Montag, 9. Dezember 2024

9. Türchen 2024

 

 


 

9. Türchen


Raunächte



Vom 25. Dezember bis 6. Januar findet ein weiteres uraltes weihnachtliches Ritual in der Alpenregion statt:

Das ausräuchern . Mit einer Pfanne heißer Kohle und aromatischer Kräuter geht man die Zwölf Nächte durch Haus und Stall , um es vor dem dem Ballast des alten Jahres und vielleicht auch vor bösen Geistern zu befreien.





Zwischen den Zeiten

 

Draußen tobt der Sturm und wütend treibt er die Schneeflocken vor sich her.

Die frostigen Gesellen treiben es heute besonders arg und die alte Frau mit der Kraxen auf dem Rücken kommt nur mühsam voran. Das Tuch tief in die Stirn gezogen kämpft sie sich durch die wild wirbelnden Flocken, die ihr die Sicht nehmen.


Vor sich sieht sie ein Licht aufblinken, das muss der Sternenhof sein.

Aufatmend überquert sie den Hof und drückt die Tür auf und betritt die warme Bauernstube.

Sie schüttelt sich den Schnee ab und blickt sich um.

Guten Abend zusammen.“

Ein junges Mädchen kommt ihr entgegen und hilft ihr die Kraxe vom Rücken zu heben.

Dank dir Veverl, das ist ein vielleicht ein Wetter.“

Komm setz dich an den Ofen, ich bring dir einen Tee.“

Während das Mädchen in die Küche eilt, schlurft die Alte zum Kachelofen und lässt sich schwer atmend neben der Magd nieder.

Sie reibt sich die Hände und blickt auf das Strickzeug in der Hand der jungen Frau neben sich.

Was wird denn des Annamierl.“

A Schal für meine Mam, der Bauer hat mir über Weihnachten frei gem. Und was treibt dich bei dem Wetter no aussi?“

Am Schneider seine Kinder haben Fieber, hoab a paar Kräuter vorbei bracht und am Rückweg bin i vom Wetter überrascht worden.“

So Gretl, da hast du einen warmen Tee, hab dir a bisserl Honig rein dan.“

Dank der Veverl.“

Sie deutet mit dem Kinn auf den alten Mann, der in einer Ecke des Sofas saß, den Mund etwas geöffnet und leise schnarchte.

Der Sepp is aber ganz schee müad.“

Ja, der Arme,“ sagt Veverl mitleidig., „er hat wieder es Reißen, bei dem Wetter is es ganz besonders schlimm. Vielleicht hast ja a paar Kräuter dabei, die ihm helfen können.“

Wo ist denn der Bauer?“

Annamierl lacht, „der ist mit dem Brandner Konrad und dem Roserl in der guten Stube.“

Sie zwinkert der alten Frau zu.

Die Tür wird aufgestoßen und ein junger Bursche kommt herein und bringt einen Schwall kalter Luft mit. Er zieht sich die Mütze vom Kopf.

Das Vieh ist versorgt.“

Gretl bemerkt wie Veverls Augen aufleuchten und eine leichte Röte ihr ins Gesicht steigt.

Ich bring dir ein heißen Tee, „ ruft sie und eilt hinaus.

Gretl schmunzelt und beugt sich zum Annnamierl.“

Wer ist das?“

Der neie Knecht, Anderl, stammt ausm bergischen.“

ich glaub das Veverl sieht ihn recht gern.“

Ja und er sie auch.Aber sie ham hoat beide nix.“ seufzt Annamierl traurig.

Moanst net, dass der Bauer ihr a Heiratsgut gibt, ist doch seine Nichte.“

Die Magd zuckt die Schulter.

Der alte Bauer hat ja sei Tochter damals rausgeschmissen, als sie den armen Lehrer geheiratet hoat. Wenn er noch leben dat, hätte die Veverl hier nach dem Tod der Eltern koa Heimat gefunden.“

Die Tür wird aufgerissen und knallt gegen die Wand.

Die Tochter des Hauses stürmt ins Zimmer, mit wütend funkelnden Augen, die Hände zu Fäusten geballt.

Veverl, Veverl!“

Das Mädchen kommt erschrocken aus der Küche.

Bring mir an Schnaps.“

Ich werd dir lieber an Tee bringen.“

Roserl lässt sich auf den Stuhl fallen und knirscht mit den Zähnen.

Was hat die denn so aufgeregt.“ Veverl schiebt ihr die Tasse hin.

Ausgelacht haoat a mi, der Hallodrie, richtig ausgelacht,“ schnaubt das Mädchen.

Wissen wollt er ob ich kochen kann, na hoabe gesagt, dafür hama schließlich die Mägde, dann wollt er wissen, ob i die Melkmaschine bedienen kann und bevor er auch no fragen konnte ob i den Stall ausmisten koa, hoabn angeschnauzt; ich denk du suchst a Frau und koa Magd.

Da hoat er schallend zum lachen aogfangt, der der ausgschamte Flegel.

Am liebsten hätte erm Pest an Hals gewünscht.“

Vorsicht mit dem Wünschen, bald kommen die Raunächte,“ warnt Gretl.

Roserl knallt die Tasse auf den Teller, springt auf und poltert die Treppe hinauf. Erst als die Tür zu ihrem Zimmer zuschlägt, prusten sie los.

Annamierl wischt sich die Tränen aus den Augen.

Da hoat oane ihren Meister gefunden.“

Veverl wischt den verschütteten auf und trägt die Tasse in die Küche.

Als sie zurück kommt blickt sie fragend die Gretl an.

Was sind denn die Raunächte, du weißt ich habe vor kurzem noch in der Stadt gelebt.“

Gretl sieht sie mit gerunzelter Stirn an.

Raunächte, das ist eine besondere und bedeutsame Zeit voller Magie und Wunder.“

Sie wirft einen ärgerlichen Blick auf den schlafenden Knecht.

Ich kann net weiterreden, wenn der do so schnarcht.“

Anderl gibt dem neben ihm sitzenden einen leichten Rempler.

Der alte Mann fährt hoch.

was, was ist los?“

Es schnarchen sollst auf hern, de Gretl will uns was von de Raunächten erzählen und da soll ma mucksmäuschenstill sein.“

Ah, de Raunächte, a gefährliche Zeit, da gehen Geister um.“

Veverl, wennst Angst hoast, dann setz zu mir,“ grinst der junge Knecht und klopft neben sich auf das Sofa.

Als endlich Stille eintritt, selbst die frostigen Gesellen rütteln nicht mehr an Fenster und Türen, als würden sie innehalten, um zu lauschen, fragt Gretl.

Ververl, du weißt aber schon was die Zwischenzeiten sind.“

Ja, die Sonnwende zwischen Winter und Frühling und auch die Dämmerung zwischen Morgen und Abend.“

Richtig und die Raunächte sind die längste Zwischenzeit, die zwölf Tage zwischen dem Jahreswechsel.

Die erste Raunacht ist die vom 24.12. auf den 25.12 und man behauptet in dieser Nacht können die Tiere sprechen.

Anderl lacht vergnügt. „Ich hab sie no nie gehört.“

Gretl wirft ihm einen strafenden Blick zu.

Die Nacht vom 31.12. auf den 1.1. hat eine besondere Wirkung auf die Wahrsagerei und daher kommt auch der Brauch vom Bleigießen.

Und die Nacht vom 5.1. auf den 6.1. ist besonders wichtig, um alles überflüssige und belastende aus der Vergangenheit zu vertreiben.

Deshalb wird auch am sechsten Januar die Weihnachtsdekoration und der Christbaum entsorgt.

Auch sollte man man diesem Tag die Fenster weit öffnen, um die bösen Geister hinaus zu lassen und die guten herein bitten.“

Gretl zwinkert dem jungen Mädchen zu.

Aber weißt du in den Raunächten werden auch Wünsche erfüllt.

Man muss auf zwölf Zetteln jeweils einen Wunsch schreiben und den gefaltet in ein Kästchen legen jeden Tag zieht man einen Zettel und ohne ihn anzusehen, muss man ihn verbrennen.“

Aber wenn man keine zwölf Wünsche hat?“

Dann schreibst du eben einige Wünsche mehrmals auf.

Wichtig ist, du musst jeden Tag einen Zettel verbrennen und darfst ihn vorher nicht anschauen. Sonst wirkst nicht.“

Die alte Frau steht auf.

Der Wind hat nachgelassen, dann werde ich mal gehen.“

Sitz de wieder hin, ich richte dir ein Zimmer her, bei dem kalten Wetter sollst doch nimmer raus gehen.“

Veverl eilt hinaus.



Die frostigen Gesellen haben sich zurück gezogen.

Der Mond leuchtet mit vollen pausbäckigen Gesicht vom Himmel und taucht den Schnee in ein geisterhaftes Licht.

Leise wird die Tür zu Veverls Zimmer geöffnet und eine Gestalt schleicht sich herein, beugt sich über das schlafende Mädchen und rüttelt es an der Schulter.

Erschrocken fährt die Schlafende hoch.

Ich bins Roserl.“

Was willst mitten in da Nacht.“

Ich brauch deine Hilf. Komm rutsch a bisserl, mich friert an de Füße“

Veverl rückt zur Seite und Roserl schlüpft ins Bett.

Weißt am zweiten Weihnachtstag kommt der Konrad mit seinen Eltern zu Besuch. Könntest du mir das Kochen beibringe, damit der Konrad sieht, dass ich sehr wohl ein gute Bäuerin bin.“

Aber sicher, du wirst das schnell lernen.“

In der Schule hat es mir immer Spaß gemacht.“

Da sixt, die Grundkenntnisse hast ja schon.“

Aber de anderen sollen nix mitkriegen, de lachen mich bloß aus.“

Des ist kein Problem, s Annamierl geht Morgen sowieso zu ihre Eltern und kommt erst nach Neujahr zurück und die Mannsleit, die kommen sowieso nur in die Küche wenn es was zum Essen gibt,“ lacht Veverl.

Eine Weile bleibt es still, dann fragt Veverl leise.

Da hast ihn wohl sehr gern den Konrad.“

Oh ja, immer wenn er mich mit seinen Augen so anblitzt, denn wird mir ganz komisch im Bauch. Wenn er bloß net so a Sturkopf wäre.“

Besonders weil du ja s a sanftes Lamperl (Lämmchen) bist.“

Die beiden Mädchen kichern.

Roserl umarmt ihre Kusine, schlüpft aus dem Bett und huscht aus dem Zimmer.

Veverl winkt Annamierl nach, die zu Anderl ins Auto steigt, der sie zum Bahnhof bringt, dann geht sie zu Roserl in die Küche, die sie schon erwartet.



Am Morgen des Heiligen Abends sitzt Veverl in ihrem Zimmer und schreibt auf zwölf vorbereiteten Zetteln ihre Wünsche, faltet sie sorgfältig zusammen und legt sie in das Kästchen in denen sie kleine Andenken an ihre Eltern aufbewahrt.

Sie betrachtet das Hochzeitsbild ihrer Eltern und es ist ihr als würden sie sie anlächeln und mit einem kleinem Hoffnungsschimmer im Herz eilt sie nach unten.

Anderl steht unten im Hausflur, den Rucksack auf dem Rücken, als hätte er auf sie gewartet.

Ich geh jetzt zu meiner Mutter, am 7. Januar komm ich wieder, wollt mich noch von dir verabschieden.

Wirst denn heut Nacht deinen ersten Wunsch verbrennen.“

Das Mädchen wird rot, „Woher weißt,“ stammelt es.

Ich habs mir gedacht, ich habe nämlich auch zwölf Zettel. Was hältst davon, wenn wir jede Nacht um zehn unsere Zettel verbrennen, vielleicht treffen sich dann unser Wünsche.“

Veverl nickt schüchtern.

Der junge Mann schaut sich um und beugt sich dann zu dem Mädchen.

Darf ich meinem Mutterl erzählen, dass ich a Madl gfunden hab, das ich liab hoab.“

Das Mädchen nickt und Anderl gibt ihr einen schnellen Kuss auf den Mund, stößt einen Juchzer aus und verlässt das Haus.


(c) bonmomo

Das Essen am zweiten Weihnachtsfeiertag wird ein voller Erfolg. Konrad aber sieht Roserl mit aufleuchtendem Blick an, als er erfährt, dass sie ganz allein dieses gekocht hat.

An Neujahr ist Verlobung.

Anderl kommt am 7. Januar zurück und geht gleich zum Bauern.

Dieser ruft das Veverl und zu dritt gehen sie in die gute Stube zu Roserl und Konrad.

Jubelnd fällt diese ihrer Kusine um den Hals und schlägt gleich eine Doppelhochzeit vor.

Konrad holt Wein aus dem Keller und füllt die Gläser.

Roserl aber flüstert ihm etwas ins Ohr und als ihr Bräutigam nickt, geht sie zu ihrem Vater und flüstert auch diesem ins Ohr.

Der alte Mann strahlt und wendet sich an die frisch Verlobten.

Veverl, mein Vater war ein harter Mann und als deine Mutter nicht von deinem Vater lassen wollte, der nur ein armer Lehrer war, da hat er sie einfach aus dem Haus geworfen.

Nicht mal ihr Heiratsgut hat er ihr mitgem. Dies steht jetzt dir zu, dir gehört die Hälfte des Hofes und die andere Hälfte will Roserl dir zur Hochzeit schenken.“

Fassungslos sehen die jungen Leute ihn an, dann springt Veverl auf und umarmt ihren Onkel und Anderl drückt ihm die Hand.

Dem alten Mann steht das Wasser in den Augen, denn trotz all seiner Brummigkeit, hat er doch ein butterweiches Herz.

Eins bitt ich mir aus, dass ihr mir ein warmes Plätzchen an eurem Ofen lasst und die Mutter vom Anderl holen wir auch zu uns. Nun lasst uns auf die Zukunft trinken.“


Ich weiß nicht, was die beiden auf ihren Wunschzetteln hatten, aber besser konnte es doch gar nicht kommen.


(c) Lore Platz 15. Jan. 2020

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Lores Weihnachtszauber

Sonntag, 8. Dezember 2024

Türchen 8 2024

 

 

 


 

Türchen 8


Ein Lied geht um die Welt, stille Nacht, heilige 

Nacht


Dieses Weihnachtslied ist für mich das schönste. Wenn ich es höre bekomme ich Gänsehaut und Tränen in den Augen.

Es wurde am 24. Dezember 1818 in der Kirche St. Nikola in Oberndorf bei Salzburg zum ersten Mal aufgeführt.

Von Franz Xaver Gruber stammt die Melodie und der Text von Josef Mohr.

Seitdem wurde das Lied in 320 Sprachen und Dialekten übersetzt.


Die Geschichte dazu ist keine neue, aber sie passt, denn es geht um mein Lieblingslied und den Grundgedanken des Weihnachtsfestes.

Die Vergebung.


(c) bonmomo


Der Geiger und das Jesuskind

Mit einem dumpfen Knall schließt sich das große Gefängnistor hinter Sebastian.

Fest umfasst seine Hand den Geigenkasten.

Mitten aus der Probe hatte man ihn damals verhaftet, denn er hatte einen Scheck seines Chefs gefälscht. Zwei Jahre war er nun im Gefängnis gewesen.

Er sieht sich um, doch niemand ist da, um ihn abzuholen.

Seine Eltern hatten ihn ein paarmal besucht und insgeheim hatte er gehofft, dass sein Vater jetzt hier wäre und ihn mit nach Hause nähme.

Leise beginnt es zu schneien und Sebastian steigt in den Bus, der ihn in die Stadt bringt.

In der Jackentasche steckt ein Zettel mit der Adresse eines Sozialarbeiters, der ihm weiter helfen sollte.

In der Stadtmitte steigt er aus.

Die Schneeflocken waren dicker geworden und die Straßen sind kaum zu sehen, trotzdem bemerkt er, dass alles weihnachtlich geschmückt ist.

Ach ja, morgen war ja der Heilige Abend.

Letztes Jahr hatte er ihn in der JVA verbracht. Sie sangen Weihnachtlieder in dem großen Gemeinschaftsraum und es gab sogar Plätzchen.

Von seinen Eltern war ein Paket gekommen.

Was sie morgen wohl machen und ob sie ihn überhaupt sehen wollen?

Auf einmal steht er vor einem Pfandleihhaus.

Sollte er die Geige versetzen? Ein paar Euro würde sie bestimmt bringen und er könnte sich eine ordentliche Mahlzeit kaufen.

Doch dann geht er entschlossen weiter.Nein, die Geige hatte seinem Großvater gehört, lieber hungern.



Aus den dicken Schneeflocken ist inzwischen ein Schneesturm 

geworden.

Sebastian schlägt den Kragen seiner Jacke hoch und hastet vorwärts.

Er sieht kaum die Hand vor den Augen.

 Plötzlich stößt er an eine Stufe und sieht eine Kirche vor sich.

Dort würde er Schutz finden vor dem grässlichen Wetter.

Mühsam drückt er die schwere Tür auf und schlüpft hinein.

Stille umfängt ihn.

Er setzt sich auf eine der Bänke und legt den Geigenkasten neben sich.

Es riecht nach Weihrauch und Tannen, denn ein großer Adventskranz hängt vorne am Altar von der Wand herunter. Die Dochte aller vier Kerzen sind schwarz. Am Sonntag war ja der vierte Advent gewesen.

Unter dem Adventskranz aber ist die heilige Familie aufgebaut.

Josef in seinem braunen schweren Umhang, den Blick in die Ferne gerichtet, als mache er sich Sorgen über irgendetwas.

Maria in einem blauen langen Kleid einen weißen Schleier über dem Kopf sieht voller Liebe auf ihr Kind.

Das Jesuskind aber liegt in der Krippe, die Hände weit ausgebreitet als wollte es die ganze Welt umarmen.

Auf einmal dringt ein Sonnenstrahl durch die bunte Scheibe des Kirchenfensters und Sebastian ist, als würde das Jesuskind ihn anlächeln.

Wie unter Zwang holt er seine Geige aus dem Kasten und geht mit langsamen Schritten nach vorne.

Er hebt die Geige, stützt sie unterm Kinn ab und dann beginnt er zu spielen.

Lieblich strömen die Töne hervor und er spielt so schön, wie er noch nie gespielt hat.

Die Geige jubelt und jauchzt zu Ehren Gottes und das Jesuskind strahlt ihn freundlich an.

Sebastian wird ganz warm ums Herz und er spürt wie all sein Kummer sich löst und mit den Tönen verschwindet.

Wie aus einem Traum erwachend lässt er die Geige sinken und bemerkt in der Tür zur Sakristei einen Priester, der Tränen in den Augen hat und nun mit schnellen Schritten auf ihn zu kommt und ihm beide Hände entgegenstreckt.

Erschrocken wendet Sebastian sich um und eilt davon.

Der Pfarrer schürzt seine schwarze Soutane und läuft ihm nach.

Junger Mann warten sie doch, sie sind die Erhörung auf meine Gebete.“

Sebastian bleibt stehen und wendet sich um.

Atemlos setzt sich der Priester in eine Bank und winkte ihn an seine Seite.

Man sollte fast an ein Wunder glauben, euch hat der Herrgott geschickt.“

Sebastian lacht bitter auf.

Hochwürden, dann doch eher der Teufel. Ich bin ein Sünder und wurde gerade aus dem Gefängnis entlassen.“

Der Pfarrer sieht ihm lange in die Augen, dann lächelt er.

Ihr habt gute Augen und wenn ihr gerade aus dem Gefängnis kommt, dann habt ihre eure Strafe verbüßt.“

Ein verschmitztes Lächeln gleitet über sein Gesicht.

Aber Gott liebt doch die Sünder, wisst ihr das nicht? Jesus selbst hat doch gesagt:

Gott freut sich mehr über 99 Sünder, als über einen Gerechten.“

Er packt Sebastian am Arm und zerrt ihn zur Sakristei.

Kommt mit, meine Köchin soll uns einen guten Kaffee kochen und ich kann dir versprechen, sie hat einen prima Stollen und ihre Plätzchen zergehen auf der Zunge.

Du kannst mir ja dann erzählen warum du im Gefängnis warst und ich sage dir, warum ich denke dass der liebe Gott dich ausgerechnet heute in meine Kirche geschickt.“

Auf den fragenden Blick von Sebastian erklärt er ihm, dass vor einigen Tagen die Orgel kaputt gegangen ist und die Reparatur länger dauern wird.


(c) bonmomo



Aber über die Weihnachtstage hatten sie keine musikalische Begleitung.

Und er fragt ihn, ob er den Kinderchor mit seiner Geige begleiten würde.

Mit strahlenden Gesicht nickt Sebastian.

Der Pfarrer bietet ihm sein Gästezimmer an und am Nachmittag ruft er den Chor zusammen, damit sie noch miteinander üben können.

Und am Abend steht Sebastian mit dem Kinderchor vor dem Altar und seine Geige jubelt wie noch nie.

Und als er nach dem wunderbaren Liede:

Stille Nacht, heilige Nacht“ die Geige sinken lässt sieht er in der ersten Bank seine Eltern sitzen, die beide Tränen in den Augen haben.“


© Lore Platz 2013

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wenn ihr mehr ältere Weihnachtsgeschichten lesen wollt dann besucht mich auf 

Lores Weihnachtszauber 


die Geschten, die  ich 2024 geschrieben habe, setze ich erst später ein, wenn sie ihre Premiere in Märchenzauber hatten (zwinkern)






Samstag, 7. Dezember 2024

Türchen 7

 

 


 

 Schlittenfahrt


Hurtig trabt der weiße Schimmel

Fröhlich seine Glöckchen bimmeln

Eingehüllt in warme Decken

Kann die Kälte uns nicht schrecken.

Große Flocken, weiße Pracht

Winter, wie hast die Welt du schön gemacht

Rote Bäckchen, blanke Augen, stimmen froh ein 

Lied wir an

Selbst der Kutscher brummt ganz leise, obwohl er 

doch nicht singen kann

Ein Hirsch edel und stolz

Kommt aus dem Unterholz

Regungslos bleibt er jetzt stehen

Überrascht uns hier zu sehen

Weiter geht’ s, das Ziel erreicht

Gesichert ist der Schlitten, das Pferd versorgt

Schnell nun aber hinein, in den wärmenden Hort

Weihrauchduft und brennende Kerzen

Empfängt uns, erreicht unsere Herzen

Jubelnd vom Chor nun die Orgel erklingt

Alle erheben sich, vom Blatt man singt

Die schönen Weihnachtslieder, die lobpreisen die 

Mutter und ihr neugeborenes Kind

Nur für Josef kein einziges Wort man find'

Der Priester spricht den Segen, wir dürfen hinaus

Wünschen allen frohe Weihnacht und fahren nach 

Haus

Hurtig trabt der weiße Schimmel

Fröhlich seine Glöckchen klingen


© Lore Platz 2014

 

 

 


 

Fritz und Elfie treffen den Nikolaus Teil 2

 

Die Kinder folgten dem gütigen Mann nach draußen und jubelten, als sie den prächtigen Schlitten sahen.

Dürfen wir damit fahren? “ „Steigt nur ein!“ lachte Nikolaus und dann ging´s los.

Die Kinder jauchzten, doch als der Schlitten in den Hof einbog wurden sie ganz still.

Aufmunternd lächelte der Bischof ihnen zu.

Aus dem Haus kamen der Bauer und die Bäuerin und von überall das Gesinde.

Als der feine Herr nun mit den Kindern an der Hand auf sie zukam verbeugte sich der Bauer so tief, dass seine Nasenspitze fast den Boden berührte und sein Gesicht  eine rote Farbe annahm.
 

Seine Frau knickste und zwitscherte überfreundlich:“Welche Ehre darf ich sie ins Haus bitten.“ 
Da entdeckte sie die Kinder und wedelte mit beiden Händen. 
„Verschwindet ihr Bettelpack, belästigt den feinen Herrn net.“
 

Der feine Herr aber beachtete sie nicht und forderte die Kinder auf sie zur Großmutter zu bringen. 
Als er das zerfallene Häuschen betrat sah er sich um  und sein  Gesicht wurde sehr ernst. 
 

Doch als er die alte Frau auf dem Sofa sah, die sich bemühte aufzustehen wurde sein Blick  milde 

„Bleiben sie sitzen,Großmütterlein, ihre Enkel und ich laden sie zu einem Weihnachtsessen ein.“ 
 

Dann wendete er sich zu den Kindern, „helft der Oma beim packen, hier könnt ihr nicht bleiben und nehmt nur eure persönlichen Dinge mit, ich schicke euch meinen Kutscher, er kann euch helfen. 
Ich muss noch etwas erledigen.“ 
 

Als er das Haus verließ standen Gewitterwolken auf seiner Stirn. 
 

Mit schnellen Schritten ging er auf den Bauern zu und baute sich vor ihm auf. 
 

„Der Hias war Knecht bei ihnen und hat sein Leben verloren, als er ihres gerettet hat und statt sich aus Dankbarkeit um seine Mutter und seine Kinder zu kümmern steckt ihr sie in dieses kalte baufällige Rattenloch!“ 

Suchend sah er sich um.  „Martin, Mirl. Bärbel kommt."

Verlegen traten die drei zum Bischof. Dieser drückte jedem herzlich die Hand. 
 

„Ohne euch hätten meine drei Schützlinge diesen Winter vielleicht nicht überlebt.
 Nun packt eure Sachen und kommt mit uns.“
 

In diesem Moment kam die Oma am Arm des Kutschers und beiden Kinder, diese sprangen in den Schlitten und der Kutscher half der alten Frau, dann breitete er die warme Felldecke über die drei. 
 

Fritz entdeckte als erster Martin, Mirl und Bärbel. „Kommt ihr auch mit uns“ „i denk scho,“ brummte Martin. 
 

Nikolaus, der bereits neben dem Kutscher saß lachte  fröhlich . “Draußen vor dem Hof steht ein Schlitten für euch und euer Gepäck.“ 
 

Mit klingelnden Glöckchen fuhren die beiden Schlitten durch die herrliche schneeweiße Landschaft, dann geht´s einen steilen Berg hinauf und vor einem großen Anwesen blieben sie stehen. 

Martin, der als erster aus dem Schlitten gesprungen ist schaute sich staunend um und rief.
“Das ist doch der Einödhof vom Mooshamer, der vor kurzem gestorben ist ohne einen Erben zu hinterlassen.“
 

„Doch ein Erbe ist schon gefunden, wir mussten es nur aus gewissen Gründen geheim halten und ihr seid heute seine Gäste.“ lachte der Bürgermeister, der aus dem Haus  gekommen ist , um die Gäste zu begrüßen. 
 

Bald saßen sie alle an dem reich gedeckten  Tisch und schmatzen und lachten.
 

Als alle satt waren bat der Bürgermeister  sie in die gute Stube und nachdem jeder einen Platz gefunden hatte, begann er zu erklären:
 

„ Der Mooshamer war ein Sonderling, der mit den Dörflern, da unten nix zu tun haben wollte und jeder dachte er hätte keinen Erben.
 

Vor zwei Jahren hat er sein Testament gemacht und es versiegelt bei mir hinterlegt.
 

Als er dann verstarb und ich es öffnete, staunte ich nicht schlecht und wusste sofort, dass ich es unbedingt geheim halten musste.“
 

„Ja, aber warum?“ wollte Fritz wissen, „weil der Mooshamer der Großonkel deines Vaters war und den Hias zum Erben eingesetzt hat und da euer Vater vor einem Jahr verunglückt ist, seid ihr jetzt die Erben.
 

Stellt euch vor der Hartleitner Ludwig hätte das erfahren, der wäre doch gleich in die Stadt aufs Gericht und hätte sich für die Vormundschaft gemeldet und hätte sie auch bekommen, weil er sich ja so liebevoll euer angenommen hat nach dem Tod eures Vaters.
Deshalb habe ich verbreitet, dass nach dem Erben noch gesucht  wird und mit meinem Freund Nikolaus eure Entführung hierher geplant.“
 

„Ja und uns hast ja gleich mit entführt“, brummte Martin.
Der Bürgermeister grinste und schaute die drei, die auf dem Sofa saßen und mit großen Augen zugehört hatten verschmitzt an.
„Weil ihr hier gebraucht werdet.  

Du Martin bist bereits als Vormund für die Kinder gerichtlich eingetragen und wirst außerdem den Hof verwalten und Fritz beibringen was ein Bauer alles wissen muss und deine Frau wird der Ellii alles beibringen.
Dafür erhält jeder von euch ein ordentliches Gehalt sowie lebenslanges Wohnrecht.“
 

„Aber ich habe doch keine Frau!“  
„So wie du und die Mirl streiten hast du sie schon gefunden.“
 

„Ja und bevor wir gehen bekommt ihr meinen kirchlichen Segen und der Johann trägt es dann im Standesamt ein .“
 

Der Bürgermeister aber wandte sich an Bärbel.
„Du wirst hier die Hauserin und Köchin, mit einem großzügigen Gehalt und lebenslangem Wohnrecht. 

Elfie klatschte in die Hände „ Wir leben hier alle wie eine große Familie zusammen, das wird schön.“
 

Und was ist meine Aufgabe, „ fragte die Oma.
Die Kinder fielen ihr um den Hals und riefen.
„Du musst dir nur gefallen lassen, dass du von früh bis spät verhätschelt wirst!“

 

© Lore Platz  Juni 2024


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Lores Weinachtszauber


Freitag, 6. Dezember 2024

6. Türchen 2024

 

 


 

6. Türchen



In die Zeit um den Nikolaus herum fällt der Adventsbrauch des Anklöpfelns. Früher klopften arme Leute an die Türen des Dorfes, um Essen für die Festtage zu erbitten. Zum dank sangen sie Weihnachtslieder oder trugen Gedichte vor.


Fritz und Elfie treffen den Nikolaus  1


Vor vielen vielen Jahren lebten in einem Dorf zwei Kinder. Ihre Eltern waren gestorben und sie hausten zusammen mit ihrer Großmutter in einer alten halb verfallenen Hütte, die ihnen der Bauer, bei dem Hias, der Vater der Kinder, als Knecht gearbeitet hatte zur Verfügung stellte.

Aus Barmherzigkeit tat er es bestimmt net, aber er fürchtete das Gred der Leit.

Außerdem kümmerte er sich nicht weiter um sie und wenn die Mägde und Knechte nicht gewesen wären, dann wären die drei längst verhungert.

Eben saßen sie auf dem alten Sofa um sich gegenseitig aufzuwärmen.

Es war wieder mal einer dieser besonders kalten Winter.

Es klopfte und die Mirl und der Martin kamen herein. Der Knecht stellte den großen Topf, aus dem es köstlich duftete, auf den Tisch. „De schickt eich, die Köchin ,heit san ma a weng spat dro.“

„Ja, stellst eich vor, heit gehts drunter und drüber,“fiel ihm die Mirzl ins Wort, der der Martin viel zu langsam redete und schon schnatterte sie weiter:

“Haus und Hof musste schee putzt wern, denn beim Bürgermeister ist a ganz feiner Mann zu Bsuch. a Bischof aus Myyy“ „Myra, „ brummte Martin und als Mirl weiter sprechen wollte, hielt er ihr den Mund zu.

„Jetzt red i!“ Die Magd warf ihm einen wütenden Blick zu, schwieg aber. Der Knecht aber wandte sich an die beiden Kinder:“ könnt ihr Weihnachtsgedichte aufsagen und Weihnachtslieder singen.“

Als diese eifrig nicken, spricht er weiter ,“warum geht ihr dann am Nachmittag nicht beim Anklöpfeln mit. Heute werden die Großkopferden es doppelte geben weil sie vor dem feinen Herrn gut dastehen wollen.“

Dann nimmt er die Mirl beim Arm und zerrt sie zur Tür, dort dreht er sich um,“um vier Uhr sammeln sich alle am Dorfplatz.“

Kurz vor vier Uhr sind die Kinder am Treffpunkt und werden herzlich empfangen.

Dann ziehen sie gemeinsam los.

Ihr erstes Ziel ist wie immer das Haus des Bürgermeisters.

Sie stellen sich gerade auf, um zu singen, da wird die Tür geöffnet und der Bürgermeister und ein fein gekleideter Mann treten heraus. Der feine Herr spricht:“ liebe Leute bevor ihr uns mit euren Vorträgen erfreut tretet ein, wärmt euch auf und stärkt euch.

Verschüchtert folgen ihm die Weihnachtssänger und bleiben staunend an der Tür des Speisezimmers stehen.

Tische und Bänke standen dort die festlich gedeckt waren.

Und nun saßen die armen Leute in ihren armseligen Lumpen und wurden bedient wie die Fürsten.


Der feine Herr aber nahm Fritz und Elfie bei der Hand und führte sie hinaus. „ kring wir nix zum essn,“ maulte Fritz. Der Bischof. lachte, „Für euch ist der Tisch woanders gedeckt, doch vorher wollen wir noch die Oma abholen.“


© Lore Platz Juni 2024

 

 Fortsetzung folgt Morgen

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Donnerstag, 5. Dezember 2024

5. Türchen 2024

 

5. Türchen



Kramperltratzen



Die Kramperl oder auch Krampus genannt sind grauslig verkleidete junge Männer und begleiten den Hl. Nikolaus.

Sie lieben es den Kindern einen Schrecken einzujagen.

Das bayrische Wort tratzen abgeleitet wohl von trotzen bedeutet, jemanden ärgern , vergelten.

Am 5. Dezember werden nämlich im bayrischen Oberland abends die gruseligen Rußgesichtigen von den tapfersten unter der Dorfjugend empfangen und es kommt zu einer heftigen Keilerei.Die nächste Geschichte ist nicht neu, aber eine meiner Lieblingsgeschichten. 

Warum? Mein Mann starb am 29.8 2013 und er war Seemann und diese Geschichte entstand kurz nach seinem Tod.



 

 

Der alte Krishna erzählt

Tobias setzt den letzten Punkt unter seinen Aufsatz. Geschafft! Er stopft das Heft in den Schulranzen und springt auf, um dann polternd die Treppe hinunter zu laufen.

Gerade schnürt er seine Stiefel, als die Mutter mit seiner kleinen Schwester an der Hand vom Keller herauf kommt.

Tobi, bist du so lieb und nimmst Andrea mit, heute kommt Frau von Ützen zur Anprobe und du weißt sie ist immer sehr eigen und vor allem empfindet sie Kinder als störend.“

Seine Mutter war Schneiderin und der Vater hatte ihr im Keller ein Atelier eingerichtet und sie war sehr erfolgreich.

Warum kann denn Lisa nicht aufpassen!“

Lisa war das Nachbarmädchen.

Lisa schreibt morgen eine Klausur und muss lernen, bitte mein Großer!“

Der Zehnjährige nickt und hilft seiner kleinen Schwester in den Schneeanzug.

Andrea freut sich, sie liebt ihren großen Bruder und geht gerne mit ihm.

Auch Tobias liebt seine kleine Schwester, aber heute wollte er mit seinem Freund Bertram am Hang zum Rodeln gehen, aber mit der Kleinen war das nicht möglich.

Er nimmt Andrea an die Hand und sie gehen den kurzen Weg zum Haus, in dem Bertram wohnt.Dieser öffnet mit missmutigem Gesicht, doch als er Andrea sieht, grinst er.

Du auch? Ich muss Elke mitnehmen, denn meine Mutter muss zum Zahnarzt.“

Frau Mertens kommt in den Flur, ihre Backe ist geschwollen, doch als sie Andrea sieht, lächelt auch sie.

Da wird Elke sich aber freuen und Bertram wird auch nicht mehr so grummelig sein, wenn ihr beide heute Babysitten müsst.“

Die beiden Mädchen laufen Hand in Hand voraus, während die Jungen ihnen langsam folgen.

Etwas sehnsüchtig sehen sie zum Hang hinüber,wo die Kinder johlend auf Schlitten oder Plastiktüten hinunter rutschen.

Was machen wir nun?“ will Bertram wissen.

Tobi zuckt die Schultern, doch dann hat er eine Idee.

Wir gehen zu Krishna!“

Krishna war der alte Schäfer des Dorfes und wohnte mit seinen Schafen in einem umgebauten Schuppen.

Er war früher zur See gefahren und konnte wunderbare Geschichten erzählen, von Haien, Löwen und Tiger, ja, einmal war er sogar im Bauch eines Walfisches gefangen.

Und einmal wäre er fast in dem Suppentopf bei den Kannibalen gelandet.

Bald sitzen sie auf Heuballen bei dem alten Schäfer im Schuppen.

Der alte Mann hat aus dem Nebenraum, in dem sich eine kleine Küche befindet, für alle Kakao geholt und nun hat jedes der Kinder einen warmen Pott zwischen den Händen und aufmerksam beobachten sie Krishna dabei, wie er seine Pfeife stopft.

Der alte Schäfer lächelt und meint:

Gefällt euch wohl meine Pfeife, joo Kinners die bekam ich mal als junger Mann vom Hl. Nikolaus geschenkt, zum Dank dafür, dass ich den Knecht Ruprecht vertreten habe.

Wollt ihr die Geschichte hören?“

Die Kinder nicken eifrig und selbst die Schafe blöken und drängen näher ans Gatter, als wollten auch sie zuhören.

Arno, der Schäferhund legt sich zu Füßen seines Herrn, der genüsslich an seiner Pfeife zieht und beginnt:

Als junger Mann bin ich zur See gefahren, wie ihr ja wisst, war eine schöne Zeit.

Nur meiner alten Mutter, der war es nicht recht, wenn ich nur alle paar Monate nach Hause kam.

Wieder einmal hatte ich Landurlaub und stapfte mit meinem Seesack auf den Schultern durch den Wald, zum Haus meiner Mutter.

Da hörte ich plötzlich ein komisches Geräusch, leise ging ich weiter, denn man konnte ja nie wissen, was einem so begegnet im Wald.

Da sah ich doch einen Schlitten, der umgekippt im Schnee lag und in einem großen Schneehaufen steckte kopfüber ein Bär!

Nun ging ich vorsichtig näher, bisschen bange war mir schon, aber ich konnte das arme Tier ja nicht so liegen lassen.

Also fasste ich von hinten an das zotteligen Fell und zog kräftig daran.

Auf einmal gab es einen Ruck und beide saßen wir im Schnee. Nu fing doch der Bär plötzlich zu sprechen an und ich sah, dass es ein potthässlicher Kerl war, der nur einen zotteligen Mantel anhatte.

Danke Krishna,“ stöhnte er, „ich hätte beinahe keine Luft mehr bekommen.

Woher kennst du mich denn?“ fragte ich perplex.

Ich kenne dich schon seit deiner Kindheit, warst ein wilder Bursche und hast deiner Mutter viel Kummer gemacht, mehr als einmal musste ich die Rute da lassen. Ich bin nämlich Knecht Ruprecht!“

Und wo ist der Hl.Nikolaus?“

Der besucht gerade einige Kinder im Dorf.

Ich sollte im Schlitten warten.

Und weil mir langweilig war, bin ich ein wenig spazieren geflogen, aber nicht hoch genug, habe mich in den Bäumen verheddert und diese Bruchlandung hingelegt. Hilf mir mal hoch!“

Immer noch verdatterte half ich ihm auf die Beine, doch mit einem Stöhnen kippte er wieder um.

Ich konnte ihn gerade noch festhalten und half ihm sich auf meinen Seesack zu setzen.

Er rieb sein Bein.

Da ich etwas Heilkunde von meiner Mutter gelernt hatte, untersuchte ich das stark geschwollene Bein.

Es war nicht gebrochen, aber wohl verstaucht.

Aber wisst ihr was Kinners, der olle Kinderschreck jammerte wie eine Memme.

Dann kam der Hl. Nikolaus in Begleitung zweier Engel zwischen den Bäumen auf uns zu.

Der heilige Mann betrachtete kopfschüttelnd das Häufchen Elend, das da zusammen gekauert auf meinem Seesack hockte, dann sah er hinüber zu dem umgestürzten Schlitten.

Denkst du Krishna, du kannst den Schlitten alleine aufrichten, Ruprecht wird dir wohl nicht helfen können Dieser zog den Kopf ein und wurde tatsächlich rot. Bald hatte ich den Schlitten wieder startbereit.

Ich warf meinen Seesack auf den Rücksitz und half dem ollen Ruprecht, der keinen Laut von sich gab und kein bisschen mehr jammert, hinauf.

Die Engel kletterten auch auf den Seesack und hüpften kichernd darauf herum.

Ich selbst aber klemmte mich hinter das Steuer und der Hl. Mann setzte sich neben mich.

Denkst du, du kannst den Schlitten fahren?“ fragte er.

Ich besah mir die vielen Knöpfe und meinte etwas großspurig:

Wer einen großen Dampfer fahren kann, der kann auch so ein kleines Ding vorwärts bringen!“

Na,na!“ meinte der Hl. Nikolaus.

Ich ließ mir von Knecht Ruprecht die vielen Knöpfe erklären, dann drückte ich vorsichtig auf den Startknopf.

Der Schlitten ruckelte ein wenig, hopste in die Höhe und blieb still stehen.

Nach einigen Versuchen hatte ich es raus wie man das Ding in Bewegung setzte und potzblitz standen wir vor Mutterns Hütte.

Die Gute war ganz aufgeregt, als wir plötzlich alle in der Stube standen.

Sie führte den Bischof zu ihrem Lieblingssessel am Kamin und den Engeln drückte sie jedem einen Keks in die Hand.

Ich hatte Knecht Ruprecht inzwischen bei der Ofenbank abgeladen, der keinen Mucks abgab, denn er schämte sich wohl vor dem hl.Mann

Als ich ihm mit meinem Messer den Stiefel aufgeschnitten hatte, begann das Bein anzuschwellen wie eine rote Melone.

Meine Mutter holte gleich ihre Töpfchen mit Salben und Tinkturen und ich setzte mich an den Tisch und suchte nach meiner Pfeife.

Dann fiel mir ein, dass sie ja auf der letzten Reise über Bord gefallen war und sich nun sicher der Wassermann daran erfreute.

St. Nikolaus aber bat mich, ihn doch anstelle von Knecht Ruprecht zu begleiten, denn so wie es aussieht, wäre der im Moment keine große Hilfe.

Sie müssten nur noch die umliegenden Dörfer besuchen, dann ging es zurück in den Himmel.

Natürlich sagte ich zu und bemerkte, dass meine Mutter mächtig stolz auf mich war.

Ich schlüpfte also in den zotteligen Mantel von Knecht Ruprecht.

Als dieser mich darauf hinwies, dass in der rechten Manteltasche die Rute steckt, schüttelte ich den Kopf.

Ne, ich erschrecke keine kleinen Kinder und schlage sie auch nicht!“

Musst du auch nicht, du kannst im Schlitten draußen warten.

Und Knecht Ruprecht schlägt auch keine Kinder, das würde ich nie erlauben. Er übertreibt es nur manchmal mit seinen Drohungen.“ beruhigte mich der Nikolaus.

Dann ging es los. Schneller als der Wind sausten wir durch die Gegend und es war weit nach Mitternacht, als wir wieder vor Mutterns Hütte standen.

Knecht Ruprecht saß auf der Ofenbank, das dick verbundene Bein auf einem Schemel und schlürfte mit vergnügtem Gesicht eine Tasse Kakao.

Bald hatten auch wir jeder eine Tasse Kakao in der Hand, dazu hatte Muttern eine große Platte mit belegten Broten gemacht und freute sich wie wir reinhauten.

Wir erzählten und lachten bis die Sonne aufging, dann weckten wir die Engel, die auf dem Sofa eingeschlafen waren und ich half Knecht Ruprecht auf den Schlitten.

Diesmal musste er fahren, aber da dank meiner Mutter sein Fuß nicht mehr schmerzte war er ganz fidel.

Bevor sie abfuhren reichte der Hl. Nikolaus mir diese wunderschöne Pfeife und Muttern bekam ein warmes Wolltuch und eine schöne Schatulle für allerlei Krimskrams.

Wir winkten ihnen noch nach, bis sie nur noch ein kleiner Punkt am Horizont waren.

Die Pfeife aber habe ich bis zum heutigen Tag in Ehren gehalten.“

Eine Weile ist es still, dann seufzen die Mädchen, das war eine schöne Geschichte.

Tobias aber sieht auf seine Armbanduhr und meint bedauernd:

Nun müssen wir leider nach Hause.“

Sie bedanken sich bei Krishna für die heiße Schokolade und die tolle Geschichte, dann verlassen sie die Scheune.

Während die Mädchen kichernd voraus laufen, sind die beiden Jungen auffallend still.

Denkst du, die Geschichte ist wahr?“ fragt Tobi seinen Freund.

Bertram zuckt mit den Schultern.

Mein Vater sagt, dem Krishna darf man nicht alles glauben, er spinnt gerne Seemannsgarn.“

Was ist das?“

Keine Ahnung!“

Da trifft ihn ein Schneeball.

Die Mädchen haben sich kichernd hinter den

Büschen versteckt und bewerfen sie von dort mit Schneebällen.

Na wartet!“

Bald sind sie mitten in einer fröhlichen Schneeballschlacht.


© Lore Platz 2013


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