Diese Geschichte möchte ich meiner verstorbenen Freundin Heide Marie Kalitta widmen, die mir extra ein Bild dafür gemalt hat.
Wo immer du jetzt bist liebe Heide Marie, ich hoffe du freust dich darüber.
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(c) Heide Marie Kalitta |
Der
Tag, an dem die Hühner streikten
Heute
kann ich es euch ja erzählen, denn es ist alles gut
ausgegangen und ich denke mal jeder hat seine Ostereier gefunden.
Dabei
war vor einigen Tagen noch gar nicht so sicher, ob es diesmal klappt
mit den Ostereiern.
Und
das kam so.
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(c) Irmgard Brüggemann |
Zwischen
Himmel und Erde liegt das Zauberland und dort wohnt der Osterhase mit
seiner Frau und seinen Kindern.
Das
sind die drei Jungen Schlitzohr, Bertl und Angsthase und die drei
Mädchen Myrtel, Fellchen und Samtpfote.
Sie
wohnen inmitten einer großen Wiese in einem riesigen Haus, das
aussieht wie ein Osterei.
Hinter
dem Haus gibt es einen Garten, in dem Mutter Osterhase
Karotten, Salat und verschiedene leckere Kräuter angepflanzt hat.
In
dem schmucken Gartenhäuschen sind die Farbeimer und Pinsel, sowie
der große gusseiserne schwarze Kessel in dem die Eier gekocht
werden, untergebracht.
Alles
ist sehr ordentlich, denn Frau Osterhase legt darauf großen Wert.
In
der großen offenen Scheune am Rande der Wiese steht der
Pritschenwagen, mit dem sie in der nahegelegenen Farm die Eier
abholen und natürlich damit auch in die Menschenwelt fahren, um sie
zu verstecken.
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(c) Irmgard Brüggemann |
Schlitzohr
liegt gerade unter dem Wagen und streckt die Hand aus.„Schraubenzieher!“
„Welchen
denn?“ fragt Bertl
Schlitzohr
rutscht unter dem Wagen hervor und seine Brüder fangen an zu lachen,
denn er ist ganz schwarz im Gesicht.
Vater
Osterhase kommt in die Scheune und auch er schmunzelt.
„Seid
ihr so weit Jungs, wir müssen los.“
„Gleich
muss nur noch eine Schraube anziehen!“ ruft Schlitzohr, der sich
inzwischen den Schraubenschlüssel selbst genommen hat.
Wenig
später, nachdem sich der Hasenjunge noch schnell gewaschen hat, sind
sie auf dem Weg zur Hühnerfarm.
Sie
ahnen nicht, was dort auf sie wartet.
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(c) Roswitha und Werner B. |
Auf
der Hühnerfarm herrscht nämlich große Aufregung.
Die
schöne Louisa thront auf dem großen Stein inmitten des Hofes und
hält eine flammende Rede.
Die
dicke Berta, die mit ihren Freundinnen bei einem gemütliche Tee
zusammen sitzt, guckt aus dem Fenster.
„ Es
ist Louisa, seit sie aus dem Ei geschlüpft ist hält sie sich für
etwas besseres und verbreitet immer wieder Unruhe und besonders das
Jungvolk hört auf sie. Was sie diesmal wohl wieder vorhat. Kommt wir
wollen mal nachsehen.“
Berta
und ihre drei Freundinnen verlassen das Häuschen und nähern sich
dem Versammlungsort.
„Wir
werden, wenn heute der Osterhase kommt, die Eier nicht ausliefern!“
ruft Louisa gerade triumphierend und die anderen schreien begeistert
„Jaaaaa!“
Nur
einige der älteren Hühner sind still und machen ein bedenkliches
Gesicht.
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(c) Roswitha und Werner B. |
Berta
drängt sich nach vorne.
„Was
soll denn der Unsinn, Louisa! Die Eier stehen doch schon verpackt in
Körben im Schuppen. Was für eine verrückte Sache hast du dir denn
jetzt wieder ausgedacht!“
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(c) Irmgard Brüggemann |
Die
junge Henne wirft ihr einen spöttischen Blick zu.
„Seit
Jahren arbeiten wir für den Osterhasen und welchen
Dank
bekommen wir. Wir legen die Eier!!! Und nur weil der Osterhase ein
paar Farbtupfer drauf gibt wird er gerühmt.
Manche
Kinder glauben ja sogar, dass die Hasen auch noch die Eier legen.
Habt ihr schon jemals ein Kind sagen hören, die lieben Hühner legen
uns die Eier? Nein!, der liebe Osterhase bringt sie uns, ach wie ist
er doch soooo lieb!“
Louisa
hat sich richtig in Fahrt geredet und die anderen Hühner nicken
zustimmend.
Berta
aber schüttelt nur den Kopf.
„So
ein Unsinn, wir arbeiten für den Osterhasen und liefern die Eier,
dafür besorgt er Futter für uns, hat uns diese hübschen Häuschen
gebaut und außerdem den schützenden Zaun, durch den kein Fuchs oder
Marder kommt.“
Louisa
wirft ihr einen listigen Blick zu, dann wendet sie sich an die
anderen.
„Wer
dafür ist, dass wir dem Osterhasen keine Eier ausliefern, der hebe
den rechten Flügel.“
Fast
alle Flügel schießen in die Höhe.
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(c) Irmgard Brüggemann |
Und
so kommt es, dass der Osterhase und seine Söhne vor verschlossenen
Türen stehen, als sie wenig später die Eier abholen wollen.
Besorgt
fahren sie wieder nach Hause, nachdem ihnen die dicke Berta gesagt
hat, was los ist.
Mittlerweile
ist es wieder ruhig geworden auf dem Hühnerhof. Die älteren Hühner
haben sich besorgt in ihre Hütten zurückgezogen und das Jungvolk,
das noch vor kurzem so begeistert 'Ja' geschrien hatte, schleicht
leise über den Hof und wirft immer wieder einen scheuen Blick auf
die Körbe voll Eier.
Louisa
aber sitzt vor dem Spiegel und sieht sich selbstgefällig von allen
Seiten an.
Sie
ist sehr zufrieden mit sich, schon seit sie erfahren hat, wie
beliebt der Osterhase bei den Kindern ist, war sie
neidisch.
Dabei
hat sie noch gar kein Osterfest erlebt, da sie ja noch sehr jung ist.
Aber sie ist nun mal sehr eitel und alles soll sich nur um sie
drehen.
Jetzt
hat sie es diesen Osterhasen gezeigt, die werden sich ärgern, schade
dass sie das nicht sehen kann. Warum eigentlich nicht? Sie würde
heimlich die Osterwiese beobachten.
Vergnügt
springt sie auf und verlässt den Hof.
Berta
sieht zufällig aus dem Fenster, als Louisa durch das Tor schlüpft.
„Dieses
dumme Ding!“ schimpft sie leise, „sie weiß doch, dass draußen
der Fuchs lauert.“
Berta
wirft sich ihren Umhang um und verlässt ebenfalls ungesehen den Hof.
In
der Ferne sieht sie die junge Henne, die stolz erhobenen Hauptes auf
den Wald zu schreitet.
Aber
Berta sieht auch ein rotbraunes Fell aufleuchten
und
erschrickt. Der Fuchs!
Und
dann hört sie schon Louisa kreischen und rennt los.
Gerade
noch sieht sie wie der Rotpelz die zappelnde Henne in seinen Bau
schleppt.
Tränen
laufen der guten Berta über die Wangen.
Wenn
Louisa auch keine besonders nette Henne ist, aber diesen Schicksal
hat sie nicht verdient.
Der
Fuchs kommt wieder aus dem Bau und rennt schnell durch den Wald.
Berta
versteckt sich im Gebüsch, bis er vorüber ist, dann schleicht sie
vorsichtig in die Höhle, voller Angst was sie da vorfindet.
Louisa
lebt noch, aber sie steckt in einem Käfig und starrt mit vor Angst
geweiteten Augen auf die Tür, die sich langsam öffnet.
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(c) Irmgard Brüggemann |
Im
hellen Licht, das von draußen herein kommt, erkennt sie Berta
und atmet erleichtert auf, als sie die alte Henne erblickt.
„Berta,
bitte Hilf mir, der Fuchs ist zu seinem Freund dem Marder, um ihn zum
Festessen einzuladen und auf der Speisekarte werde ich stehen.“
Louisa
heult laut auf und zittert am ganzen Körper.
Berta
untersucht das Schloss des Käfigs, aber sie stellt gleich fest:
'das kann sie nicht öffnen.'
„Ich
hole Hilfe!“
„Bleib
hier Berta!“ jammert Louisa, doch diese ist schon durch die Tür.
Und
Berta rennt, als gelte es das eigene Leben und erst auf der
Osterhasenwiese fällt sie außer Atmen ins Gras.
Die
Hasen kommen angelaufen und nachdem Berta endlich wieder etwas Luft
bekommt, erzählt sie was geschehen ist.
Vater
Osterhase und die Jungen laufen sofort los, während Frau Osterhase
mit Berta ins Haus geht, um ihr einen Beruhigungstee zu kochen.
Erschöpft
lässt die Henne sich auf einen der gemütlichen Sessel fallen.
Myrtel stopft ihr ein Kissen hinter den Rücken, Fellchen legt ein
anderes unter ihre Füße und Samtpfötchen reicht ihr knicksend die
Tasse mit heißem Tee.
Dann
setzen sich die Hasenmädchen zu ihren Füßen und Berta muss
erzählen wie sie in die Fuchshöhle geschlichen war.
Mutter
Osterhase aber geht vors Haus, um auf die Retter zu warten.
Endlich
kommen sie aus dem Wald und in ihrer Mitte eine zerzauste, verlegene
aber auch glückliche Louisa.
Unterwegs
hat sie sich mehrmals bei dem Osterhasen entschuldigt und
versprochen, dass sie die Eier bekommen werden.
Die
Hasen fahren auch gleich zusammen mit Louisa zur Farm, denn die Zeit
drängt.
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(c) Irmgard Brüggemann |
Berta
aber schielt auf die leckeren Erdbeertörtchen auf dem Tisch und
meint:
„Ich
bin noch viel zu erschöpft und kann mich kaum auf den Füßen
halten.“
Dann
nimmt sie ein Erdbeertörtchen und lässt es blitzschnell im Schnabel
verschwinden.
Lautes
Hupen verkündet die Ankunft des Wagens.
Auf
der Ladefläche aber zwischen den Körben mit Eiern sitzt das ganze
Federvolk und flattert nun gackernd auf die Wiese.
Herr
Osterhase aber tritt zu seiner Frau, die etwas entsetzt auf die
kreischenden Gäste blickt.
„Ich
habe sie eingeladen uns zu helfen. Vielleicht könntest du ja für
sie deine berühmten Erdbeertörtchen backen, die Mädchen sollen dir
helfen.“
Drei
würdevolle ältere Hennen kommen nun auf sie zu.
Jede
von ihnen trägt einen großen eleganten Hut, auf dem lustig eine
Feder hin und her schwankt.
Höflich
grüßen sie und fragen nach ihrer Freundin Berta.
Frau
Osterhase führt sie ins Haus und aufgeregt gackernd umringen sie
ihre Freundin, die wieder mit Genuss ihr Abenteuer erzählt. Dabei
wird der Kuchenteller überraschend schnell leer.
Frau
Osterhase winkt die Mädchen in die Küche und während Samtpfötchen
und Fellchen im Garten Erdbeeren, Himbeeren und Heidelbeeren
pflücken, bereiten die Mutter und Myrtel in der größten Schüssel
den Teig zu.
Nur
wie sie den Tee servieren soll, da sie nicht genügend Tassen hat,
weiß Frau Osterhase nicht.
Herr
Osterhase und seine Söhne haben inzwischen den großen Topf aus dem
Schuppen gerollt, um schwirrt von dem lärmenden Hühnervolk.
Sie
begleiten die Hasen zum Bach und sehen dann staunend zu, wie das
Feuer unter dem großen Topf, der nun voll Wasser ist, entfacht wird.
Als
es brodelt und sprudelt werden die Eier mit großen Löffeln
vorsichtig im Wasser versenkt, begleitet von den
„Ahh
und Ohhs“ der Zuschauer.
Dann
werden die Tische mit den Farbeimern aufgestellt und die Hasen
beginnen zu malen.
Die
Hennen aber drängen so nahe heran, dass sie die Künstler in ihrer
Arbeit behindern.
Aber
Herr Osterhase, den nichts aus der Ruhe bringt, lässt von Schlitzohr
und Bengel einen extra Tisch aufstellen und bittet die Hühnern doch
selbst einige Eier zu bemalen.
Nun
bekommt jedes Huhn ein Ei, doch die beiden Hasenjungen erklären
feixend, als der Vater außer Hörweite ist, leider gäbe es nicht
genug Pinsel.
„Aber
womit sollen wir denn die Eier bemalen?“ rufen die zukünftigen
Künstlerinnen enttäuscht.
„Ihr
habt doch eure eigenen Pinsel dabei,“ grinsen die Jungen und Kikki,
die Kleinste, versteht sofort und taucht ihren Flügel vorsichtig in
den Topf mit roter Farbe und fährt dann über das Ei, und freut sich
über die roten Wellen, die sie hinterlässt.
Nun
sind auch die anderen Hühner nicht mehr zu bremsen und bald sind sie
bunter als die Eier.
Aber
sie haben alle einen große Spaß und jubeln, kreischen und gackern.
So
laut war es auf der Osterwiese noch nie.
Bald
sind alle Eier trocken und in Körben verpackt zur morgigen Abfahrt
bereit.
Die
Hühner aber torkeln zum Bach, um sich zu waschen.
Dann
gibt es Gebäck und Tee.
Frau
Osterhase hat den Tee in einen großen Eimer geschüttet und ihre
Gäste können daraus mit einer Schöpfkelle trinken.
Endlich
flattern die müden, aber glücklichen Hühner auf den Pritschenwagen
und Schlitzohr fährt sie nach Hause.
|
(c) Irmgard Brüggemann |
Erschöpft
lehnt Frau Osterhase sich an ihren Mann.
„Was
für ein Spektakel,“ stöhnt sie.
Der
Osterhase grinst leicht verlegen.
„Ich
habe sie eingeladen nächstes Jahr wieder zu helfen.“
„Oh
nein!“ ruft seine Frau entsetzt, doch dann kichert sie.
„Wenigstens
ist ein ganzes Jahr dazwischen!“
Und
lachend gehen sie ins Haus.
©
Lore Platz (2021)