:
Der Anfang wäre gemacht!“



© Lore Platz 31.07.2020






Dienstag, 28. Juli 2020

Der Märchenkönig und Richard Wagner

2020 fallen zum ersten Mal seit vielen Jahren die Bayreuther Festspiele aus.



Der bayrische Kabinettssekretär Franz Seraph von 

Pfistermeister verließ am 14. April 1864 die 

Hauptstadt München mit einem schwierigen Auftrag.

Er sollte Richard Wagner zu König Ludwig II.
bringen.
Doch das war gar nicht so einfach, denn der Komponist war vor seinen Gläubigern aus Wien geflohen.
Erst zwei Wochen später fand ihn der Beauftragte des Königs in Stuttgart und brachte ihn am 3. Mai nach München.

Am Nachmittag des 4. Mai kam es dann zu der ersten Begegnung des 51jährigen Komponisten und dem 18jährigen König.
Noch am gleichen Tag schreibt Richard Wagner
an eine Freundin:

Sie wissen, dass mich der junge König von Bayern aufsuchen ließ.
Heute wurde ich zu ihm geführt.
Er ist leider so schön und geistvoll, seelenvoll
und herrlich, dass ich fürchte sein Leben müsse wie ein flüchtiger Göttertraum an dieser gemeinen Welt zerrinnen.
Er liebt mich mit der Innigkeit und Glut der ersten Liebe und weiß alles von mir.
Von dem Zauber seines Auges können sie sich keinen Begriff machen.
Wenn er nur leben bleibt.“

Man hat Richard Wagner oft als Scheusal bezeichnet, doch dies sind nicht die Worte eines Scheusals.




Am 1o. Juni 1865 wird im Hof und Nationaltheater in München die Oper
Tristan und Isolde „ aufgeführt.
11 Jahre hat der Komponist darauf gewartet.
Nachdem erst in Karlsruhe und Wien die Uraufführung nicht zustande kam, hatte nun München die Chance für 56 500 Gulden.
Auch plante Ludwig ein Theater für seinen verehrten Freund zu bauen wofür der
Architekt Gottfried Semper die Pläne zeichnete.
Doch die Münchner wehrten sich gegen das
5 Millionen teure Wagner-Theater.
Der König gab auf.


Richard Wagners Zeit in München war nur von kurzer Dauer.
Schon lange war er den Münchnern ein Dorn im Auge.



Die teuren Geschenke, die Ludwig ihm machte, das Haus das er ihm mietete und
dann auch noch das geplante Theater passte den Münchnern gar nicht.
Doch als Richard Wagner begann sich auch noch in die bayrische Politik einzumischen, musste der König seinen Freund bitten das Land zu verlassen.
Aber er ließ ihn nicht im Stich.
Er schickte ihm Geld, damit er den
Ring der Nibelungen“ beenden konnte.
Das Theater wurde nun in Bayreuth gebaut.
Am 22.4. 1872 wurde unter strömendem Regen der Grundstein gelegt.
Da weder Bismarck noch der Kaiser sich sonderlich interessiert zeigten, scheiterte der Bau beinahe an Geldmangel.
Und wieder war es Ludwig, der dem Freund aus der Patsche half.
Er schickte 100 000 Taler.



Am 13.8.1876 werden mit der Oper„Rheingold“
die Bayreuther Festspiele eröffnet.
Hinter der Bühne aber saß Richard Wagner in seinem Zimmer und weigerte sich vor das
applaudierende Publikum zu treten, denn zu viele peinliche technische Pannen waren während der Aufführung passiert.
Obwohl die ersten Festspiele mit viel Erfolg und Applaus stattfanden, so endeten sie doch
mit 148 000 Talern Schulden.
Und wieder war es Ludwig der half.

Richard Wagner starb am 13.2.1883 in Venedig an Herzversagen.
Als König Ludwig vom Tod seines Freundes erfährt kann er mit Recht sagen:
Den Künstler, um den die ganze Welt jetzt trauert habe ich zuerst erkannt und der Welt gerettet.“




Montag, 27. Juli 2020

Quäle nie ein Tier zum Scherz ...



Als kleines Mädchen träumt man davon einen Frosch zu küssen, der sich dann in einen Prinzen verwandelt wie im Märchen:  "Der Froschkönig".
Doch später legt sich das, bestimmt aber bei den beiden Damen in Maisondheim bei Kitzingen, die jetzt wegen der Frösche vor Gericht gehen.
Begonnen hat alles letzten Sommer als ein Frosch in den Teich eines Grundstücks einwanderte und da es ihm so gut gefiel, folgten ihm noch andere seiner Artgenossen.
Das abendliche Balzkonzert störte die Nachbarin und sie forderte, dass die Frösche verschwinden sollten.
Da sich die beiden Damen nicht einigen konnten, landete die Sache jetzt vor dem Gericht. Ungefähr 28 Zeugen werden verhört.
Fazit: Die Dame, die ihren Teich an die Frösche vermietet hat, muss ihre Untermieter entfernen.
Übrigens hat sie ihr neu gebautes Haus mitsamt dem Teich inzwischen verkauft, nicht wegen den Frösche, sondern wegen der
Nachbarschaft.
Dass Frösche in Gefahr leben, nein nicht vom Storch verspeist zu werden, sondern durch einen wohlgezielten Gewehrschuss das Leben zu verlieren, zeigte die besonders tragische Geschichte von
"Knötti".
Am 1.10.2010 wurde der Frosch Knötti das Opfer eines Anschlags, den ein genervter Nachbar auf ihn ausübte, weil er sich durch den Lärm gestört fühlte.
Besonders tragisch daran war, dass Knötti wegen einem Gendefekt gar nicht quaken konnte und also völlig unschuldig war.
Ach jaaa!





Quäle nie ein Tier zum Scherz ...


Ulrich von Wiesenteich war ein eher ernster Geselle. Ganz im Gegensatz zu seinen Brüdern, die durch die Bank fröhlich und ausgelassen feiern konnten.
Besonders die lauen Sommerabende eigneten sich prima für Konzerte. Wenn Frösche musizieren, dann vergessen sie die Welt um sich herum, leider leben in dieser Welt aber Wesen, denen der Froschgesang so gar nicht gefällt.
Ulrich sah Schlimmes auf sich zukommen und er versuchte noch, seine Brüder zu warnen, als plötzlich eines dieser Wesen vor ihm Stand.
Es war mit Gummistiefeln bekleidet und trug ein Fangnetz mit sich.
"Ich hab wieder einen!", kreischte es.
Und schon zappelte Ulrich im Netz. Nun bekamen es seine Brüder mit und hüpften schnell ins sichere Wasser und ließen ihn ganz allein.
"Verflixt Rudi, hättest du nicht so laut geschrien, hätten wir viel mehr fangen können," schimpfte Hardy.
"Blödmann, immer ist es meine Schuld, wenn du nichts fängst!", wehrte sich Rudi, konnte sich ein fettes Grinsen aber nicht verkneifen.
Währenddessen zappelte Ulrich von Wiesenteich im Netz herum und ärgerte sich. Warum musste dieser verflixte Rudi, oder wie immer der auch hieß, unbedingt ihn, den adeligsten aller Wiesenfrösche, einfangen.
Da kam ihm ein Gedanke, vielleicht hatten sie es extra auf ihn abgesehen und wollten Lösegeld erpressen. Doch dann ließ er wieder den Kopf hängen, wer sollte denn für ihn zahlen.
Sein Herz begann zu klopfen, als eine schmutzige Bubenhand ihn packte und ihn in ein Glas mit Schraubdeckel steckte,
Empört begann er zu quaken und begann an der Wand hochzuklettern, rutschte aber immer wieder ab.
"Lass mich sofort hier wieder raus, du Bengel, verdammt, ich bin doch kein Wetterfrosch und ich eigne mich auch nicht zum Einkochen! Und mach gefälligst Löcher in den Deckel, wenn du mich schon nicht rauslässt. Ich bekomme ja keine Luft mehr!"
Rudi lachte. "Guck dir das nur an, wie der sich aufregt da in seinem Glas!"
Hardy fand das nicht so komisch, da regte sich doch die Tierliebe.
"Lass ihn raus, sonst bekommt er gleich einen Herzinfarkt, mach schon, bevor es zu spät ist!",
schrie er.
Es regt ihn mächtig auf, dass der Rudi so blöd lachte und sich an der Not des Tieres weidete.
Wütend riss er ihm das Glas aus der Hand, schraubte es auf und schwupps Ulrich sprang heraus, in großen Sprüngen zum Teich und verschwand im Wasser.
"Sieh nur was du gemacht hast, du Döskopp , jetzt ist er weg.!" brüllte Rudi.
Hardy grinste.
"War sowieso eine dumme Idee und außerdem ist es Tierquälerei!"
Spöttisch fügte er hinzu :"Quäle nie ein Tier im Scherz, denn es fühlt wie du den Schmerz.."
"Du immer mit deinen weisen Sprüchen von deiner Oma," brummte Rudi
Hardy schulterte das Netz und ging pfeifend davon.
Rudi folgte ihm mit nachdenkliche Gesicht.



© Lore Platz 27.07.2020






Donnerstag, 23. Juli 2020

Nicht standesgemäß









Nicht standesgemäß

 

Elena betritt neben Direktor Zimmermann das Klassenzimmer und sieht sich zweiundzwanzig erwartungsvollen Gesichtern gegenüber.
Fräulein Hartleitner, das ist ihre neue Schülerin Elena von Straten. Ihre Eltern haben das Gut Waldblick übernommen und den dazu gehörigen Ponyhof.“
Freundlich nickt die Lehrerin dem Mädchen zu, trotzdem war sie Elena nicht sehr sympathisch.
Sie setzt sich auf den ihr angewiesenen Platz und packt ihre Schultasche aus.
Die Tür wird leise geöffnet und ein Mädchen drückte sich herein.
Entschuldigung,“ murmelt sie und hastet in die hinterste Bank.
Das ist Bärbel, sie ist strohdoof und außerdem hässlich angezogen.“ flüstert Rita Elena zu.
Diese betrachtet unauffällig das Mädchen, dessen Kleider geflickt sind, und deren Haare unordentlich aus den Zöpfen hängen.
Direktor Zimmermann hat inzwischen das Zimmer verlassen und der Unterricht beginnt.
Elena beobachtet, dass die Lehrerin das Mädchen in der letzten Bank vollkommen ignoriert und in der Pause wird sie von den anderen Kindern gehänselt.
Elena gefällt das gar nicht und sie fragt Rita „ was hat euch das Mädchen denn getan?“
Ach,“ meint diese schnippisch, „ schau sie dir doch an wie hässlich sie angezogen ist, bestimmt hat sie auch Läuse, außerdem wohnt sie in einer ärmlichen Hütte mit ihrer Oma und mein Opa, der ja Bürgermeister ist, hat gesagt, die beiden sind der Schandfleck in unserem schönen Dorf.“
Elena runzelt die Stirn und nimmt sich fest vor zu Bärbel besonders nett zu sein.
Doch das war nicht so einfach, denn Bärbel lässt niemand an sich heran und so gibt Elena allmählich auf.

Nach einigen Wochen hat Elena sich eingewöhnt und viele Freunde gefunden. Jeder möchte ihre Freundin sein, war sie doch die Tochter des reichen Gutsbesitzer und die Kinder durften auf den Ponys reiten, wenn sie Elena besuchten.
Bärbel kam jeden Morgen zu spät und huschte schnell auf ihren Platz von niemand beachtet. Die Kinder hänselten sie auch nicht mehr, hatten sie doch schnell gemerkt, dass das Elena gar nicht gefiel und mit dieser wollte es sich keiner verderben.
Und die Lehrerin kümmerte sich überhaupt nicht um das Mädchen. Bärbel wurde niemals aufgerufen und selbst ihre Hausaufgaben wurden nicht eingesammelt.
Als wäre sie überhaupt nicht anwesend.
Manchmal warf Elena einen heimlichen Blick nach hinten und sah, dass das Mädchen sehr aufmerksam verfolgte was vorne geschah. Wenn ihre Blicke sich trafen sah Bärbel scheu weg und spielte mit ihrem Bleistift.
Elena war gerade von der Schule nach Hause gekommen und lief in die Küche, wo Martha, die Köchin ihr lächelnd das Essen servierte und erzählte, dass ihre Mutter in die Stadt gefahren war und ihr Vater eine Besprechung mit dem Bürgermeister hatte.
Martha sah dabei sehr grimmig aus und Elena fragte sie
was denn los sei.
Ach den Bürgermeister hier kann ich gar nicht leiden, so ein Unmensch, will das arme Weiblein und ihre Enkelin aus dem Haus werfen. Sind ein Schandfleck für das Dorf behauptet er.“
Was will er denn von Papa?“
Der Wald gehört doch zu dem Gut und das alte Häuschen ist nur gemietet. Also soll der Herr seine Macht als Vermieter demonstrieren und ihnen kündigen.“
Das wird doch Papa nicht machen!“ rief Elena erschrocken.
Als der Bürgermeister abgefahren war, schlüpfte Elena in das Arbeitszimmer ihres Vaters.
Lächelnd sah Herr von Straten sein Töchterlein an. „Was hast du denn auf dem Herzen?“
Papa, du willst doch nicht Bärbel und ihre Oma aus dem Haus werfen?“
Kennst du sie denn?“
Ja, Bärbel geht mit mir in dieselbe Klasse.“ Und dann erzählt sie ihrem Papa, was ihr aufgefallen war und wie die Lehrerin und auch die Kinder mit dem armen Mädchen umgehen.
Ihr Vater nickte nachdenklich.
Die Menschen vergessen viel zu schnell, wenn es ihnen gut gut, dass nicht jeder soviel Glück hat.“
Aber hast du nicht immer gesagt, wir sollen dankbar sein, dass es uns so gut geht und die nicht vergessen, denen es nicht so gut geht.“
Ja, meine Kleine und daran wollen wir uns auch halten, habe keine Angst um deine Freundin.“
Elena widerspricht nicht, denn eigentlich wollte sie gerne mit Bärbel befreundet sein.
Im Stall trifft sie auf Justus, den Stallmeister, der an seiner alten Pfeife kaut. Er wollte sich nämlich das Rauchen abgewöhnen, aber von seiner geliebten Pfeife konnte er sich nicht trennen.
Na Prinzessin willst wohl ausreiten, Triumph muss bewegt werden.“
Elena ging an die Box, holte aus ihrer Hosentasche ein Stück Zucker und hielt es auf der flachen Hand dem weißen Pony hin.
Bald trabten die beiden über den Hof, begleitet von Gina dem schwarzweiß gefleckten Mischling.
Der Hund umsprang sie freudig bellend, dann spitzte er plötzlich die Ohren und sauste los und verschwand im Wald.
Ärgerlich rief Elena den Hund,natürlich hörte er nicht, sicher hatte er wieder ein Kaninchen aufgestöbert.
Das Mädchen band das Pony an einen Baum und folgte dem Hund in den Wald.
Sie hörte ein komisches Geräusch, das konnte nur Gina sein.
Als sie den seltsamen Lauten folgte, sah sie Bärbel, die auf einem Baumstamm saß, Tränenspuren auf dem Gesicht, und mit offenen Mund Gina betrachtete.
Die Hündin hatte die Schnauze nach oben gerichtet und heulte Herz erweichend.
Als Bärbel Elena sah wollte sie aufspringen, doch dann fiel ihr Blick wieder auf den Hund und sie prustete los.
Elena ließ sich neben ihr auf dem Baumstamm nieder und auch sie konnte sich nicht mehr halten.
Weißt du, Gina ist ein besonders mitfühlender Hund, wenn sie jemand weinen sieht, weint sie gleich mit.
Wieder prusteten sie los und der Hund, der die Beiden lachen sah, drängte sich schwanzwedelnd zwischen sie.
Die Mädchen streichelten den Hund.
Warum hast du geweint?“
Bärbel wurde rot und wandte das Gesicht ab.
Elena ergriff ihre Hand.
Du brauchst keine Angst haben, mein Vater hat nicht vor euch zu vertreiben, auch wenn der Bürgermeister es so will.“
Er war gestern bei meiner Oma und hat ihr angedroht, dass der neue Besitzer uns rausschmeißen wird. Wir sind der Schandfleck des Dorfes. Aber meine Oma hat doch nur eine kleine Rente. Außerdem hat sie Arthritis und kann nicht mehr so arbeiten. Ich helfe ihr so gut ich kann, deshalb komme ich auch morgens immer zu spät in die Schule. Eigentlich will ich gar nicht mehr in die Schule gehen. Frau Hartleitner will sowieso nichts mit mir zu tun haben, sie mag nur die reichen Kinder.“
Elan umarmte Bärbel spontan. „ Ich mag dich und wäre so gerne deine Freundin.“
In diesem Moment entstand eine Freundschaft fürs Leben und für Bärbel und ihre Oma begann eine Zeit des Glücks.
Herr von Straten hatte auf seinem Besitz ein kleines unbewohntes Häuschen, das es herrichten ließ und in dem Bärbel und ihre Oma in Zukunft leben konnten.
Zuerst aber schickte er die alte Frau in ein Heilbad zur Erholung und während dieser Zeit durfte Bärbel bei Elena wohnen.
Martha, die Köchin verwöhnte das arme Mädchen mit Leckerbissen und Elenas Mutter sorgte für passende Kleider.
Elena und Bärbel aber waren unzertrennlich und mit Elenas Hilfe wurden auch deren Leistungen in der Schule besser.
Nichts erinnerte mehr an das zerlumpte Kind, das der Außenseiter in der Schule war.
Anfangs zögernd aber dann wurde Bärbel in die Klassengemeinschaft aufgenommen.


© Lore Platz

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