25.11.2024 Puh der Totensonntag ist vorbei und ab nächsten Sonntag beginnt die Weihnachtszeit.
Als mein Mann in die Rente ging, waren die ersten Wochen nicht einfach, denn er wusste absolut nichts mit sich anzufangen. Also begann er meinen Haushalt anders zu gestalten. Vielleicht kennt ihr noch die Werbung vom HB-Männchen, so war mir oft zumute.
Auch der letzte Lebensabschnitt hat noch schöne Stunden
"Hast du meine Brille gesehen?", fragte Elli ihren Mann. Der grinste. "Du hast sie auf der Nase, liebe Elli!"
Elli grinste auch. "War ein Test!", sagte sie. "Ich wollte nur mal sehen, ob du mich ab und zu mal anschaust!"
"Das kann ja jeder sagen," schmunzelte Karl und betrachtete seine Frau liebevoll.
Wie gut sie noch immer aussah mit ihren sechzig Jahren.
Wenn
er zurückdachte an seine Mutter, die ihm mit Fünfzig schon wie eine
alte Frau vorgekommen war, kam er ins Grübeln. Er und Elli hatten ein
wunderschönes Leben. Seine Mutter hingegen hatte ihr Leben lang nur
gearbeitet, da sie ihn allein, ohne Vater, großgezogen hatte. War es ein
Wunder, wenn sie dadurch schneller gealtert war?
Sicher,
allein schon die technischen Hilfen die heute Frauen zur Verfügung
standen. Er konnte sich noch erinnern wie schwer allein der Waschtag für
seine Mutter war. In großen Pötten die Wäsche kochen, dann herausziehen
und in einem Waschbottisch immer wieder spülen.
Und
heute warf man die dreckige Wäsche nur in die Maschine und diese
machte alles allein, man muss sie nur noch heraus holen und aufhängen
oder gar in den Trockner werfen.
"Ach Elli, wir haben es doch gut, nicht wahr?", seufzte Karl und nahm ihre Hand.
"Ja,
Karl, das haben wir. Ich kann mich nicht beklagen!" Elli lächelte. Sie
hatten wirklich ein gutes Leben. Große Sprünge konnten sie sich nicht
erlauben, aber sie hatten ihr Auskommen und das Wichtigste war: Sie
liebten sich!
Und
doch gab es etwas, das Elli unzufrieden machte.
Seit die Kinder aus dem Haus waren fühlte sie sich gelegentlich unterfordert und es langweilte sie, dass die Tage sich glichen wie eineiige Zwillinge.
Karl war seit ein paar Monaten als Rentner zu Hause und eigentlich war er immer da und wollte alles mit ihr zusammen machen.
Das konnte schön sein, aber es
engte sie auch ein in gewisser Weise.
Früher
hatte sie ihren eigenen Rhythmus im Tagesablauf, nun wuselte ihr Mann
dauernd um sie herum. Obwohl sie ihn sehr liebte, störte es sie doch
manchmal.
Irgendetwas musste sich ändern.
"Was hältst du davon, wenn wir beide einmal ein paar Tage verreisen?", fragte Elli. Karl schaute sie verwundert an.
"Du bist doch diejenige, die eigentlich ihr Zuhause nicht verlassen möchte, oder habe ich mich all die Jahre getäuscht?"
"Das schon, aber wir beide stehen doch nun vor einem neuen Lebensabschnitt. Den sollten wir mit einer schönen Reise beginnen.
Mal abschalten und darüber nachdenken wie wir unser gemeinsames neues Leben gestalten wollen."
"Hm, eigentlich keine schlechte Idee."
"Dann
streichen wir das Wort "eigentlich" mal aus unserem Vokabular und gehen
die Sache gemeinsam an. Wohin sollen wir fahren?", lachte Elli. Sie
stand auf und holte eine Zeitschrift aus dem Regal.
"Schau
mal hier. Die bieten eine Reise für Senioren an, ganz billig, ein
Wochenende in Konstanz, mit Besuch auf der Insel Mainau. Wäre das was
für uns?"
Karl studierte das Angebot, grinste und gab seiner Frau einen Kuss.
"Du
bist die Beste! Weißt du ich war traurig als die Rente immer näher
rückt, hatte Angst vor dem Leben nach dem Beruf. Aber nun zeigst du mir,
dass es auch eine Chance ist, um all das nachzuholen, was man
eingebunden in den Alltag nie machen konnte."
Elli
sah ihn liebevoll an. "Verreist sind wir doch selten, anfangs fehlte es
an Geld, dann kamen die Kinder und je mehr du in deinem Job aufstiegst,
umso weniger Zeit hattest du und wolltest nur noch deine Ruhe."
"Es
war ja auch anstrengend!", verteidigte sich Karl. "Doch, das ist ja nun
Schnee von gestern. Lass uns nach vorn blicken!", schlug er vor.
Bereits eine Stunde später hatten die beiden die Reise gebucht und es begann die Zeit der Vorfreude.
Einige Tage später dann warteten sie am Busbahnhof.
Der Platz füllte sich mit immer mehr Menschen in ihrem Alter.
Elli stieß Karl in die Seite.
"Sind das nicht Herr und Frau Baumgartner aus unserer Straße?"
Das Ehepaar hatte sie nun entdeckt und kam freudestrahlend auf sie zu.
"Wie schön bekannte Gesichter zu sehen."
Der Bus fuhr ein und zischend öffnete sich die Tür. Der Fahrer sprang heraus und begann das Gepäck zu verstauen.
Wenig später saßen alle im Bus.
Das Ehepaar Baumgartner ergatterte einen Platz gegenüber von Elli und ihrem Mann.
"Wir
haben uns ziemlich kurzfristig entschlossen, mitzufahren, denn nun da
Peter im Ruhstand ist, haben wir uns vorgenommen öfter zu verreisen,"
erklärte Frau Baumgartner.
Elli nickte verstehend.
"Wir auch. Endlich mal Zeit für uns."
In Koblenz folgten sie wie Lemminge der Reiseleiterin ins Hotel. Bald hatten alle ihre Zimmer bezogen.
Zum Abendessen traf sich die Reisegesellschaft im Speisesaal,bald
hatten sich Gruppen gebildet und es war selbstverständlich, dass Baumgartners mit Elli und Karl zusammen an einem Tisch saßen.
Später bei einem Gläschen Wein tranken sie Brüderschaft.
Am nächsten Morgen nach dem Frühstück ging es zum Landesteg.
Die Reiseleitern flatterte aufgeregt um sie herum und drückte jedem die Fahrkarte in die Hand.
"Sie umkreist uns wie der Hütehund die Herde," kicherte Elli.
Linda, Peter und Karl grinsten.
Die Fahrt über den Bodensee war wunderschön und viel zu schnell vorbei.
Am
Landesteg stand die Reiseleiterin und drückte jedem die Eintrittskarte
in die Hand teilte ihnen mit, dass die Rückfahrt um achtzehn Uhr sei und
sich die Gruppe hier am Landungsteg pünktlich einzufinden hätte.
Elli kam es vor als würde sie das Paradies betreten. Eine Vielfalt von Blumen in allen Farben breitet sich vor ihnen aus.
Mitten auf dem Rasen stand ein großer wunderschöner Pfau ganz aus Blumen geformt.
Es
gab noch mehr Kunstwerke, drei Entchen schwammen im Kreis in einem See
aus Blumen. Ein Zwerg sah beschaulich in die Gegend und aus einem alten
Auto wuchsen aus Motorhaube, Kofferraum und Fenstern grüne Pflanzen.
Die Männer witzelten, dass sie künftig ihr Auto nicht mehr verschrotten, sondern es in den Garten stellen und bepflanzen.
Sie
schlenderten nun über die Insel, atmeten tief den Duft der Rosen, die
es in 1000 Formen gab, ein.
Daneben gab es Zitrusfrüchte und Dalien und
auch alle Arten von Kakteen konnte man begutachten.
Die beiden Frauen zückten immer wieder die Fotoapparate und stießen bewundernde, begeisterte Rufe aus.
Die Männer aber begannen zu maulen, die Füße taten ihnen weh und sie hatten Hunger.
Also suchten sie eins der vielen Cafes auf.
Nach
einem leckeren Essen, einem gemütlichen Glas Bier für die Herren und
einer Tasse Kaffee für die Damen schlenderten die vier wieder über die
wunderschöne Insel.
Es
gab ja noch soviel zu sehen.
Das Schmetterlingshaus gefiel auch den
Herren, die der vielen Blumen doch leicht überdrüssig waren.
Bald
war es Zeit zum Landesteg aufzubrechen und als sie mit dem Schiff über
den Bodensee zurück nach Konstanz fuhren, waren sie sich einig einen
schönen Tag erlebt zu haben.
Später
auf der Terrasse ihres Hotels bei einem Glas Wein gelobten sie sich,
ihre Freundschaft auch weiterhin zu pflegen und gemeinsam kleine Reisen
miteinander zu unternehmen.
Versonnen ließ Elli den Blick über den Bodensee schweifen und dachte:
'Auch der letzte Lebensabschnitt hielt noch schöne Stunden bereit.'
Lore Platz (2022)
Ein wundervolle Geschichte Lore, gespickt mit vielen Weisheiten.Ja auch die Tage der Rente können schön sein! Man muß nur etwas daraus machen. Ich bekomme direkt Lust auf eine Reise !
AntwortenLöschenSiehe oben liebe Lore. Dem ist nix hinzuzufügen!
AntwortenLöschenLiebe Lore, du hast die Realität beschrieben, so ist es, keine Märchen! Grins! Lg Eva
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