Zur Zeit habe ich einfach keine Lust zum plaudern, manchmal denke ich, die ganz Welt spielt verrückt und die Wahl, oweh mir graust. Dann will ich mal im Archiv schauen, ob ich nicht etwas ganz besonderes finde in meiner Zauberwelt.
Der
Tanz der Feen
Roswitha
wird wach. Sie setzt sich im Bett auf und weiß im ersten Moment
nicht wo sie ist.
Dann
fällt es ihr wieder
ein. Gestern sind ihre Eltern und sie bei der Oma angekommen und sie
liegt in Omas Bett.
Schnell
klettert sie aus dem großen altmodischen Bettgestell und läuft
barfuß zur Tür.
„Witta,
wo willst du hin?“
Die
Kleine dreht sich zu ihrer Oma um, die im Lehnstuhl am Fenster sitzt.
Erleichtert
klettert sie auf deren Schoß und kuschelt sich zufrieden an die alte
Frau. „Ich wollte dich suchen, als du nicht mehr neben mir lagst.“
Liebevoll
streicht Frau Gartner
ihrer Enkelin über das Haar.
Still
sehen sie dann beide in den Garten, der im silberhellen Licht des
Mondes geheimnisvoll und etwas gespenstisch wirkt.Etwas
bewegt sich unter den Bäumen und Roswitha
ruft:
„Das
ist bestimmt eine Maus!“
„Oder
ein kleiner Zwerg, der zur Feenwiese will, um ihnen beim Tanz
zuzuschauen.“
„Tanzen
denn die Feen heute Nacht?“
„Jede
Vollmondnacht treffen sich die Feen, es sind zwölf an der Zahl, auf
der Feenwiese, um zu tanzen und Wichtel, Zwerge, Elfen und die Tiere
des Waldes kommen um ihnen zuzusehen. Anschließend gibt es dann ein
großes Fest.
Der
Wichtel Puck, der noch viel zu klein war und deshalb zu Hause bleiben
sollte, machte sich einmal ganz allein auf den Weg, weil er unbedingt
auch die Feen tanzen sehen wollte.
Willst du die Geschichte hören.
Roswitha
nickt heftig und kuschelt sich zufrieden an die Oma.
Der
Tanz der Feen
„ Mitten
in einem großen schönen Wald steht eine alte knorrige Eiche. Sie
ist schon sehr alt und selbst der heftigste Sturm kann ihr nichts
anhaben, denn ihre starken langen Wurzeln sind tief in der Erde
verankert. Und
gleich neben der dicksten Wurzel liegt ein Eingang.
Ein
großes Schild hängt da, auf dem steht:
Familie
Wurzelpurzel.
Vater
Knorke hat dieses Schild höchst persönlich gemalt.
Zwei
große Eicheltöpfe mit Farbe hat er dafür gebraucht.
Neben
dem Schild führt ein Geländer abseits direkt in eine große
gemütliche Wohnküche.
Vier
Türen führen in die Zimmer von Vater Knorke und Mutter Primella,
Sohn Fredjo, Tochter Bellina und Puck, dem Jüngsten.
Die
Möbel hat Meister Specht gezimmert, die Bettwäsche und Tischdecken
wurden von Madame Seidenraupe gefertigt. Und Frau Spinne webte die
zarten filigranen Gardinen .
Das
Geschirr hat Knorke selbst geschnitzt, wofür ihm die Buche
freundlicherweise etwas Holz überließ.
Und
den wunderschönen silbergrauen Teppich, der die Küche noch
wohnlicher machte, hat ihnen die Bartflechte zum Einzug geschenkt.
Still
war es in der kleinen Wohnung, denn sicher schliefen alle. War es
doch auch schon tiefe Nacht.
Doch
da öffnen sich
drei der Türen. Knorke und Primella
kommen
aus ihrem Schlafzimmer und auch Fredjo und Bellina verlassen
ihre Zimmer.
Alle
verhalten sich ganz leise, damit sie den kleinen Puck nicht wecken.
Doch
der hat längst etwas bemerkt und steckt nun verschlafen seinen Kopf
durch den Türspalt.
Überrascht
reißt er die Augen auf und kommt in die Küche.
„Seid
ihr aber hübsch angezogen, wo wollt ihr denn so spät noch hin?“
Dann
fällt es ihm wieder ein.
„Ihr
wollt zum Tanz der Feen und mich wollt ihr hier lassen!“ ruft er
empört.
„Du
bist noch zu klein, geh zurück ins Bett!“ befiehlt der Vater.
Puck
zieht einen Flunsch.
„Immer
heißt es, ich bin noch zu klein. Das ist ungerecht!“
mault
er, geht aber zurück in sein Zimmer, denn wenn der Papa so streng
guckt, sollte man lieber folgsam sein.
Schlaflos
wälzt er sich im Bett herum. Er kann einfach nicht mehr einschlafen,
selbst wenn er ganz fest die Augen zusammen presst.
Schließlich
springt er aus dem Bett und zieht sich an. Wenn sie ihn schon nicht
mitnahmen, dann würde er eben allein gehen.
Als
er aber hinaus in die Dunkelheit tritt, da wird ihm doch etwas eigen
zumute. Noch nie war er nachts alleine im Wald gewesen. Auch wenn der
Mond leuchtet, so sieht der Wald doch eher gespenstisch aus. Soll er
wirklich das Wagnis eingehen?
Zögernd
bleibt er stehen. Doch der Gedanke an das Abenteuer ist zu
verführerisch und dem Ruf der
Freiheit kann er einfach nicht widerstehen.
Er
steckt die Hände fest in die Taschen, zieht den Kopf etwas ein und
stapft los.
Krampfhaft
versucht er das Rascheln ringsum zu überhören und geht unverdrossen
weiter.
Schließlich
ist er ja ein tapferer keiner Wichtel.
Plötzlich
rauscht es dicht neben ihm, etwas streift ihn und eine Eule fällt
kopfüber neben ihn auf den Boden.
Ächzend
erhebt sie sich und richtet zeternd ihr Federn.
„Puck,
dummer Bub was treibst du dich mitten in der
Nacht
im Wald herum, beinahe hätte ich dich gefressen, weil
ich dich mit einer Maus verwechselt habe!“
„Aber
ich sehe doch nicht wie eine Maus aus!“
Frau
Eule wird etwas verlegen.
„Naja,
du weißt doch meine Augen sind nicht mehr die Besten.“
Der
Wichtel kichert.
„Und
ihr seid zu eitel, um die Brille zu tragen, die euch Doktor
Augentrost gebastelt hat.“
Frau
Eule schnaubt nur verächtlich.
„ Was
machst du überhaupt so spät im Wald?“
„ Ich
will zum Tanz der Feen, fliegt ihr vielleicht auch dahin, dann
könntet ihr mich doch mitnehmen.“
„Pah,
habe besseres zu tun und du solltest auch lieber nach Hause gehen.“
Traurig
sieht Puck ihr nach, doch dann geht er mutig weiter.
Dachse,
Luchse, Schlangen, Marder, und ein Rudel Rehe eilen an ihm vorbei.Nur
ein Kaninchen bleibt stehen und fragt, ob er mitkommen will.
Erfreut
nickt Puck, doch da spitzt das Kaninchen seine beweglichen Ohren, mit
denen es Geräusche aus verschiedenen Richtungen wahrnehmen kann.
„Tut
mir leid Kleiner, da kommt der Fuchs!“
Und
es verschwindet in den Büschen.
Wenn
später taucht der Fuchs in Begleitung von Frau Fledermaus auf und
die beiden nehmen den kleinen Wichtel ein Stück mit.
Doch
mit seinen kleinen strammen Beinen kommt Puck nur langsam vorwärts
und die beiden verlieren die Geduld und lassen ihn stehen.
„Du
kannst ja mit mir mitkommen, ich bin auch nicht sehr schnell.“
Sabine
Schnecke hält neben Puck und nun gehen die beiden gemeinsam weiter.
Dann
aber bleibt Sabine Schnecke keuchend stehen.
„Ich
kann nicht mehr weiter,“ und sie verschwindet in ihrem Haus.
Etwas
ratlos wartet der Wichtel, dass Sabine wieder hervor kriecht.
Doch
leise Schnarchtöne zeigen, dass die Schnecke eingeschlafen ist.
Mutlos
lässt sich Puck ins Moos sinken. Wäre er doch nur zu Hause
geblieben. Dicke Tränen rollen über seine Wangen.
„Warum
weinst du denn Puck?“
Malwine
Eichhorn sieht den Wichtel besorgt an. Schluchzend
erzählt ihr Puck seinen Kummer.
Malwine
lacht. „Komm, ich bringe dich zur Festwiese.“
Über
ihren buschigen Schwanz krabbelt Puck auf den Rücken des
Eichkätzchens und nun geht es schnell über Stock und Stein.
Bald
haben sie die Wiese der Feen erreicht und Malwine bringt den kleinen
Wichtel zu seinen Eltern.
Die
sind sehr überrascht, aber sie schimpfen nicht und Papa Knorke nimmt
seinen kleinen Sohn auf den Arm, damit er besser sehen kann.
Ein
Faun erscheint und setzt sich auf den Ast eines Baumes. Er hebt seine
Panflöte an die Lippen und eine wunderschöne einschmeichelnde
Melodie erklingt.
Die
zwölf Feen schweben auf die Wiese.
Ihre
pastellfarbenen Kleider wehen um ihr grazilen Gestalten und in den
langen Haaren sind Blumen eingeflochten.
Sie
stellen sich auf die Zehenspitzen, heben die Arme und beginnen zu
tanzen.
Atemlose
Stille herrscht auf den Platz, denn alle sind bezaubert von den
anmutigen Bewegungen der Tänzerinnen.
Am
Ende des Tanzes fassen sich die Feen an den Händen und schweben nach
oben.
Sie
rücken zusammen, als wären sie eins und von den Büschen und Bäumen
lösen sich die Glühwürmchen und formieren sich über den Köpfen
der Feen zu einer Krone.
Einige
Sekunden bleibt dieses Bild, dann löst es sich auf.
Die
Glühwürmchen kehren zurück auf die Bäume und die zwölf Feen
schweben langsam auf die Wiese.
Sie
versinken in einen tiefen, majestätisch anmutenden Knicks.
Der
Feenkönig tritt aus dem Dunkel der Bäume und neigt dankend das
Haupt.
Dann
deutet er auf die im Hintergrund gedeckten Tische und erklärt das
Fest als eröffnet.
Herrschte
bis jetzt atemlose Stille, so wird es jetzt um so lauter.
Bis
zum Morgengrauen dauert das Fest und Puck ist schon längst im Arm
seiner Mutter eingeschlafen.“
Frau
Gartner streicht liebevoll eine Strähne aus dem Gesicht von Roswitha.
„Du
hast ja auch schon ganz kleine Augen, komm wir gehen schlafen.“
Sie
schlüpfen ins Bett und das Mädchen kuschelt sich an die Oma und ist
gleich darauf eingeschlafen.
Die
alte Frau aber liegt noch lange wach, denn bei Vollmond fällt es ihr
schwer einzuschlafen.
Doch
irgendwann schläft auch sie.
©
Lore Platz