Habt ihr euch auch vor dem Niklolaus gefürchtet, ich schon, obwohl ich ein braves Kind war. Doch der Rupprecht der den heiligen Mann begleitete war richtig Angsteinflößend. Meistens steckten unter der Maske junge Burschen, denen es Vergnügen machte die Kinder zu erschrecken.
Ob Ingelore auch den Nikolaus trifft.
Nun aber viel Spaß beim Lesen!
Als Ingelore heute in der Villa eintraf, empfing Grete sie mit einem Kichern, kopfschüttelnd betritt das Mädchen das Zimmer in dem Frau Naumann und ihre Tochter schon auf sie warten.
"Was hat Grete denn?"
"Die ist in Weihnachtsstimmung," lächelt Frau Naumann und als Ingelore sich gesetzt hat, beginnt sie zu lesen.
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bonmomo |
„Der
alte Krishna erzählt
Tobias
setzt den letzten Punkt unter seinen Aufsatz. Geschafft! Er stopft
das Heft in den Schulranzen und springt auf, um dann polternd die
Treppe hinunter zu laufen.
Er
schnürt gerade seine Stiefel, als die Mutter mit seiner kleinen
Schwester an der Hand vom Keller herauf kommt.
„Tobi,
bist du so lieb und nimmst Andrea mit, heute kommt Frau von Ützen
zur Anprobe und du weißt sie ist immer sehr eigen und vor allem
empfindet sie
Kinder
als störend.“
Seine
Mutter war Schneiderin und der Vater hatte ihr im Keller ein Atelier
eingerichtet und sie war sehr erfolgreich.
„Warum
kann denn Lisa nicht aufpassen!“
Lisa
war das Nachbarmädchen, sie war schon Studentin und besserte gerne
ihr Taschengeld durch Babysitten auf.
„Lisa
schreibt morgen eine Klausur und muss lernen, bitte mein Großer!“
Der
Zehnjährige nickt und hilft seiner kleinen Schwester in den
Schneeanzug.
Andrea
freut sich, sie liebt ihren großen Bruder und geht gerne mit ihm.
Auch
Tobias liebt seine kleine Schwester, aber heute wollte er mit seinem
Freund Bertram am Hang zum Rodeln gehen, aber mit der Kleinen war das
nicht möglich.
Er
nimmt Andrea an die Hand und sie gehen den kurzen Weg zum dem Haus,
in dem Bertram wohnt.
Dieser
öffnet mit missmutigem Gesicht, doch als er Andrea sieht, grinst er.
„Du
auch? Ich muss Elke mitnehmen, denn meine Mutter muss zum Zahnarzt.“
Frau
Mertens kommt in den Flur, ihre Backe ist geschwollen, doch als sie
Andrea sieht, lächelt auch sie.
„Da
wird Elke sich aber freuen und Bertram wird auch nicht mehr so
grummelig sein, wenn ihr beide heute Babysitten müsst.“
Die
beiden Mädchen laufen Hand in Hand voraus, während sie Jungen ihnen
langsam folgen.
Etwas
sehnsüchtig sehen sie zum Hang hinüber,wo die Kinder johlend auf
Schlitten oder Plastiktüten hinunter rutschen.
„Was
machen wir nun?“ will Bertram wissen.
Tobi
zuckt die Schultern, doch dann hat er eine Idee.
„Wir
gehen zu Krishna!“
Krishna
war der alte Schäfer des Dorfes und wohnte mit seinen Schafen in
einem umgebauten Schuppen.
Er
war früher zur See gefahren und konnte wunderbare Geschichten
erzählen, von Haien, Löwen und Tiger, ja, einmal war er sogar im
Bauch eines Walfisches gefangen.
Und
beinahe wäre er auch in einem Suppentopf bei den Kannibalen
gelandet.
Bald
sitzen sie auf Heuballen bei dem alten Schäfer im Schuppen und
hoffen auf eine Geschichte .
Der
alte Mann hat aus dem Nebenraum, in dem sich eine kleine Küche
befindet für alle Kakao geholt und
nun
hat jedes der Kinder einen warmen Pott zwischen den Händen und
aufmerksam beobachten sie Krishna dabei, wie er seine Pfeife stopft.
Der
alte Schäfer lächelt und meint:
„Gefällt
euch wohl meine Pfeife, joo Kinders die bekam ich mal als junger
Mann, vom Hl. Nikolaus geschenkt, zum Dank dafür, dass ich den
Knecht Ruprecht vertreten habe.
Wollt
ihr die Geschichte hören?“
Die
Kinder nicken eifrig und selbst die Schafe blöken und drängen näher
ans Gatter, als wollten auch sie zuhören.
Arno,
der Schäferhund legt sich zu Füßen seines Herrn, der genüsslich
an seiner Pfeife zieht und beginnt:
„ Als
junger Mann bin ich zur See gefahren, wie ihr ja wisst, war eine
schöne Zeit.
Nur
meiner alten Mutter, der war es nicht recht, wenn ich nur alle paar
Monate nach Hause kam.
Wieder
einmal hatte ich Landurlaub und stapfte mit meinem Seesack auf den
Schultern durch den Wald, durch den man zum Haus meiner Mutter kam.
Da
hörte ich plötzlich ein komisches Geräusch, leise ging ich weiter,
denn man konnte ja nie wissen, was einem so begegnet im Wald.
Da
sah ich doch einen Schlittern, der umgekippt im Schnee lag und in
einem großen Schneehaufen steckte kopfüber ein Bär!
Nun
ging ich vorsichtig näher, bisschen bange war mir schon, aber ich
konnte das arme Tier ja nicht so liegen lassen.
Also
fasste ich von hinten an das zotteligen Fell und zog kräftig daran.
Auf
einmal gab es einen Ruck und beide saßen wir im Schnee.
Nu
fing doch der Bär plötzlich zu sprechen an und ich sah, dass es ein
potthässlicher Kerl war, der nur einen zotteligen Mantel anhatte.
„Danke
Krishna,“ stöhnte er, „ich hätte beinahe keine Luft mehr
bekommen.
„Woher
kennst du mich denn?“ fragte ich perplex.
„Ich
kenne dich schon seit deiner Kindheit, warst ein wilder Bursche und
hast deiner Mutter viel Kummer gemacht, mehr als einmal musste ich
die Rute da lassen. Ich bin nämlich Knecht Ruprecht!“
„Und
wo ist der Hl.Nikolaus?“
„Der
besucht gerade einige Kinder im Dorf.
Ich
sollte im Schlitten warten, weil einige Mädels sich so fürchten vor
mir.
Und
weil mir langweilige war, bin ich ein wenig spazieren geflogen, aber
nicht hoch genug, habe mich in den Bäumen verheddert und diese
Bruchlandung hingelegt. Hilf mir mal hoch!“
Immer
noch verdatterte half ich ihm auf die Beine, doch mit einem Stöhnen
kippte er wieder um.
Ich
konnte ihn gerade noch festhalten und half ihm sich auf meinen
Seesack zu setzen.
Er
rieb sein Bein. „Ich denke es ist gebrochen,“ jammerte er.
Da
ich etwas von Heilkunde von meiner Mutter gelernt hatte, untersuchte
ich das stark geschwollene Bein. Es war nicht gebrochen, aber wohl
verstaucht.
Aber
wisst ihr was Kinners, der olle Kinderschreck jammerte wie eine
Memme.
Dann
kam der Hl. Nikolaus in Begleitung zweier Engel zwischen den Bäumen
auf uns zu.
Der
heilige Mann betrachtete kopfschüttelnd das Häufchen Elend, das da
zusammen gekauert auf meinem Seesack hockte, dann sah er hinüber zu
dem umgestürzten Schlitten.
„Denkst
du Krishna, du kannst den Schlitten alleine aufrichten, Ruprecht wird
dir wohl nicht helfen können.“
Dieser
zog den Kopf ein und wurde tatsächlich rot.
Bald
hatte ich den Schlitten wieder startbereit.
Ich
warf meinen Seesack auf den Rücksitz und half dem ollen Ruprecht,
der keinen Laut von sich gab
und
kein bisschen mehr jammert, hinauf.
Die
Engel kletterten auch auf den Seesack und hüpften kichernd darauf
herum.
Ich
selbst aber klemmte mich hinter das Steuer und der Hl. Mann setzte
sich neben mich.
„Denkst
du, du kannst den Schlitten fahren?“ fragte der Nikolaus.
Ich
besah mir die vielen Knöpfe und meinte etwas großspurig:
„Wer
einen großen Dampfer fahren kann, der kann auch so ein kleines Ding
vorwärts bringen!“
„Na,na!“
meinte der Hl. Nikolaus.
Ich
ließ mir von Knecht Ruprecht die vielen Knöpfe erklären, dann
drückte ich vorsichtig auf den Startknopf.
Der
Schlitten ruckelte ein wenig, hopste in die Höhe und blieb still
stehen.
Nach
einigen Versuchen hatte ich es raus wie man das Ding in Bewegung
setzte und potzblitz standen wir vor Mutterns Hütte.
Die
Gute war ganz aufgeregt, als wir plötzlich alle in der Stube
standen.
Sie
führte den Bischof zu ihrem Lieblingssessel am Kamin und den Engeln
drückte sie jedem einen Keks in die Hand.
Ich
hatte Knecht Ruprecht inzwischen bei der Ofenbank abgeladen, der
keinen Mucks abgab, denn er schämte sich wohl vor dem hl.Mann
Als
ich ihm mit meinem Messer den Stiefel aufgeschnitten hatte, begann
das Bein anzuschwellen wie eine rote Melone.
Meine
Mutter holte gleich ihre Töpfchen mit Salben und Tinkturen und ich
setzte mich an den Tisch und suchte nach meiner Pfeife.
Dann
fiel mir ein, dass sie ja auf der letzten Reise über Bord gefallen
war und sich nun sicher der Wassermann daran erfreute.
St.
Nikolaus aber bat mich, ihn doch anstelle von Knecht Ruprecht zu
begleiten, denn so wie es aussieht, wäre der im Moment keine große
Hilfe.
Sie
müssten nur noch die umliegenden Dörfer besuchen, dann ging es
zurück in den Himmel.
Natürlich
sagte ich zu und bemerkte, dass meine Mutter mächtig stolz auf mich
war.
Ich
schlüpfte also in den zotteligen Mantel von Knecht Ruprecht.
Als
dieser mich darauf hinwies, dass in der rechten Manteltasche die Rute
steckt, schüttelte ich den Kopf.
„Ne,
ich erschrecke keine kleinen Kinder und schlage sie auch nicht!“
„Musst
du auch nicht, du kannst im Schlitten draußen warten. Es sind
überwiegend brave Kinder die wir besuchen und bei den wenigen
Raubauken, genügt es wenn du durch das Fenster guckst.
Gerade
die Wildesten fürchten sich am meisten.
Und
Knecht Ruprecht schlägt auch keine Kinder, das würde ich nie
erlauben. Er übertreibt es nur manchmal mit seinen Drohungen.“
beruhigte mich der Nikolaus.
Dann
ging es los. Schneller als der Wind sausten wir durch die Gegend und
es war weit nach Mitternacht, als wir wieder vor Mutterns Hütte
standen.
Knecht
Ruprecht saß auf der Ofenbank, das dick verbundene Bein auf einem
Schemel und schlürfte mit vergnügtem Gesicht eine Tasse Kakao.
Bald
hatten auch wir jeder eine Tasse Kakao in der Hand, dazu hatte
Muttern eine große Platte mit belegten Broten gemacht und freute
sich wie wir reinhauten.
Wir
erzählten und lachten bis die Sonne aufging, dann weckten wir die
Engel, die auf dem Sofa eingeschlafen waren und ich half Knecht
Ruprecht auf den Schlitten.
Diesmal
musste er fahren, aber da dank meiner Mutter sein Fuß nicht mehr
schmerzte war er ganz fidel.
Bevor
sie abfuhren reichte der Hl. Nikolaus mir diese wunderschöne Pfeife
und Muttern bekam ein warmes Wolltuch und eine schöne Schatulle für
allerlei Krimskrams.
Wir
winkten ihnen noch nach, bis sie nur noch ein kleiner Punkt am
Horizont waren.
Die
Pfeife aber habe ich bis zum heutigen Tag in Ehren gehalten.“
Eine
Weile ist es still, dann seufzen die Mädchen, das war eine schöne
Geschichte.
Tobias
aber sieht auf seine Armbanduhr, die er zum Geburtstag geschenkt
bekommen hat und meint bedauernd:
„Nun
müssen wir leider nach Hause.“
Sie
bedanken sich bei Krishna für die heiße Schokolade und die tolle
Geschichte, dann verlassen sie die Scheune.
Während
die Mädchen kichernd voraus laufen, sind die beiden Jungen
auffallend still.
„Denkst
du, die Geschichte ist wahr?“ fragt Tobi seinen Freund.
Bertram
zuckt mit den Schultern.
„Mein
Vater sagt, dem Krishna darf man nicht alles glauben, er spinnt gerne
Seemannsgarn.“
„Was
ist das?“
„Keine
Ahnung!“
Da
trifft ihn ein Schneeball.
Die
Mädchen haben sich kichernd hinter den
Büschen
versteckt und bewerfen sie von dort mit Schneebällen.
„Na
wartet!“
Die
Jungen bücken sich und formen nun ebenfalls Schneebälle und bald
sind sie mitten in einer fröhlichen Schneeballschlacht.
In
diesem Moment pocht es an der Tür, Ketten rasseln und donnernd
schlägt etwas blechernes zusammen.
Ingelore
zuckt zusammen und blickt erschrocken zur Tür.
„Was
ist denn da draußen los?“
Frau
Naumann tauscht mit ihrer Tochter einen amüsierten Blick.
Gretchen
hat es wohl zu sehr übertrieben.
Schmunzelnd
meint Andrea.
„Nun
Ingelore heute hat doch der St. Nikolaus Geburtstag. Vielleicht will
er dir einen Besuch abstatten.“
Das
Mädchen lacht.
„Der
Nikolaus ist doch eine Legende und außerdem klang das so,als würden
die Köchin und Gretchen einige Töpfe zusammen schlagen.“
Andrea
beißt sich auf die Lippen, um nicht laut loszulachen.
Das
Kind war einfach zu schlau.
„Weißt
du was, wir sehen einfach mal nach.
Sie
nimmt Ingelore an der Hand und öffnet die Tür.
Es
ist niemand im Flur zu sehen.
Gretchen
und die Köchin haben sich versteckt und beobachten leise kichernd
was jetzt geschah.
Ingelore
sucht mit den Augen den Flur ab dann fällt ihr Blick auf ein Paar
wunderschöne Stiefel.
Sie
lässt vor Freude einen Quietscher los und bückt sich.
Mit
den Stiefeln unter dem Arm und einer Leinentasche in der anderen Hand
kommt sie ins Zimmer zurück.
Sie
stellt die Tasche vorsichtig auf den Tisch und setzt sich auf den
Boden, um in die Stiefel zu schlüpfen.
Dann
stolziert sie durch die Stube.
Frau
Nauman beobachtet sie schmunzelnd.
„Und
passen sie?“
Das
Mädchen nickt begeistert, dann fällt sie abwechselnd Mutter und
Tochter Naumann um den Hals.
„Danke,
danke!“ stammelt sie.
Andrea
lächelt. „Hast du denn schon in die Tasche
geguckt.“
Ingelore
schüttelt den Kopf und eilt zum Tisch. Vorsichtig zieht sie ein
Hexenhäuschen aus dem Beutel und betrachtet es entzückt.
Die
Hexe stand vor dem Häuschen mit Hänsel und Gretel, auf dem Dach
krümmte eine schwarze Katze ihren Rücken und die freie Fläche um
die Figuren und zwischen den zwei kleine Tannenbäumen waren mit
Süßigkeiten gefüllt.
„Dieses
Hexenhäuschen bekam ich als Kind und nun bekommst du es von mir.“
sagt Andrea leise.
Ingelore
streicht vorsichtig über die Porzellanfiguren und denkt träumerisch,
wie schön es doch wäre, wenn Fräulein Naumann ihre Mutter sein
könnte.
Abends
als sie der Oma ihre Schätze zeigt, tat diese etwas, was sie bisher
noch nie getan hatte.
Sie
streicht ihr über den Kopf und gibt ihr einen Kuss auf die Stirn.
An
diesem Abend hat Ingelore der Katze Minka viel zu erzählen, als sie
zusammen im Bett kuscheln.