Donnerstag, 29. Dezember 2022

Der Weihnachtsbaum muss raus

 

 

    

                    

Der Weihnachtsbaum muss raus!



Elke hielt mit beiden Händen die Kaffeetasse und sah glücklich lächelnd auf den leuchtenden Weihnachtsbaum.

Wie sie ihn liebte, diesen Duft nach Tanne und die bunten Lichter, die sie so sehr an früher erinnerten, als sie noch Kind war und glücklich. Noch nicht gefangen in einer kalten Ehe.

Die ersten Jahre waren noch schön, doch dann hatte sich etwas verändert. Es war genauso, als wäre sie ein Zombie.

Vielleicht war sie ja auch schuld, denn sie hatte viel zu viel aufgeben und sich zu sehr untergeordnet.

Erst war es ihr geliebter Beruf, denn Sebastian wollte, dass sie nur für ihn da war.

Dann hatte er nach und nach ihre Freundinnen vergrault, weil er sie ganz für sich haben wollte.

Und ihren Kinderwunsch hatte er einfach ignoriert, denn er war viel zu egoistisch, alles sollte sich nur um ihn drehen.

Und nun hatte sie erfahren, dass er auch noch eine Geliebte hatte, die neue Nachbarin, die in die Vogelvilla am Ende der Straße eingezogen war.

Aber seltsamerweise berührte sie das kaum, sie hatte sich schon lange innerlich von ihrem Mann entfernt.

Sie hörte ihn die Treppe herunter poltern und dann rief er auch schon.

Warum steht das Frühstück nicht auf dem Tisch!“

Elke nahm einen Schluck aus ihrer Tasse und grinste.

Wieso sitzt du hier und glotzt den dämlichen Weihnachtsbaum an, statt mir ein Frühstück zu machen.“

Elke drehte sich um und warf ihrem Mann einen spöttischen Blick zu.

Der Kaffee ist in der Kanne, im Kühlschrank sind Eier und Speck, wie man einen Toast in den Toaster steckt wirst du ja wissen.“

Was soll das! Ich arbeite Tag und Nacht , damit du ein schönes faules Leben hast und da kann ich doch wenigstens verlangen, dass du mir ein gutes Frühstück bereitest!“

Elke zuckte nur die Schultern.

Sebastian wurde noch wütender.

Außerdem der Weihnachtsbaum muss raus, warum steht er immer noch hier, willst du vielleicht an Ostern die Eier dran hängen. Verrückt genug bist du ja, mit deinem dämlichen Weihnachtsfimmel!“

Langsam stellte Elke ihre Tasse ab und wandte sich ihrem Mann zu.

Ja, ich liebe Weihnachten, weil dieses Fest etwas Wärme in mein Leben bringt, denn sonst erfriere ich neben dir.



Vielleicht hätte ich weiter gemacht und

wäre nicht zur Vernunft gekommen. Aber da du dir nun eine Geliebte zu gelegt hast, finde ich, es ist Zeit für dich zu gehen.“

Sebastian wurde blass: „Du weißt von Angela!“

Denkst du wirklich, das bleibt geheim, wie naiv bist du denn,“ spöttisch zog Elke die Brauen hoch.

Übrigens deine Koffer stehen gepackt in der Diele, ich möchte, dass du noch heute das Haus verlässt. Wie du weißt, gehört dieses Haus meinen Eltern.

Und mein Anwalt wird sich demnächst mit dir in Verbindung setzen und die Scheidung besprechen.“

Elke schloss die Augen und dankte dem guten Geist, der sie davor bewahrt hatte, das Angebot ihres Vaters anzunehmen, der ihnen das Haus überschreiben wollte.

Aber du kannst mich doch nicht einfach raus schmeißen, wo soll ich denn hin.“

Nun deine Geliebte wird dich sicher mit offenen Armen empfangen,“ grinste seine baldige Exfrau.

Wütend drehte er sich um und knallte die Tür zu.

Der Tannenbaum ließ vor Schreck ein Häufchen Nadeln fallen.

Bedauernd sah Elke ihn an.

Armer Kerl ich denke auch wir beide müssen uns schön langsam trennen.“

Die Haustür fiel ins Schloss und gleich darauf heulte der Motor des Autos auf.

Elke sprang auf und tanzte ausgelassen durch das Wohnzimmer.

Frei endlich frei!


© Lore Platz  ( 2022)

 

Donnerstag, 10. November 2022

Brief an das Christkind

Briefe schreiben ist ja inzwischen fast aus der Mode gekommen.
Was wird einst von den Handynachrichten übrig bleiben. 

Mein Mann, fuhr nach unserer Hochzeit noch zur See und aus dieser Zeit habe ich noch einen ganzen Ordner unserer Briefe und nun, da er nicht mehr an meiner Seite weilt, sind diese Briefe eine kostbare Erinnerungen.
Auch schrieb ich ihm jedes Jahr zu Weihnachten einen Brief, in dem ich das vergangene Jahr Revue passieren und  ihm dankte. 

 

 


 

 Der Brief an das Christkind


Der Weihnachtsmarkt in K war immer ganz besonders liebevoll gestaltet. Es gab mehr als zwanzig weihnachtlich geschmückte Buden, in denen man von Kleidung bis selbst gebasteltem Weihnachtsschmuck alles erwerben konnte. Auch ein Glühweinstand lud zum Verweilen ein, besonders da man einen
Zimstern gratis bekam.




Mitten drin aber stand ein riesiger Weihnachtsbaum, geschmückt mit goldenen Kugeln, Strohsternen und goldenem Lametta.
Die kleinen elektrischen Kerzen funkelten in allen Farben.
Ganz versteckt auf einem Zweig saßen zwei Engel und beobachteten das Treiben unter ihnen.
Warum, mussten wir hierher kommen,“ wollte Engelshaar wissen, sie wurde so genannt, weil sie ganz besonders schönes welliges blondes Haar hatte.
Doch Gesine, ihre Begleiterin und auch beste Freundin im Himmel, achtet nicht auf sie und ließ aufmerksam ihren Blick umher schweifen.
Dann lächelte sie plötzlich und deutete auf ein kleines Mädchen, das an der Hand eines großesn Mannes vor einer Bude mit Lebkuchen stehen geblieben war.
Deshalb! Siehst du das kleine Mädchen mit der blauen Mütze. Es hat einen Brief an das Christkind geschrieben, dass es sich zu Weihnachten eine Mutter wünscht, die ihr Geschichten erzählt und Plätzchen mit ihr bäckt und sie ganz doll lieb hat. Ihre Mutter
starb bei ihrer Geburt“
Und wir sollen ihr eine Mutter besorgen, wie denn? “
Gesine beachtete sie gar nicht und ließ wieder den Blick über den Platz schweifen.
Da ist sie und auch sie trägt eine blaue Mütze!“




Die beiden Engel tauschten einen verschmitzen Blick. Sie wissen, dass es nicht Zufall war, sondern im Himmel so beschlossen wurde.
Beide flogen los und dann kam ein heftiger Windstoß auf.
Petra hielt ihre Mütze fest und kämpfte sich mit gesenktem Kopf durch die Menge. Plötzlich stieß sie gegen ein Hinderniss und eine sonore Stimme meinte lachend. „Hoppla nicht so stürmisch!“
Das junge Mädchen blickte auf und sah in zwei warme braune Augen, die sie lächelnd musterten.
Wie er gekommen so plötzlich ist der Wind auch wieder verschwunden.
Verlegen löste sich Petra aus den Armen des Mannes, der sie immer hoch umfangen hielt.
Das kleine Mädchen, das neben ihm stand rief:
Du hast ja genauso eine blaue Mütze wie ich, hat dich das Christkind geschickt.“
Petra lachte, „nein das Christkind wohl nicht, aber der Wind hat mich zu euch geweht.“
Den hat bestimmt das Christkind gesandt.“
Vertrauensvoll nahm sie ihre Hand.
Ich bin Andrea, fünf Jahre alt und immer brav.“ Nachdem sie einen Blick auf ihren Vater geworfen hatte, meinte sie leise „meistens.“
Petra lachte fröhlich und beugte sich zu der Kleinen hinunter.
Ich bin die Petra und bin auch meistens immer brav.“
Andrea strahlte sie an.“ Willst du mit uns zur Eisbahn gehen, wir wollen noch Schlittschuh fahren?“
Ich habe keine Schlittschuhe dabei,“ bedauerte Petra.
Das macht nichts, man kann sie dort leihen, du kannst doch
Schlittschuhe laufen?“
Sicher, aber ...“
Andrea, du weißt doch gar nicht, ob Fräulein Petra Zeit hat und vielleicht ist sie gar nicht alleine hier?“ wandte der Vater, mit einem entschuldigendem Blick auf das junge Mädchen, ein.
Diese wird etwas rot. „Ich bin allein hier, bin erst vor kurzem nach K gezogen und kenne hier noch niemanden.“
Siehst du!“ meinte Andrea triumphierend, „ außerdem hat sie das Christkind geschickt, denn sie hat genauso so eine blaue Mütze wie ich. Petra kannst du eigenlich Plätzchen backen?“
Ja, aber natürlich und ich habe sogar einige besonders tolle Rezepte noch von meiner Großmutter.“ lachte Petra.
Andrea strahlte, „Prima, dann kannst du ja mit mir zusammen Plätzchen backen, weißt du meine Mama ist schon lange ein Engel im Himmel.“
Die Blicke er beiden Erwachsenen treffen sich und Andreas Vater meinte entschuldigend.
Bitte verzeihen sie meiner Tochter, ich bin übrigens Hans Brauer, Lehrer und Vater einer vorwitzigen Tochter.“
Petra lachte herzlich und Hans wurde ganz warm ums Herz.
Sie haben eine entzückende Tochter, Herr Brauer.“
Nennen sie mich doch Hans.“
Petra!“
Zwei Hände treffen sich mit warmen Druck.
Das kleine Mädchen aber betrachtet die beiden verschmitzt.
Dann nimmt sie energisch jeden an der Hand und zieht sie mit sich fort.
Mich friert und außerdem will ich noch Karusell fahren bevor wir auf die Eisbahn gehen.“
Die beiden Erwachsenen lassen sich zu gerne mitziehen.
Zu dritt erleben sie noch einen schönen Nachmittag.
Die beiden Engel aber waren zurück in den Himmel geflogen und Gesine zeigte ihrer Freundin den Brief des kleinen Mädchens.



Liebes Christkind

du bauchst mir gar geine geschenke bingen ich wünsche mir nur eins und das gans doll bitte bitte bing mir eine neue mutti die mich lieb hat mir geschichtn erzählt und pläzchen bakt wie monis mami das auch tut

und damit ich sie erkene soll sie so eine blaue mitze tragen wie ich


© Lore Platz (2022)





  

Montag, 7. November 2022

Herr Siebenpunkt in Not



(c) Werner Borgfeldt


Herr Siebenpunkt in Not

Kater Moritz fährt mit seiner rauen Zunge eifrig durch seine Futterschüssel, bis sie blitzblank ist, dann streckt er sich zufrieden und stolziert hinaus in den Garten.
Eifrig beginnt er sich zu putzen, bis er ein leises Weinen hört.
Als er sich erstaunt umsieht erblickt er seine Freundin Frau Siebenpunkt, die bitterlich weinend auf einem Rosenblatt sitzt.
Lautlos schreitet er näher, bis seine Nase fast das Blatt berührt und fragt. „Aber liebe Siebenpunkt, was ist denn geschehen?“
Die Marienkäfer-Dame schnieft und deutet auf das Blatt hinter sich.
Heute Nacht sind meine Kinder geboren und mein lieber Mann ist nicht dabei gewesen. Seit gestern ist er spurlos verschwunden. Ach meine armen Kleinen, sie werden ihren Vater niemals sehen!“
Wieder bricht sie in ein jämmerliches Schluchzen aus.
Moritz wirft einen Blick auf die klebrigen orangen Kugeln und kann sich nicht vorstellen, dass diese überhaupt etwas sehen können.
Er zuckt die Schultern und sucht sich ein ruhigeres Plätzchen.
Frau Siebenpunkt aber betrachtet traurig ihre Eier und bange Gedanken quälen sie.

 
(c) Irmgard Brüggemann

Ein Schmetterling lässt sich in der Nähe nieder.
Gratuliere liebe Freundin, eine prächtige Schar und sie haben Glück, denn wenn in ein paar Tagen die Larven schlüpfen, habe sie große Chancen zu überleben.
Ein gutes Jahr, denn es gibt viele Blatt- und Schildläuse!
Aber wo ist der gute Siebenpunkt?“
Da perlen wieder die Tränen aus den schwarzen Äuglein und schluchzend ruft sie.
Ach Tausendschön, er ist seit gestern verschwunden und dabei wollte er doch unbedingt bei der Geburt dabei sein!“
Eine Hummel kommt brummend angeflogen und lässt sich schnaufend auf einem Blatt nieder, das ein wenig unter ihrem Gewicht wankt.
Aber liebe Siebenpunkt, Tränen?, sie sollten sich doch freuen über ihre prächtigen Kinder.“
Ihr Mann ist verschwunden,“ informiert ihn der Schmetterling.
Eine Heuschrecke hüpft durch das Gras und bleibt bei ihnen stehen.
Guten Tag, alle zusammen, habe euer Gespräch gehört.
Im Nachbarhaus wohnt ein böser Junge, der macht immer Jagd auf unsereins und stopft uns dann in eine Schachtel mit Löchern und vergisst uns. Viele meiner Freunde sind so schon verendet.“
Frau Siebenpunkt fällt in Ohnmacht.
Wie kannst du sie nur so erschrecken!“ ruft Tausendschön.
Na und, hab doch nur die Wahrheit gesagt!“
Beleidigt hüpft die Heuschrecke weiter.
Hermann Hummel hat inzwischen einen Tautropfen geholt und lässt ihn auf die Marienkäfer-Dame fallen.
Diese öffnet langsam die Augen und dann erhebt sie sich energisch.
Wir müssen nachsehen, kommt ihr mit!“
Die Drei fliegen nun auf das Nachbargrundstück.
Die Hummel war schon einmal im Haus gewesen und weiß wo das Zimmer des Jungen ist.
Sie haben Glück, denn das Fenster steht offen.

 
(c) RMzV



Doch wie sieht es hier aus! 
Kleider und Schuhe sind über den Boden verstreut, eine Schultasche liegt umgekippt auf dem Fußboden und Hefte
und Bücher sind herausgefallen.
Der Schreibtisch ist übersät mit Papieren, Stiften, einer
Schnur, einem Taschenmesser und mittendrin eine Coladose und ein angebissenes Brot.
Wie sollen wir hier meinen lieben Mann nur finden,“ seufzt Frau Siebenpunkt mutlos.


 
(c) eigenes Foto


Da erspähen sie eine Maus die über den Schreibtisch huscht und sich schnüffelnd mit erhobenen Pfötchen an der Dose aufrichtet.
Enttäuscht wendet sie sich ab und entdeckt dann das Brot in das sie mit einem wohligen Seufzer ihre Nase steckt. Käse!
Die drei Freunde fliegen zum Schreibtisch und lassen sich am Rande nieder.
Die Maus hebt den Kopf und funkelt sie an.
Ich habe es zuerst entdeckt!“
Keine Sorge, wir wollen ihnen ihre Beute nicht streitig machen,“ beschwichtigt Tausendschön.
Wir sind nur auf der Suche nach unserm Freund Herrn Siebenpunkt.“
Meint ihr den Marienkäfer?“
Ja! Habt ihr meinen Mann gesehen?“ Frau Siebenpunkt wird ganz aufgeregt.
Der ist dort hinten in der Schachtel,“ meint die Maus gleichgültig und knabbert an dem Brot weiter.
Nun erst bemerken sie den kleinen Karton, der auf der Kommode steht und fliegen dorthin.
Im Deckel sind Löcher und Frau Siebenpunkt beugt sich ganz tief darüber und ruft durch ein Loch.
Zuckerbärchen, bist du da drin?“
Ein leises Rascheln und dann hört man eine schwache Stimme jubeln: „Zuckerpünktchen, ja , ja, der böse Junge hat mich hier eingesperrt. Es ist so dunkel hier und ich bekomme kaum Luft! Kannst du mich befreien?“
Tausendschön und dein Freund Hermann - Hummel sind bei mir. Wir wollen es versuchen.“
Frau Siebenpunkt wendet sich an die Maus.
Mein liebes Fräulein können sie uns helfen?“
Die Maus lässt nur unwillig ihre Mahlzeit im Stich und klettert auf den Karton, doch auch sie kann diesen nicht bewegen.


(c) Irmgard Brüggemann

Moritz muss uns helfen!“ ruft der Schmetterling.
Wer ist Moritz?“ fragt das Mäuse - Fräulein neugierig.
Ein Kater!“ brummt Hermann Hummel.
Dann will ich mich lieber verziehen,“ murmelt die Maus, springt auf den Boden und verschwindet in einem Loch.
Frau Siebenpunkt will bei ihrem Mann bleiben.
Tausendschön und Hermann Hummel haben Bedenken, dass der Junge zurückkommt und sie auch noch in die Kiste sperrt.
Da spitzt die Maus aus ihrem Loch und ruft: „ Keine Bange, der ist mit seinen Freunden zum Baden an den Weiher gegangen und kommt so schnell nicht wieder.“
Kater Moritz liegt auf der Veranda und lässt sich die Sonne auf den Pelz brennen.
Unwillig öffnet er ein Auge, als er eine leichte Bewegung vor seiner Nase spürt.
Was wollt ihr?“ brummt er ungnädig, als er den Schmetterling und die Hummel bemerkt.
Du musst uns helfen, Siebenpunkt wurde von einem Jungen in eine Kiste gesperrt und wir sind zu schwach ihn zu befreien!“ ruft Hermann Hummel und Tausendschön nickt bestätigend.
Kann mir schon denken, wer das ist,“ brummt Moritz,
„ der Bengel von nebenan, hat schon mit Steinen nach mir geworfen und einmal packte er meinen Schwanz und wollte
ein Blechdose daran hängen. Da habe ich ihn aber tüchtig gekratzt, da hat er geheult!“
Moritz grinst zufrieden und begleitet von seinen Freunden springt er über den Zaun.
Er klettert die große Kastanie hinauf, die direkt vor dem Fenster steht und dann sind sie auch schon im Zimmer.
Die Maus, die sich mit Frau Siebenpunkt unterhalten hat, verschwindet blitzschnell in ihrem Loch, als der Kater durch das Fenster kommt.
Doch dieser beachtet sie gar nicht, springt auf die Kommode und stupst mit der Nase die Schachtel herunter.
Der Deckel springt auf und dürres Gras fliegt heraus und mittendrin Herr Siebenpunkt.
Grinsend sieht er seine Freunde an. „Danke!“
Dann spreizt er die Flügel und sie fliegen durch das Fenster in die Freiheit.
Zufrieden grinsend folgt ihnen Moritz.
Die kleine Maus aber huscht aus ihrem Loch und vergnügt sich wieder mit dem Käsebrot.





Herr und Frau Siebenpunkt sitzen wenig später eng umschlungen auf dem Rosenblatt und betrachten verzückt ihre Kinderchen.
Tausendschön und Hermann Hummel sind schon weitergeflogen.
Moritz aber betrachtet das verliebte Elternpaar und ihm wird ganz eigen zumute.

 
(c) Werner Borgfeldt


Er denkt an seine letzte Flamme Susi, die ihm vor einigen Wochen drei Kinder geschenkt hat, zwei Mädchen und einen Jungen.
Er könnte sie ja mal wieder besuchen und so streift er am Zaun entlang und als er die Straßenseite erreicht, springt er elegant darüber.
Während er durch die Gasse stolziert denkt er an Susi.
Sie war schon eine sehr Hübsche, der die Mädchen sehr ähneln und der Junge, nun der war ein richtiger Tunichtgut.
Moritz grinst.
Eben ganz der Vater!


© Lore Platz (2021)






Freitag, 28. Oktober 2022

Paulchen verlässt den Wald

 Hase, herrlich, Hof, hart, heimelig, das sind die heutigen Reizwörter

 Sicher wollt ihr wissen was Regina (Regina hat Verspätung, ihre Geschichte kommt wohl erst am Abend) und Martina dazu geschrieben haben

Viel Spaß beim Lesen!



Paulchen verlässt den Wald

 

Paulchen  schlenderte durch den Wald,  herrlich war es hier, so ruhig und es duftete auch so gut. Fröhlich pfeifend schritt er weiter und ließ die Augen umher schweifen. unter einem Baum entdeckte er Walderdbeeren. Als würden die roten Beeren ihn anlocken eilte er darauf zu und bückte sich.  

Ein Geräusch ertönte und eine Stimme rief: "Vorsicht!"  und er verspürte  einen Schlag im Rücken und purzelte ins Gras . Im selben Moment stürzte ein schwerer riesiger Ast vom Baum und begrub die Walderdbeeren unter sich.

 " Oje, das ist noch einmal gut gegangen." 

 


Der Kopf eines Eichhörnchen beugte sich über ihn.. Paulchen setzte sich auf. 

"Hast du mich umgeworfen" " Ja und gerade noch zur rechten Zeit, sonst wärst du zusammen mit den Erbeeren unter dem Stamm begraben." "Aber warum fiel der Stamm vom Baum?" 

" Hörst du die Stille?" " Ja, kein Vogel pfeift und du bist der erste Waldbewohner, dem ich bisher begegnet bin. Als wäre der Wald ausgestorben." "Nun das ist er auch, seit dem letzten Sturm ist es hier so gefährlich geworden, dass alle Tiere in den Gemeindewald ausgewandert sind. Dabei war es hier früher so heimelig, da kaum ein Mensch hierher kam."

" Ist der denn nicht gefährlich?" "Nein, der wird von Förster Hubertus gehegt, während dieser Wald einem alten Mann gehörte, der letztes Jahr verstarb ." 

" Und warum bist du geblieben?" "Ich wohne jetzt auch im Gemeindewald, aber hier habe ich noch viele Verstecke und inzwischen kenne ich alle sicheren Wege hier. Welch ein Glück, dass ich dich gesehen habe , als du gerade den Wald betreten hast. Ich bin wohl so etwas wie ein Schutzengel für dich." 

 


Paulchen grinste . "Haben Schutzengel nicht Flügel." "ha du sollst mal sehen wie ich von Baum zu Baum fliegen kann." 

Noch immer lachend machten sie sich auf den Weg nach draußer. Paulchen schloss einen Moment geblendet die Augen, als  er aus dem dunklen Wald auf die sonnenbeschienene Wiese trat., die einen Abhang hinunter führte. "Komm, wer zu erst unten ist" 

Das Eichkätzchen hüpfte in großen Sprüngen davon. Paulchen lachte übermütig ließ sich fallen und kugelte den Abhang hinunter. Fast gleichzeitg kamen sie unten an. 

 


Ein Jaghund lief über den Hof.  "Ach die rote freche Göre" 

Paulchen klopfte sich das Gras von seiner Hose und warf dem  Eichkätzchen einen verschmitzten Blick zu. "Jetzt  weiß ich endlich wie du heißt". 

"Ich heiße Fuchsia und nicht rote freche Göre. " Empört sah sie dem Hund an. Dieser grinste nur und wandte sich an den Bären.

 "Ich bin Harras,"  " und ich bin Paulchen, schön dich kennen zu lernen." Fuchsia machte nur."Pah." 

 


Harras hob den Kopf und schnüffelte. " "Da kommt der Bürgermeister,versteckt euch." Fuchsia sprang auf einen Baum, Paulchen schlüpfte hinter einen Busch und der Hund lief dem Bürgermeister entgegen, der gerade die Gartentür öffnete. Dieser kraulte ihn an den Ohren. 

"Grüaste Sepp," Der Förster kam aus dem Haus mit zwei Bierkrügen." Grüaste Franz, muss was mit dir bspreche." "sitz de hi." 

Der Bürgermesiter nahm einen tiefen Schluck aus dem Krug, wischte sich über den Mund und meinte. 

" Es gäht um unser Sorgenkind, den Holzinger Wald. Seit der alte Holzinger tot is, ist es gefährlich worn do drinna , wegen der Sturmschäden. des woast ja. Dös ganz Wild is jetzt in den Gemeindewald abgwanderr. Eiso ham ma de Erben gschriebm, ob sie den Woald an uns verkaufa won. Gestern ham ma an Vertrag gmacht, jetzt kert er da Gemeinde und foalt in deinen Breich." 

" Guat is, dann kem ma ja auframme bevor no woas passiert. Kummst mit eine, d Annamirl haoat a Brotzeit für uns gricht." 

Die beiden Männer verschwanden im Haus.

 


Harras raste den Zaun entlang vor dem schon seine beiden Freunde warteten. 

"Habt ihr alles gehört." "Ja ich habs auch gehört" ruft ein Stimmchen. 

Der Hund zog die Lefzen hoch und knurrte, als er den Hasen sah, der sich erschrocken duckte,

 "Gib nicht so an, du jagst dem Kleinen ja Angst ein, "rief Fuchsia empört und zu dem  Hasen gewandt. "Keine Angst, der tut nur so hart." 

Paulchen lachte. "Ich finde das prima, bald könnt ihr wieder zurück in euren Wald". Bdauernd sah er seine neuen Freunde an. "Ich muss nun aber weiter wandern"

Nach einem herzlichen Abschied, marschierte er fröhlich pfeifend davon.

(c) Lore Platz 2022





Die Prophezeiung







Die Prophezeiung

Keuchend läuft ein Zwerg auf seinen kurzen stämmigen Beinen durch den Wald und ruft immer wieder:
Sie sind da, sie sind da, die gelben Drachen sind da!“
Ringsum wird es lebendig und Tiere, Pilzmännchen und Wurzelwichtel kommen aus dem Gebüsch.
Was ist los, was ist los?“
Kommt mit zum Versammlungsort!“
Die kleine Lichtung inmitten des Waldes füllt sich und der Zwerg klettert auf den großen Stein in der Mitte.
Einen Moment stützt er sich auf den Knien ab und atmet keuchend ein und aus, dann aber sieht er sich um und verkündet mit düsterer Stimme.
Ich habe sie gesehen, die gelben feuerspeienden Drachen, die das Orakel vor hundert Jahren prophezeit hat. Sie sind gekommen, um unser Land zu vernichten!“
 

 
 
Ach Unsinn!“ ruft eine Blaumeise, die sich mit den anderen Vögeln auf den Bäumen niedergelassen hat, „ das sind Baumaschinen, keine Drachen, ich habe solche Dinger schon in der Stadt gesehen!“
Trotzdem werden sie unser kleines Reich vernichten!“
Ein alter Mann mit langem weißem Haar betritt die Lichtung und ehrfürchtig machen die Versammelten ihm Platz.
Es ist der Zauberer Marlin, der schon viele hundert Jahr lebt und sehr weise und klug ist.
Es stimmt, die Drachen sind längst ausgestorben, aber den Menschen ist es gelungen ihre eigenen Drachen zu bauen. Es sind feuerspeiende Maschinen, die die Luft verpesten und viel zerstören können.

Der Enkel des Jungen, der vor hundert Jahren versprochen hat, dass er und seine Nachkommen unsere kleine Welt schützen werden, liegt im Sterben und sein Sohn ist bereits vor ihm ins andere Reich gewechselt.
Der Schwiegersohn des Sterbenden aber ist ein böser Mann und er hat mit dem Bürgermeister ausgehandelt eine große Straße hier zu bauen.“
Was sollen wir denn tun?“
Große Unruhe macht sich breit.
Wir müssen sie aufhalten! Wir könnten die Hexen zu Hilfe rufen!“
Der alte Zauberer lächelt traurig.
Und wenn wir alle zusammen unsere Zauberkräfte einsetzen, die Maschinen sind zu stark.“
Der Sohn des alten Mannes aber hatte eine Tochter!“ ruft eine kleine Elfe.
 
 

 
Der Zauberer sieht sie mit einem scharfen Blick an und erschrocken zieht sie ihr Köpfchen ein und das kleine Stückchen Apfel, das sie hält, fällt ihr aus der Hand.
Du kennst ein Menschenkind?“
Ja, sie heißt Elsbeth und ich traf sie einmal im Wald, als sie Beeren pflückte und seitdem sind wir Freundinnen.“
Das ist wunderbar, denn im Orakel heißt es auch, wenn in hundert Jahren noch ein Menschenkind mit einem Wesen aus unserer Welt befreundet ist, dann kann die Gefahr abgewendet werden. Flieg zu deiner Freundin Belablu, vielleicht kann sie uns helfen. Aber beeile dich, denn die Todesfee ist schon auf dem Weg zu dem alten Mann.“
Die Elfe schwirrt los und erreicht nach kurzer Zeit die schöne große Villa.
Da sie schon öfter ihre Freundin besucht hatte wusste sie, wo deren Zimmer lag.




Sie hat Glück, das Fenster ist offen und die kleine Elsbeth
sitzt auf ihrem Bett und weint bitterlich.
Belablu setzt sich auf ihre Schulter und spricht leise tröstende Worte in das Ohr des Mädchens.
Elsbeth wischt sich über die Augen und schnieft.
Wie schön, dass du gekommen bist, ich bin so furchtbar traurig, mein Opa wird sterben und dann bin ich ganz allein.“
Nein, ich bin doch auch noch da und außerdem du hast doch noch deine Tante Luise.“
Ja,sie ist nett, aber Onkel Willi ist ein Ekel und meine Tante fürchtet sich vor ihm und ist viel zu schwach sich gegen ihn zu wehren. Sobald Opa tot ist komme ich weit weg in ein Internat und dann können wir uns auch nicht mehr sehen.“
Das werden wir sowieso nicht mehr, wenn nicht ein Wunder geschieht.“
Und nun erzählt die kleine Elfe ihrer Freundin in welcher Gefahr das Reich der 'Kleinen Leute' schwebt.
Elsbeth springt so schnell auf, dass Belablu auf das Bett purzelt.
Kichernd folgt sie ihrer kleinen Freundin in das Schlafzimmer ihres Opas.
Der alte Mann liegt mit geschlossen Augen da und atmet leise.
Am Kopfende des Bettes steht die Todesfee, die aber nur Belablu sehen kann.
Elsbeth beugt sich über den Sterbenden und flüstert eindringlich:
Opa bitte wach auf, das Land der 'Kleinen Leute' ist in großer Gefahr, Onkel Willi möchte es dem Erdboden gleich machen und eine Straße bauen.“
Der alte Mann öffnet die Augen:
Was sagst du da?“ krächzt er mit schwacher Stimme.
Und nun erzählt ihm das Mädchen was es von der Elfe erfahren hat, auch dass Onkel Willi sie ins Internat stecken will.
Die Augen des Sterbenden blitzen auf und für einen Moment kehrt seine Kraft wieder.
Lauf Kind und hole Notar Baumgartner, die Suppe wollen wir ihm versalzen.“
Elsbeth springt auf und hätte beinahe ihre Tante umgerannt, die mit einer Tasse Tee das Zimmer betritt.
Während sich die müde und verhärmt aussehende Frau an das Bett ihres Vaters setzt, fliegt Belablu hinüber zu der Todesfee.
Du hast gehört, dass unser Reich in Gefahr ist, bitte warte noch.“
Seine Uhr ist abgelaufen, er muss jetzt gehen!“
Dann halte sie noch ein wenig an, bis er Vorsorge für uns getroffen hat.“
Die Todesfee sieht sie lange und ernst an, dann nickt sie.
Danke.“
Ein Mann betritt das Zimmer und blickt unwirsch auf das Bett.
Lebt der Alte immer noch!“
Wilhelm, wie kannst du nur so gemein sein, er ist mein Vater!“ ruft Luise entsetzt.
Ach was, ein alter Querkopf ist er, aber sobald er die Augen endlich geschlossen hat, werden wir mit dem Bau der Autobahn beginnen!“
Die Frau schlägt schluchzend beide Hände vors Gesicht.
Ja flenne nur, mehr kannst du ja doch nicht, das einzig gute an dir ist, dass du eine reiche Erbin bist!“
Der alte Mann hat die Augen geschlossen, nur das zucken der Lider und der zusammengepresste Mund zeigen, wie wütend er ist.
Als sein Schwiegersohn das Zimmer verlassen hat, öffnet er die Augen und seine Hand tastet nach der seiner Tochter und dann beginnt er leise und eindringlich auf sie einzureden.
Belablu aber folgt dem Mann.
Draußen im Hof steht der Bürgermeister.
Ist er tot?“
Nein, der Alte ist zäh wie Leder. Aber ich habe so ein komisches Gefühl, vorhin ist die Kleine an mir vorbei gelaufen. Sie werden uns doch im letzten Moment nicht noch einen Strich durch die Rechnung machen wollen.
Wir holen jetzt die Bauarbeiter und walzen alles nieder, dann können sie gar nichts mehr machen!“
Belablu erschrickt und schnell fliegt sie zu ihren Freunden in den Wald.
Diese freuen sich, als sie hören, dass der alte Mann ihnen helfen will, aber als die Elfe ihnen erzählt was Wilhelm vorhat, da sind sie betroffen.
Dann ist alles verloren, mein Zauber ist zu schwach gegen diese Monstermaschinen,“ murmelt der Zauberer niedergeschlagen.
Unsinn!“ ruft der Marder, der auf den Stein gesprungen ist, „ ich weiß, wie wir sie aufhalten können.“
Und was willst du dafür oder ist dein Rat völlig uneigennützig!“ ruft die Eule, die den Marder nicht leiden konnte.
 
 

 
Der Marder wirft ihr einen ärgerlichen Blick zu.
Ja, schließlich geht es auch um meine Heimat, du dummer Vogel!“
Hört auf mit dem Gezanke, wir haben wenig Zeit.“ grollt Marlin.
Der Marder berichtet ihnen nun wie man die Maschinen lahm legen kann, nämlich indem man die Gummischläuche einfach durchbiss.
Nun laufen sie alle zu der Wiese, auf der in einer Reihe mehrere große Baummaschinen standen.
Ratten, Mäuse, Eichhörnchen, Hasen und Marder schlüpften schnell unter die „Drachen“ und gerade noch rechtzeitig haben sie alle Schläuche beschädigt, bevor mehrere Autos auf die Lichtung fahren.
Während der Bürgermeister und Wilhelm mit zufriedenen Gesichtern da stehen, klettern die Arbeiter auf die Maschinen.
Ein mehrfaches kreischendes Geräusch ertönt, dann ist Stille.
Was ist los ! Macht endlich!“ brüllt Wilhelm.
Er springt nicht an, meiner auch nicht!“ rufen die Arbeiter und einer der Männer,der unter seinen Bulldozer geschaut hatte ruft:
Die Schläuche sind alle durchgebissen!“
In dem Moment fährt ein Auto vor und Notar Baumgartner, Luise und Elsbeth kommen auf die kleine Gruppe zu.
Was tun sie hier, sie sind widerrechtlich auf fremden Land.“
Unsinn, das Land gehört mir, sobald der alte Mann tot ist,“ prahlt Wilhelm.
Da täuscht du dich, mein lieber Mann,“ sagt Luise spöttisch, „bevor Vater starb, hat er alles Elsbeth hinterlassen und ich bin einverstanden damit.“
Sie streckt die Hand aus und der Notar gibt ihr einen Briefumschlag.
Mit einem traurigen Lächeln betrachtet sie diesen, dann sagt sie leise, während sie ihrem Mann in die Augen sieht.
Ich habe es nie geschafft, mich von dir zu trennen, denn ich fürchtete einsam zu sein, doch inzwischen habe ich erkannt, einsamer, als mit dir zusammen kann ich gar nicht werden. Mein Vater hat mir eine monatliche Rente ausgesetzt und lebenslanges Wohnrecht in der Villa, aber nur unter der Bedingung, dass ich mich von dir scheiden lassen.“
Sie drückt ihm die Scheidungspapiere in die Hand und wendet sich ab.
Das wirst du bereuen!“ knirscht Wilhelm und stapft zu seinem Auto.
Der Bürgermeister und die Arbeiter haben sich inzwischen längst verdrückt.
Elsbeth aber ist zu ihren kleinen Freunden gelaufen und jubelnd wird sie umringt.




Immer wieder danken sie ihr und das Mädchen erklärt ihnen, dass sie niemals wieder Angst haben müssen und verspricht sie recht oft zu besuchen.
Marlin aber verspricht, dass alle zur Beerdigung ihres Großvaters kommen werden, natürlich wird nur Elsbeth sie sehen können.
Viele Menschen begleiten den allseits geachteten Mann auf seinem letzten Weg.
Und als Elsbeth an ihre Tante geschmiegt am offenen Grab ihres Opas steht, sieht sie auch die 'Kleinen Leute', die ihr aufmunternd zulächeln und sie fühlt sich getröstet in ihrem großen Kummer.
Der Bürgermeister aber fühlt sich nicht wohl in seiner Haut.
Denn wenn er die schadenfrohen Blicke sieht, die ihm gelten, dann weiß er:
' Die nächste Wahl wird er nicht gewinnen'

© Lore Platz 2022