Donnerstag, 29. September 2022

Lenerl verirrt sich

Diese Geschichte  wurde vor einigen Jahren geschrieben, also wunderte euch nicht über die ersten Zeilen. Ich wünsche euch einen schönen Tag und viel Spaß beim Lesen. Leider geht es mir immer noch nicht gut.
 

 
Schon wieder beginnt eine neue Woche und am Ende dieser  fängt schon der Juni an.
Haben wir uns doch dringend den Regen gewünscht und nun würden wir ihn am liebsten wieder abstellen.
Als ich noch ein Kind war, las ich einmal ein Märchen, ich weiß nicht von wem es ist und ich weiß auch nicht, ob ich es noch richtig erzählen kann.
Ich versuchs mal.
Ein Bauer beschwerte sich beim lieben Gott über das schlechte Wetter, sein Getreide würde nicht hoch genug sein.
Gott bot ihm an, dieses Jahr selbst das Wetter zu machen.
Der Bauer rieb sich die Hände und ließ nun abwechselnd Regen und Sonne scheinen.
Seine Felder waren wunderbar anzusehen, groß und goldgelb stand das Getreide. 
Doch als er es erntete waren die Ähren leer.
Er hatte den Wind vergessen!


 
(c) Werner Borgfeldt


Lenerl verirrt sich


Der Gong ertönte und die Klassen verließen lärmend die Zimmer, um in den Pausenhof zu stürmen.
Nur Anderl und Maxl drückten sich auf dem Flur herum.
Als endlich alle Kinder das Schulhaus verlassen hatten, liefen die beiden Buben über die Hintertreppe zum obersten Stock ins Kartenzimmer.
Hier wurden alle die Atlanten, ausgestopften Tiere, der Vorführapparat für Filme, eben alles was man zum anschaulichen Unterricht brauchte, aufbewahrt.
Zielstrebig durchquerten sie den Raum und öffneten das Fenster.
Ich hab dir`s ja gesagt, von hier aus kann man hinüber zum Jahrmarkt sehen!“ rief Maxl triumphierend.
He, was macht ihr da, schaut dass ihr hinunter kommt!“
Der alte Hausmeister sah sie grimmig an.
Grinsend liefen die Buben an ihm vorbei.
Verflixte Lausbuam,“ brummte der alte Mann und schloss das Fenster, dabei schmunzelte er aber.

Endlich war Samstag und der Jahrmarkt sollte heute eröffnet werden.
Anderl hatte mit dem Messer ein Geldstück nach dem anderen aus seiner Sparbüchse geangelt.
Vergnügt betrachtete er die 10 glitzernden 2 Euro Münzen, dann verstaute er sie in seinem Geldbeutel.
Es klingelte. Das war sicher sein Freund Maxl.
Vergnügt pfeifend polterte Anderl die Treppe hinunter.


Seine Mutter kam aus dem Nebenzimmer, seine kleine
Schwester an der Hand.
Hör mal Andreas, die Oma hat gerade angerufen, es geht ihr nicht so gut. Könntest du Lenerl mitnehmen?“
Sie drückte dem Verdutzten einen Geldschein in die Hand und verließ das Haus.
Mit missmutigem Gesicht stapften die beiden Jungen durch die Straßen, während die kleine Marlene vergnügt neben ihnen herhüpfte.
Dabei stand ihr Plappermäulchen keinen Moment still.
Sie wollte mit dem Karussell fahren, Zuckerwatte essen, ins Kasperletheater und einen großen Luftballon.
Sie waren am Eingang des Jahrmarkts angekommen. Obwohl es noch früh am Nachmittag war, wälzten sich doch schon eine Menge Menschen durch die Gassen zwischen den Buden.
Lenerl klammerte sich fest an die Hand ihres Bruders.
Was gab es alles zu sehen.
Staunend standen sie vor der größten Schaukel der Welt.
Sie sollte 45m hoch sein und neigte sich um 120°.
Die Buben versuchten sich im Pfeil werfen, am „Hau den Lukas“ und an der Torwand.
Dann standen sie bei dem Breakdancer. Das war eine sechseckige Drehscheibe, auf der sich in gleichmäßigem Abstand vier Gondelkreuze befanden, an denen sich jeweils vier Gondeln befanden.
Die vier Gondeln bewegten sich schnell in Gegenrichtung der Drehscheibe.
Das sah aus als würde man Breakdance tanzen.
Fahren wir mit ?“
Ja, aber was machen wir mit Lenerl?“
Die Jungs sahen sich enttäuscht an, dann hatte Anderl eine Idee.
Stell dich schon an und besorge uns Karten, ich bringe Lenerl zum Kinderkarussell.“


Der Junge kaufte fünf Chips und drückte sie seiner Schwester in die Hand.
Hier gib dem Mann jedes Mal einen Chip, dann kannst du
ganz lang Karussell fahren. Ich hol dich dann wieder ab.“
Die Dreijährige nickte ernsthaft und hielt die kostbaren Plastikdinger ganz fest in der kleinen Faust.
Von dem weißen Pferdchen, auf das sie ihr Bruder gesetzt hatte, sah sie ihm nach.
Dann drehte sich das Karussell und Lenerl juchzte vor Freude.
Doch nach der fünften Runde musste sie das Karussell verlassen und das Mädchen stand etwas verloren da.
Keine Spur von ihrem Bruder.
Lenerl beschloss ihn zu suchen.
Sie drängte sich durch die Menschen hindurch. Blieb bei einem Clown stehen, der aus Luftballons verschiedene Tiere formte. Zu gerne hätte sie eins gehabt, aber sie hatte ja kein Geld.
Aus der Kasperlbude klang fröhliches Lachen und sehnsüchtig sah das kleine Mädchen hinüber.
Auch die Zuckerwatte die sich in dem runden Ofen wie eine rosa Wolke um das Holzstäbchen drehte, weckte Sehnsucht ihn ihr.
Sie musste unbedingt ihren Bruder finden, um all diese Herrlichkeiten zu bekommen.
Doch es waren zu viele Menschen und sie waren alle so groß, dass sie gar nicht richtig den Platz überblicken konnte.
Tränen schossen ihr aus den Augen und tropften auf den Boden.
Und als gar noch aus der Geisterbahn ein schauerliches Geheul ertönte, lief Lenerl vollkommen verzweifelt los.
Plötzlich fand sie sich am Eingang der Festwiese wieder und setzte sich einfach heulend auf den Boden.
Ja, Lenerl was ist denn los?“ hörte sie die Stimme von Marianne.
Marianne wohnte ihnen gegenüber und hatte auf Lenerl
schon öfter aufgepasst, wenn die Mama dringend wohin
musste.
Erleichtert stürzte sich die Kleine in die Arme der jungen Frau und erzählte schluchzend ihren Kummer.
Tröstend strich ihr Marianne über das Haar und putzte ihr die Nase.
Komm wir suchen den Anderl.“
Lenerl strahlte und schob ihre kleine Hand vertrauensvoll in die Hand der jungen Frau.

Die beiden Jungen hatten endlich einen Platz in einer der Gondeln bekommen und standen nun beim Kinderkarrussel.
Andreas Herz klopfte plötzlich voller Angst. Von seiner Schwester war weit und breit nichts zu sehen.
Sie liefen durch die Menschenmengen und riefen laut ihren Namen, doch in dem Lärm ringsum gingen ihre Stimmen unter.
Maxl hatte keine Lust mehr und verdrückte sich, so irrte Andreas allein weiter und je mehr er suchte, umso mehr machte er sich Vorwürfe.
Er hätte seine kleine Schwester nicht einfach allein lassen
dürfen. Sie war doch noch so klein und seine Mutter hatte sie ihm anvertraut. Was war er doch ein schlechter verantwortungsloser Bruder.
Dann stand sie plötzlich vor ihm, an der Hand von Marianne.
Anderl kniete sich nieder und umarmte seine kleine Schwester schluchzend.
Bin ich froh, dass ich dich wieder habe!“
Ja, aber nun passe besser auf sie auf,“ mahnte Marianne und ging zu ihren Freundinnen hinüber.
Der Junge nickte nur und nahm seine kleine Schwester fest an Hand.
Er kaufte ihr Zuckerwatte, einen kleinen zu einer Giraffe
geformten Ballon und setzte sich auch mit ihr geduldig in die Kasperlbude.
Nie wieder, das schwor er sich, würde er so unverantwortlich handeln.

© Lore Platz

Mittwoch, 28. September 2022

Der Tanz der Feen

 

Der Tanz der Feen




Roswitha wird wach. Sie setzt sich im Bett auf und weiß im ersten Moment nicht wo sie ist.

Dann fällt es ihr wieder ein. Gestern sind ihre Eltern und sie bei der Oma angekommen und sie liegt in Omas Bett.

Schnell klettert sie aus dem großen altmodischen Bettgestell und läuft barfuß zur Tür.

Witta, wo willst du hin?“

Die Kleine dreht sich zu ihrer Oma um, die im Lehnstuhl am Fenster sitzt.

Erleichtert klettert sie auf deren Schoß und kuschelt sich zufrieden an die alte Frau. „Ich wollte dich suchen, als du nicht mehr neben mir lagst.“

Liebevoll streicht Frau Gartner ihrer Enkelin über das Haar.

Still sehen sie dann beide in den Garten, der im silberhellen Licht des Mondes geheimnisvoll und etwas gespenstisch wirkt.

Etwas bewegt sich unter den Bäumen und Roswitha ruft:

Das ist bestimmt eine Maus!“

Oder ein kleiner Zwerg, der zur Feenwiese will, um ihnen beim Tanz zuzuschauen.“

Tanzen denn die Feen heute Nacht?“

Jede Vollmondnacht treffen sich die Feen, es sind zwölf an der Zahl, auf der Feenwiese, um zu tanzen und Wichtel, Zwerge, Elfen und die Tiere des Waldes kommen um ihnen zuzusehen. Anschließend gibt es dann ein großes Fest.

Der Wichtel Puck, der noch viel zu klein war und deshalb zu Hause bleiben sollte, machte sich einmal ganz allein auf den Weg, weil er unbedingt auch die Feen tanzen sehen

wollte. Willst du die Geschichte hören.

Roswitha nickt heftig und kuschelt sich zufrieden an die Oma.



 


 

 

Der Tanz der Feen



Mitten in einem großen schönen Wald steht eine alte knorrige Eiche. Sie ist schon sehr alt und selbst der heftigste Sturm kann ihr nichts anhaben, denn ihre starken langen Wurzeln sind tief in der Erde verankert.

Und gleich neben der dicksten Wurzel liegt ein Eingang.

Ein großes Schild hängt da, auf dem steht;

Familie Wurzelpurzel.

Vater Knorke hat dieses Schild höchst persönlich gemalt.

Zwei große Eicheltöpfe mit Farbe hat er dafür gebraucht.

Neben dem Schild führt ein Geländer abseits direkt in eine große gemütliche Wohnküche.

Vier Türen führen in die Zimmer von Vater Knorke und Mutter Primella, Sohn Fredjo, Tochter Bellina und Puck, dem Jüngsten.

Die Möbel hat Meister Specht gezimmert, die Bettwäsche und Tischdecken wurden von Madame Seidenraupe gefertigt. Und Frau Spinne webte die zarten filigranen Gardinen .

Das Geschirr hat Knorke selbst geschnitzt, wofür ihm die Buche freundlicherweise etwas Holz überließ.

Und den wunderschönen silbergrauen Teppich, der die Küche noch wohnlicher machte, hat ihnen die Bartflechte zum Einzug geschenkt.

Still war es in der kleinen Wohnung, denn sicher schliefen alle. War es doch auch schon tiefe Nacht.

Doch da öffnen sich drei der Türen. Knorke und Primella kommen aus ihrem Schlafzimmer und auch Fredjo und Bellina verlassen ihre Zimmer.

Alle verhalten sich ganz leise, damit sie den kleinen Puck nicht wecken.

Doch der hat längst etwas bemerkt und steckt nun verschlafen seinen Kopf durch den Türspalt.



Überrascht reißt er die Augen auf und kommt in die Küche.

Seid ihr aber hübsch angezogen, wo wollt ihr denn so spät noch hin?“

Dann fällt es ihm wieder ein.

Ihr wollt zum Tanz der Feen und mich wollt ihr hier lassen!“ ruft er empört.

Du bist noch zu klein, geh zurück ins Bett!“ befiehlt der Vater.

Puck zieht einen Flunsch.

Immer heißt es, ich bin noch zu klein. Das ist ungerecht!“

mault er, geht aber zurück in sein Zimmer, denn wenn der Papa so streng guckt, sollte man lieber folgsam sein.

Schlaflos wälzt er sich im Bett herum. Er kann einfach nicht mehr einschlafen, selbst wenn er ganz fest die Augen zusammen presst.

Schließlich springt er aus dem Bett und zieht sich an. Wenn sie ihn schon nicht mitnahmen, dann würde er eben allein gehen.

Als er aber hinaus in die Dunkelheit tritt, da wird ihm doch etwas eigen zumute. Noch nie war er nachts alleine im Wald gewesen. Auch wenn der Mond leuchtet, so sieht der Wald doch eher gespenstisch aus. Soll er wirklich das Wagnis eingehen?

Zögernd bleibt er stehen. Doch der Gedanke an das Abenteuer ist zu verführerisch und dem Ruf der Freiheit kann er einfach nicht widerstehen.

Er steckt die Hände fest in die Taschen, zieht den Kopf etwas ein und stapft los.

Krampfhaft versucht er das Rascheln ringsum zu überhören und geht unverdrossen weiter.

Schließlich ist er ja ein tapferer keiner Wichtel.

 


Plötzlich rauscht es dicht neben ihm, etwas streift ihn und eine Eule fällt kopfüber neben ihn auf den Boden.

Ächzend erhebt sie sich und richtet zeternd ihr Federn.

Puck, dummer Bub was treibst du dich mitten in der Nacht im Wald herum, beinahe hätte ich dich gefressen,weil ich dich mit einer Maus verwechselt habe!“

Aber ich sehe doch nicht wie eine Maus aus!“

Frau Eule wird etwas verlegen.

Naja, du weißt doch meine Augen sind nicht mehr die Besten.“

Der Wichtel kichert.

Und ihr seid zu eitel, um die Brille zu tragen, die euch Doktor Augentrost gebastelt hat.“

Frau Eule schnaubt nur verächtlich.

Was machst du überhaupt so spät im Wald?“

Ich will zum Tanz der Feen, fliegt ihr vielleicht auch dahin, dann könntet ihr mich doch mitnehmen.“

Pah, habe besseres zu tun und du solltest auch lieber nach Hause gehen.“

Traurig sieht Puck ihr nach, doch dann geht er mutig weiter.

Dachse, Luchse, Schlangen, Marder, und ein Rudel Rehe eilen an ihm vorbei.

 


Nur ein Kaninchen bleibt stehen und fragt, ob er mitkommen will.

Erfreut nickt Puck, doch da spitzt das Kaninchen seine beweglichen Ohren, mit denen es Geräusche aus verschiedenen Richtungen wahrnehmen kann.

Tut mir leid Kleiner, da kommt der Fuchs!“

Und es verschwindet in den Büschen.

Wenn später taucht der Fuchs in Begleitung von Frau Fledermaus auf und die beiden nehmen den kleinen Wichtel ein Stück mit.

Doch mit seinen kleinen strammen Beinen kommt Puck nur langsam vorwärts und die beiden verlieren die Geduld und lassen ihn stehen.

Du kannst ja mit mir mitkommen, ich bin auch nicht sehr schnell.“

 Sabine Schnecke hält neben Puck und nun gehen die beiden gemeinsam weiter.

Dann aber bleibt Sabine Schnecke keuchend stehen.

Ich kann nicht mehr weiter,“und sie verschwindet in ihrem Haus.

Etwas ratlos wartet der Wichtel, dass Sabine wieder hervor kriecht.

Doch leise Schnarchtöne zeigen, dass die Schnecke eingeschlafen ist.

Mutlos lässt sich Puck ins Moos sinken. Wäre er doch nur zu Hause geblieben. Dicke Tränen rollen über seine Wangen.

Warum weinst du denn Puck?“

 


Malwine Eichhorn sieht den Wichtel besorgt an.

Schluchzend erzählt ihr Puck seinen Kummer.

Malwine lacht. „Komm, ich bringe dich zur Festwiese.“

Über ihren buschigen Schwanz krabbelt Puck auf den Rücken des Eichkätzchens und nun geht es schnell über Stock und Stein.

Bald haben sie die Wiese der Feen erreicht und Malwine bringt den kleinen Wichtel zu seinen Eltern.

Die sind sehr überrascht, aber sie schimpfen nicht und Papa Knorke nimmt seinen kleinen Sohn auf den Arm, damit er besser sehen kann.

Ein Faun erscheint und setzt sich auf den Ast eines Baumes. Er hebt seine Panflöte an die Lippen und eine wunderschöne einschmeichelnde Melodie erklingt.

Die zwölf Feen schweben auf die Wiese.

Ihre pastellfarbenen Kleider wehen um ihre grazilen Gestalten und in den langen Haaren sind Blumen eingeflochten.

Sie stellen sich auf die Zehenspitzen, heben die Arme und beginnen zu tanzen.

Atemlose Stille herrscht auf den Platz, denn alle sind bezaubert von den anmutigen Bewegungen der Tänzerinnen.

Am Ende des Tanzes fassen sich die Feen an den Händen und schweben nach oben.

Sie rücken zusammen, als wären sie eins und von den Büschen und Bäumen lösen sich die Glühwürmchen und formieren sich über den Köpfen der Feen zu einer Krone.

Einige Sekunden bleibt dieses Bild, dann löst es sich auf.

Die Glühwürmchen kehren zurück auf die Bäume und die zwölf Feen schweben langsam auf die Wiese.

Sie versinken in einen tiefen, majestätisch anmutenden Knicks.

Der Feenkönig tritt aus dem Dunkel der Bäume und neigt dankend das Haupt.

Dann deutet er auf die im Hintergrund gedeckten Tische und erklärt das Fest als eröffnet.

Herrschte bis jetzt atemlose Stille, so wird es jetzt um so lauter.

Bis zum Morgengrauen dauert das Fest und Puck ist schon längst im Arm seiner Mutter eingeschlafen.“



Frau Gartner streicht liebevoll eine Strähne aus dem Gesicht von Roswitha.

Du hast ja auch schon ganz kleine Augen, komm wir gehen schlafen.“

Sie schlüpfen ins Bett und das Mädchen kuschelt sich an die Oma und ist gleich darauf eingeschlafen.

Die alte Frau aber liegt noch lange wach, denn bei Vollmond fällt es ihr schwer einzuschlafen.

Doch irgendwann schläft auch sie.


© Lore Platz





Donnerstag, 22. September 2022

Plauderecke Oazapft is

 Eigentlich wollte ich ja gestern meine Plauderecke einstellen, aber mein Körper hat mich wieder ins Bett verdammt. Aber aufgehoben ist nicht aufgeschoben. Gibt es eben am Donnerstag die Plauderecke.
 
Nach zwei Jahren gibt es endlich wieder das Oktoberfest in München und ich habe mir am Sonntag im Fernsehnen den Einzug mit  den herrlichen Trachten und Musikern begeistert angesehen. 
Lang lang lang ist her, dass ich auf dem Oktoberfest war. 
Damals als ich noch ein Kind war, gab es vor Volksfesten auch so festliche Einzüge, auch in meinem Heimatort, und ich durfte als kleines Mädel auf so einem, geschmückten Wagen mittfahren.
Die Kleine links in dem weßién Kleid bin ich.
 

Sicher habt ihr euch auch schon gefragt, warum das Fest in München eigentlich Oktoberfest heißt wenn es doch im September ist. 
Viel Spaß beim Lesen!
 
   Oazapft is
 
Mit diesen Worten wurde vom Bürgermeister von München am Samstag mittag um zwölf das Oktoberfest eröffnet.




Habt ihr euch auch schon mal Gedanken gemacht, warum dieses Fest Oktoberfest heißt, obwohl es doch eigentlich im September beginnt.
Mich hat das interessiert und so habe ich mich mal schlau gemacht.

Am 12. Oktober 1810, 4 Jahre nach der Erhebung Bayerns zum Königreich, wurde die Hochzeit des Kronprinzen Ludwig mit der Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen gefeiert. Fünf Tage dauerte das Fest und wurde ein richtiges Volksfest und zum Abschluss fand auf der vor den Toren gelegenen Wiese ein Pferderennen statt. Diese Wiese wurde zu Ehren der Prinzessin „Theresienwiese“ genannt.

Nun fanden hier jedes Jahr Pferderennen statt und gleich im ersten Jahr kam auch noch eine landwirtschaftliche Ausstellung dazu.
1818 erhielt Anton Gruber die Lizenz in seiner Bude Speisen und Bier zu verkaufen.
Auch das erste Karussell, zwei Schaukeln und ein Tontauben-Schießstand wurden aufgestellt.
Da im Oktober aber das Wetter schon sehr kalt war und oft bereits Schneestürme wüteten, stellte man den Antrag das Fest um einen Monat vorzuverlegen.
Der Stadtrat lehnte ab, da die Umgebung der „Wiesn“ noch landwirtschaftlich genutzt wurde und erst die Ernte abgewartet werden musste, bevor die Besucher über die Felder trampelten.
Erst als 1872 die Felder ringsum in Bauland umgewandelt wurden, konnte man den Beginn des Oktoberfestes auf den September verlegen.

 




ERINNERUNGEN AN 1980

Dass das Leben manchmal an einem seidenen Faden hängt musste ich am 26.9.1980 feststellen.
An diesem Tag ging um 22.20 an einem der Eingänge des Festplatzes eine Bombe hoch und tötete vier Menschen und verletzte 140 Menschen, viele mit Spätfolgen.
Unsere Firma machte an diesem Tag einen Betriebsausflug auf die Wiesn.
Ein Lehrmädchen aus unserem Betrieb, das in meiner Nähe wohnte wurde später von ihrem Freund abgeholt und bot mir an, dass ich mit ihnen fahren könnte.
Da sie nicht in unserer Abteilung arbeitete verabredeten wir uns an eben diesem Eingang.
Während wir dem jungen Mann durch einige Seitengassen zu seinem Auto folgten, hörten wir schon die Sirenen.

München ist eine Großstadt und wir dachten uns nichts dabei.
Auch hatte der junge Mann in seinem alten VW keinen Autoradio und so fuhren wir unbeschwert die fast 70 Kilometer nach Hause.
Als ich die Wohnungstür aufschloss ,fand ich meinen Mann total verzweifelt im Wohnzimmer.
Er hatte von dem Attentat in den Nachrichten gehört und machte sich große Sorgen.
Auch meine Mutter hatte schon bei ihm angerufen, denn auch auch sie war voller Angst um mich. Damals gab es ja noch kein Handy!

Zuerst beruhigten wir meine Eltern, dann verfolgte ich die schreckliche Tragödie im Fernsehen.
Kein schöner Abschluss eines fröhlichen Abends.


(c) Lore Platz

Dienstag, 20. September 2022

Kein Fest für Lisa

Immer wieder stelle ich fest. die Erde drecht sich, aber die Mensche drehen sich nicht mit. Sie machen immer wieder dieselben Fehler und meine Geschichten , die ich vor zwanzig Jahren schrieb sind auch heute  wieder aktuell.20 % der Kinder in Deutschland leben in Armut. Was bedeutet heute Armut. 




 Kinderarmut ist nicht ein Thema der Gegenwart. Anfang der neunziger herrschte in Deutschland große Arbeitslosigkeit und auch damals erwähnte man die Kinderarmut.


Ich liebe Kinder und hatte zur der Zeit viele Tageskinder und Pflegekinder, außerdem hatten wir ein offenes Haus für die Freunde meiner Tochter und auch die Dorfkinder kamen vorbei.
Einmal hatte das Sozialamt in unserem Dorf eine Familie mit drei Kindern einquartiert.
Ich saß in meiner Küche, die Haustür offen und schälte eine Salatgurke. Plötzlich standen die drei Kinder, die ich bisher nicht kannte, in meiner Küche, Ich redete sie freundlich an, sie reagierten etwas schüchtern. Auf einmal stürzte das jüngste Mädchen zum Tisch, schnappte sich die Schale der Gurke und biss hinein.
Erst war ich erschrocken, doch dann verfrachtete ich die drei auf die Eckbank und tischte ihnen auf.
Später erfuhr ich, dass die Eltern sehr streng wären, die Kinder meistens nur Magrinebrot bekamen und in den umgehenden Gärten Gemüse und Obst plünderten, die Dörfler drückten ein Auge zu.
Einem Nachbar taten die Kinder leid und er lud sie zu einem Grillabend ein. 
Der Vater erlaubte es nicht, weil die Kinder irgendwie nicht gefolgt hätten. Vielleicht hatte er aber auch Angst, die Kinder könnten zuviel ausplaudern. 
Eines Tages ist das Mädchen, dass die Gurkenschalen vor Hunger verschlungen hat, aus Angst vor der harten Strafe ihres Vaters ausgerissen ist. 
Die ganze Nacht suchten die Männer des Dorfes und fanden sie dann in einem entlegenen einsamen Schuppen. 
Nun griff das Jugendamt ein und nahm den Eltern die Kinder weg.








Kein Fest für Lisa

Lisa gab der Coladose einen wütenden Tritt, dass sie scheppernd über den Schulhof rollte und an der Treppe liegen blieb.

Heute war Frau Krumbirn wieder einmal besonders ekelig.
"Lisa, wenn du nicht endlich die zehn Euro für Kunst und die zwanzig Euro für die Bücher mit bringst, dann darfst du an dem Ernte-Dank-Fest nicht teilnehmen."meinte sie streng.
"Pah, wer wollte schon mit so einem blöden Ährenbusch durch die Gegend rennen!"
Traurig seufzte Lisa. Gestern hatte Mama geweint, als die Stromrechnung kam.
Oh ja, sie hatte es genau gesehen, obwohl Mama sich schnell abgewandt hatte.
Und Andreas, ihr kleiner Bruder durfte auch nicht mehr in den Kindergarten gehen, da Mama das Geld dafür nicht aufbringen konnte.
Plötzlich fiel ihr der Brief ein, den Frau Krumbirn ihr für Mama mitgegeben hatte.
Sie konnte sich vorstellen, was darin stand.
Lisa blieb stehen, zog das Kuvert aus der Schultasche und zerriss es in ganz kleine Schnipsel, die sie dann in den Abfalleimer an der Haltestelle warf.
Auf einmal war sie ganz vergnügt und hüpfte das letzte Stück nach Hause.

"Hallo, Mama!" Sie stellte den Schulranzen in den Flur und umarmte ihre Mutter stürmisch.

"Hallo, meine Große, du kommst aber heute spät, Andreas ist schon fertig."
Lisa nahm ihren kleinen Bruder an der Hand und die Beiden marschieren zu der Arche, wo sie ein kostenloses Mittagessen bekamen.
Die Mutter schaute ihnen vom Fenster aus nach.
Dann setzte sie sich wieder an den Tisch, um die Stellenanzeigen zu studieren, obwohl sie wusste, dass es umsonst war.
Die Arbeitslage war sowieso schlecht und sie hatte noch dazu zwei Kinder.
Seit ihr Mann vor eineinhalb Jahren verstorben war, musste sie mit einer kleinen Witwen- und Waisenrente auskommen.
Es reichte mehr recht als schlecht.
Ein Glück, dass es die Arche gab und die Kinder wenigstens ausreichend zu Essen bekamen.
"Michael, du fehlst mir so!"
Sie legte den Kopf auf die Arme und ließ ihren Tränen freien Lauf.

Lisa nahm Andreas bei der Hand und wollte die Arche verlassen, da sah sie drei ihrer Mitschülerinnen untergehakt die Straße herunter kommen.

Schnell zog sie Andreas in die Arche zurück und versteckte sich hinter der Tür.
Andreas zappelte empört und versuchte seine Hand aus ihrem festen Griff zu lösen.
"Sei still!" zischte Lisa und atmete  erleichtert auf, als die Mädchen in der Ferne verschwanden.
Der Pastor, der sie beobachtet hatte, kam nun herüber.
"Lisa, " meinte er ernst, " es gibt keinen Grund sich zu schämen."
Das Mädchen wurde rot und verließ mit Andreas die Arche.
"Mama, wir sind wieder da!" rief Lisa und half ihrem Bruder die Schuhe aus zu ziehen , dann trat sie in die Küche und erstarrte.
In der Küche saß Frau Krumbirn.
"Was will die denn da!"
"Lisa!" rief ihre Mutter entsetzt.
Doch diese hörte nicht. Ihre ganze aufgestaute Wut entlud sich jetzt.
Mit geballten Fäusten und zornfunkelnden Augen trat sie vor ihre Lehrerin.
"Was wollen sie von meiner Mutter? Seit Wochen schon plagen sie mich wegen den 30 Euro. Ich habe meiner Mutter nichts davon gesagt, weil sie es sowieso schon so schwer hat und den Brief habe ich zerrissen!"
Lisa war zornrot im Gesicht und funkelte ihre Lehrerin trotzig an.
"Lisa," sagte ihre Mutter leise,"geh auf dein Zimmer."
Das Mädchen warf ihr einen verzweifelten Blick zu, doch sie verließ stumm die Küche.
Andreas kletterte auf den Schoß der Mutter und schlang die Arme um ihren Hals.
"Lisa ist heute ganz böse, sie hat mich fest gepackt und ich durfte nicht auf die Straße, bis die Mädchen vorbei waren. Sie hatten Eis!" meinte er sehnsüchtig.
Frau Bernsdorf strich ihm über das Haar
"Geh spielen mein Schatz."
Seufzend sah sie ihm nach.
" Ich kann den Kindergarten nicht bezahlen," brach es aus ihr heraus ," und wenn der Pastor mit seiner Arche nicht wäre, hätten die Kinder keine geregelte Mahlzeit."
Sie sah Verstehen in den Augen der Frau gegenüber, kein Mitleid und dann sprudelte alles aus ihr heraus, was sie schon viel zu lange mit sich herum getragen hatte.
Der frühe Tod ihres Mannes, die viel zu kleine Rente, ihre verzweifelten Suche, Arbeit zu finden.
Zwischendurch hatte sie Tee gemacht.




Als sie den Beutel aus der Kanne nahm, lächelte sie kläglich.
"Wie gerne hätte ich manchmal eine Tasse Kaffee."
Frau Krumbirn, die auch lieber Kaffee trank, hatte sich noch nie darüber Gedanken gemacht, dass dies ein Luxus war, den sich nicht jeder leisten konnte.
Ihr Blick fiel auf die Nähmaschine.
"Sie nähen?"
"Wie gerne, das war schon immer mein Hobby und jetzt kann ich es gut brauchen. Ich mache gerade einige Blusen für Lisa aus den Hemden meines Mannes."
"Ja, mir ist schon aufgefallen, wie adrett Lisa immer gekleidet ist. Würden sie denn auch für fremde Leute schneidern? Mein Mutter hat ein bisschen Gewichtsprobleme und ist auch sehr wählerisch."
In Gedanken bat sie ihre Mutter um Verzeihung und beschloss gleichzeitig mit Mutters Damenkränzchen zu sprechen.
"Glauben sie, dass sie ihr einige Kleider nähen könnten?"
Frau Bernsdorf strahlt. "Gerne!"
"Prima! Und wegen dem Büchergeld machen sie sich keine Gedanken, ich werde dies regeln."
Frau Bernsdorfs Gesicht verschloss sich.
"Keine Angst, ich zahle es nicht aus eigener Tasche, wir haben einen Fond, über den wir dies verrechnen können."
Lisa stand an der Tür, hinter ihr lugte Andreas hervor.
"Komm doch zu uns, Lisa," bat Frau Krumbirn freundlich.
"Es tut mir leid, dass ich dich wegen dem Geld so geplagt habe, aber ganz schuldlos bist du auch nicht.
Du hättest mit mir reden können. Es gibt keinen Grund sich zu schämen, wenn ihr zur Zeit wenig Geld habt."
"Dasselbe hat der Pastor auch gesagt," murmelt Lisa.
" Wie wäre es, wenn wir alle zum Italiener um die Ecke gehen, deine Mutter trinkt sicher gerne einen Kaffee, Andreas möchte wohl ein Eis...", der Junge beginnt zu strahlen, " und du, nimmst du ein Eis als Entschuldigung an?"
Lisa nickte eifrig.
Am Erntedank-Sonntag ging Lisa mit den anderen Schülern stolz mit ihrer mit Blumen geschmückten Ähre in die Kirche, an der Hand Andreas, der auch ein Herbst-Sträußchen trug.
Am Straßenrand aber stand Frau Bernsdorf und sah dem Einzug der Kinder zu und nach langer Zeit waren ihre Augen wieder voller Hoffnung.



© Lore Platz







Montag, 19. September 2022

Mit Freunden ist man niemals einsam

Im Laufe meiner Krankheit, habe ich erkannt was Freundschaft wirklich bedeutet. Einige haben sich von mir zurück gezogen, aber die wirklichen guten Freunde sind immer noch bei mir, selbst wenn sie bei einem Besuch jetzt ihren Kaffee selber kochen müssen.






Mit Freunden ist man niemals einsam


Die Nachtfee hatte ihre schwarzen Schleier über das Land gebreitet und der Mond, der wieder einmal eine seiner zahllosen Diäten hinter sich hatte, war nur als schmale Sichel zu sehen.
Trotzdem konnte man den großen Container mit der Aufschrift „Altkleider“ erkennen, da eine Straßenlampe den Mond unterstützte.
Es raschelte und eine Ratte lief schnüffelnd über den Platz, blieb an dem Container stehen, stellte sich auf die Hinterbeine und sah hinauf zu dem großen kreisrunden Loch.
Enttäuscht wandte sich ab und lief davon.
Eine Weile war es ruhig, doch dann hörte man ein Rascheln und Rumoren, das aber aus dem Inneren des Behälters kam.
All die bunten Kleidungsstücke schienen sich plötzlich zu bewegen, wie die See bei stürmischem Wind.
Auf einmal lugte der Kopf eines Teddybären hervor und wenig später der ganze kleine Kerl.
Er setze sich auf den Kleiderberg und verschnaufte erst einmal.
Schön war er ja nicht.
Sein linkes Ohr hing herab, ein Auge fehlte und sein Fell war ziemlich ruppig.


Trotzdem blitzte aus dem einen verbliebenen Auge der Schalk und es sah vergnügt in die Welt.
Neugierig sah er sich um.
Es gefiel ihm gar nicht und hier bleiben wollte er auch nicht, also krabbelte er zur Luke, die er gerade mit den Pfoten erreichen konnte.
Er hob sich auf die Zehenspitzen und sah hinaus.
Ziemlich hoch!
Aber hierbleiben wollte er nicht. Es würde schon nicht so schlimm werden.
Also drehte er sich um und klettert mit dem Hintern voraus durch das Loch. Dann ließ er sich fallen und wartete auf den harten Aufprall.

 
(c) Roswitha B.

Doch überraschenderweise landet er auf etwas Weichem und eine Stimme brüllte, „Au! Was soll das!“
Er war auf einem Hund gelandet, der gerade sein Bein hob und nun in dieser Beschäftigung unsanft gestört wurde.
Entschuldige,“ brummte der Teddy, „aber ich habe dich nicht gesehen, doch vielen Dank auch, ohne dich wäre ich ziemlich hart gelandet.“
Der Hund hob nun doch sein Bein, dann wandte er sich um. „Willst du mitkommen?“
Teddy strahlte.
Gern!“
Und zusammen liefen sie nun durch die menschenleeren Straßen.
Der Hund blieb immer mal wieder schnüffelnd stehen, dann lief er in einen Hof und wühlte mit seiner Nase im Abfall, bis er schließlich einen Knochen hervor zog.
Dann ging es weiter.
Plötzlich fing es zu regnen an, Donner grollte und ein Blitz erhellte die Straße.
Teddys neuer Freund lief in eine Gasse zu einem halb verfallenen Haus und schlüpfte unter der beschädigten Tür ins Innere und er folgte ihm.
Während der Hund sich schüttelte, dass das Wasser nur so nach allen Seiten flog, sah Teddy sich neugierig um
Besonders schön sah es hier nicht aus.
Ein wackliger alter Tisch, ein paar Stühle, ein
zerschlissenes altes Sofa, mehr gab es nicht.
Und alles war von einer dicken Staubschicht übergezogen. Dichte Spinnennetze bedeckten die Wände und große schwarze Spinnen krabbelten eilig in den Schatten.
Teddy wollte gerade seinen neuen Freund fragen wo sie hier sind, da sah er zwei große runde Lichter aufragen.
Ein Gespenst!
Ängstlich drückte der kleine Bär sich in die dunkel Ecke und linste zu dem Hund hinüber, der ungerührt an seinem Knochen knabberte.
Sah er denn das Gespenst nicht?
Berno, alter Junge, wen hast du uns denn da mitgebracht?“ ertönte eine Stimme.
Das ist ein Teddybär, traf ihn, als er gerade aus der Klamottenkiste floh.“
(c) Werner B.


Ein großer schwarzer Kater schlenderte auf Teddy zu, dessen Herz ängstlich klopfte.
Hallo, ich bin Rambo, Bernos Freund. Hast du auch einen Namen, Kleiner.“
Teddy!“ stammelte dieser.
Der Kater wandte sich wieder ab und ging zu dem Hund hinüber.
Kurz schnüffelte er an dem Knochen.
Ziemlich spärlich, deine Mahlzeit, da habe ich doch etwas Besseres.“
Der Kater verschwand in der Dunkelheit und kam gleich darauf mit einer großen Wurst im Maul wieder und legte sie vor den Hund.
Dieser schnüffelte genießerisch und meinte zu Teddy gewandt.
Seit ich mit Rambo zusammen bin, muss ich nie mehr hungern!“
Der Kater kam nun mit einer anderen Wurst im Maul zurück und legte sie vor Teddy ab.
Dieser lächelte freundlich.
Vielen Dank, aber Teddybären müssen nicht essen und trinken.“
Rambo lachte.
Was für ein höflicher Junge du doch bist, du bist bestimmt kein Straßenkind?“
Nein, ich hatte sehr liebe Eltern und wurde gut erzogen. Meine Eltern waren adelig und hießen „von Steif“ und trugen ihr Wappen im linken Ohr.“
Dir haben sie kein Wappen gegeben?“
Doch, ich hatte auch eins, aber der Enkel des Mädchens,dem ich einst gehörte, hat es abgerissen und dabei mein Ohr beschädigt.“
Teddy dachte traurig an die dunkelste Stunde seines Lebens.
Danach wollte niemand mehr mit mir spielen, weil ich so hässlich war und sie verbannten mich auf den Speicher.
Vor kurzem ist die alte Frau gestorben und ich landete in dem Container.“
Ja wir haben alle mal schlechte Erfahrung mit den Zweibeinern gemacht,“ meinte Rambo und schlug mit der Pfote nach dem Hund.
Dieser hatte die ganze Zeit die Wurst nicht aus den Augen gelassen und wollte sie gerade schnappen.
Lass das, du gefräßiges Monster, die heben wir für später auf, denn so schnell darf ich mich bei der Metzgerei nicht mehr sehen lassen.“
Er kicherte, nahm die Wurst und verschwand.
Bedauernd sah ihm Rambo nach.
Ja Kleiner, auch ich habe mit den Menschen schlechte Erfahrungen gemacht. Und es wurde mir nicht an der
Wiege gesungen, dass ich einmal als Straßenköter ende.
Ich kam in einem schönen Hof auf die Welt und tollte dort glücklich mit meinen Geschwistern herum.
Eines Tages kam ein Mann und nahm mich mit.
Was habe ich bitterlich geweint, ich war doch noch so klein und musste meine Eltern und Geschwister verlassen.
Der Mann brachte mich in eine Wohnung in einem Hochhaus. Sie banden mir eine rote Schleife um und setzten mich in ein Körbchen unter dem Christbaum. Ich freute mich als der kleine Junge mich in die Arme nahm und nun hopste und spielte ich mit ihm herum und hatte meinen Kummer bald vergessen.
Doch als ich größer wurde, hatte der Junge keine Zeit mehr für mich. Auch stritten sie immer lautstark, wer mich nach unten bringen sollte, damit ich mein Geschäft verrichten konnte.
Das brachte mich oft in Bedrängnis und wenn mir dann ein Malheur passiert, dann brüllten sie mich an und schlugen mich.
Dabei konnte ich doch gar nichts dafür.
Eines Tages nahm mich der Mann und band mich in der Nähe eines Müllplatzes an einen Baum.“
Und da wäre er elendig verhungert und verdurstet, wenn ich ihn nicht befreit hätte. Außerdem musste ich ihm beibringen wie man auf der Straße überlebt.“
Rambo war zurück gekommen und setzte sich nun neben seine Freunde und begann sein Fell zu putzen.
Hast du auch mit den Menschen schlechte Erfahrungen gemacht?“ wollte Teddy wissen.
Eher sie mit ihm,“ kicherte Berno, „Rambo ist der König der Straßen und ein Meisterdieb!“
Der Kater grinste.
Nein, Kleiner, zum Glück war ich nie von diesen Kreaturen abhängig. Ich bin auf dem Müllplatz geboren, meinen Vater kannte ich nicht. Als dann meine Mutter auch nicht mehr
zurück kam, musste ich schon sehr früh lernen allein zurecht zu kommen. Aber nun lasst uns schlafen.“
Für Teddy begann nun eine aufregende und schöne Zeit.
Er streifte mit seinen beiden Freunden durch die Straßen und machte viele interessante Bekanntschaften.
Er lernte den Waschbären Emil kennen, den Dachs Merlin,
der oft vom nahe gelegenen Wald in die Stadt kam und den halb blinden Mops Hannchen, der in einem schönen großen Garten wohnte und gerne seine reich gefüllte Futterschüssel mit ihnen teilte.
(c) Bonmomo

In dem Garten wohnte auch der Igel Leopold, der sich oft zu einem Schwätzchen dazu gesellte.
Abends zog es die drei Kameraden dann in ihr Haus zurück und bevor sie einschliefen erzählten sie dem atemlos lauschenden Teddy dann noch spannende Geschichten aus ihrem bewegten Leben.
Eines Morgens hörten sie vor dem alten Haus Stimmen und das Brummen eines schweren Motors.
Rambo sprang auf die Fensterbank und drückte seine Nase an die Scheibe.
Entsetzt rief er seinen Freunden zu.
Wir müssen verschwinden, sie reißen das Haus ab!“
Aus sicher Entfernung sahen sie nun wie die riesige Abrissbirne mehrmals voller Wucht gegen das Haus prallte und es zusammenbrach.
Traurig verließen sie den Ort, wo sie so viele Jahre Zuflucht gefunden hatten.
Obwohl Teddy erst kurz darin gewohnt hatte überfiel auch ihn eine große Traurigkeit.
Merlin kam vergnügt die Straße entlang und grüßte sie fröhlich.
Warum seht ihr so betrübt aus.“
Nachdem er erfahren hatte, dass ihr Haus eben abgerissen wurde, schlug er ihnen vor mit ihm in den Wald zu gehen. Dort gab es eine alte leere Bärenhöhle.

(c) meine Tochter

Nun lebten sie schon einige Zeit in der Höhle.
Rambo ging auf Diebestour in den umliegenden Bauernhöfen und Berno jagte Kaninchen.
Manchmal aber mussten sie auch mit knurrendem Magen schlafen gehen und sie beneideten den Teddybären, der weder essen noch trinken musste.
Eines Tages waren sie wieder unterwegs auf Hasenjagd.
Rambo saß oben auf dem Baum um Ausschau zu halten, Teddy verkroch sich im Gebüsch und Berno kauerte sprungbereit im Gras.
Es raschelte und ein kleiner Hase kam auf die Lichtung, Berno sprang auf, da knallte ein Schuss.
Ein langer brennender Schmerz fuhr dem Hund über den Rücken.
Der Hase aber lief im Zickzack davon und verschwand in seinem Bau.
Ein Mann in grüner Uniform trat zu dem Hund und hob die Büchse.
Da sprang Rambo mit ausgefahrenen Krallen dem Mann auf den Kopf.
Während dieser mit dem Kater kämpfte und der Jagdhund bellend um die Beiden herum sprang, rappelte Berno sich auf und lief davon.
Als Rambo sah, dass sein Freund in Sicherheit war, ließ er von seinem Opfer ab und raste durch den Wald.
Der Jäger aber betastete fluchend sein zerkratztes Gesicht, hob die Waffe auf und verschwand.
Teddy hatte sich voller Angst tief ins Gebüsch verkrochen, nun aber kam er heraus und eilte zur Höhle.
Besorgt beobachten sie den aus einer tiefen Wunde blutenden Freund, der immer wieder kläglich jaulte und sich ziemlich elend fühlte.
Bleib du bei ihm, ich hole Hilfe!“ rief Rambo und sauste davon.
Bei seinen Streifzügen war er auch an einer alten Hütte am
Waldrand vorbei gekommen.
Dort lebte eine alte Frau, Kräuterweiblein, genannt.
Als sie ihn einmal entdeckte, hatte sie ihm eine Schale Milch und Essensreste hingestellt.
Rambo sprang über den Zaun.



Die Hühner, die im Boden scharrten, liefen flügelschlagend auseinander und die Ziege, die an einen Pflock gebunden
war, meckerte empört.
Die alte Frau trat aus dem Haus und Rambo lief auf sie zu und streifte schnurrend um ihre Beine.
Als sie sich bückte, um ihn zu streicheln, brachte er sich in Sicherheit und fixierte sie beschwörend.
Du willst mir wohl etwas sagen?“ murmelte die Alte und als Antwort drehte sich Rambo um, lief ein paar Schritte, drehte den Kopf und maunzte auffordernd.
Wenig später kniete die alte Frau vor dem verwundeten Hund.
Ein Streifschuss, der muss behandelt werden.“
Sie erhob sich und verließ die Höhle.
Enttäuscht sahen Rambo und Teddy ihr nach.
Doch wenig später kam sie wieder, hinter sich einen mit Decken ausgepolsterten Leiterwagen, herziehend.
Sie hob den Hund hinein, setzte Teddy dazu und begleitet von Rambo, der mit hoch erhobenen Schwanz neben ihr ging, fuhren sie zum Häuschen.
Unter ihrer guten Pflege ging es dem Hund bald besser. Teddy bekam einen Knopf als zweites Auge, sein Ohr wurde geflickt und wenn es auch ein wenig kleiner war, so war er doch glücklich.
Auch strickte ihm die alte Frau eine Latzhose und einen Pullover.
Die Tiere und auch der Teddybär beschlossen bei der alten Frau zu bleiben, denn hier ging es ihnen gut.
Teddy gefiel es auf dem Sofa und wenn nachts Rambo die Gegend durchstreifte durfte er ihn begleiten.


Berno aber wollte lieber zuhause bleiben, denn einer musste ja auf die alte Frau aufpassen.
Diese bekam natürlich nicht mit, dass der Teddy abends lebendig wurde.
Sie wunderte sich nur, warum seine Kleidung immer so schmutzig war.

© Lore Platz