Als Nachkriegskinder waren wir alle arm und wenn wir dann neue Schuhe oder ein Kleid bekamen haben wir es sehr sorgsam behandelt.
Mit meiner kleinen Geschichte wünsche ich euch ein schönes Wochenende und viel Spaß beim Lesen!
Die
roten Lackschuhe
Auf
dem Weg zur Schule kam die achtjährige Anneliese an einem
Schuhgeschäft vorbei.
Über
dem Eingang hing ein goldenes Messingschild von dem der gestiefelte
Kater frech herunter grinste und wenn der Wind ging, dann machte das
Schild „bling,bling“
Dieses
Schild hatte das Mädchen zuerst angelockt, doch seit einigen Tagen
standen rote Lackschuhe im Schaufenster und Anneliese konnte sich
nicht sattsehen.
Ganz
platt drückte sie sich ihre Nase und bewunderte die schönen roten
glänzenden Schuhe, die auf einem Podest standen.
Wie
sehr wünschte sie sich, diese Schuhe zu besitzen, aber sie wusste,
es ging nicht, denn ihr Vater war arbeitslos und suchte schon so
lange nach Arbeit.
Ganz
traurig war er geworden und auch die Mama die doch früher immer so
gerne lachte und sang, war jetzt immer blass und still.
Anneliese
würde nichts von den Schuhen erzählen, das sollte ihr Geheimnis
bleiben.
Auch
heute hielt sie vor dem Geschäft und drückte ihre Nase ganz fest an
die Scheibe des Schaufensters, um „ihre“ Schuhe zu betrachten.
Doch
was war das?
Ein
Gesicht erschien und eine Hand griff nach den Schuhen und dann war
das Podest leer.
Anneliese
erschrak.
Traurig
starrte sie vor sich hin und in ihren Augen sammelten sich Tränen.
Die
Tür des Schuhgeschäfts öffnete sich und eine elegant gekleidete
Dame, die ein Mädchen an der Hand führte, trat heraus.
Als
sie die kleine Vortreppe herunter kamen, sah Anneliese :
Das
Mädchen trug die roten Lackschuhe.
Anneliese
wandte sich um und lief blind vor Tränen los.
Der
Schulranzen auf ihrem Rücken hüpfte auf und ab und
die
Tränen rannen nur so über ihr Gesicht.
Als
sie das Miethaus betrat, setzte sie sich erst einmal auf die
Holztreppe, um zu verschnaufen und die Tränen zu trocknen.
Die
Mutter hatte scharfe Augen und würde nur fragen, warum sie geweint
hatte.
Anneliese
legte den Kopf in beide Hände und versuchte an etwas Schönes zu
denken, das hatte die Oma immer zu ihr gesagt.
Ach
die Oma, die war vor einem Jahr gestorben, wenn die doch hier wäre.
Mit
ihr könnte sie über die schönen roten Lackschuhe sprechen.
Oben
ging eine Tür und Anneliese sprang schnell auf und ging mit
gesenktem Kopf die Treppe hinauf.
Als
sie am Abend im Bett lag, dachte sie wieder an das Mädchen, das nun
„ihre“ Lackschuhe trug.
Ach
wie froh und glücklich würde diese sein.
Auf
einmal war ihr, als würde die Oma ihr tröstend über das Haar
streichen, wie sie es so oft getan hatte.
Und
ihr fiel ein, was die alte Frau immer zu ihr gesagt hatte.
„Wenn
du einmal ganz traurig bist und mit niemanden über deinen Kummer
sprechen kannst, dann erzähle es dem lieben Gott, der hört immer zu
und vielleicht hilft er dir ja auch.“
Anneliese
faltete die Hände und sprach sich ihren ganzen Kummer von der Seele.
Dann
nahm sie ihren Teddy in den Arm und schlief getröstet ein.
Am
nächsten Tag musste sie ihre Mutter in den Kleiderladen begleiten.
Dort
gab es Kleider und viele Sachen zum Anziehen umsonst, gespendet von
Leuten, die sie nicht mehr haben wollten.
Lustlos
betrat Anneliese das Geschäft. Viele Menschen wühlten an den
Sammeltischen und auch ihre Mutter ging zu ihnen.
Das
Mädchen aber stromerte durch die Halle und sah sich gelangweilt um.
Da
blitzte es rot vor ihren Augen auf.
Das
waren doch die roten Lackschuhe, die das reiche Mädchen gestern
getragen hatte.
Anneliese
lief an den Stand und fuhr behutsam über das rote Leder.
„Gefallen
sie dir?“
Die
Kleine sah auf und nickte.
Die
freundliche Dame lächelte und nahm die Schuhe und stellte sie auf
den Boden.
„Probier
mal, du hast Glück, die sind noch ganz neu.
Das Mädchen, dem sie
gehörten wollte sie nicht mehr, weil sie angeblich drücken und das
Dienstmädchen von Frau Bergmeister hat sie heute morgen
vorbeigebracht.“
Anneliese
schlüpfte in die Schuhe.
Sie
passten wie angegossen!
„Du
kannst sie behalten!“
©
Lore Platz 28.06.2019