Das verlorene Zwergenmützchen
Es
ist
ein schöner Sommertag und eingebettet in ein tiefes Tal liegt ein
kleines Dorf. Schmucke kleine Häuser umrahmen die Kirche, die stolz
ihren spitzen Turm gen Himmel reckt.
Fruchtbare
Felder ziehen sich bis hinauf in die Berge und von den Almen dringt
das
leise Klingen der Kuhglocken.
Vor
dem Dorf liegt die Gemeindewiese umgeben von einem kleinen Wäldchen.
Niemand
der hier aufgewachsen ist, würde jemals einen anderen Ort wählen.
Vielleicht
ist Hofmann von Fallersleben ja hier vorbei gekommen, als er die
Zeilen verfasste:
„Kein
Sehnen zieht mich in die Ferne
Kein
Hoffen lohnet mich mit Schmerz
Da
wo ich bin, da bin ich gerne
Denn
meine Heimat ist mein Herz“
Aber
es ist auch ein besonderes Dorf, denn im nahen Wald leben die Zwerge,
die vor vielen vielen Jahren aus den grünen Bergen vertrieben wurden
und nun
hier
unter den Wurzeln der Bäume eine neue Heimat gefunden haben.
Da
die Menschen, die im
Dorf wohnen, mit der Natur in vollkommenen Einklang leben,
stört auch niemand die beschauliche Ruhe der Kleinen.
Außer
der alten Marei, die in einem alten Häuschen am Waldrand wohnt hat
auch noch nie jemand die Zwerge gesehen.
Aber
da alle die Marei für etwas verrückt halten
schmunzeln
die Dorfbewohner nur über ihre ulkigen Geschichten von den Zwergen.
Aber
es gibt sie wirklich. Anders als die Zwerge die hinter den sieben
Bergen wohnen und rote Zipfelmützen tragen, haben diese Zwerge hier
grüne Mützchen.
Und
diese Mützchen habe eine besondere Gabe, wenn man sie überstülpt
wird man unsichtbar.
So
können die Zwerge ungesehen herum laufen und manchen Schabernack
treiben, der aber niemals bösartig war.
Sie
sind nämlich liebe kleine Kerlchen.
Heute
haben sie ihren Wald verlassen, denn die warme Sonne hat sie heraus
gelockt.
Sie
purzeln und springen übermütig durch das hohe Gras, werfen ihre
Mützchen in die Luft, fangen sie wieder auf und jauchzen voller
Freude.
Da
ertönt ein warnender Pfiff und blitzschnell fangen sie ihre
Mützchen, stülpen
sie über den Kopf und sind verschwunden.
Nur
Tolpatsch, der mal wieder viel
zu hektisch
ist
und
über seine eigenen Füße stolpert, fällt
bäuchlings hin und sein Mützchen, dass er nicht richtig aufgesetzt
hat, landete in hohem Schwung im Gras.
Schnell
eilen einige der Zwerge zu ihm, heben
ihn auf und schleppen ihn hinter ein Gebüsch.
„Mein
Mützchen,“ jammert Tolpatsch.
„Seit
still, da kommt jemand,“ zischt Knollnase.
Ein
kleines Mädchen hüpft vergnügt ein Liedchen trällernd aus dem
Wald, bückt sich und beginnt
die herrlichen Blumen zu pflücken.
Es
stutzt als es das Mützchen sieht, lächelt und steckt es in ihre
Schürzentasche.
Tolpatsch
heult auf und will aus dem Gebüsch laufen, wird aber von seinen
Freunden zurückgehalten.
Eine
alte Frau kommt aus dem Wald, einen Korb mit Pilzen über dem Arm.
„Komm,
Sonja, wir müssen nach Hause.“ ruft sie und das Mädchen folgt
vergnügt ihrem Ruf.
„Oma,
sieh ich habe für Mama einen Strauß Blumen gepflückt.“
Die
Oma lächelt und nimmt die Hand der Kleinen.
„
Was
machen wir nun?“ Die Zwerge sind ein wenig ratlos und Tolpatsch
heult verzweifelt.
„Nun
hör schon auf,“ brummt Knollnase, „du bekommst dein Mützchen
schon wieder. Langfuß, du verfolgst die beiden Menschen und
versuchst heraus zu finden
in welchem Haus sie wohnen.
Wir
sind im Versammlungsraum. Nun
lasst uns nach Hause gehen.“
Der
Versammlungsraum ist eine alte unbewohnte Fuchshöhle, die sich die
Zwerge gemütlich mit Moos ausgepolstert habe.
Nun
sitzen sie da und warten auf Langfuß. Tollpatsch sitzt in der Ecke,
das Gesicht in den Händen vergraben und Tränen tropfen durch die
Finger.
Es
raschelt vor der Höhle und Langfuß, etwas außer Atem, schlüpft
herein.
„Ich
weiß wo das Mädchen wohnt.“
„Gut
sobald es dunkel wird, führst du uns dorthin, aber nun lasst uns
etwas ausruhen,“ bestimmt Knollnase.
Sonja
aber hat ihrer Mama die Blumen in die Hand gedrückt und springt
hinauf in ihr Zimmer.
Kopfschüttelnd
sieht die Mutter ihr nach.
„Das
Kind kann nicht normal gehen, immer muss es hüpfen und springen.“
Die
Oma lacht nur und gemeinsam setzen sich die beiden Frauen an den
Tisch, um die Pilze zu putzen.
Sonja
aber leert den Inhalt ihrer Schürzentasche aus. Ein Bonbon, ein
Bleistiftstummel, ein nicht mehr ganz sauberes Taschentuch, eine
Sicherheitsnadel
und dazwischen die kleine grüne Mütze liegen auf dem Tisch.
Vorsichtig nimmt sie das Mützchen in die
Hand. Wer es wohl verloren hat, für ein Kind ist es
eigentlich viel zu klein.
„Sonja,
kommst du herunter zum spielen!“
Das
Mädchen rennt zum Fenster und ruft ihrer Freundin Ellen zu, dass sie
gleich kommt.
Im
Vorbeigehen stülpt sie noch ihrem Teddy die Mütze über und
verlässt das Zimmer.
Die
Zähne geputzt und im Schlafanzug schlüpft Sonja in ihr Zimmer. Als
sie an dem alten Sofa vorbei geht stutzt sie. Teddy ist verschwunden.
Wütend
ballt sie beide Fäuste und rast in das Zimmer ihres Bruders. Markus
sitzt im Schneidersitz auf dem Bett, die Nase in einem Buch
vergraben.
„Wo
hast du Teddy versteckt!“
„Was
soll ich denn mit deinem Teddy, wahrscheinlich hast du ihn
verschlampt.“
„Nein
habe ich nicht, du hast ihn versteckt!“
„Hab
ich nicht, lass mich in Ruhe!“
Mit
Gebrüll stürzt sich das Mädchen auf ihn.
Plötzlich
steht die Mutter in der Tür.
„Was
ist los hier?“
„Er
hat meinen Teddy versteckt,“ schluchzt Sonja.
„Nein,
habe ich nicht, „ verteidigt sich der Junge.
„Nun
, das werden wir Morgen klären, geht jetzt beide ins Bett und Licht
aus.“
Wütend
stampft Sonja an der Mutter vorbei und verschwindet in ihrem Zimmer.
Markus
wirft wütend sein Buch auf den Nachtisch und vergräbt sich unter
der Decke.
Das
Dorf liegt im Schlaf.
Ein
Wispern liegt in der Luft und obwohl man sie nicht sieht, marschieren
kleine Füße im Gänsemarsch durch die Straßen.
Sie
halten vor dem einstöckigen weiß getünchten Haus.
„Wo
ist das Zimmer des kleinen Mädchen?“ flüstert Knollnase. Langfuß
deutet auf das Fenster, hinter dem Sonja schläft.
Nun
machen die Zwerge eine Räuberleiter und ganz oben steht Tollpatsch.
Er klettert durch das Fenster und springt auf den Boden. Langsam
sieht er sich um. Auf dem Sofa blinkt ein kleines grünes Licht auf, das
Mützchen gibt sich zu erkennen.
Schnell
schnappt sich der Zwerg sein Eigentum und plötzlich kann man auch
Teddy wieder sehen, der niemals das Zimmer verlassen hat.
Tollpatsch
aber klettert vergnügt aus dem Fenster, stellt sich auf die Schulter
von Bertl und dann löst sich die Räuberleiter auf und glücklich
rennen die kleinen Zwerge zurück in den Wald.
(Lore
Platz)