Freitag, 28. Juni 2019

Die roten Lackschuhe








Als Nachkriegskinder waren wir alle arm und wenn wir dann neue Schuhe oder ein Kleid bekamen haben wir es sehr sorgsam behandelt.
Mit meiner kleinen Geschichte wünsche ich euch ein schönes Wochenende und viel Spaß beim Lesen!


Die roten Lackschuhe


Auf dem Weg zur Schule kam die achtjährige Anneliese an einem Schuhgeschäft vorbei.
Über dem Eingang hing ein goldenes Messingschild von dem der gestiefelte Kater frech herunter grinste und wenn der Wind ging, dann machte das Schild „bling,bling“
Dieses Schild hatte das Mädchen zuerst angelockt, doch seit einigen Tagen standen rote Lackschuhe im Schaufenster und Anneliese konnte sich nicht sattsehen.
Ganz platt drückte sie sich ihre Nase und bewunderte die schönen roten glänzenden Schuhe, die auf einem Podest standen.
Wie sehr wünschte sie sich, diese Schuhe zu besitzen, aber sie wusste, es ging nicht, denn ihr Vater war arbeitslos und suchte schon so lange nach Arbeit.
Ganz traurig war er geworden und auch die Mama die doch früher immer so gerne lachte und sang, war jetzt immer blass und still.
Anneliese würde nichts von den Schuhen erzählen, das sollte ihr Geheimnis bleiben.
Auch heute hielt sie vor dem Geschäft und drückte ihre Nase ganz fest an die Scheibe des Schaufensters, um „ihre“ Schuhe zu betrachten.
Doch was war das?
Ein Gesicht erschien und eine Hand griff nach den Schuhen und dann war das Podest leer.
Anneliese erschrak.
Traurig starrte sie vor sich hin und in ihren Augen sammelten sich Tränen.
Die Tür des Schuhgeschäfts öffnete sich und eine elegant gekleidete Dame, die ein Mädchen an der Hand führte, trat heraus.
Als sie die kleine Vortreppe herunter kamen, sah Anneliese :
Das Mädchen trug die roten Lackschuhe.
Anneliese wandte sich um und lief blind vor Tränen los.
Der Schulranzen auf ihrem Rücken hüpfte auf und ab und
die Tränen rannen nur so über ihr Gesicht.
Als sie das Miethaus betrat, setzte sie sich erst einmal auf die Holztreppe, um zu verschnaufen und die Tränen zu trocknen.
Die Mutter hatte scharfe Augen und würde nur fragen, warum sie geweint hatte.
Anneliese legte den Kopf in beide Hände und versuchte an etwas Schönes zu denken, das hatte die Oma immer zu ihr gesagt.
Ach die Oma, die war vor einem Jahr gestorben, wenn die doch hier wäre.
Mit ihr könnte sie über die schönen roten Lackschuhe sprechen.
Oben ging eine Tür und Anneliese sprang schnell auf und ging mit gesenktem Kopf die Treppe hinauf.




Als sie am Abend im Bett lag, dachte sie wieder an das Mädchen, das nun „ihre“ Lackschuhe trug.
Ach wie froh und glücklich würde diese sein.
Auf einmal war ihr, als würde die Oma ihr tröstend über das Haar streichen, wie sie es so oft getan hatte.
Und ihr fiel ein, was die alte Frau immer zu ihr gesagt hatte.
Wenn du einmal ganz traurig bist und mit niemanden über deinen Kummer sprechen kannst, dann erzähle es dem lieben Gott, der hört immer zu und vielleicht hilft er dir ja auch.“
Anneliese faltete die Hände und sprach sich ihren ganzen Kummer von der Seele.
Dann nahm sie ihren Teddy in den Arm und schlief getröstet ein.

Am nächsten Tag musste sie ihre Mutter in den Kleiderladen begleiten.
Dort gab es Kleider und viele Sachen zum Anziehen umsonst, gespendet von Leuten, die sie nicht mehr haben wollten.
Lustlos betrat Anneliese das Geschäft. Viele Menschen wühlten an den Sammeltischen und auch ihre Mutter ging zu ihnen.
Das Mädchen aber stromerte durch die Halle und sah sich gelangweilt um.
Da blitzte es rot vor ihren Augen auf.
Das waren doch die roten Lackschuhe, die das reiche  Mädchen gestern getragen hatte.
Anneliese lief an den Stand und fuhr behutsam über das rote Leder.
Gefallen sie dir?“
Die Kleine sah auf und nickte.
Die freundliche Dame lächelte und nahm die Schuhe und stellte sie auf den Boden.
Probier mal, du hast Glück, die sind noch ganz neu. 
Das Mädchen, dem sie gehörten wollte sie nicht mehr, weil sie angeblich drücken und das Dienstmädchen von Frau Bergmeister hat sie heute morgen vorbeigebracht.“
Anneliese schlüpfte in die Schuhe.
Sie passten wie angegossen!
Du kannst sie behalten!“


© Lore Platz 28.06.2019

Donnerstag, 27. Juni 2019

Manuela will nicht verreisen



(c) Nadine F.



Manuela will nicht verreisen


Manu warte doch!“ 
Atemlos erreicht Ilse ihre Freundin.
Dann stutzt sie. „Du weinst ja?“
Manu schnieft und fährt sich mit dem pinkfarbenen Ärmel ihrer Jacke über die Augen.
Meine Eltern wollen nach Dubai. Nächste Woche schon fliegen wir los.“
Aber das ist doch toll. Stell dir bloß vor Luxushotels, Meer, Sand und vielleicht darfst du sogar auf einem Kamel reiten. Wir fahren nur an die Ostsee.“
Aber ich will nicht mitfahren. Dort werde ich mich zu Tode langweilen und außerdem darf Kalimero nicht mit. Er muss in eine Hundepension!“
Ilse ist entsetzt. Wenn sie daran denkt, dass sie sich drei Wochen von ihrem Hund Fussel trennen müsste. 
 
(c) Elli M.

Zum Glück haben ihre Eltern ein Ferienhaus gemietet, in dem Haustiere erlaubt sind.
Mitfühlend legt sie den Arm um ihre Freundin.
Und wenn du bei deiner Oma bleibst?“
Die ist gerade zur Kur und kommt erst in vier Wochen wieder,“ seufzt Manu.

 
(c) Werner Borgfeldt

Als das Mädchen den Garten betritt kommt ihr der schwarze- weiße Mischling schon entgegen und Manu umarmt ihn stürmisch und vergräbt schluchzend das Gesicht in dem dicken Fell.
Bedrückt betrachtet die Mutter die beiden durch das Küchenfenster.
Missmutig betritt Manu die Küche, während Kalimero vergnügt neben ihr herspringt.
Tag,“ murmelt sie, sieht aber ihre Mutter nicht an.
Manuela, ich weiß, dass es für euch beide nicht leicht wird, aber sieh doch drei Wochen gehen schnell vorbei und Kalimero wird es sicher in der Hundepension gefallen.“
Das glaubst du doch selbst nicht! Ich habe übrigens keinen Hunger. Komm Kalimero!“
Einige Tage später fahren sie alle zusammen zur Hundepension Sonnenschein.
Es ist ein hübsches Anwesen und verschiedene Tiere tummeln sich in eingezäunten Wiesen.
Eine nette junge Frau kommt ihnen entgegen. 
Sie streichelt den Hund und meint: 
„Wir zwei werden uns schon verstehen.“ 
Und zu den Bergmanns gewandt,  
"machen sie sich keine Sorgen. Es wird ihm bei uns gut gehen.“
Der Abschied zwischen Manuela und Kalimero ist herzzerreißend.
Zu Hause angekommen verschwindet sie sofort in ihrem Zimmer.
Die Eltern sehen ihr besorgt nach. 
Es gefällt ihnen ja auch nicht Kalimero weg zu geben, aber es geht nun mal nicht anders.
Sie können ihre zwölfjährige Tochter und den Hund nicht alleine zu Hause lassen.
Sie wird sich schon wieder beruhigen und Kalimero hat es gut in der Pension und drei Wochen sind doch schnell vorbei.“ meint Herr Bergmann, aber er glaubt selbst nicht daran und irgendwie freut auch er sich nicht mehr auf den Urlaub.
Kalimero aber liegt teilnahmslos in dem Zimmer, in das man ihn gebracht da.
Den gefüllten Futternapf neben sich beachtet er gar nicht. 
Er ist traurig und kann die Welt nicht mehr verstehen. 
Warum nur hatte man hierher gebracht?
Gegen Abend kommt der Praktikant, wechselt das Futter aus und bringt auch frisches Wasser.
Liebevoll streichelt der den Hund und meint:
Wirst dich schon bei uns eingewöhnen, morgen darfst du auch zu den anderen Hunden auf die Wiese, das wird dir gefallen und bald kommt auch dein Frauchen wieder zurück.“
Kalimero hebt nicht einmal den Kopf und der junge Mann verlässt das Zimmer.
Als die Tür mit einem Klick ins Schloss fällt springt der Hund auf. 
Plötzlich ist ihm eingefallen, was Manuela ihm beigebracht hat.
Er stemmt sich an das weißlackierte Holz und drückt mit der Pfote den Griff nach unten. Nach einigen vergeblichen Versuchen gelingt es.
Der Weg zur Freiheit ist offen.
Unbemerkt saust Kalimero durch das Haus und findet glücklicherweise das Haupttor nicht verschlossen.

(c) Werner Borgfeldt

Und nun ist er nicht mehr zu halten.
Zwei Stunden später, es ist bereits dunkel, hat er die Heimat erreicht.
Er rennt mit hängender Zunge durch den Garten, zwängt sich durch die Hundeklappe, saust die Treppe nach oben und kratzt an der Tür von Manuelas Zimmer.
Das Mädchen, das noch nicht geschlafen hat, lässt ihn herein und kniet sich auf den Boden und umarmt ihren geliebten Freund.




Und als wenig später der Mond durch das Fenster guckt sieht er einen schwarzen-weißen Hund und ein kleines Mädchen eng umschlungen im Bett liegen und tief und friedlich schlafen.
Am nächsten Morgen ist die Mutter sehr erstaunt, als Manuela und Kalimero gemeinsam in die Küche kommen.
Etwas trotzig sieht das Mädchen ihre Mutter an.
Ich habe es doch gleich gewusst, dass es ihm dort nicht gefällt. Er ist ausgerückt!“
Kalimero aber setzt sich vor Frau Bergmann und sieht sie erwartungsvoll an.
Diese lacht und füllt den Futternapf über den sich der Hund begeistert drüber stürzt.
Stellt euch vor, die Hundepension hat gerade angerufen, Kalimero ist ausgerückt. Aber da ist er ja?“
Herr Bergmann sieht erstaunt auf den Hund, der gerade mit der Zunge die letzten Reste aus dem Napf leckt.
Er grinst. „Außerdem haben sie gesagt, dass er sein Futter gestern nicht angerührt hat.“
Doch dann wird sein Gesicht ernst.
Ich denke es wird wohl nichts aus dem Flug nach Dubai.“
Vielleicht doch!“ ruft Manuela,“ich habe eine Idee!“
Sie saust aus dem Zimmer, gefolgt von dem Hund.
Einige Minuten später kommt sie wieder.
Mama, Ilses Mutter möchte mit dir sprechen.“
Den Arm um Kalimero geschlungen wartet sie nun auf ihre Mutter, die kurze Zeit später vergnügt lächelnd wieder die Küche betritt.
Manuela und Kalimero können mit Ilse und ihren Eltern an die Ostsee fahren. 
Die haben dort ein Ferienhaus gemietet, in dem Haustiere erlaubt sind.
Und wir beide können nach Dubai fliegen.“
Manuela stößt einen Jubelschrei aus und umarmt abwechselnd ihr Eltern, während Kalimero laut bellend um alle herum springt.


(c) Irmgard Brüggemann

Nun muss ich aber schnell meine Koffer packen!“
Das Mädchen verlässt die Küche, gefolgt von ihrem treuen Begleiter.
Auf dem Weg nach oben hört man sie laut singen.
Frau Bergmann betrachtet ihren Mann, der ein ganz komisches Gesicht macht.
Freust du dich denn nicht, dass wir das Problem lösen konnten?“
Naja schon, aber es ist doch ein komisches Gefühl, wenn man bei seiner Tochter erst an zweiter Stelle kommt. Die Trennung von uns scheint ihr gar nichts auszumachen.“
Seine Frau lacht vergnügt.
Bist du etwa eifersüchtig auf den Hund.“
Liebevoll legt sie die Arme um seinen Hals und schmiegt ihren Kopf an sein Gesicht, dann flüstert sie in sein Ohr.
Denk doch daran, wie schön es auch für uns sein wird mal ohne Manuela zu vereisen. 
Fast wie zweite Flitterwochen.
Herr Bergmann grinst zieht seine Frau auf seinen Schoß und besiegelt ihre Wort mit einem langen zärtlichem Kuss.

© Lore Platz 27.06.2019

Mittwoch, 26. Juni 2019

Mein Nachbar - Eine kleine Bildergeschichte

Heute an so einem heißen Tag, sollt man nicht so viel lesen, deshalb macht mit mir eine kleine Fotoschau.

Viel Spaß!

 

 
(c) Irmgard Brüggemann

 

 

Mein Nachbar - Eine kleine Bildergeschichte



Wir alle kennen eigentlich unsere direkten Nachbarn.
Doch diesen Nachbarn hatten wir bisher noch nicht persönlich kennen gelernt 
Seine Stimme war uns allerdings bekannt.
Denn jeden Morgen, zu einer Zeit, da wir uns noch die Decke über den Kopf zogen, begann er mit lautem fröhlichem "Kikerikieeee" die Sonne zu begrüßen.




Letzten Sommer nun stattete er uns einen Besuch ab. (2010)
Ich weiß nicht, vielleicht hatte er Fernweh oder er wollte einfach mal Ruhe haben.
Denn ich kann mir vorstellen so als einziger Hahn unter vielen gackernden Hühnern ist die Sehnsucht nach friedlicher Stille bestimmt sehr groß.



Er flog also über die Mauer, eine beträchtliche Leistung für einen Hahn und marschierte über unsere Terrasse in unser Wohnzimmer, wo wir ihn
mit einem herzlichen Lachen begrüßten.




Ohne uns zu beachten stolzierte er an uns vorbei, schließlich wollte er doch wissen in welchem Nest diese komischen Zweibeiner wohl schliefen.




Naja bei ihm war es doch gemütlicher, also Zeit dieses komische Nest zu verlassen.
Wo war denn nur gleich der Weg zum Ausgang?


 Erinnere mich, da bin ich doch herein gekommen.




Aber warum. soll ich zurück zu meinen Hennen, die gackern bloß und fragen mir ein Loch in den Bauch.
Hier ist es doch viel ruhiger, uaaah, ich bin müde.


Unser Gast blieb bis zum Abend, so gut hat es ihm gefallen.
Dann holte der Bauer den Ausreißer zurück.
Was Herr Hahn wohl am Abend seinen Damen zu erzählen hatte?



(c) Lore Platz 25.06.2019

Freitag, 21. Juni 2019

Nur ein Päckchen Kaffee Ende

Mit dem Ende der Geschichte wünsche ich euch ein schönes Wochenende.
Viel Spaß beim Lesen! 

 
(c) Elli M.


 
Am nächsten Morgen ist Lieschen schon lange vor der verabredeten Zeit fertig.
Schick hat sie sich gemacht für den bevorstehenden Besuch.
Zu ihrem taubenblauen Kostüm trägt sie ihre beste Bluse aus beigefarbener Seide mit hohem Spitzenkragen und schweren metallenen Knöpfen.
Auf dem Kopf thront ein dunkelblaues Hütchen, dessen schwarzer Spitzenschleier bist in die Stirn ragt.
Aufgeregt trippelt sie durch die Küche, immer wieder einen Blick auf die Uhr werfend.
Als sie von draußen das Gezanke der Spatzen hört, öffnet sie lächelnd das Fenster und streut etwas von dem Hefezopf auf die Fensterbank.

 
(c) Werner Borgfeldt

Als hätten sie nur darauf gewartet stürzen sich die kleinen frechen Gesellen auf die Leckerbissen.
Zanken, schimpfen, zwitschern aufgeregt und wollen sich die besten Bissen gegenseitig weg schnappen.
Lächelnd sieht Lieschen ihnen zu, bis die nahe Turmuhr neunmal schlägt.
Sie schließt das Fenster, hängt sich die altmodische Tasche an den Arm und lauscht.
Wenig später läutet es Sturm und als sie öffnet, wird sie heftig umarmt.
Alles Gute zum Geburtstag, liebes Lieschen!“
Jutta schiebt das alte Fräulein etwas zurück und betrachtet sie schmunzelnd.
Schick siehst du aus! Aber nun komm, meine Familie freut sich schon auf dich!“
Lieschen folgt ihr etwas bang, es ist doch schon lagen her, seit sie unter Menschen war.
Doch Juttas fröhliches Geplauder lässt sie gar nicht zum Grübeln kommen.
Staunend betrachtet sie wenig später das große schöne Haus und den wundervollen Garten, als Jutta schwungvoll in die Einfahrt fährt.




Fürsorglich hilft ihr diese aus dem Auto und führt sie durch den Garten auf die Terrasse zu ihrem Mann, der Lieschen freundlich lächeln die Hand entgegen streckt.
Guten Morgen, Fräulein Krämer und alles Gute zum Geburtstag. Entschuldigen sie, dass ich ihnen nicht entgegen gekommen bin, aber zwei kleine Monster halten mich umklammert.“
Nun erst bemerkt Lieschen die beiden Kinder hinter Herrn Zimmermann.
Das kleine blonde Mädchen mit dem Schnuller im Mund verschwindet blitzschnell hinter seinem Vater, als der Blick Lieschens sie trifft.
Der Junge aber tritt nun hervor, reicht ihr die Hand und meint artig:
Guten Tag Fräulein Krämer und alles Gute zum Geburtstag.“
Danke mein Junge, aber du kannst ruhig Lieschen zu mir sagen.“
Dirk schüttelt den Kopf.
Ich darf Erwachsene nicht beim Vornamen nennen.“
Wie wäre es dann mit Tante Lieschen? Wäre dir das recht?“
Dirk nickt.
Nun komm aber mit, ich führe dich an deinen Ehrenplatz.“
Er nimmt ihre Hand und als Lieschen sich auf den
bequemen Stuhl setzt, deutet er auf den Blumenkranz, der um das Gedeck dekoriert ist.
Das war ich, gefällt es dir?“
Lieschen streicht ihm über den Kopf.
Ja sehr, das hast du wirklich fein gemacht, danke dir.“
Der Junge grinst erfreut, tritt einen Schritt zurück und betrachtet sie aufmerksam, dann dreht er sich um und läuft ins Haus.
Jutta und Harald sind inzwischen auch an den Tisch gekommen und die junge Frau legt Lieschen ein Stück Kuchen auf den Teller.
Für eine Schwarzwälderkirschtorte hatte ich die richtigen Zutaten nicht daheim. Ich hoffe du magst Käsekuchen.“
Oh ja!“ Lieschen lässt ihren Blick über den liebevoll gedeckten Tisch gleiten und meint nur schlicht:
Danke!“




Jemand zupft sie am Rock und als sie nach unten sieht, bemerkt sie das kleine niedliche Mädchen.
Der Schnuller hüpft aufgeregt auf und ab und die Kleine hebt beide Arme.
na o“ versteht Lieschen.
Jutta bückt sich und nimmt ihrer Tochter den Schnuller aus dem Mund.
So kann Tante Lieschen dich nicht verstehen.“
Susanna runzelt die Stirn und wiederholt.
Sanna, Tane ieschen och.“
Lächelnd hebt diese das kleine Persönchen auf ihren Schoß.
Wie eine Königin blickt Susanna über den Tisch.
Ihr Blick bleibt auf dem Kuchen auf Lieschens Teller hängen.
Sie deutet darauf und fordert:
Sanna, Gucken essen!“
Schmunzelnd nimmt Lieschen ein kleines Stückchen auf einen Kaffeelöffel und stopft es in das weit aufgerissene kleine Schnäbelchen.
Zufrieden kuschelt sich die kleine Prinzessin an ihre Schulter.
Das Eis war gebrochen.
Dirk kommt aus dem Haus gelaufen und legt ein großes Stück Papier vor Lieschen.
Das habe ich für dich zum Geburtstag gemalt,“ verkündet er stolz.
Lächelnd betrachtet Lieschen sich das Bild.
Rechts oben war eine grellgelbe etwas schiefe Sonne und unten viele grüne Striche, sollte wohl eine Wiese darstellen. Denn darauf standen fünf Strichmännchen.
Dirk deutet auf die Figuren und erklärt.
Mama, Papa, Sanna, ich und du!“
Lieschen sieht sich das letzte Männchen auf dessen Kopf ein großer blauer Ballon sitzt an und deutet auf das blaue Gebilde.
Das soll wohl mein Hut sein?“
Dirk nickt ernsthaft.
Ich wusste doch nicht, wie du aussiehst, deshalb konnte ich mein Bild noch nicht fertig machen. Gefällt es dir?“
Ganz prima, das ist wunderschön und du hast mir eine große Freude damit gemacht.“
Dirk strahlt, dann setzt er sich auf seinen Stuhl und ist die nächste Zeit damit beschäftigt, seine Backen mit Kuchen voll zu stopfen.
Es wurde für Lieschen ein wunderschöner Tag und als sie abends müde in ihrem Bett lag, dankte sie dem lieben Gott für den schönen Geburtstag.



Nun holte Jutta ihre Freundin jedes Wochenende zu sich nach Hause und das alte Fräulein blühte richtig auf unter den netten liebevollen Menschen.
Die Kinder kamen ihr jedes Mal jubelnd entgegen gelaufen. Sie liebten ihr Tante Lieschen heiß und innig.
Und eines Tages hatte Jutta mit ihrem Mann ein langes Gespräch.
Die nächsten Tage herrschte geschäftiges Treiben im Haus Zimmermann.
Den Samstag darauf nachdem sie wieder zusammen gefrühstückt hatten und Harald mit den Kindern auf den Spielplatz ging, nahm Jutta Lieschen bei der Hand und zog sie in ein hübsches kleines Zimmer.
Zarte duftige Gardinen bauschten sich an dem Fenster, vor dem ein großer gemütlich aussehender Sessel stand, daneben ein kleines Lesetischen.
Helle freundliche Möbel und eine bunte Couchgarnitur füllten den Rest des Zimmers aus.
Jutta zerrte Lieschen durch die Verbindungstür in ein ebenfalls mit hellen freundlichen Möbeln eingerichtetes Schlafzimmer.
Sie deutet auf eine weiße Tür in der Ecke und meinte, „ dort ist noch ein kleines Badezimmer.
Glaubst du es würde dir hier gefallen?“
Bange ist die sonst so lebhafte Jutta.
Als Lieschen nichts sagt, sich nur mit großen Augen umschaut, sprudelt es aus Jutta heraus.
Wir haben dich alle so lieb gewonnen, die Kinder beten dich an und wir möchten gerne, dass du für immer bei uns bleibst. 
Wenn dir der ganze Trubel bei uns einmal zu viel wird,dann kannst du dich hier in deine eigenen vier Wände zurück ziehen!“
Etwas ängstlich sieht die sonst so burschikose junge Frau das alte Mädchen an.
Auf einmal geht ein strahlendes Lächeln über das schöne Altfrauengesicht und Lieschen nickt, während Tränen in ihren Augen schimmern.
Stumm umarmen sich die beiden so ungleichen Frauen, die doch so gute Freundinnen geworden sind.


(C) Lore Platz

Donnerstag, 20. Juni 2019

Nur ein Päckchen Kaffee Teil 4

In meinen Geschichten sind oft Wahrheiten versteckt.
Einiges habe ich selbst erlebt oder es wurde mir erzählt. 
Die Sanierung eines Hauses und anschließender Mieterhöhung ist wahr und passierte einer Bekannten von mir, die gezwungen war umzuziehen, da ihre Rente zu gering war.
Und ich habe eine junge Freundin, die, als mich letztes Jahr eine Datenschutz-Goldgräberin um viel Geld brachte, mir meinen Kühlschrank mit Lebensmittel füllte.
Viel Spaß nun beim Lesen!






Am nächsten Morgen, Lieschen war gerade auf dem Weg ins Bad, läutet es Sturm.
Noch immer gähnend und verschlafen öffnet sie und sieht in die vergnügt grinsenden Augen von
Jutta.
Frühstückservice !“
Sie drängt an dem alten Fräulein vorbei in die Küche und stellt den großen Korb auf der Spüle ab.
Dann nimmt sie das alte Mädchen bei der Schulter, setzt sie sanft auf den Stuhl und zaubert aus ihrem Korb eine große blaue Thermoskanne.
Kaffee!“ erklärt sie, dann folgt ein Kännchen mit Sahne, Zucker, ein Hefezopf, Butter, Marmelade und eine Schale mit Erdbeeren und zu guter Letzt eine kleine Vase mit frischen Wiesenblumen.
Guten Appetit, meine Liebe!“
Sie beugt sich hinab und küsst Lieschen auf den Wange.
Ich muss jetzt los, bald werden meine Trabanten aufwachen und laut“Hunger!“ brüllen.
An der halb geöffneten Tür bleibt sie noch einmal stehen.
Übrigens Lieschen, zieh dich morgen schön an, ich hole dich um neun Uhr ab. Wir werden deinen Geburtstag feiern und bei dieser Gelegenheit lernst du auch meine Familie kennen.“
Die Tür fällt hinter ihr ins Schloss.
Lieschen aber lehnt sich wie erschlagen im Stuhl zurück.
Es kommt ihr vor, als wäre ein Wirbelsturm durch ihr stilles Zimmer gesaust.
Dann aber lässt sie ihren Blick über den liebevoll
gedeckten Tisch schweifen und grinst vergnügt.
Vorsichtig schraubt sie den Deckel von der Kanne und seufzt wohlig, als der frische Duft des Kaffees in ihre Nase steigt.
Vorsichtig gießt sie ihre Tasse voll, lässt zwei Stückchen Zucker hineinfallen, gießt etwas Sahne dazu und nimmt den ersten Schluck.
Ihr Gesicht strahlt vor Wonne.
Gibt es etwas Schöneres einen Sonntagmorgen zu beginnen.

Morgen geht es weiter

Mittwoch, 19. Juni 2019

Nur ein Päckchen Kaffee Teil 3







Ein Hand legt sich sachte auf ihre Schulter und durch einen Tränenschleier sieht sie die freundliche junge Frau neben sich sitzen.
Sie schnieft und Jutta reicht ihr ein Papiertaschentuch.
Nachdem sich Lieschen kräftig die Nase geputzt hat, lächelt sie Jutta dankbar an.
Wieder besser?“ meint diese freundlich.
Lieschen nickt, doch als Jutta ihr das Päckchen Kaffee hinhält, hebt sie abwehrend beide Hände.
Nein, den haben sie bezahlt. Ich habe ihn nicht verdient!“
Ach Unsinn! Nehmen sie ihn doch, sie können mir ja später einmal das Geld zurück geben, wenn es das ist, was ihnen Kopfzerbrechen macht!“
Doch Lieschen schüttelt nur den Kopf und wird puterrot.
Dann sieht sie der jungen Frau offen ins Gesicht.
Ich wollte den Kaffee wirklich stehlen und habe ihn in die Tasche gesteckt,“ bekennt sie tapfer.
Und warum hatten sie das Päckchen dann in der Hand?“
Weil ich erschrocken über mich selber war und den Kaffee wieder zurück stellen wollte,“ flüstert das alte Mädchen beschämt und senkt den Kopf.
Die junge Frau aber sieht auf das schmächtige, altmodisch gekleidete Fräulein und denkt:
Millionen Euros werden auf der Welt verschoben, betrogen und veruntreut und dieses arme alte Mädchen hat die größten Gewissensbisse, weil sie
sie für einen Moment schwach geworden war.
Jutta legt ihre Hand auf Lieschens nervös spielende Hände und meint:
Ich respektiere es, wenn sie den Kaffee nicht annehmen wollen, aber darf ich sie zu einer Tasse Kaffee einladen. Nicht weit von hier ist ein hübsches kleines Cafe. Sie würden mir eine große Freude machen.“
Sie zieht Lieschen hoch, nimmt ihr die Einkaufstasche ab und ehe sich diese versieht, sitzt sie schon angeschnallt im Auto.
Unterwegs plaudert Jutta ganz zwanglos, erzählt lustige Anekdoten von ihren Kindern, dem fünfjährigen Dirk und der zweijährigen Susanna und langsam entspannt sich Lieschen.
Einmal entschlüpft ihr sogar ein Kichern.
Schwungvoll fährt Jutta auf den Parkplatz und gleich darauf betreten sie den behaglich eingerichteten Raum.




Sie finden einen Tisch gleich neben dem riesigen Kuchenbüfett, das Lieschen mit großen staunenden Augen betrachtet.
Jutta bestellt zwei Kännchen Kaffee und fragt Lieschen welchen Kuchen sie haben möchte.
Diese löst ihren Blick von dem reichhaltigen Büfett und meint schüchtern.
Eine Schwarzwälderkirschtorte.“
Jutta gibt die Bestellung an die Kellnerin weiter und beobachtet wenig später amüsiert, wie Lieschen genussvoll den ersten Schluck Kaffee nimmt und dann andächtig ihren Kuchen verspeist.
Zufrieden lehnt Lieschen sich zurück und strahlt ihr neue Freundin an.
Das war fein, danke!“
Und dann lacht sie plötzlich auf.
Dann haben sie mir doch Glück gebracht!“
Auf den fragenden Blick von Jutta erzählt sie ihr, wie sie heute morgen den Einkaufszettel geschrieben hat und ihr genau noch 1,11€ übrig geblieben sind und sie gedacht hat, die Zahlen müssen ihr doch Glück bringen.
Jutta ist betroffen.
Selbst in einer gut situierten Familie groß geworden, mit einem gut verdienenden Architekten verheiratet, hatte sie sich noch nie Gedanken gemacht, dass es auch Menschen gab, die mit jedem Cent rechnen mussten.
Dabei machte diese schmächtige kleine Person so einen glücklichen, fröhlichen und zufriedenen Eindruck, wirkte weder vergrämt noch verbittert.
Lieschen, die immer mehr Vertrauen zu der freundlichen jungen Frau gewinnt erzählt ihr nun, dass sie am Montag Geburtstag hat und ihre Mutter ihr immer ihren Lieblingskuchen Schwarzwälderkirschtorte gebacken hatte und dazu gab es dann immer guten echten Bohnenkaffee.
Und Jutta erzählt von ihrer Familie und ihrem Wunsch, im September, wenn Dirk in die Schule und Susanna in den Kindergarten kam, wieder zurück in ihren Beruf als Werbezeichnerin zu gehen.
Denn sie könnte da auch viel von zu Hause aus arbeiten und ihr Mann der Architekt war, arbeitet auch manchmal zu Hause und so könnten sie sich dann wegen der Kinder absprechen.
Die Beiden plauderten, als würden sie sich schon lange kennen, längst waren sie zum „Du“ übergegangen.
Dann aber sieht Jutta erschrocken auf die Uhr.
 







Himmel, ich muss Dirk vom Kindergarten abholen!“

Schnell winkt sie die Kellnerin herbei, zahlt und wenig später sitzen sie im Auto.
Vor dem Wohnblock halten sie. Frau Kalupke aus dem 2. Stock verlässt eben das Haus und beobachtet, wie Lieschen vorsichtig und etwas umständlich aus dem Auto steigt.
Jutta hupt, hebt grüßend die Hand und braust davon.
Das ist aber ein schöner Wagen, eine Verwandte von Ihnen?“
Nein, eine liebe Freundin,“ antwortet Lieschen freundlich und eilt schnell ins Haus, um weiteren neugierigen Fragen zu entgehen.
In ihrer Wohnung angekommen schlüpft sie erleichtert aus ihren Straßenschuhen und in ihre ausgetretenen Pantoffeln.
Dann setzt sie vorsichtig das Hütchen ab, zieht die Jacke aus, hängt sie ordentlich an die Garderobe und eilt zum Fenster, um es weit zu öffnen.
Tief atmend genießt sie den schönen Blick über die Dächer der Stadt.
Weit hinten flirren die Berge im Sonnenlicht.
Ihr Blick wandert zum Himmel hinauf.
Mama, heute hätte ich beinahe eine große Dummheit gemacht, aber du hast mir einen Engel gesandt,“ flüstert sie leise.
Morgen geht es weiter!