Freitag, 27. November 2020

Das kleine rote Auto - Erinnerungsgeschichte








 Das kleine rote Auto


Manchmal ist es gar nicht so gut, wenn man einen tiefen gesunden Schlaf hat.
Wir haben unserer Tochter den Führerschein bezahlt und von dem Geld, das sie sich bei einem Praktikum verdient hat, kaufte sie sich ein kleines rotes Auto.
Und nun machten sie und ihre Freundinnen jedes Wochenende die Gegend unsicher.
In den Ferien beschlossen sie eine Fahrt quer durch Deutschland zu machen.
Übernachten wollten sie in Jugendherbergen oder im Zelt.
Vier Mädels, übermütig, fröhlich und mit dem Gefühl:
Mir gehört die ganze Welt!“, düsten sie los.
Damals gab es noch kein Handy und so rief meine Tochter immer wenn es ihr möglich war, von einer Telefonzelle aus an, da sie wusste, dass ich mir Sorgen machte.
 Als die Reise sich dem Ende näherte, beschloss eines der Mädchen noch ein paar Tage bei ihrem Freund zu verbringen und sie fuhren sie in Aachen an den Bahnhof.

 
                             
 
Da es zu spät zum weiterfahren war, beschlossen sie gleich auf dem Parkplatz im Auto zu übernachten.
Die drei Grazien in der Sardinenbüchse.
So etwas kann man nur machen, wenn man jung ist.
Es war heiß und sie ließen die Fenster herunter und das Mädel, das auf der Rückbank schlief, hatte die Füße auf dem offenen Fenster abgestützt.
Mitten in der Nacht wurde meine Tochter wach, stieß ihre Freundin, die neben ihr auf dem Beifahrersitz schlief, an und grummelte: „ Ich glaube, da draußen ist jemand.“
Unsinn! Schlaf weiter!“

Strahlender Sonnenschein empfing sie am nächsten Morgen und eine böse Überraschung.
Während sie tief und fest schliefen wie die Murmeltiere hatte man ihnen die Radkappen und die Nummernschilder geklaut.

Lachen konnten sie erst später, denn erst einmal kamen einige Probleme auf sie zu.
Ein Glück, dass die Aachener Polizei so freundlich und hilfsbereit war.


© Lore Platz

Nun wünsche ich euch ein schönes Wochenende

Montag, 23. November 2020

Kann man sich vom Christkind eine Mutter wünschen?








Kann man sich vom Christkind eine Mutter wünschen?
Geht das denn?



Das Waisenhaus in der Amselgasse ist hell beleuchtet.
Rechts und links neben den breiten Stufen steht auf der einen Seite ein großer Weihnachtsmann und auf der anderen Seite Rudolf das Rentier, dessen rote Nase lustig blinkt.
Die doppelseitige Eingangstür ist von einer Lichterkette, deren Lämpchen in verschiedenen Farben blinken, eingerahmt.
Auch das Innere des Hauses ist festlich geschmückt und aus der großen Halle dringt Musik, fröhliche Stimmen und lautes Kinderlachen.
Angelika, eines der Mädchen ,das seit zwei Jahren im Waisenhaus ist, wurde adoptiert und darf bereits Weihnachten mit ihren neuen Eltern verbringen.
Es sind auch ihre Adoptiveltern , die dieses Abschiedsfest mit ihren Freunden hier im Waisenhaus, geben.
Alle haben sich in der Halle versammelt, um gemeinsam zu feiern.
Nur im zweiten Stock sitzt Lotta in ihrem kleinen Zimmer, das sie mit Angelika teilt und sieht traurig auf das Bett und den gepackten Koffer ihrer besten Freundin.
Leise wird die Tür geöffnet und Angelika schlüpft herein.
Lotta willst du denn nicht zu meiner Abschiedsparty kommen?“
Das Mädchen schüttelt den Kopf.
Ich bin so traurig!“
Angelika setzt sich neben sie und legt ihren Kopf an Lottas Schulter.
Ich auch, schade, dass sie dich nicht auch adoptiert haben.“
Die achtjährige Lotta seufzt kummervoll.
Mich adoptiert keiner, ich bin viel zu hässlich und mein Temperament bringt mich doch immer wieder in Schwierigkeiten.“
Weißt du was, du könntest doch das Christkind bitten, dass es dir eine Mutter bringt.“
Geht das denn?“ fragt Lotta erstaunt.
Angelika nickt eifrig.
Sicher, ich habe jeden Abend gebetet, dass ich eine Familie bekomme
und dann wurde ich adoptiert.“
Sie springt auf und umarmt ihre Freundin.
Ich muss wieder hinunter, kommst du mit?“
Lotta schüttelt den Kopf.
Später vielleicht!“
Als Angelika das Zimmer verlassen hat, stützt Lotta ihren Kopf in die Hände und überlegt.
Vielleicht wäre es doch keine so schlechte Idee mit dem Christkind.
Sie wollte gegenüber in die Kirche gehen, wo das Christkind wohnt und persönlich mit ihm sprechen.
Sie springt auf, schlüpft in ihre warme Jacke und schleicht die Treppe hinunter.
Niemand bemerkt, dass sie das Haus verlässt.
In der Kirche ist es still und es riecht nach Weihrauch.
In der ersten Bank sitzt eine Frau, ganz in schwarz gekleidet und Lotta stellt sich auf die Zehenspitzen, um ganz leise an ihr vorbei zu gehen, denn sie will ja zur Krippe mit dem Jesuskind.
Als sie an der Bank vorbei kommt, sieht sie wie die Frau bitterlich weint und erschrocken bleibt sie stehen.
Leise setzt sie sich neben die Unglückliche.
Diese blickt auf und sieht das Mädchen.
Hallo, ich bin Lotta!“
Die Frau putzt sich die Nase, wischt sich die Tränen aus den Augen und lächelt.
Hallo, ich bin Frau Bergmeister.“
Warum weinst du denn?“
Ich bin traurig, weil meine Tochter gestorben ist.“
Das tut mir leid, ist sie schon beerdigt?“
Ja, sie ist nun schon zwei Jahre tot!“
Und so lange weinst du schon, weißt du denn nicht, dass du dein Kind ganz unglücklich machst und es gar nicht mit den Engeln fröhlich herumtollen und spielen kann.“
Die Frau sieht sie erstaunt an und Lotta erklärt.
Schwester Martina hat uns ein Märchen vom Tränenkrüglein vorgelesen und da hat die Mutter auch so geweint und das Kind im Himmel musste den großen Eimer mit Tränen herumschleppen und konnte gar nicht mit den anderen Engeln spielen.“
Frau Bergmeister ist ganz still und nun fällt ihr auch das Märchen von Ludwig Bechstein ein, dass sie vor vielen, vielen Jahren gelesen hat und es wird ihr ganz eigen zumute.
Eine Weile sitzen die Beiden ganz still da, dann steht Lotta auf.
Nun muss ich aber zum Christkind nach vorne, denn ich habe etwas Wichtiges mit ihm zu besprechen.“
Die Dame sieht das komische kleine Mädchen mit den roten kurzen Stoppeln auf dem Kopf lächelnd an.
Du bist wohl vom Waisenhaus auf der anderen Seite und willst deinen Wunsch dem Christkind persönlich sagen.
Verrätst du mir denn auch was du dir wünscht?“
Lotta setzt sich wieder und meint ernsthaft:
Meine beste Freundin Angelika ist adoptiert worden und feiert eben ihre Abschiedsparty, aber ich konnte nicht hinunter gehen, weil ich so traurig bin und will das Christkind nun fragen, ob es nicht auch eine Mutter für mich finden könnte. Aber es wird wohl schwer sein, denn ich bin eine Heimsuchung!“
Frau Bergmeister zuckt etwas zusammen.
Wie kommst du auf diese Idee?“
Der Niklas ist ein ganz böser Junge und ärgert und schlägt immer die kleineren Kinder.
Er hat dem kleinen Rudi seinen Lutscher weggenommen, da bin ich auf ihn losgegangen, denn vor mir fürchtet der Niklas sich.
Der Feigling ist dann auch davon gelaufen und ich hinterher.
In der Küche dann bin ich über das Fass mit Mehl gestolpert und alles war weiß ,als hätte es in der Küche geschneit.“
Lotta kichert.
Schwester Edeltraud hat die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen und gerufen:
Dieses Kind ist eine Heimsuchung mit ihrem höllischen Temperament!“
Dann hat sie ganz komisch die Augen verdreht und gestöhnt:
Es liegt an den roten Haaren!“
Ich wurde dann auf mein Zimmer geschickt, damit ich nachdenken konnte und ich habe nachgedacht.
Wenn es nur an meinen roten Haaren liegt, dass ich immer in Schwierigkeiten gerate, dann brauchte ich sie doch nur abzuschneiden.
Doch das war dann auch wieder nicht Recht und ich bekam eine Woche keinen Nachtisch.“
Lotta seufzt tief.
Die Erwachsenen sind schon komisch, nie kann man es ihnen recht machen.“
Frau Bergmeister sieht diese seltsame kleine Person an und ihr Blick fällt auf die roten kurzen Haare, die, wie die Stacheln eines Igels, vom Kopf abstehen und dann beginnt sie zu lachen.
Fröhlich und befreiend lacht sie, wie schon seit langem nicht mehr.
Lotta blickt sie erstaunt an.
Erwachsene sind wirklich manchmal seltsam.
Als Frau Bergmeister sich endlich wieder beruhigt hat, streicht sie Lotta über den Kopf und sagt liebevoll.
Lotta dich hat mir der liebe Gott geschickt oder meine Klara, damit ich endlich zur Vernunft komme.“
Das Mädchen nickt, obwohl sie nicht ganz versteht, aber sie mag diese Frau.
Weißt du, ich bin an Weihnachten ganz allein und du bist auch allein, weil deine beste Freundin nicht mehr da ist.
Wir könnten doch Weihnachten gemeinsam feiern?“
Geht das denn?“
Und ob das geht!“ sagt Frau Bergmeister energisch.
Schließlich saß sie im Vorstand der Stiftung, die das Waisenhaus unterstützt.
Vorsichtig schiebt sie Lotta aus der Kirchenbank und nimmt ihre Hand.
Wir gehen jetzt zusammen auf die Abschiedsparty deiner Freundin und anschließend sprechen wir mit der Schwester Oberin.“
Und Hand in Hand gehen die beiden einsamen Gestalten, die ein Zufall zusammengeführt hat, zum Ausgang.
War es wirklich der Zufall?
Oder hatte doch das Christkind die Hand im Spiel?
Vielleicht geht es manchmal doch!

© Lore Platz



Donnerstag, 19. November 2020

Tante Lieschen - Erinnerungsgeschichte


Vorbild für mein Lieschen in der Geschichte  
"Nur eine Tasse Kaffee"
ist meine Taufpatin, deshalb will ich diese von mir als Kind so  geliebte Frau vorstellen. 
Sie hat ihr nicht leichtes Schicksal ertragen, ohne zu klagen. 
Viel Spaß beim Lesen!

                      

Tante Lieschen





Eigentlich hieß sie Elisabeth Krämer und war meine Taufpatin und ich habe sie geliebt.
Sie war keine Schönheit und auch nicht reich, aber sie hatte ein Herz aus Gold und war der bescheidenste Mensch, dem ich je begegnet bin.
In der Geschichte „Nur eine Tasse Kaffee“ habe ich ihr ein Denkmal gesetzt.
Sie war schon ein besonderer Mensch, denn obwohl das Schicksal es nicht gut mit ihr meinte, war sie doch von einer ruhigen, gelassenen Art.
Ich habe sie nicht ein Mal böse erlebt.
Die großen Ferien durfte ich immer bei ihr verbringen und das war eine schöne unvergesslich Zeit.
Ich sehe heute noch die kleine Küche mit dem weißen Becken aus Email vor dem kleinen Fenster, links der Gasherd und rechts eine gemütliche Ecke mit zwei Sesseln und einem runden Tisch.
Ein altes rotes Sofa lehnte an der Wand, davor ein Tisch mit drei Stühlen.
Hinter einem der Stühle thronte ein Küchenschrank, so einer mit Glasscheiben, an denen Gardinen hingen.
Es gab nur noch ein Schlafzimmer, aber kein Badezimmer.
Auf dem Flur war noch ein kleines Zimmer, das nicht benutzt wurde.
Hatte man ein menschliches Bedürfnis, dann musste man die Treppe hinunter in den Hof auf das berühmte Holzhäuschen mit einem Herzchen.
Diesen Ort hasste ich, erstens stank es dort fürchterlich, und außerdem waren die Wände voller Spinnweben und grauslichen schwarzen Spinnen.
Im Schlafzimmer stand ein Eimer mit Deckel, wenn man nachts Pippi machen musste.
Trotzdem denke ich gerne zurück an die Zeit mit Tante Lieschen.





Sie hatte ein heimliches Laster.
In ihrem Schlafzimmerschrank befanden sich Unmengen von Groschen Romanen, die sie mit ihren Freundinnen tauschte.
Für mich eine wahre Fundgrube, da derlei Literatur ja bei uns zu Hause verboten war.
Bei Tante Lieschen durfte ich!
Während sie ihrer Hausarbeit nachging, kauerte ich auf dem Sessel und teilte den Liebesschmerz der Heldinnen in den Romanen.
Aber ich kann mich erinnern, dass ich mich schon als zehnjährige darüber aufregte, weil sich die Liebenden in den Romanen so doof benommen haben.
Verschlungen habe ich die Heftchen trotzdem.
Am Nachmittag dann spielte sie mit mir „Krieg“, das war ein Kartenspiel, das man zu zweit spielen kann.
Es war sicher langweilig für sie, aber auch hier zeigte sie eine Engelsgeduld.
Einmal in der Woche machte sie sich „Stadt fein“ und wir fuhren zu ihrer Freundin Anna nach Neunkirchen.
Während die Damen plauschten, durfte ich mit der großen Porzellanpuppe, die auf dem Sofa saß, spielen.
Es gefiel mir bei den beiden alten Damen.
Einmal hatte Tante Lieschen zwei italienische Gastarbeiter als Untermieter in dem kleinen Zimmer im Flur.
Jeden Abend nach der Arbeit kamen sie in die Küche und kochten einen riesigen Topf Spagetti mit Tomatensoße und anschließend brachten sie einen Teller voll für die Bambina vorbei.
Ich habe noch nie so gute Spagetti gegessen.
Es war eine schöne Zeit bei Tante Lieschen und heute noch denke ich gerne daran zurück und hoffe, dass sie im Himmel einen Ehrenplatz erhalten hat.



(c) Lore Platz
 Wer die Geschichte nachlesen will kann hier klicken
 

Donnerstag, 12. November 2020

Der Wetterprophet

Ich kann das Wetter voraussehen, obwohl ich kein Frosch bin.
Obwohl es nicht stimmt, dass man einen Frosch in ein Glas setzen, eine kleine Leiter dazu, und dann nur beobachten muss, ob er nach oben klettert, das bedeutet nämlich Sonnenschein.
Im Gegenteil das arme Tier wird in dem engen Glas nur unglücklich.
Ein Frosch findet bei feuchtem Wetter genügend Nahrung auf dem Boden, aber wenn es sonnig ist, setzen sich die Mücken gerne auf ein Blatt und der Frosch muss ihnen nach klettern. Das ist das ganz Geheimnis.
Da man aber selten einen Frosch zu sehen bekommt, ist meine Methode doch viel besser.
Ich habe nämlich sprechende Knochen.
Tagelang geben sie Ruhe, doch dann melden sie sich. Erst wispern sie ganz leise, dann beginnen sie zu grummeln und dann fangen sie zu toben an. 

Und spätestens jetzt weiß ich:  

Morgen wird es regnen!
Nun bin ich am grübeln, wie ich dieses Wissen verwerten könnte, um meine Rente aufzubessern.
Übrigens zur Zeit sind sie sehr friedlich, aber ich sage euch sofort Bescheid, wenn sie sich bemerkbar machen, damit ihr eure Regenschirme bereit halten könnt. (zwinkern)

Lore Platz

Mittwoch, 11. November 2020

Plauderecke Corona und Martinsumzug

 

Heute wäre überall der St. Martinsumzug.
 

Kinder liefen mit ihren Laternen durch die Straßen, 

anschließend ging es in die Kirche und dort würde an 

die Kinder am Schluss des Gottesdienstes eine 

Martinssemmel und ein Apfel verteilt.


Doch leider ist auch diese schöne Zeremonie dem 

Corona zum Opfer gefallen.





Als Erinnerung, dass St. Martin einst seinen Mantel 

mit einem Bettler geteilt hat.
 

St. Martin war bereits als Kind mein liebster Heiliger, 

besonders wegen den Geschichten und den Legenden 

die sich um sein Leben rankten.
 

Die Geschichte mit dem Bettler hat mir mächtig 

imponiert und über die schnatternden Gänse, die ihn 

verraten haben musste ich herzlich lachen.
 

Natürlich war St. Martin nicht so rachsüchtig, dass er 

befohlen hat an seinem Gedenktag Gänse zu 

verspeisen.
 

Aber wer war dieser St. Martin?
 

Martin von Tours wurde im Jahr 316 in Sabaria (heute 

Szombathely in Ungarn) geboren,
 

Martinus war von Geburt Römer und stammte aus 

einer Familie mit militärischer Tradition. 
 

Der Name Martinus leitet sich vom Kriegsgott Mars ab.
 

Durch Martin erhielt dieser Name eine besondere 

Bedeutung, denn er wurde ein Soldat Gottes.
 

Mit 15 Jahren musste er auf Wunsch seines Vaters in 

den Soldatendienst bei einer römischen 

Reiterabteilung in Gallien eintreten.

Da sich der Militärdienst aber nicht mit seinem 

christlichen Glauben vereinbaren ließ, schied er mit 

18 Jahren wieder aus.
 

Er ging zurück nach Pannonien, damals eine Provinz 

im heutigen Ungarn. 

Dort wirkte er als Missionar, wurde aber ausgewiesen 

und zog über Mailand auf die kleine Insel Gallinaria im 

Golf von Genua.
 

Er führte ein Einsiedlerleben bis ihn der Bischof 

Hilarius nach Portiers zurück rief.
 

Hier errichtete Martin im Jahr 361 in Linguge in der 

Nähe von Portiers eine Einsiedelei, aus der später das 

erste Kloster in Gallien wurde.
 

371 wurde Martin auf Drängen des Volk und gegen 

seinen Willen und des Klerus zum Bischof von Tours. 

Beim Volk war Martin als gerechter, treusorgender 

Bischof beliebt, der sich überall um Missstände 

kümmerte.
 

Alle Legenden betonen Martins schlichte und 

demütige Haltung.
 

Er starb auf einer Missionsreise am 8.11.397 und zu 

seiner Beisetzung am 11.11.397 (daher der 

Gedenktag) kam eine riesige Menschenmenge.
 

Martin war der erste Nichtmärtyrer , der als Heiliger 

verehrt wurde.
 

Der Lichterbrauch geht auf Martin Luther zurück.
 

An seinem Geburtstag, dem 10.11. und Vorabend des 

Festes seines Namenspatrons versammelten sich die 

Kinder auf dem Erfurter Platz abends mit 

Papierlaternen, um dem Reformer zu gedenken.
 

Der Martinsumzug ist nun in der katholischen Kirche 

ein Teil der Lichtsymbolik, welche an Allerseelen (2. 

Nov. ) beginnt und bis Lichtmess am 2. Februar 

dauert.
 

Der volkstümliche Brauch der Martinsgans entstand 

dadurch, dass am Martinstag das neue #

Wirtschaftsjahr der Bauern begann.
 

An diesem Tag wurde das Gesinde bezahlt, die 

Steuern abgeführt und Pachtverträge geschlossen.
 

Knechte und Mägde konnten wie an Lichtmess den 

Dienstplatz wechseln.
 

Zu Martin wurde auch das Vieh geschlachtet, das aus 

Kostengründen nicht den ganzen Winter gefüttert 

werden konnte.
 

Dazu gehörten auch die Gänse.
 

So ergab sich der Brauch vor dem großen Fasten im 

Advent , Gänsebraten zu essen.

Nun wünsche ich euch noch einen schönen Tag und  

zündet euch eine Laterne an , um die dunkle Zeit zu 

erhellen.

(c) Lore Platz

Freitag, 6. November 2020

Unsere Haustiere

 


Unsere Haustiere


Leider war die Geburt unseres Wunschkindes Claudia sehr schwer und so legte man mir nahe auf weitere Kinder zu verzichten.

Und obwohl ich einmal den großen Traum hatte eine ganze Fußballmannschaft in die Welt zu setzen, blieb unsere Kleine ein Einzelkind.

Damit sie nicht gar so allein war legten wir uns einen kleinen Zoo an.

Ein Meerschweinchen, zwei Wellensittiche und eine kleine getigerte Katze namens Strolchi und einen schwarzen Pudel mit dem Namen Nando.

Eigentlich hieß er ja Fernando von Elfenthann aber, obwohl von Adel, war er doch so gar nicht eingebildet und vertrug sich mit unserem kleinem Streuner der getigerten Katze bestens.

Nando war ja sehr gut erzogen und bettelte nicht, doch wenn ich eine Hühnersuppe machte und das Fleisch von den Knochen löste, dann saß er stocksteif neben mir und sobald ich ein Bewegung machte zuckte sein Kopf in meine Richtung.

Natürlich fiel ab und zu ein kleines Stückchen Fleisch auf den Boden.

Ganz verrückt aber war er nach roten Paprika, die knackte er mit Begeisterung.

Strolchi war eine richtige Stallkatze von einem Bauernhof, robust und ohne Skrupel.

Sie hatte keine Bedenken auf den Tisch zu springen und blitzschnell mit ihrer Beute davonzulaufen.

Manchmal teilte sie diese sogar mit Nando

Mein Mann arbeitete Schicht und wenn er alleine essen musste, dann tat er das am liebsten im Wohnzimmer an dem kleinen Couchtisch und sah dabei Fernsehen.

Ich briet ihm ein großes Stück Schinken mit Spiegelei und stellte es auf den Tisch, dann ging ich in die angrenzende Küche, um Brot zu holen.

Mein Mann zog sich gerade um.

Als ich ins Wohnzimmer zurück kam sah ich Strolchi, die gerade unter dem Tisch verschwand zu dem wartenden Nando.

Sie war auf die Couch gesprungen, von dort auf den Tisch, hatte mit ihren kleinen spitzen Zähnen das riesige Stück Schinken gepackt und eine Spur kleckerndes Ei hinterlassend unter den Tisch gezerrt.

In trauter Zweisamkeit verzehrten sie die Beute.

Vor lauter Lachen vergaß ich zu schimpfen.

Nun ist der kleine Strolch schon lange im Katzenhimmel.

Sie durfte frei über die Felder streifen und manche Maus brachte sie mir als Souvenier mit.

Doch eines Tages kam sie nicht mehr zurück.

Nando mussten wir nach zwölf glücklichen Jahren einschläfern lassen.

Mein Mann hat sein Halsband bis heute noch in seinem Auto als Glücksbringer hängen.

Übrigens habe ich eine kleine Geschichte für meine Tochter damals geschrieben, wie wir zu Nando kamen.





Ein neuer Hausgenosse



Zischend schließen sich die Türen des Schulbusses.

Claudia lehnt sich bequem zurück und sieht aus dem Fenster.

Sie achtet nicht auf das Gekreische, Raufen, Lachen und Streiten ringsum.

Ihre Gedanken sind bei gestern Abend.

Herr B., ein Freund ihres Vaters, hatte erzählt, dass sie vor einigen Tagen einen jungen Hund gefunden hätten.

Es handelte sich um eine Dackel-Beagle Mischung und der arme Kerl war von herzlosen Menschen ausgesetzt worden.

Das arme Tier ist nun im Spritzenhaus der Feuerwehr in Scheyern untergebracht und wird von den Feuerwehrleuten abwechselnd „Gassi“ geführt.

Mensch!“ meinte er dann, „ihr habt doch jetzt genügend Platz, das wäre doch was für euch!“

Und tatsächlich, Mutti, die absolut gegen Hunde ist, stimmt zu.

Claudia seufzt tief.

Heute um neun Uhr wollte Herr B. anrufen und Papa hatte versprochen gleich nach Scheyern zu fahren.

Vielleicht wartete der Hund ja schon zuhause.

He, Claudia, willst du heute nicht aussteigen!“

Manuela rüttelt sie an der Schulter.

Schnell rafft das Mädchen die Schultasche und Jacke zusammen und stolpert aus dem Bus.

Unterwegs erzählt sie Manu aufgeregt von dem Hund, der vielleicht schon auf sie wartet.

Und als Frau Platz auf das stürmische Klingeln die Tür öffnet, sieht sie in zwei erwartungsvolle Augenpaare.

Es tut ihr leid, die Kinder enttäuschen zu müssen.

Der Hund hat schon eine liebe Familie gefunden.“

Tschüs!“ Manu läuft nach Hause.

Claudia wirft die Schultasche in die Ecke, kickt die Schuhe hinterher und wirft den Mantel auf die Garderobe.

Seufzend räumt die Mutter hinterher.

Nein! Sie will heute nicht schimpfen.

Sie weiß wie enttäuscht das Kind heute ist.

Da dreht sich Claudia auch schon um und wirft sich ihrer Mutter schluchzend in die Arme.

Als sie sich beruhigt hat, berichtet die Mutter:

Die kleine Tochter eines Feuerwehrmannes hat den Hund so liebgewonnen, dass sie ihren Vater überredet hat, ihn zu behalten.“

Claudia wischt sich die Tränen aus den Augen und schnieft:

Dann bekommen wir also keinen Hund?“

Lächelnd reicht ihr die Mutter ein Taschentuch.

Mal abwarten. Ich habe einige Tierheime in der Umgebung angerufen, aber nur in Neuburg haben sie passende Hund. Papa ist dorthin gefahren.

Er müsste bald zurück sein.“

Es ist klar, dass das Mädchen vom Küchenfenster nicht mehr weg geht.

Endlich fährt Herr Platz in den Hof. Aber er hat keinen Hund dabei.

Tut mir leid, sie wollten mir keinen mitgeben, da alle Stallhusten hatten.“

Enttäuscht verkriecht sich Claudia in ihr Zimmer.

Ich mache jetzt die Hausaufgaben,“ murmelt sie.

Die Eltern sehen sich an.

Sie hat sich so gefreut,“ seufzt die Mutter.

Nun sie muss auch lernen mit Enttäuschungen fertig zu werden. Wir haben getan, was wir konnten,“ brummt der Vater und verzieht sich mit seiner Zeitung ins Wohnzimmer.

Inzwischen ist es vier Uhr nachmittags.

Als Claudia die Treppe herunter kommt sitze ihr Mutter am Küchentisch und studiert das „Bayrische Taferl“

Ach Claudia, gut dass du kommst. Schau mal wo der Papa ist, ich möchte mit euch etwas besprechen.

Papa grummelt zwar, als seine Tochter ihm beim „Herumwursteln“ in der Garage stört, aber wenn die Mutter ruft, haben alle zu kommen.

(Bitte keinen falschen Eindruck von mir, grins)

Als sie dann alle drei am Küchentisch sitzen berichtet Frau Platz.

Ich habe eben mit Frau M.in Neustadt telefoniert.

Sie hat schwarze Zwergpudel, etwa acht Wochen zu verkaufen. Ein Rüde namens Fernando von Elfenthan wäre noch zu haben. Wollen wir ihn uns anschauen?“

Auja!“ jubelt Claudia.

Langsam Kind. Ein kleiner Hacken ist doch bei der Sache. Der Hund kostet vierhundert Mark.“

Bei diesen Worten sieht sie ihren Mann an.

Dieser schüttelt skeptisch den Kopf.

Vierhundert Mark, so kurz nach dem Umzug.“

Oh Papi, bitte! Ich habe doch noch zweihundert Mark auf dem Sparbuch. Wenn ich das dazu gebe?“

Herr Platz sieht in die bittenden Augen seiner Tochter und wird weich, wie immer.

Na gut, macht euch fertig, wir fahren!“

Die Mutter blinzelt ihrer Tochter verschwörerisch zu und bald sitzen sie im Auto und fahren Richtung Neustadt.

Claudia sitzt auf dem Rücksitz und drückt die Daumen, dass es weh tut.

Hoffentlich klappt es, sie wagt es gar nicht, sich richtig zu freuen, aus Angst, es könnte wieder etwas dazwischen kommen.

Gerade fahren sie durch Bad Göggingen.

Die nächste Ortschaft ist Neustadt.

Frau M. hat Mama den Weg genau erklärt und bald stehen sie vor dem Grundstück.

Während Papa im Auto wartet, gehen Mutter und Tochter an den Zaun, der das Grundstück umgibt und drücken auf die Klingel.

Unten im Garten tollen viele schwarze Hunde herum und ein junger Dobermann löst sich aus dem Rudel und kommt laut bellend den Abhang herauf.

Ein Pfiff ertönt und plötzlich sind alle Hunde verschwunden.

Auch der Dobermann wendet sich ab und jagt in großen Sprüngen hinunter.

Kurze Zeit später kommt ein Mann die grasbewachsene Anhöhe herauf.

Grüß Gott Herr M.. Ich heiße Platz und habe mit ihrer Frau telefoniert und möchte gerne den Rüden Nando kaufen.

Kommen sie herein.“

Herr M.öffnet das Tor und sie folgen ihm hinunter zum Haus.

Von den Hunden ist weit und breit nichts zu sehen, aber im Flur riecht es ein wenig nach Hundepisse.

Herr M.führt sie in ein kleines Wohnzimmer und bittet sie zu warten.

Mama hat natürlich sofort das Bücherbrett über dem Sofa entdeckt und beginnt die Titel zu studieren, während Claudia mit wild klopfendem Herzen zum Fenster hinaus sieht.

Endlich öffnet sich die Tür und Herr M.kommt zurück

mit einer Handvoll schwarzer Wolle.

Vorsichtig setzt er das Pudelchen auf den Boden und sofort verschwindet es unter dem Sofa.

Claudia kniet sich nieder und lockt:

Komm Nando, komm!“

Das kleine Köpfchen spitzt neugierig hinter dem Sofa hervor und das kleine Pfötchen zuckt schüchtern nach Claudias Finger.

Frau Platz hat inzwischen mit Herrn M.das Geschäftliche erledigt und wendet sich an das Mädchen.

Komm Kind, wir können gehen!“

Mit geübtem Griff hebt Herr M.den Pudel hoch und reicht ihn Claudia.

Wickle ihn bitte in deinen Pullover, wir haben ihn gerade gebadet.“

Das Mädchen hüllt das kleine schwarze Wollknäuel vorsichtig in ihre Jacke und trägt es wie einen kostbaren Schatz zum Auto.

Auch Papa ist begeistert, aber natürlich ist er wieder besorgt um sein kostbares Auto.

Leg die alte Decke hin, Claudia, er ist noch nicht

stubenrein.“

Das Mädchen aber nimmt ihren kleinen Schatz auf den Schoß.

Das kleine rote Zünglein leckt eifrig ihre Hand.

Lass doch, das kitzelt!“ kichert das neue Hundefrauchen.

Unterwegs halten sie noch in der Zoohandlung, um einige Dinge für den neuen Mitbewohner einzukaufen.

Dann endlich sind sie zuhause.

Als Frau Platz aus dem Auto steigt, sitzt Claudia mit entsetztem Gesicht auf dem Rücksitz und hebt mit spitzen Fingern das kleine Kerlchen hoch.

Mamiiii! Der Racker hat mich an gepinkelt!“

Die Mutter bekommt einen Lachanfall.

Den Rest des Nachmittags spielt Claudia mit ihrem neuen Freund.

Als es Zeit zum Bett gehen ist, bettelt das Mädchen:

Bitte Mama darf ich ihn mit hinauf in mein Zimmer nehmen?“

Nein!“ Frau Platz schüttelt energisch den Kopf.

Solange er nicht stubenrein ist schläft er in der Küche.“

Nando folgt Claudia bis zur Treppe, das kleine Stummelschwänzchen wedelt erwartungsvoll.

Doch als das Mädchen die Stufen ohne ihn hinauf geht, fiept er kläglich.

Claudia seufzt traurig und beobachtet die tolpatschigen Versuche des kleinen Hundes wie er versucht die erste Stufe zu erklimmen, mit wehem Herzen.

Immer wieder purzelt der kleine Kerl rückwärts.

Als Claudia in ihrem Zimmer verschwunden ist, gibt er seine verzweifelten Bemühungen auf und tapst zurück ins Wohnzimmer.

Mit bittendem Blick sitzt er neben Mamas Sessel und tippt sie schließlich auffordernd mit der Pfote an.

Lächelnd hebt diese das kleine Bündel auf und zufrieden rollt Nando sich auf ihrem Schoß zusammen und schläft.

Schließlich wollen die Eltern auch zu Bett gehen und Frau Platz legt Nando in sein Körbchen und meint mit strenger Stimme:

So mein Junge, hier wirst du die Nacht verbringen!“

Schnell verlässt sie die Küche.

Doch Pustekuchen!

So schnell können die Eltern gar nicht zur Treppe eilen, da war der kleine schwarze Blitz auch schon hinter ihnen.

Sein klägliches Fiepen verfolgt sie bis ins Schlafzimmer.

Aber noch jemand hört sein verzweifeltes Jaulen,

Claudia!

Sie wartet, bis sie denkt, dass ihre Eltern schlafen, dann schleicht sie leise hinunter und hebt das aufgeregt wedelnde Persönchen auf und trägt es in ihr Zimmer.

Zufrieden kuschelt sich der Hund an das Mädchen und beide schlafen glücklich ein!

(c) Lore Platz



 

Mittwoch, 4. November 2020

Plauderecke Erich Kästner

 
 
Außen rechts mit den Zöpfen


 
 
Bereits im Alter von elf Jahren schrieb ich meine erste Geschichte, die ich dann meiner Familie vorlas. Es war eine Pferdegeschichte, beeinflusst von der Fernsehserie "Fury"
Im Laufe der Zeit schrieb ich immr mal wieder kleine Geschichten.
Als ich vor 37 Jahren nach dem Kaiserschnitt zwei Wochen im Krankenhaus lag, fing ich an die Geschichte von der abenteuerlichen Reise im Ballon  zu schreiben.
Zuhause wanderte dieser Anfang in meine Schreibtischschublade, wo sie sehr lange ruhen musste, denn Baby und Alltag verlangten meine ganze Zeit.
Als meine Schwiegermutter kam, um das neue Enkelkind zu begutachten, sprachen wir in einer Musestunde auch über meine Lust zu schreiben. Meine Schwiegermutter war Malerin und spontan setzte sie sich hin und malte mir einige Bilder für die Geschichte.
Erst lange nach ihrem Tod sollte die Geschichte vollendet sein.
Als ich 2010 für vier Wochen auf Reha war, nahm ich die angefangenen Seiten mit, um die Geschichte zu vollenden. als hätte ich geahnt, dass ich wenig später einen eigenen Blog hatte, um meine Geschichten vielen Lesern vorzustellen.
2011 erhielten wir die niederschmetternde Nachricht, dass mein Mann unheilbar an Krebs erkrankt war. 
Meine Tochter, die schon lange in Berlin lebte, meldete mich in einem Forum im Internet an, damit ich auf andere Gedanken käme. Dort lernte ich viele nette Leute in meinem Alter kennen und stellte ihnen auch meine Geschichten vor, die großen Anhang fanden.
Regina, die auch wunderbare Geschichten schrieb, bot mir an einen eigenen Blog einzurichten und seitdem tröstet mich das Schreiben von Geschichten über vieles hinweg.

Eines meiner großes Vorbilder war Erich Kästner, mit dessen Geschichten ich aufgewachsen bin.

 
 
Erich Kästner (23.02.1899 – 29.07.1974)

Wer kennt nicht ' das doppelte Lottchen', ' das fliegende Klassenzimmer', 'Emil und die Detektive' und ' Pünktchen und Anton.
Ich bin mit diesen Geschichten groß geworden und habe sie geliebt.
Die Geschichte vom 'fliegenden Klassenzimmer' in dem Kästner einen kleinen Auftritt hatte, wurde in dem Internat verfilmt, in dem der Sohn unseres damaligen Hausarztes war.
Erich Kästner stammte aus kleinen Verhältnissen. Sein Vater war Sattelmeister und seine Mutter Dienstmädchen, Heimarbeiterin und später Friseurin.
Sein Verhältnis zu seiner Mutter war sehr eng und er ihr einziger Lebensinhalt.
Später kamen Gerüchte auf, dass der jüdische Arzt Emil Zimmermann, Hausarzt der Kästners, der wirkliche Vater von Erich wäre.
Diese Gerüchte wurden aber nie bestätigt.
Kästner besuchte 1913 das Dresdner Lehrerseminar, brach aber nach drei Jahren ab.
Viele Details aus dieser Schulzeit findet man im
'fliegenden Klassenzimmer'.
Die Ausbildung 1917 zum Militärdienst war sehr brutal und machte ihn zum Antimilitaristen.
Durch den harten Drill seines Ausbilders Waurich erlitt er eine lebenslange Herzschwäche.
In dem Gedicht Sergeant Waurich hat Kästner späte Rache genommen.


Das ist nun ein Dutzend Jahre her,
da war er unser Sergeant.
Wir lernten bei ihm: „Präsentiert das Gewehr!“
Wenn einer umfiel, lachte er
und spuckte vor ihm in den Sand.

„Die Knie beugt!“ war sein liebster Satz.
Den schrie er gleich zweihundertmal.
Da standen wir dann auf dem öden Platz
und beugten die Knie wie die Goliaths
und lernten den Hass pauschal.

Und wer schon auf allen Vieren kroch,
dem riss er die Jacke auf
und brüllte: „Du Luder frierst ja noch!“
Und weiter ging’s. Man machte doch
in Jugend Ausverkauf...

Er hat mich zum Spaß durch den Sand gehetzt
und hinterher lauernd gefragt:
„Wenn du nun einen Revolver hättst –
brächtst du mich um, gleich hier und gleich jetzt?“
Da hab’ ich „Ja!“ gesagt.

Wer ihn gekannt hat, vergisst ihn nie.
Den legt man sich auf Eis!
Er war ein Tier. Und er spie und schrie.
Und Sergeant Waurich hieß das Vieh,
damit es jeder weiß.
 
Der Mann hat mir das Herz versaut.
Das wird ihm nie verzieh'n.
Es sticht und schmerzt und hämmert laut.
Und wenn mir nachts vorm Schlafen graut,
dann denke ich an ihn.

Erich Kästner


Nach dem ersten Weltkrieg bestand Kästner das Abitur mit Auszeichnung und erhielt das goldene Stipendium der Stadt Dresden.
1919 studierte er in Leipzig Philosophie, Germanistik und
Theaterwissenschaften.
Sein Studium finanzierte er als Journalist und Theaterkritiker.
Er arbeitete in Leipzig für die 'Neue Leipziger Zeitung', ihm wurde 1927 gekündigt, wegen dem frivolen Gedicht.
' Nachtgesang eines Kammervirtuosen'
Kästner zog dann nach Berlin und arbeitete unter dem Pseudonym Berthold Bürger weiter für die Zeitung.
Seine größte Schaffenszeit waren die Jahre 1927 – 1933 und in wenigen Jahren stieg er zu den wichtigsten Intellektuellen auf.
1928 entstand Emil und die Detektive,
1931 Pünktchen und Anton,
1933 Das fliegende Klassenzimmer.

1931 wurde Emil und die Detektive verfilmt, da Kästner aber mit dem Drehbuch nicht zufrieden war, arbeitete er in Zukunft als Drehbuchautor für das Studio Babelsberg.

Kästner hatte eine sehr enge Bindung zu seiner Mutter, deren einziger Lebensinhalt er war.




In seinem Buch : 'Als ich ein kleiner Junge war', schrieb er

Ihre gesamte Existenz setzte sie auf eine einzige Karte.
Diese Spielkarte war ich, deshalb musste ich gewinnen, durfte sie nicht enttäuschen, wurde der beste Schüler und der bravste Sohn. Ich hätte es nicht ertragen, wenn sie ihr großes Spiel verloren hätte.“
Seine Mutter war wohl auch der Grund warum er während des Krieges nicht emigriert ist, obwohl er mehrmals von der Gestapo verhört und aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen wurde.
Auch seine Bücher fielen während der Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 den Flammen zum Opfer.
Ein befreundeter Verleger übernahm die Rechte des Berliner Verlags und gründete in der Schweiz einen Verlag, in dem Kästners Bücher erschienen.
Unter dem Pseudonym Berthold Bürger arbeitete Kästner weiter für die Babelsberger Filmstudios und schrieb unter anderem das Drehbuch für 'Baron Münchhausen'.
Vor Einmarsch der 'Roten Armee' verließ Kästner mit einem 60köpfigen Team Berlin und reiste nach Tirol, um dort angeblich einen Film zu drehen.
Pro Forma drehten sie einen Film mit leerer Kamera und warteten das Kriegsende ab.
Nach Ende des Krieges zog er nach München.
Er leitete unter anderem die Kinder und Jugendzeitung
'Pinguin' und arbeitete für das Kabarett 'Die Schaubude' und 'Die kleine Freiheit', sowie für den Hörfunk.
Kästner veröffentlichte aber immer weniger, wozu wohl auch sein zunehmender Alkoholismus beitrug.
Auch fand er sich in der Nachkriegszeit nicht mehr zurecht und wurde 1950 und 1960 hauptsächlich als Kinderbuchautor bekannt.
Am 29. Juli 1974 starb Erich Kästner an Speiseröhrenkrebs und wurde auf dem Friedhof Bogenhausen – München beigesetzt.
Was er uns hinterlassen hat sind wunderbare Kindergeschichten und diese machen ihn unvergessen.