Freitag, 30. Juli 2021

Reizwortgeschichte

 Leider bin ich immer noch nicht ganz gesund, war keine leichte Sache, die mich erwischte, (kein corona), aber Schritte für Schritt geht es wieder besser. Doch die Kraft für eine Geschichte hatte ich noch nicht, doch ich hoffe, es am 15. August  wieder dabei zu sein.

Die Reizwörter für heute sind:

Mit zitternder Hand angelt sich die alte Frau eine ihrer beliebten Pralinen aus dem kunterbunten Glas.

Mehr geht im Moment nicht, aber zum Trost stelle ich eine alte Geschichte ein.

Viel Spaß beim Lesen und habt ein schönes Wochenende.

 

 


 

Der achtzigste Geburtstag


Birgit legte den Schlüssel auf die Kommode und ging ins Wohnzimmer. Bernd, der gerade fürs Examen büffelte, hob den Kopf von den Büchern und grinste.

Nun hast du die Turteltauben in den Flieger gesetzt?“ 

Birgit kicherte. „ Man sollte meinen sie fahren in die Flitterwochen und nicht auf eine Kreuzfahrt nach 25 Jahren Ehe.“

Ihr Vater hatte der Mutter zur Silberhochzeit eine Kreuzfahrt geschenkt und Birgit hatte die beiden eben zum Flughafen gefahren.

Bernd sah seine Freundin nachdenklich an. Irgend etwas bedrückte sie doch? 

Und dann setzte sich Birgit auch schon neben ihn, legte den Kopf auf seine Schultern und erzählte ihm von Tante Betty und Onkel Franz, die im gleichen Haus wie ihre Eltern gewohnt hatten und immer auf sie aufgepasst haben, wenn die Eltern in der Arbeit waren.

Sie waren wie Großeltern für sie, doch dann waren sie weg gezogen, nachdem sie sich ein kleines Häuschen gekauft hatten.

Nun hatte ihre Mutter ihr erzählt, dass Onkel Franz vor einem Jahr gestorben sei und Tante Betty nächsten Dienstag ihren achtzigsten Geburtstag feiere und ganz allein wäre.

Sie hat Birgit gebeten, nach ihr zu schauen.

Das Mädchen hob den Kopf. „Weiß du ich schäme mich, so oft habe ich mir vorgenommen, sie zu besuchen, doch es blieb immer nur bei dem Vorsatz, dabei sind es nur hundert Kilometer von hier. Ich habe ein richtig schlechtes Gewissen.“

Warum fährst du denn nicht für ein paar Tage zu ihr? Deine Klausur für dieses Semester ist abgeschlossen und du hast frei.“

Und du?“

Bernd grinste. „ Ich genieße es, dich mal für ein paar Tage los zu sein!“

Birgit knuffte ihn in die Seite.

Doch im Ernst, ich muss sowieso fürs Examen büffeln, du verlierst dein schlechtes Gewissen der alten Dame gegenüber und am Dienstag komme ich mit dem Zug, dann feiern wir gemeinsam zu dritt Geburtstag.“

Birgt küsste ihn stürmisch.

Du bist ein Schatz!“

Einige Stunden später stand sie vor dem Häuschen von Tante Betty.

Etwas bange ist ihr doch zumute, doch da kam die alte Dame schon aus dem Haus und es ist, als hätten sie sich erst gestern getrennt.

Bald saßen sie gemütlich am Kaffeetisch, nachdem Birgit ihren Koffer in das kleine Zimmer gebracht hat, das von Tante Betty gleich nach ihrem Anruf für sie hergerichtet wurde.

Die alte Frau war überglücklich das Mädchen nach all den Jahren wieder zu sehen und als Birgit ihr gestand, dass sie ein schlechtes Gewissen hatte, winkte sie nur ab.

Nun verlebten die beiden so unterschiedlichen Frauen einige wundervolle Tage und wurden des Erzählens nicht müde.

Am Abend vor ihrem Geburtstag fand Birgit die alte Frau weinend draußen auf der Bank.

Still setzte sie sich neben sie und legte den Arm um ihre Schultern.

Weißt du, das ist der erste Geburtstag den ich ohne meinen Franz feiere.“ flüsterte Betty.

Doch dann lächelte sie unter Tränen.

Jeden Morgen vor meinem Geburtstag ist er in den Wald gegangen und hat Waldmeister gerupft und dann hat er davon eine Bowle zu meinem Geburtstag gemacht.“

Gerupft?“

Tante Betty kichert. „Ja sie sahen immer ziemlich zerrupft aus, aber es wurde trotzdem eine köstliche Bowle daraus.“

Es dämmerte erst frühmorgens, als Birgit sich aus dem Haus schlich und in den nahe gelegenen Wald ging. 

Sie musste ziemlich suchen, bis sie die weißen Blüten in dem grünen Blättermeer entdeckte.

Vorsichtig legte sie die Blätter in das mit gebrachte Tuch, das sie dann verknotete.

Als sie den Wald verließ pflückte sie noch einen bunten Wiesenblumenstrauß und schaute dann noch beim Bäcker vorbei und kaufte frische Brötchen und Kuchen. 

Sie befürchtete schon, dass Tante Betty bereits wach sei, denn die Suche nach dem Waldmeister hatte doch länger gedauert.

Aber im Haus war alles still. Sie wusste nicht, dass die alte Dame bereits hell wach im Bett lag und schmunzelnd darauf wartete, dass sie gerufen wurde.

Summend bereitete Birgit das Frühstück, richtete den Tisch besonders liebevoll her und legte die mitgebrachten Geschenke neben den Teller der Tante, obenauf das Tuch mit dem Waldmeister.

Angelockt von dem Duft des Kaffees, der durchs ganze Haus zog, kam das Geburtstagskind die Treppe herunter und fand sich sogleich in einer stürmischen Umarmung.

Tränen traten der alten Dame in die Augen, als sie das Tuch aufknöpfte und die grünen Blätter sah und Birgit bekam einen extra Kuss.

Später machten sie zusammen die Bowle, wobei der frisch gewaschenen Waldmeister in Bündeln gebunden mit den

Blättern voran in den Wein gelegt wurde. Später wurde dann der Sekt dazu gegossen.

Von Birgits Eltern kam ein Blumenstrauß von Fleurop und ein Glückwunschtelegramm.

Gegen Mittag kam Bernd an und die Beiden verstanden sich auf Anhieb.

Bis spät in die Nacht wurde nun gefeiert und als die jungen Leute abfuhren, versprachen sie jetzt recht oft zu Besuch zu kommen.

Und dieses Versprechen haben sie auch gehalten.


© Lore Platz

 

 Nun seht auch an was Martina und Regina aus den Reizwörtern gemacht haben, sicher mehr als ich.






Dienstag, 27. Juli 2021

Zwischenbericht

Die Krankheit hat sich zurückgezogen, aber ich muss wieder neue Kräfte sammeln, habt bitte Geduld mit mir.

Zum Trost eine alte Geschichte.



 

Als Opa die Oma freite



Der alte Mann sitzt auf der Bank vor dem Haus und reibt sich über sein schmerzendes Bein.

Seit seinem Beinbruch vor einigen Jahren taten ihm die Knochen weh und besonders vor jedem Wetterumschwung.

Er wirft einen nachdenklichen Blick auf den strahlend blauen Himmel.

Eigentlich sah es gar nicht nach Regen aus, doch sein Bein irrte sich nie.

Sein kleiner Enkel Tim stapft über die Wiese auf ihn zu, bleibt mit den Händen in den Hosentaschen vor ihm stehen und betrachtet ihn ernsthaft.

Dann stürzt er plötzlich nach vorne, umklammert das Knie des alten Mannes und presst sein Ohr ganz fest auf dessen Oberschenkel. 

Enttäuscht richtet er sich wieder auf und meint:

Sie reden ja gar nicht!“

Wer soll denn reden?“

Deine Knochen! Papa hat gerade zu Mama gesagt, sie braucht die Wäsche gar nicht aufzuhängen, denn es wird sowieso bald regnen, denn deine Knochen hätten dir das erzählt.“

Der alte Mann lacht herzlich und hebt den kleinen Dreikäsehoch auf den Schoß.

Tim meine Knochen können nicht sprechen, sie tun nur sehr weh und besonders wenn das Wetter sich ändert.“

Der Junge überlegt einen Moment, dann nickt er.

Oma hat gerade Kekse gebacken, aber sie haben mich weg geschickt,“ meint er dann übergangslos.

Warum denn das?“

Ach Frau Baumann von gegenüber ist mit ihrer Tochter gekommen und nun heulen die Beiden. Glaubst du, dass sie alle Kekse aufessen.“

Aber nein, die Oma hebt dir bestimmt welche auf.“

Willst du wissen warum die Frau Baumann und Rosemarie geweint haben?“

Der Opa sieht den Jungen streng an.

Hast du wieder gelauscht?“

Tim wird ein wenig rot und murmelt:

Nur ein kleines bisschen. Die Rosemarie bekommt ein Baby!“

Der alte Mann runzelt die Stirn.

Das Nachbarmädchen war erst sechzehn und ging noch auf die Schule.

0pa? Man bekommt doch erst ein Baby, wenn man geheiratet hat, aber Rosemarie hat doch gar keinen Mann.“

Der Opa hustet, dann blickt er in das Gesicht des kleinen Jungen, das vertrauensvoll zu ihm aufschaut.

Ich habe dir doch erzählt, dass oben im Himmel in einem großen Saal viele, viele Seelen wohnen. Und diese Seelen warten darauf, dass sie endlich auf die Erde dürfen und wenn nun eine Seele sich seine Eltern ausgesucht hat, dann wird das Tor geöffnet, damit sie zu seinen neuen Eltern fliegen kann.

Manche Seelen aber sind viel zu ungeduldig und schlüpfen mit hinaus, ohne zu warten bis ihre Eltern verheiratet sind.“

Nicht wahr, ich war eine geduldige Seele und habe gewartet.“

Tim strahlt seinen Großvater an.

Dieser schmunzelt und fragt dann, um den Jungen abzulenken.

Soll ich dir eine Geschichte erzählen?“

Ja, aber eine echte!“

Was ist denn eine echte Geschichte?“

Kein Märchen oder eine erfundene Geschichte, sondern eine Geschichte, die du selbst erlebt hast.“

Dann will ich dir erzählen, wie ich deine Oma kennen gelernt habe.“

Der kleine Junge kuschelt sich an den Großvater und dieser beginnt zu erzählen:

"Als ich noch Student war habe ich in den Semesterferien mit meinen Freunden Richard und Bernhard eine mehrtägige Radtour durch unsere schöne Heimat gemacht.

Wenn es regnete haben wir in einer Jugendherberge und bei schönem Wetter im Freien übernachtet.

Eines Abends, es war schon dunkel, schoben wir unsere Räder durch ein kleines Waldstück.

Ein Bauer hatte uns erklärt, dass dahinter ein schöner See sei, an dem wir übernachten konnten.

Als wir die Lichtung erreichten sahen wir das Wasser vor uns liegen und der Mond spiegelt sich darin und tauchte alles in ein gespenstisches Licht.

Aus dem Wasser stieg eine Nixe und schüttelte ihr langes nasses Haar, so jedenfalls kam sie mir vor.

Sie griff nach einem Handtuch und ich erwachte aus meiner Verzauberung.

Bernhard und Richard waren schon weitergegangen und ich hörte sie reden und lachen.

Da erst bemerkte ich den bunt angemalten Bus und die zwei Zelte und das hell lodernde Lagerfeuer.

Vier Jungen und drei Mädchen saßen daran und auch meine Freunde hatten sich dazu gesellt.

Ich trat zu ihnen und nun stellten sie sich vor. Sie waren mir sofort alle sympathisch.

Genau wie wir waren sie Studenten, die in den Ferien mit dem Bus durch die Gegend fuhren und mal hier und mal da hielten.

Aus dem Zelt trat meine schöne Nixe. Sie trug nun ein Kleid und ihre Haare waren noch feucht.

Als sie mir als Marianne vorgestellt wurde, stammelte ich nur dummes Zeug und schämte mich dafür.

Ich war doch sonst nicht auf den Mund gefallen.

Sie aber lächelte mich liebreizend an und setzte sich dann neben einen großen dunkelhaarigen Jungen.

Traurig dachte ich, dass sie schon vergeben sei und wie jubelte mein Herz, als ich nach einiger Zeit mitbekam, dass es ihr Bruder war.

Den ganzen Abend konnte ich kaum den Blick von ihr wenden und wenn sie lachte, hüpfte mein Herz vor Freude.

Sie hatte ein so fröhliches herzliches Lachen.

Wir feierten bis spät in die Nacht mit unseren neuen Freunden, sangen zur Gitarre, brieten uns Würste, die wir an einem langen Stecken ins Feuer hielten und ließen die Rotweinflasche kreisen.

Kein Wunder, dass ich tief, fest und lange schlief. Als ich am nächsten Morgen erwachte, waren die Zelte abgebaut und der Bus verschwunden.

Aufgeregt weckte ich meine leise schnarchenden Freunde.

Sie sind weg, wo sind sie hin!“ 

Wer, was, brüll` doch nicht so!“ Richard rieb sich verschlafen die Augen und auch Bernhard streckte seinen Kopf aus dem Schlafsack.

Unsere neuen Freunde!“ schrie ich panisch.

Die haben doch gestern Abend gesagt, dass sie heute ganz früh bereits wieder losfahren. Aber das hast du ja nicht mitbekommen, warst viel zu beschäftigt die schöne Marianne anzuhimmeln.“

Ich wurde etwas rot und rollte meinen Schlafsack zusammen. 

Was war ich doch selten dämlich, hatte mich in ein Mädchen verliebt von dem ich nur den Vornamen kannte.“

Tim hebt den Kopf:

Aber du hast sie dann wiedergefunden, sonst wäre sie ja nicht meine Oma geworden.“

Der alte Mann nickt und streicht dem Jungen über die Haare.

Ja, aber fast zwei Jahre später. Wir steckten mitten im Examen und um uns etwas abzulenken, beschlossen wir die neue Eisbahn auszuprobieren.

Richard hatte sich inzwischen ein Auto angeschafft und wir drei quetschen uns in das kleine Fahrzeug und fuhren in die 15 Kilometer entfernte Stadt.

Ich war noch nie auf der Eisbahn gewesen und staunte. 

In den vier Ecken standen große Strahler und beleuchteten die vielen Menschen die sich auf dem Eis tummelten und nach der Musik aus den Lautsprechern mehr oder weniger elegant tanzten.

Der Duft nach Bratwürsten und Glühwein erfüllt die Luft.

Wir setzten uns an den Rand, um unsere Schlittschuhe zu binden.

Ich fädelte gerade die Schnur durch die Öse, da hörte ich ein fröhliches herzliches Lachen.

Es traf mich wie ein elektrischer Schlag.

Dieses Lachen kannte ich, Marianne!

Fieberhaft ließ ich meinen Blick über die Schlittschuhläufer gleiten und dann entdeckte ich sie.

Eine kecke rote Strickmütze auf den goldblonden Locken tanzte sie übermütig mit einem kleinen Mädchen.

Ihre kleine Schwester wie ich später erfuhr.

Ich sprang auf und sauste los.

Meine Freunde riefen mir nach, denn sie wollte mich auf meine nachschleifenden Schnürsenkel aufmerksam machen.

In der Eile hatte ich vergessen meine Schlittschuhe fertig zu binden.

Aber ich hörte sie nicht.

Meinen Gedanken waren nur bei dem Mädchen, dass ich

nie vergessen konnte.

In Windeseile sauste ich über das Eis auf Marianne zu.

Da ging ein Ruck durch meinen Körper.

Die losen Bänder hatten sich in den Kufen verfangen.

Ich hob beide Arme, um die Balance zu halten und fiel auf meinen Allerwertesten.

Durch die Schnelligkeit schlitterte ich noch einige Meter auf dem Eis dahin, direkt auf das erschrockene Mädchen zu.

Da lag ich nun, mit schmerzende Po und rot wie eine Tomate vor Verlegenheit.

Marianne war erschrocken zur Seite gesprungen und sah mich nun an.

Sie erkannte mich, wurde etwas rot, strahlte mich an und begann herzlich zu Lachen.

Seit diesem Moment habe ich meine Marianne nicht mehr aus den Augen verloren und nun sind wir mehr als vierzig Jahre verheiratet.“

Tim grinst:

Das war eine schöne echte Geschichte und Oma Marianne

lacht immer noch so schön, dass man einfach mitlachen muss.“

Das stimmt mein Junge, aber sieh mal nach oben. Meine Knochen haben sich nicht geirrt. Es wird bald regnen.“

Tim kichert, denn ein dicker Regentropfen platscht auf seine Nase.

Hand in Hand laufen sie auf das Haus zu und erreichen es gerade noch bevor der Regen niederprasselt.



© Lore Platz



Anmerkung:

Solche sprechenden Knochen habe ich auch und am lautesten protestieren sie, wenn das Wetter umschlägt.

Das ist wohl ein Privileg des Alters, auf das ich aber gerne verzichten würde.



 





Donnerstag, 15. Juli 2021

Reizwortgeschichte -heute nur bei den Kolleginnen

 Ihr Lieben,

einen herzlichen Gruß von Lore, die heute leider nicht mit von der Partie ist, weil sie krank ist. Macht euch aber keine Sorgen, sie ist schon auf dem Weg der Besserung und wird sich sicherlich bald wieder hier zu Wort melden.

Derweil lest doch bitte bei uns;

Martinas von-herz-zu-herz-geschichten

und Reginas Geschichten