Montag, 30. August 2021

Am Ende des Regenbogens

 Reizwörter: Schatz, Kutsche, kratzen, maulen, steinreich




Am Ende des Regenbogens

 

 "Oma, Oma, wir haben einen Regenbogen gesehen während unseres Wandertages! Der war wunderschön!" 

Oma Emma fing den kleinen Wibelwind auf und setzte ihn auf ihren Schoß. Liebevoll strich sie  über das Haar der Kleinen. 

"Ihr habt heute einen schönen Ausflug gemacht?" "Ja nur wir, die anderen Gruppen nicht, denn wir sind schon groß und Vorschulkinder." 

Lena war ungeheuer stolz, dass sie nächstes Jahr schon ein Schulkind wurde. " Wir haben den Förster Baumann besucht, der hat uns ganz viel über den Wald und die Tiere erzählt, dann fing es zu regnen an und wir liefen ganz schnell ins Forsthaus und die Frau Förster machte uns einen feinen Kakao und dazu gab es Heidelbeerkuchen. Und als wir weiter wanderten sahen wir über dem See einen  wunderschönen Regenbogen. Ich hätte ewig dort stehen können, aber Elfriede maulte, dass ihr die Füße weh taten und wir mussten weiter gehen." 

Die Oma lächelte. "Weißt du, eine Legende erzählt, dass am Ende des Regenbogens ein großer Eimer mit Gold vergraben ist." Lenas Augen strahlten, " erzählst du mir eine Geschichte?" Sie kuschelte sich an die alte Frau und diese begann zu erzählen.

 


" Am Ende des Regenbogens

Linda wohnte am Ende des Dorfes mit ihren Eltern, ihrem Bruder Tomy und ihrer Schwester Marlies, in einer kleinen Holzhütte. Sie waren sehr arm, besonders seit ihr Vater, der Holzfäller war, so schwer verletzt wurde, dass er seinen Beruf nicht mehr ausüben konnte. Die Mutter half stundenweise auf den Bauernhöfen, während der Vater das kleine Feld und den Garten bewrtschaftete. Die Kinder halfen so gut es ging und obwohl sie kaum das nötigste hatte waren sie doch glücklich, denn sie liebten sich und hielten zusammen. 

Doch eines Tages stand der wohlgenährte Bauer Protz vor der Tür und faselte etwas von schlechten Zeiten und dass er deshalb die Miete für das Häuschen, sowie das kleine Feld verdoppeln müsste. Nachdem er gegangen war, stand der Vater kreidebleich im Zimmer, Tomy hatte die Fäuste geballt und der Mutter liefen die Tränen über die Wangen. Marlies aber warf sich in ihre Arme und auch sie weinte. 

Linda aber verließ das Haus und lief in den Wald. Schluchzend saß sie unter ihrem Lieblingsbaum. Was sollte nur werden? "Nanana was hast du denn." Durch den Schleier ihrer Tränen sah sie die alte Kathi, etwas wunderlich nannten die Leute sie, doch Linda mochte sie. Die alte Frau setzte sich neben sie ins Gras und Linda erzählte ihr von dem bösen Protz. Kathi schnalzte mit der Zunge und kratzte sich am Kopf. "Das ist schlimm." Ihre Miene hellte sich auf. " Ich habe eine Idee, man sagt am Ende des Regenbogens ist ein Schatz vergraben, wenn du den finden könntest, dann wäret ihr steinreich und euch wäre geholfen." "Aber wie komme zu dem Regenbogen.""Du musst nur bei Sonnenaufgang immer nach Osten gehen." Achzend erhob sich die alte Frau. lächelte dem Mädchen nochmals zu und verschwand. 

Linda aber lief nach Hause. Still saßen alle beim Abendessen um den Tisch, Jeder hing seinen traurigen Gedanken nach. Nach dem Essen lief Linda mit ihren Geschwistern in den Garten und dort weihte sie diese in ihren Plan ein. Die etwas ängstliche Marlies klammerte sich an ihre Schwester und flehte: " Bleib hier, ich will nicht , dass dir was passiert." "Kleiner Angsthase, ich passe auf mich auf." Tomy aber wollte sie begleiten. doch Linda schüttelte den Kopf. "Ihr müsst bei den Eltern bleiben und sie unterstützen, ich verspreche euch ich finde den Schatz und komme wieder." 

Am nächsten Morgen kurz vor Sonnenaufgang verließ das tapfere Mädchen mit einem Bündel das Haus. Ihre Geschwister winkten ihr vom Fenster aus nach. Als die Sonne aufging prägte Linda sich den Weg nach Osten ein. Unterwegs machte sie eine Pause, trank aus dem klaren Bach und aß etwas von dem Brot, dass so gut nach zu Hause schmeckte. Abends legte sie ich an einem geschützten Platz nieder und am Morgen folgte sie wieder der Sonne im Osten. 

Viele Tag war sie schon unterwegs, ihre Kleider waren zerschlissen und ihre Schuhe hatten Löcher, doch bisher war noch kein Regenbogen zu sehen. Völlig erschöpft brach sie zusammen. So fand sie die Prinzessin des Landes, die ein gutes mitleidiges Herz hatte. Sie bat den Kutscher das völlig erschöpfte Mädchen ins Schloss zu bringen. 

Jetzt ging es Linda gut, sie wurde in ein duftendes Bad gesteckt, in wunderschöne Kleider gehüllt und bekam reichlich zu essen, Sie glaubte zu träumen, als die Prinzessin fröhlich lachte, da merkte Linda dass sie das laut ausgesprochen hatte. 

" Nein du träumst nicht, du bist im Land der glücklichen Leute. Für meinen Vater den König, kommt sein Volk immer an erster Stelle. Für die Kranken hat er ein großes Haus bauen lassen, dort werden sie von den besten Ärzten und Pflegern versorgt bis wie wieder gesund sind und wieder arbeiten können. Alte Menschen. die nicht mehr arbeiten können zahlt er eine Leibrente bis an ihr Lebensende. Elende Armenhäuser gibt es bei uns nicht, aber glückliche Menschen. Aber warum bist du zu uns gekommen?" 

Nun erzählt Linda der freundlichen Prinzessin, von der Arnut zuhause und dem bösen Bauern Protz und wie ihr die alte Kathi von dem Schatz am Ende des Regenbogens erzählt  und ihr geraten hat  immer nach Osten zu gehen. Die Prinzessin ließ ihr fröhliches Lachen erklingen. "Den Goldtopf am Ende des Regenbogens gibt es nicht, dass ist nur eine Legende und niemand könnte ihn finden, denn der Regenbogen verschwindet viel zu schnell. Aber die alte Frau, die dir geraten hat immer nach Osten zu gehen war sehr klug. Sie hat gewusst, dass du eines Tages hier bei uns landen würdest und ich dir helfen werde." 

Und so war es dann auch. Wie staunten Lindas Eltern und Geschwister, als eines Tages eine Kutsche vor ihrem Häuschen hielt. Im ersten Moment erkannten sie Linda gar nicht so hübsch war sie gekleidet, doch dann fielen sie sich alle weinend in die Arme. Die Prinzessin aber nahm die Familie mit ins Reich der glücklichen Leute. Linda hatte zwar keinen Topf voll Gold gefunden, aber liebe Menschen die ihnen halfen und das ist wohl der größte Schatz!"

Lena schwieg eine Weile, dann sagte sie leise:" Wir sind nicht arm und müssen hungern." "Nein, aber es gibt viele Länder in denen die Menschen arm sind und hungern müssen und deshalb sollten wir immer zufrieden sein mit dem, was wir haben."


(c) Lore Platz

Natürlich wollt ihr wissen was Regina und Martina aus den Wörtern gezaubert haben

 


Mittwoch, 25. August 2021

Plauderecke

Dieses Jahr hatte ich viele gesundheitliche Probleme, aber wenn man bald 72 wird, dann hat man eben schon viele Baustellen im Körper, die ab und zu mal aufmucken.

Auch wenn die Knochen öfter murren und krachen, die Hitze die Beine anschwillen lassen, so ist es doch ein großes Glück, der Kopf bleibt klar, die Laune heiter, dann geht es frohgemut doch immer weiter.

Wisst ihr ohne das Internet wäre meine Leben so ganz allein, seit mein Mann verstorben ist, sehr traurig und leer. Ich habe viele liebe Menschen hier gefunden und auch mein Blog macht mir große Freude, denn sich Geschichten ausdenken und andere daran teilnehmen lassen ist ein schönes Gefühle. Vor allem wenn ich immer wieder erfahre, dass einige sich sehr darüber freuen.

Nun habe ich beschlossen meine Geschichten nach und nach als E-Book zu bringen. Nein damit kann und will ich nicht reich werden (mehr als 0,99 € will ich nicht verlangen ) aber ich möchte, dass wenn ich mal nicht mehr bin, ein Stück von mir zurück bleibt.

Aber nun steige für euch mal wieder in mein Archiv und will sehen was ich dort finde.

 


Bestimmt seid ihr auch als Kind vor einem Kasperletheater gesessen und habt mit gezittert, wenn der böse Räuber, die Hexe oder das Krokodil dem Kasperle übel wollten.

Ab und zu kommt im Fernsehen noch eine Aufführung des österreichischen Kaspertheaters und wenn die Kamera dann auf die Kinder schwenkt, das ist einfach zum Niederknien schön.

Wie sie mitfiebern, die einen kämpferisch, die anderen ein wenig ängstlich und manche warnen auch lautstark das Kasperle.

Das älteste Kasperle dürfte wohl das Hohnsteiner Kasperle sein.1921 wanderte Max Jacob aus Hartenstein im Erzgebirge mit den Puppen im Rucksack durch die Gegend und führte seine Stücke vor. 

Dann wurden er und sein Kasperle sesshaft und zwar auf der Burg Hohenstein in der Sächsischen Schweiz.Das war 1928.

Wenige Jahre später und zwar 1936 wurde er für den Film entdeckt und trat in 30 Filmen auf, das Kasperle nicht der

Max.

Auf der Weltausstellung 1937 in Paris erhielt er sogar eine Goldmedaille.

Dann kam der Krieg und Max und sein Kasperle beschlossen, den Soldaten ein bisschen Freude zu schenken.

Doch dann war alles zerstört und auch einem Kasperle vergeht manchmal wegen der Dummheit der Menschen das Lachen.

Doch 1945 beschloss er mit seinem Freund Max Jacob in Hamburg wieder neu anzufangen.

1949 war das Kasperle der erste deutsche Künstler, der nach Schweden eingeladen wurde.

Und 1971 feierte er das 50jährige Bühnenjubiläum.

Menschen kommen, Menschen gehen, aber so ein Kasperle mit seinem Lachen bleibt für immer.

Morgen erzähle ich euch eine kleine Geschichte vom Kasperle Hieronymus, die ich geschrieben habe.


 


Das Kasperle Hieronymus

 

In Burghausen ist wie jedes Jahr Volksfest.Der würzige Duft von Brathendl, Steckerlfisch und Bratwürsten liegt über dem Platz und das Geplärr der Schlager vermischt sich mit dem fröhlichen Gekreische der Kinder.

Die Schausteller wetteifern um die Gunst des Publikums.

Zwischen all den Karussells und Schaubuden steht auch Meister Martins Kasperletheater.

Das Kasperle mit dem fröhlichen Gesicht ist sehr beliebt bei den Kindern und wenn es seine fröhlichen Streiche spielt, dann ist die Bude von Groß und Klein belagert.

Gegenüber gibt es noch ein Kasperletheater.

Doch hier sind sehr selten Besucher zu sehen.

Es gehört dem bösen Sandor und dieser ist sehr eifersüchtig auf Meister Martin.

Fridolin, so heißt das Kasperle sitzt auf der Bühne und blickt sehnsüchtig zu der Bude hinüber, von der immer wieder das schallende Lachen der Kinder ertönt, wenn Hieronymus seine lustigen Grimassen schneidet.

Wie gerne wäre Fridolin jetzt bei Meister Martin und würde mit Hieronymus die Kinder zum Lachen bringen.

Sandor schlurft herein.

Er riecht nach Schnaps und angeekelt wendet sich Fridolin zur Seite.

Ha, du Tropf!“ zischt der Mann und packt das Kasperle grob am Arm.

Schau nur hinüber, wie viele Leute wieder bei Meister Martin sind und wer ist bei uns?

Keiner, weil ich ein Kasperle habe, das nicht einmal Lachen kann!

Er gibt Fridolin einen kräftigen Stoß und wankt zu seinem Bett.Fridolin aber senkt traurig den Kopf.Wie kann ich lachen, wenn ich unglücklich bin, denkt er bitter.

Es ist dunkel.Die Musik ist verstummt.

Karussell und Buden sind geschlossen und die Schausteller schlafen alle in ihren Wohnwägen.

Zufrieden wandert der gute alte Mond über den nachtschwarzen Himmel.

Plötzlich stutzt er. Was ist denn da unten los?

Das ist doch dieser unsympathische Sandor, was will der denn noch so spät auf dem Platz.

Leise, immer wieder um sich schauend huscht Sandor zu Meister Martins Wohnwagen, lauscht einen Moment und schleicht weiter zum Theaterwagen, in welchem die Puppen schlafen.

Blitzschnell öffnet er die Tür, schnappt sich das Kasperle, und steckt es in einen schmutzigen Sack und verschwindet damit in seinen Wohnwagen.

Außer dem Mond hat niemand etwas bemerkt und der kann leider nicht helfen.

In seinem Wagen wirft Sandor den Sack auf die Bank und nachdem er die Vorhänge zugezogen hat, zündet er eine Kerze an.

Dann öffnet er den Sack und lässt Hieronymus heraus.Zitternd steht das Kasperle vor dem Bösewicht, der ihn höhnisch betrachtet. Jetzt ist dir wohl dein dämliches Lachen vergangen, was, hast Angst vor mir, haha, sollst du auch haben.“ Er gibt ihm einen groben Rempler, dass das Kasperle gegen die Tischkante fällt. Sandor aber packt es und wirft es in eine Truhe.

Da bleibst du bis ich mir überlegt habe was ich mit dir anfange.“

Lauernd beobachtet er Hieronymus.

Es sei denn du willst in Zukunft für mich spielen.“ Hieronymus aber schüttelt heftig den Kopf und wütend schlägt Sandor die Truhe zu. Dann angelt er sich die Flasche Schnaps vom Tisch, zieht den Korken mit den Zähnen heraus und nimmt einen tiefen Schluck. Mit der Flasche in der Hand taumelt er zum Bett und bald ertönen laute Schnarchgeräusche.

Hieronymus aber kauert angstvoll in der dunklen Kiste.

Es knarrt und das Herz des Kasperles klopft aufgeregt, kommt der Bösewicht zurück?

Ein Lichtschein fällt in die Kiste, als der Deckel angehoben wird und Hieronymus atmet erleichtert auf, als Fridolins Gesicht über dem Kistenrand auftaucht.

Schnell, er schläft, du musst verschwinden!“ Hieronymus klettert flugs aus der Truhe und rennt zur Tür. Dort dreht er sich noch einmal um.

Komm doch mit, Fridolin, Meister Martin wird dich bestimmt aufnehmen.“

Das würde euch so passen!“

Sandor ist aufgewacht und packt die beiden Kasperle am Kragen.

Er wirft Fridolin in die Truhe.Mit dir befasse ich mich später!“ Hieronymus aber steckt er in den Sack und grollt:

Du willst also nicht für mich spielen, nun dann werde ich dafür sorgen, dass du in Zukunft für niemanden mehr spielen wirst!“



Die außerhalb von Burghausen liegende Mülldeponie ist für Maunz die getigerte Katze ein beliebter Ausflugsort.

Auch jetzt liegt sie auf einem ausrangierten Sofa und lässt sich die warme Sonne auf den Pelz brennen. Doch die Ruhe währt nicht lange.

Flocki, der schneeweiße Malteser jagt in langen Sätzen aufgeregt bellend über den Platz.

Zornig springt Maunz in die Höhe und krümmt fauchend den Rücken.Du dummer Hund, kannst du mich nicht schlafen lassen!“Entschuldige Maunz, aber ich habe etwas entdeckt, dass muss ich dir unbedingt zeigen.“ Die Katze ist schnell wieder besänftigt.

Was ist es denn?“

Flocki macht ein wichtiges Gesicht.

Ein Männchen aus Holz, ulkig sieht es aus und sprechen kann es auch.“ Der Hund dreht sich um und läuft davon.

Maunz folgt auf seidenweichen Pfoten, den Schwanz gestellt und voller Neugier.

Unter Abfällen begraben, nur noch der Kopf ist zu sehen, liegt Hieronymus.

Als er die Tiere erblickt beginnt er laut zu jammern.

Maunz weicht erschrocken zurück, doch dann siegt ihre Neugier.

Sie gleitet vorsichtig näher und beschnuppert das seltsame Ding, das nun wieder zu jammern beginnt.

Ach ojemine, seit zwei Tagen liege ich schon hier und kann mich nicht bewegen.

Könnt ihr mir nicht helfen?“

Flocki schüttelt den Kopf.

Er hat sich die Sache gründlich angesehen.

Nein, hölzernes Männchen, das ist alles viel zu schwer, wir können dich nicht befreien.“

Dann muss ich hier sterben,“ heult das Kasperle laut und dicke Tränen kullern aus seinen Augen.“

Nun stell dich nicht so an, ich werde Hilfe holen!“

Maunz dreht sich um und verlässt die Müllhalde.




 

Bald hat sie das Städtchen Burghausen erreicht.

Mit einem Sprung setzt sie über den Bretterzaun zu Meyers Kohlenhandlung und saust ohne rechts und links zu schauen über die Straße.

Bremsen quietschen.Dummes Katzenvieh!“ brüllt der erboste Autofahrer.

Erschrocken schmiegt sich Maunz an die Hausmauer.

Ihr kleines Herz klopft heftig und ihre grünen Augen sind rund und groß vor Schrecken.

Chip, chip, das war aber knapp.“

Ein kleiner graubrauner Spatz hüpft neugierig näher.

Warum hast du es denn so eilig?“

Flocki und ich haben ein hölzernes Männchen gefunden, das Hilfe braucht und deshalb muss ich zu Vanessa und Peter,“ antwortet die Katze und vergisst, dass sie Spatzen eigentlich gar nicht leiden kann.

Der freche kleine Vogel möchte noch mehr wissen, doch Maunz wird nun ungeduldig und schlägt mit der Pfote nach dem Quälgeist und empört schimpfend fliegt dieser davon.

Maunz eilt nun in großen Sprüngen weiter und ist bald in dem Garten der Familie Braun.

Die vierjährige Vanessa ist bereits aus dem Kindergarten zurück und spielt nun mit Ihrer Puppe Marion.

Sie erschrickt ein wenig, als die Katze plötzlich neben ihr auftaucht.

Musst du dich immer so anschleichen?“ schimpft sie vorwurfsvoll.

Maunz schlägt ungeduldig mit Schwanz.

Nun hab dich mal nicht so, hör lieber zu, ich brauche eure Hilfe.“

Und sie erzählt von ihrem Fund.

Vanessa eilt ins Haus, um ihren Bruder zu holen.

Der Erstklässler sitzt gerade mit gerunzelter Stirn am Tische und versucht lauter „I“ in sein Helft zu kritzeln, die aber immer wieder schief werden.

So ist er heilfroh, als seine Schwester ihn unterbricht und er ist auch gleich bereit zu helfen.

Maunz setzt sich auf die Hinterpfoten und während sie auf die Kinder wartet, säubert sie mit ihrer rauen Zunge das Fell.

Ein Geräusch lässt sie plötzlich die Ohren spitzen.

 


 


Reglos mit schmalen Augen beobachtet sie das Häufchen Laub, in dem es raschelt und rumort.

Geduckt schleicht die Katze hinüber und setzt zum Sprung an. Die Blätter fallen auseinander und heraus kommt ein kleiner putziger Igel, hebt neugierig das spitze Näschen und trippelt auf seinen kurzen Beinchen davon.

Enttäuscht läuft Maunz zu den Kinder, die eben aus dem Haus kommen.

Vanessa hebt die Puppe Marion aus dem Puppenwagen und setzt sie unter den Kirschbaum.

Marion verzieht beleidigt das Gesicht.

Eine Frechheit war das! Bestimmt würden Grasflecken ihr hübsches Kleid beschmutzen.

Aber auch Peter meutert:

Warum willst du dieses Ding da mitschleppen!“

Vanessa schenkt ihm ein überlegenes Lächeln.Denke doch mal nach, das Männchen ist verletzt, vielleicht kann es ja nicht mehr laufen, dann können wir es im Puppenwagen transportieren.“

Ihr Bruder muss ihr Recht geben.

Er verstaut den Erste Hilfe Kasten im Wagen und einträchtig verlassen sie den Garten.

Vanessa, Peter wohin wollt ihr denn, um zwei Uhr gibt es Mittagessen!“ ruft die Mutter, die sie aus dem Fenster beobachtet hat.

Bis dahin sind wir zurück,“ verspricht Peter,und deine Hausaufgaben?“

Mache ich später!“

Schnell gehen sie weiter, bevor der Mutter noch etwas einfällt.

Der Obsthändler Apfelkern steht vor seinem Geschäft, die Hände über der grünen Schürze gefaltet, ein freundliches Lächeln auf seinem rotbackigen Gesicht.

Schmunzelnd betrachtet er die Katze, die es sich im Puppenwagen bequem gemacht habt.

Das ist ja mal eine besonders schöne Puppe,“ lacht er gemütlich, „ na ihr zwei, wollt ihr einen Apfel?“

Vanessa sagt höflich: „Nein danke!“

Doch Peter stößt sie in die Seite und ruft eifrig:Gerne und die Vanessa will auch einen.“

Herr Apfelkern lacht, dass es die Straße hinauf und hinunter dröhnt.

Hahahaaaa! Die Vanessa will keinen Apfel, aber der Peter gleich zwei.“

Noch immer lachend zaubert er aus seiner Schürze eine braune Tüte und füllt sie mit Obst und reicht sie Peter.

Genügt das?“ fragt er schmunzelnd.

Peter nickt und bedankt sich.

Seine Schwester schimpft ärgerlich, nachdem er die Tüte im Puppenwagen verstaut hat.

Nun müssen wir auch noch das ganze Obst mitschleppen und das Männlein wird keinen Platz mehr haben.“

Aber gerade wegen dem Männlein habe ich das Obst genommen, es wir sicher Hunger haben, wenn es solange schon dort draußen liegt,“ verteidigt sich Peter hitzig.

Hm!“ macht Vanessa nur und schweigend marschieren sie weiter.

Flocki kommt ihnen schon entgegen gelaufen und sie folgen ihm zu dem Verschütteten.

Während Peter das Kasperle ausgräbt, fährt Vanessa den Puppenwagen zu dem Sofa.

Sie nimmt die Tüte heraus, öffnet den Verbandskasten und schüttelt die Kissen auf.

Es dauert nicht lange bis Peter mit Hieronimus, voran Flocki und Maunz über den Platz kommen.

Als sie näher treten hält das Mädchen die Luft.

Du stinkst!“ ruft sie entsetzt.

Das Kasperle lächelt kläglich.

Ich weiß, ich liege ja schon zwei Tage unter dem Abfall. Gibt es hier in der Nähe keinen Bach?“

Doch drüben im Wäldchen.“ meint Peter und weist mit der Hand hinüber zum Kiefernwald.

Bald planscht das Kasperle im Wasser und freut sich den ganzen Dreck loszuwerden.

Vanessa wäscht seine Kleider und breitet sie in der Sonne aus. Hieronimus trocknet sich mit einem Büschel Gras ab und Peter hat inzwischen ein großes Pflaster zurecht geschnitten und klebt es auf den verletzten Arm des Kasperles. Vanessa kommt mit den noch feuchten Kleider herüber.

Sie sind leider noch nicht trocken, aber wir müssen nach Hause.“

Warum hast du denn so eilig,“fragt Peter ungeduldig.

Seine Schwester deutet auf den Kirchturm der etwas entfernt noch zu sehen ist.

Die Uhr war aber deutlich zu erkennen.

Es ist bald zwei Uhr und Papa kommt aus der Klinik und du weißt, er mag es nicht wenn wir unpünktlich zum Essen kommen.“

Peter nickt und hilft dem Kasperle in die feuchten Kleider.

Im Garten angekommen führen sie Hieronymus zu der Bank unter dem Birnbaum und drücken ihm die Tüte mit Obst in die Hand und laufen ins Haus.

Na, das war aber höchste Zeit, die Suppe steht schon auf dem Tisch,“ werden sie von Verena empfangen.

Vanessa schmiegt sich an die Mutter.

Aber wir sind doch nur ein klitzekleines Stückchen zu spät gekommen.“

Verena gibt ihr einen Klaps.

Alte Schmeichelkatze!“

Aber nun wascht euch die Hände!“

Die Kinder haben es heute eilig mit dem Essen.

Immer wieder schauen sie ungeduldig zu ihrem Vater, der langsam und bedächtig isst und immer als letzter fertig wird.

Endlich dürfen sie aufstehen!

Hieronymus hat das Obst gegessen und sitzt nun träge und zufrieden auf der Bank.

Die Kinder setzen sich neben ihn.

Glücklich bedankt sich das Kasperle, doch Peter winkt ab und späht neugierig in die Tüte.

Hast du alles gegessen?“

Nein, hier ist noch ein Apfel.“

Peter beißt herzhaft in die Frucht.

Vanessa hat nachdenklich die Stirn gekraust und kaut an der Unterlippe.

Du Hieronymus?“ beginnt sie zögernd,wie bist du eigentlich auf den Müll gekommen?“

Das eben noch lachende Gesicht des Kasperles wird ganz traurig und dicke Tränen kullern über sein Gesicht.

Das Mädchen springt erschrocken auf.

Bitte, bitte, wenn es dir so weh tut, will ich es gar nicht wissen.“

Hieronymus schüttelt den Kopf, wischt sich die Tränen ab, schnieft noch ein wenig, dann erzählt er ihnen von Meister Martin, dem bösen Sandor und Fridolin.

Die Kinder sind sehr nachdenklich und Vanessa seufzt.

Wie es wohl dem armen Fridolin ergangen ist?“

Bestimmt nicht gut,“ meint Hieronymus traurig.

Peter wirft den Apfelbutzen auf den Kompost neben dem Erdbeerbeet und Flocki, der das für ein Spiel hält, springt auf und hechtet japsend hinterher.

Maunz schüttelt den Kopf und schmiegt sich an Peters Knie.

Gedankenverloren krault der Junge die zufrieden schnurrende Katze.

Was willst du nun unternehmen?“ fragt er aus einen Gedanken heraus.

Natürlich werde ich Meister Martin suchen.“

Du wirst ihn bestimmt finden,“ tröstet Vanessa, „ aber nun lasst uns spielen.“

Der Nachmittag vergeht schnell und als die Dämmerung ihre grauen Schleier über das Land breitet, ruft Verena die Kinder herein.

Komm mit Hieronymus, du kannst im Puppenbett schlafen.“

Vanessa nimmt das Kasperle an der Hand und gemeinsam laufen sie ins Haus.

 


Die Sonne verschwindet langsam hinter den Bäumen und überlässt dem Mond ihren Platz.

Die Vögel hören auf zu zwitschern und kuscheln sich in ihre Nester und schließen die Augen.

Der kleine Igel kommt aus seinem Versteck und huscht schnüffelnd durch das Gras.

Auch in der Puppenstube ist Ruhe eingekehrt.

Hatschi!“

Hieronymus richtet sich auf.Gesundheit!“ wünscht er höflich.

Das brauchst du mir gar nicht zu wünschen, denn schließlich bist du schuld, dass ich mich erkältet habe,“ meint die Puppe Marion schnippisch.

Wieso bin ich schuld?“ will das Kasperle wissen, das jetzt hellwach ist.

Deinetwegen hat Vanessa mich auf den kalten Boden gesetzt, wo ich doch sooo empfindlich bin, hatschi!“

 


Marion zieht eine beleidigte Schnute.

Nun habe dich nicht so,“ brummt Teddy, der nun auch aufgewacht ist.

Du sei ganz ruhig, du ungehobelter Klotz. Du weißt ja gar nicht, wie man sich einer Dame gegenüber benimmt!“ zischt die Puppe.

Dame, Zimperliese würde besser passen,“ brummt der Teddy ungerührt.Hach! Egon! Hast du das gehört!“

Marion kneift den feinen Puppenmann in den Arm. Schlaftrunken richtet sich dieser auf.Was ist denn los?“ murmelt er und reibt sich verschlafen die Augen.

Man hat mich beleidigt und du schläfst!“ zetert die Puppe.

Wer, was, der soll nur herkommen, ich mache Kleinholz aus ihm!“ protzt Egon.

Ich war es,“ meldet sich Teddy.

Aber an mich wagst du dich ja nicht ran,“ spottet er gutmütig.

Ach du Teddy, ja, ich hm, tu das nie wieder.“

Der Bär lacht dröhnend.

Du Feigling!“ faucht die Puppe verächtlich.

Was ist denn hier los?“

Agatha, die Schildkröte schiebt sich näher.

Sie lässt ihren schmalen langen Kopf von einer Seite zur anderen pendeln und betrachtet die Bewohner der Puppenstube einen nach dem anderen.

Wer ist denn das!“

Sie deutet auf das Kasperle.

Das ist Hieronymus,“ antwortet der Plüschbär.

Vanessa hat ihn für heute Nacht hier einquartiert, was Marion wohl nicht gefällt!“

Agatha schüttelt den Kopf.

Diese Marion ist doch ein selten egoistisches Ding und dabei noch dumm wie Bohnenstroh,“ brummt sie.

Hach Egon, hast du das gehört! Man war schon wieder unverschämt zu mir!“ kreischt die Puppe.

Die Schildkröte wirft ihr einen verächtlichen Blick zu, zieht Kopf und Beine unter ihren Panzer und ist nicht mehr zu sprechen.Lasst uns wieder schlafen,“ brummt Teddy, zieht sich die Decke über den Kopf und bald hört man sein zufriedenes Schnarchen.

Egon redet noch eine Weile beruhigend auf Marion ein, dann schlafen auch diese Beiden.

Hieronymus aber ist nicht mehr müde.

Er zieht die Beine an, schlingt die Arme um die Knie und wartet sehnsüchtig auf die ersten Sonnenstrahlen, um flugs aus dem Fenster zu klettern.

Die Kinder sind etwas enttäuscht, als sie am nächsten Morgen in die Puppenstube stürmen und das Kasperle nicht mehr vorfinden. Doch sie verstehen, dass er so schnell wie möglich mit seiner Suche nach Meister Martin beginnen möchte.


Hieronymus wandert durch die menschenleeren Straßen.

Langsam erlöschen die Lampen, denn der Morgen dämmert herauf.

Fritz, der Zeitungsjunge radelt fröhlich pfeifend vorbei und wirft eine Zeitung schwungvoll in einen Garten.

Dabei blickt er sich grinsend um und hätte beinahe ein parkendes Auto gerammt.

Geschickt ausweichend setzt er pfeifend seinen Weg fort.

Hieronymus aber geht gedankenverloren die Straße entlang, bis ihn das schrille Klingeln des Bäckerjungen aufschreckt.

Der Junge lacht und bremst am Randstein.

Na, Kleiner, hab dich wohl erschreckt?“

Er greift hinter sich in den Korb mit frischen Semmeln und reicht eine davon dem Kasperle.

Hier für den Schrecken.“

Grüßend tippt er an sein Käppi und radelt weiter.

Hungrig in die knusprige Semmel beißend marschiert Hieronymus weiter.

Bald hat er das Ortsende erreicht.

Er setzt sich ins Gras direkt unter das gelbe Schild.

 

Die Sonne ist inzwischen höher geklettert und beleuchtet die saftigen Wiesen, auf denen die braun gefleckten Kühe träge stehen oder liegen.

Weiter entfernt sieht er einen Schäferkarren, neben dem ein Hund liegt und ringsum sich die Schafe ausgebreitet haben.

Hinter den dunkelgrünen Wäldern erheben sich die Berge, deren Spitzen im Sonnenlicht leuchten.

Hieronymus lässt seinen Blick auf die andere Seite wandern und stutzt.

Dort hinten das ist doch...“

Er hebt die Hand an die Augen und nun kann er es ganz deutlich sehen.

Dort unten in einer Mulde steht ein Zirkuszelt.

Das Kasperle springt auf und jagt den Hang hinunter, sodass die Schafe erschrocken blöken und auch die Kühe erstaunt muhen.

Dort unten ist ein Zirkus und ich werde vielleicht Arbeit finden!“ ruft Hieronymus ihnen zu, stößt einen Jodler aus, schlägt einen Purzelbaum und läuft weiter.

Atemlos hält er inne, als er den Festplatz erreicht.

Als er die Wohnwägen sieht schlägt sein Herz höher. Es erinnert ihn an seine Heimat, den Jahrmarkt. Er tritt zu dem größten Wohnwagen und klopft an.

Die Tür wird aufgerissen und ein lustiges Gesicht mit verschlafenen Kulleraugen guckt heraus.

He, was soll das mitten in der Nacht an die Tür zu donnern!“

Guten Morgen,“ grinst das Kasperle,

ich möchte gerne den Herrn Direktor sprechen.“

Ich bin Direktor Quirin und mir gehört der Zirkus, na dann komm herein, hast mich ja schon aufgeweckt.“

Hieronymus klettert die drei Holzstufen hoch und betritt den gemütlichen Wohnraum.

Der kleine dicke Direktor räumt die Bettdecke beiseite und bittet seinen Gast sich zu setzen.

Er watschelt zum Schrank und holt eine bauchige Kaffeekanne heraus.

Während er einen Topf Wasser auf den Ofen stellt fragt er:

Du willst doch Kaffee?“ 

Du willst doch Kaffee, du willst doch Kaffee“, ertönt ein krächzende Stimme über Hieronymus Kopf und ein schauerliches Lachen ertönt.

Was ist denn das?“ ruft das Kasperle entsetzt.

Der Direktor grinst und zieht die Decke von einem großen Käfig, in dem ein blau gefiederter Papagei sitzt.

Halt den Schnabel alter Dummkopf, steh gerade, warum läuft der dumme Eseln nicht!“ schnarrt der Vogel den Direktor an,

dessen Bauch vor lauter Lachen wackelt.

Darf ich vorstellen, das ist Cäpt`n Cook.“kichert der Direktor.

Langsam erscheint auch auf dem Gesicht des Kasperles ein Lächeln.

Er tritt an den Käfig.

Guten Morgen, Cäptn Cook,“ begrüßt er den Vogel, der ihn mit schief geneigtem Kopf misstrauisch mustert.

Steh nicht so krumm, putz dir die Füße ab, steh gerade, mach kein so dummes Gesicht, halt den Schnabel dummer Vogel,“ schnarrt er plötzlich los.

Hieronymus lacht herzlich.

Er ist immer bei den Proben dabei,“ erklärt Direktor Quirinn,“ aber nun komm, der Kaffee ist fertig.“

Das lässt das Kasperle sich nicht zweimal sagen.

Vergnügt mit beiden Backen kauend, fragt er dann:

Habt ihr Arbeit für mich? Ich mache alles, Ställe ausmisten, Manege säubern, jede Arbeit, die so anfällt.“

Und mit einem flehenden Blicke, bittet er:

Wenn ich nur mit euch reisen darf.“

Nachdenklich mustert ihn Direktor Quirin.

Warum möchtest du denn unbedingt mit uns reisen? Wirst du von der Polizei gesucht?“

Hieronymus schüttelt heftig den Kopf und erzählt nun seine Geschichte, und dass er Meister Martin suchen möchte.

Das ist ja eine tolle Geschichte!“ ruft der Direktor, „ natürlich kannst du mit uns kommen. Wir kommen weit im Land herum und vielleicht finden wir deinen Meister Martin.“

Das Kasperle wirft seine rote Zipfelmütze in die Luft und brüllt: „Hurra!“

Sofort erschallte es über ihm.

Halt den Schnabel, dummer Vogel“

Später lernt dann Hieronymus die anderen der Truppe kennen.

Angela, die Seiltänzerin, Don Fernando, den Dressurreiter, Kasimir den Clown, Samson den Kraftmenschen und die Liliputaner Muck und Puck.

Während er sich mit jedem bekannt macht, kommt plötzlich über den Platz ein behaartes Ding gelaufen, es hat die klauen artigen Hände über den Kopf gehalten, fletscht ein beängstigend großes Gebiss und kreischt, dass Kasperle eine Gänsehaut bekommt.

Vor Schreck fällt er rückwärts in eine Pfütze.

Hinter ihm tönt ein fröhliches „Iaaaah“ und eine weiche Schnauze stößt ihm in den Rücken.

Nachdem das brüllende Gelächter ringsum endlich verstummt ist, wird ihm dann noch Gina, der Schimpanse und der Esel Eulenspiegel vorgestellt.

Hieronymus weiß nicht soll er zornig sein oder lachen, doch als er in die vergnügten Gesichter ringsum blickt, muss auch er lachen.

Kasimir legt ihm kameradschaftlich den Arm um die Schultern.Komm in meinen Wohnwagen, da kannst du dich umziehen auch kannst du bei mir wohnen.

Sie haben doch nichts dagegen Herr Direktor?“

Nein, das ist eine gute Idee, du bist der Einzige, der noch Platz hat.“So wird das Kasperle in die große Zirkusfamilie aufgenommen und hat vorerst einmal eine Heimat.


Viele Wochen sind vergangen.

Kasimir, der Clown, hat mit Hieronymus, Gina und Eulenspiegel eine neue Nummer einstudiert, die ein großer Erfolg wird.

Besonders die Kinder sind ein dankbares Publikum und ihr herzliches, fröhliches Lachen erinnert das Kasperle an den Rummelplatz und Meister Martin.

Ach ja, Meister Martin!

Überall wohin sie kamen, hat Hieronymus sich nach seinem lieben alten Freund erkundigt, doch keiner kannte ihn oder hatte ihn gesehen.

Inzwischen ist er ziemlich mutlos geworden.

Auch jetzt sitzt er auf der Holzumrandung in der Manege und malt mit den Zehen Kreise in den Sand.

Angela betritt das Zelt.

Hier also steckst und bläst wieder Trübsal, hast du eigentlich bemerkt, dass draußen die Sonne scheint? Komm, wir wollen uns die Stadt ansehen.“

Lächelnd folgt das Kasperle dem Mädchen.

Muck und Puck und auch Kasimir, der Cäptn Cook auf den Schultern trägt, schließen sich ihnen an.

Königstein ist eine hübsche Kleinstadt, mit netten sauberen Häusern und freundlichen Menschen.

Dazu scheint noch die Sonne herrlich warm vom Himmel und spiegelt sich in den blank geputzten Fenstern und wirft grün goldene Sprenkel in die Bäume.

Die kleine Gesellschaft bummelt vergnügt durch die Gässchen, bleibt geduldig wartend stehen, wenn Angela ein Schaufenster betrachtet und landet schließlich in einem Straßencafé.

Ein Kellner eilt herbei und fragt nach ihren Wünschen und wird prompt von dem Papagei aufgefordert sich die Füße abzuputzen und kein so dummes Gesicht zu machen.

Mit einem entsetzten Blick auf den Vogel eilt der Kellner zurück ins Café und Cäptn Cook schnarrt:

Warum läuft der dumme Esel nicht!“

Die Zirkusleute lachen immer noch als der Kellner mit ihren Milchshakes zurück kommt.

Hieronymus lehnt sich in seinen Stuhl zurück und betrachtet versonnen die Umgebung, während die anderen sich leise unterhalten und der Papagei neugierig zwischen den Gläsern herum trippelt.

Auf einmal springt das Kasperle auf, dass die anderen erschrocken verstummen und der Papagei laut schimpfende auf einen Ast flattert.

Hieronimus aber stürzt hinaus auf die Straße und fällt einem jungen Mann um den Hals.

Mensch Fridolin alter Junge!“

Hieronymus!“

Die Beiden klopfen sich auf die Schulter und hüpfen wie verrückt im Kreis herum.

Als sie sich wieder beruhigt haben, führt das Kasperle den Freund zu den anderen und stellt ihn vor.

Nachdem auch vor Fridolin ein Milchshake steht, erzählt er ihnen was inzwischen alles geschehen ist:

Als Sandor mit dir verschwunden ist konnte ich mich aus der Kiste befreien und bin sofort zu Meister Martin gelaufen.

Dieser verständigte die Polizei und als Sandor zurück kam wurde er verhaftet, er wurde auch wegen andere Vergehen bereits gesucht.

Doch er hat nie gesagt wohin er dich gebracht hat.

Meister Martin und die Polizei haben die ganze Gegend abgesucht, aber dich nicht gefunden.

Schließlich hat Meister Martin seine Sachen zusammen gepackt und meinte, ohne dich hätte es keinen Sinn weiter zu spielen und er würde sich auf die Puppeninsel zurückziehen.“

Hieronymus laufen die Tränen über das Gesicht.

Der arme Meister Martin! Weißt du denn wo die Puppeninsel ist?“

Fridolin hebt hilflos die Schultern.

Aber nun erzähle doch, wie ist es dir denn inzwischen ergangen.“

Schnell von seinem Kummer abgelenkt berichtet ihm nun das Kasperle wie er zum Zirkus gekommen ist.

Als sie später zurück gehen nehmen sie Fridolin mit.

Während der Vorstellung darf er hinter der Bühne zugucken und als Hieronymus fertig ist nimmt er den Freund mit zu Direktor Quirin.

Das Kasperle stürzt in den Wohnwagen und brüllt:

Herr Direktor wissen sie wo die Puppeninsel ist?“

Sachte, sachte, junger Freund, was ist denn los?“

Hieronymus stellt nun Fridolin vor und erzählt aufgeregt, dass Meister Martin auf der Puppeninsel ist.

Beruhigend hebt der kleine dicke Direktor die Hand.

Das ist doch kein Grund so zu schreien, wo liegt denn diese Puppeninsel?“

Das Kasperle zieht ein langes Gesicht und lässt sich auf den Stuhl fallen.

Ich dachte, das wüssten sie?“

Von einer Puppeninsel habe ich noch nie gehört,“ bedauert der Direktor.

Er watschelt zum Schrank und holt einen dicken Atlas hervor.

Die nächste Stunde verbringen sie nun damit, den dicken Wälzer nach der Puppeninsel zu durchforschen, doch leider vergebens.

Nichts zu machen, die Insel muss so klein sein, dass sie nicht eingetragen ist,“ seufzt

Direktor Quirin und klappt das Buch zu.

Aber das gibt`s doch nicht,“ flüstert Hieronymus und dicke Tränen kullern aus seinen Augen.

Nun lass den Kopf nicht hängen. Überall wohin wir kommen werden wir nach der Puppeninsel fragen und du wirst sehen, irgend jemand kennt sie ganz sicher,“ tröstet der Direktor und Fridolin legt kameradschaftlich den Arm um Hieronymus Schulter. Und es gelingt den Freunden ihn wieder aufzuheitern.


Und wieder vergehen einige Wochen.

Noch immer wissen sie nicht, wo die Puppeninsel liegt.

Niemand hat je von ihr gehört und das Kasperle wir immer mutloser.

Eines Tages gastiert der Zirkus in einer Hafenstadt.

Es ist Nachmittag.

Die Tiere sind versorgt und die Artisten ruhen sich aus, um abends bei der Vorstellung fit zu sein.

Nur Hieronymus findet keine Ruhe.

Allein mit seinen traurigen Gedanken schlendert er durch die Straßen und erreicht schließlich den Hafen.

Dort lehnt er sich an die Kaimauer und sieht sehnsüchtig hinüber zu den Schiffen.

Ach könnte ihn doch eines zu der Puppeninsel bringen.

 


Eine Möwe trippelt auf langen Beinen eilig die Mauer entlang und pickt sich ihr Futter aus den Ritzen.

He! Warum guckst du so traurig,“ fragt sie und betrachtet ihn mit schief geneigtem Kopf.

Ich hab soooo großen Kummer,“ jammert das Kasperle und dicke Tränen laufen über seine Wangen.

Na, na wird schon nicht so schlimm sein,“ brummt die Möwe und tritt verlegen von einem Bein auf das andere.

Erzähl mir`s doch, vielleicht kann ich dir helfen.“

Das glaube ich nicht,“ lächelt das Kasperle unter Tränen, „ oder weißt du vielleicht wo die Puppeninsel ist?“

Natürlich weiß ich das!

He was machst du denn!“ stammelt der Vogel, denn Hieronymus hat ihn in seiner Aufregung gepackt und schüttelt ihn heftig.

Mit einem kräftigen Schnabelhieb befreit sich die Möwe.

Du verrückter Kerl knickst mir ja die ganzen Federn.“

Tut mir leid, aber ich war so aufgeregt, aber bitte sag mir doch, wo liegt die Puppeninsel!“

Die Möwe zupft an ihren Federn, dabei wirft sie ab und zu einen ärgerlichen Blick auf das Kasperle, dann muss sie doch lachen.

Du bist schon ein komisches Kerlchen, aber wo die Puppeninsel liegt, kann ich dir schlecht erklären, das müsste ich dir schon zeigen. Versuche ein Schiff zu finden, das dich mitnimmt und komme morgen wieder hierher, ich werde dich dann begleiten.“

Kasperle aber rennt zurück zum Zirkus und stürmt in die Manege.

Angela wäre vor Schreck beinahe vom Seil gefallen.

Bist du verrückt geworden!“

Unsinn, tut mir leid, aber stell dir vor ich habe jemanden getroffen, der die Puppeninsel kennt.“

Angela schwingt sich vom Seil.

Das ist ja prima, erzähl doch!“

Nein, nein, ich muss erst Fridolin suchen.

Wir treffen uns nachher alle in Kasimirs Wagen.

Wenig später sitzen die Freunde alle zusammen im Wohnwagen und Kasperle erzählt ihnen von der Möwe.

Wie aber willst du denn auf die Insel kommen?“ fragt Don Fernando.

Heute Abend nach der Vorstellung werde ich zum Hafen in die Kneipen gehen, vielleicht finde ich dort einen Kapitän der mich mitnimmt,“ meint Hieronymus hoffnungsvoll.

Aber sei vorsichtig, es gibt auch Spelunken im Hafen, in denen sich allerlei Gesindel herum treibt,“ warnt Kasimir, der schon einmal hier war.

Ein heftiges Pochen an der Tür stört die Versammlung und Samson steckt den Kopf durch den Türspalt.

Hallo, ihr Trödler, beeilt euch die Vorstellung beginnt gleich.“

Nun beginnt ein hektisches Gerenne.

Wie immer verläuft die Vorstellung reibungslos und die begeisterten Zuschauer applaudieren heftig.

Nach der Vorstellung begleiten der Direktor und alle Artisten das Kasperle zum Hafen und sie finden tatsächlich einen Kapitän, der sich bereit erklärt Hieronimus auf die Puppeninsel zu bringen.

Das Geld aber bekommt er von Direktor Quirin als Abschiedsgeschenk.

(c) Lore Platz