Freitag, 25. August 2023

Cornelia ist anders

Ich hoffe ihr habt den gestrigen Sonnentag genossen. 
Nun hat der Frühling wirklich endgültig das Zepter übernommen und wenn es auch bald wieder regnet, sollten wir nicht traurig sein, die Natur braucht das Wasser.
Nun wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen!


 
(c) meine Tochter




Cornelia ist anders


Benommen richtete sie sich auf und sah sich um.
Wo war sie hier?
Sie fröstelte und ein unheimliches Gefühl beschlich sie. Waren das dort hinten Gräber, war sie etwa auf einem Friedhof?
Dunkel konnte sie sich an ein Fest erinnern, lachen und trinken, doch dann hatte sie einen Filmriss.
Durch den dichten Nebel kam eine schwarz gekleidete Gestalt auf sie zu.
Schemenhaft tauchten Erinnerungen auf. Er hatte sie zu einem Tango aufgefordert und sie elegant und doch feurig durch die Schritte geführt.
Sie war vollkommen hingerissen von ihm gewesen. Er war irgendwie faszinierend.
Nun blieb er vor ihr stehen.
Ein teuflisches Lächeln spielte um seine Lippen. Dann öffnet er den Mund und zwei spitze lange Zähne wurden sichtbar.
Sie fing gellend an zu schreien!“



Bianca!“
Enttäuscht legte die Vierzehnjährige das Buch hin.
Ich komme!“
Ihre Mutter stand in der Küche und knetete einen Teig, der Tisch brach fast zusammen unter dem Chaos.
Die Oma schälte, ungerührt von dem Ganzen, Äpfel.
Frau Bauer strich sich eine Strähne zurück und hinterließ eine Mehlspur auf der Stirn.
Bianca du solltest doch Petra vom Kindergarten abholen, hast du wieder die Zeit vergessen beim Lesen.“
Das Mädchen errötete und sah schuldbewusst zur Uhr.
Bin schon weg!“
Im Laufschritt lief sie zum Kindergarten, der zum Glück nur zwei Straßen weiter lag.
Gerade rechtzeitig kam sie etwas atemlos an. Die Kinder verließen gerade lärmend das Gebäude, Petra mitten unter ihnen.
Als sie ihre große Schwester entdeckte winkte sie ihren Freundinnen zu und lief zu Bianca.
Wie viele hast du denn zu deinem Geburtstag eingeladen?“
Oh nur Elfie, Gretel, Paula, Babsi, Tom, Andreas und Karin!“
Das geht ja noch,“ grinste Bianca.
Der Hof hatte sich inzwischen geleert, nur ein kleines Mädchen stand noch da und sah irgendwie verloren aus.
An ihrem rechten Bein trug sie eine Schiene.
Kennst du sie?“
Ja, sie heißt Cornelia Larson und ist noch nicht lange hier. Sie wohnt mit ihrer Oma in dem Haus von der alten Berta, die letztes Jahr gestorben ist.“
Das ist ja nicht weit von uns, komm wir fragen sie, ob wir sie mitnehmen sollen.“
Cornelia hob nicht den Kopf, als Bianca sie fragte und meint nur zögernd; ihre Oma würde sie abholen.
Da kam die alte Frau auch schon etwas außer Atem in den Hof.
Tut mit leid Nelly, ich habe Kekse gebacken und musste noch auf das letzte Blech warten, um es aus dem Ofen zu holen.“
Sie sah Bianca und Petra freundlich an. „Danke, dass ihr mit Cornelia gewartet habt.“
Ja, wir wollten sie gerade mitnehmen, da ihr ja in unsere
Nähe wohnt,“ erklärte Bianca.
Die alte Frau sah sie nun genauer an, dann lächelte sie.
Ihr seid die Bauer-Kinder und wohnt in dem schönen großen Haus schräg gegenüber.“
Cornelia hob den Kopf und warf ein: „ mit dem schönen großen Hund!“


    (c)Roswitha und Werner B.

Ja, das ist Sedy, ein richtiger Clown, doch sehr lieb, kommt wir wollen gehen,“ meinte Petra, nahm Cornelia bei der Hand und ging mit ihr dem Ausgang zu.
Es war rührend zu sehen wie Petra sich den langsamen Schritten des anderen Mädchens anpasste.
Als sie das kleine Häuschen der Larsons erreicht hatten, bat die Oma sie ins Haus, um die frisch gebackenen Kekse zu probieren.
Während Petra mit Cornelia schon im Haus verschwand, lief Bianca schnell hinüber, um der Mutter zu sagen wo sie waren.
Später als sie dann mit Frau Larson bei einer Tasse Tee und Keksen zusammen saß, erfuhr sie die ganze traurige Geschichte.
Petra und Nelly spielten in deren Zimmer, reichlich mit einem Teller voller Kekse versehen.
Mit Tränen in den Augen erzählte Frau Larson von dem großen Unglück, dass ihre Familie getroffen hatte.
Bei einem unverschuldetem Unfall kamen ihr Sohn und seine Frau vor zwei Jahren ums Leben. Cornelia überlebte schwer verletzt, doch ihr rechtes Bein war total zerschmettert. Über ein Jahr lag sie in der Klinik und musste immer wieder operiert werden.
Dann starb ihre Kusine Berta und hinterließ ihnen ihr kleines Haus. Und sie zogen hierher.
Inzwischen hatte sie auch eine nette Therapeutin für Nelly gefunden, die ihr über das erlebte Trauma hinweg helfen sollte.
Die Therapeutin war es auch, die vorgeschlagen hatte, das Kind in den Kindergarten zu bringen.
Finanziell waren sie gut versorgt, da die Versicherung des
Unfallverursachers eine große Summe als Schmerzensgeld an Nelly zahlen musste und außerdem noch eine lebenslange Rente.
Die Kinder kamen in die Küche.
Bianca , ich habe Nelly zu meinem Geburtstag morgen eingeladen.“
Das ist eine gute Idee, kommen sie morgen doch beide, das Fest beginnt um 14 Uhr.“
Gerne, aber was wird eure Mutter dazu sagen.“
Bianca lachte.
Das kann ich ihnen gleich sagen. Sie wird nur antworten, das Haus bricht sowieso auseinander bei dem Ansturm, da kommt es auf zwei Personen auch nicht mehr an.“
Petra grinste.
Wir haben so viele Tanten, Onkel, Vettern und Basen , die kommen morgen alle zu meinem Geburtstag, außerdem habe ich auch noch Elfie, Gretel, Paula, Babsi, Karin, Tom und Andreas eingeladen,“ wendete sie sich an Nelly. „Du kennst sie aus dem Kindergarten.“
Als Bianca später ihrer Mutter dann von den neuen Gästen erzählte, winkte diese nur ab. Zwei Gäste mehr war kein Problem.
Als Petra dann im Bett lag, setzte sich Bianca zu ihren Eltern und der Oma ins Wohnzimmer und erzählte ihnen von dem traurigen Schicksal von Cornelia.
Allen tat das Mädchen leid.
Da müssen wir eben mehr Spiele machen, die im Sitzen stattfinden, damit sie mitmachen kann.“ meinte die Oma.
Ich werde mir einige ausdenken,“ versprach Bianca.
Und bei den Spielen, die draußen stattfinden, kann sie sich zu den Zuschauern setzen. Wir werden schon dafür sorgen, dass sie sich nicht ausgeschlossen fühlt,“ versprach die Mutter.
(c) Irmgard Brüggemann

Und der Vater erklärte in resigniertem Ton.
Und ich werde mich wieder opfern und den Clown spielen
und beim Sack hüpfen auf die Nase fallen.“
Fröhliches Gelächter erfüllte das Wohnzimmer.

Pünktlich um 14Uhr kamen Frau Larson und Cornelia.
Das Mädchen war total eingeschüchtert von all den vielen Menschen, die lachend und schwatzend im Garten waren, die langen Biertische deckten und zwischen Haus und Garten eilig hin und her liefen.
Nelly schmiegte sich Schutz suchend an ihre Oma.Sedy kam zu ihr und leckte ihr die Hand, als spürte er ihre Unsicherheit. 
Lächelnd streichelte sie den Hund.
Petra kam herüber und fasste Nelly resolut an der Hand.
Komm mit zu den anderen.“
Für die Kinder war unter einem Pavillon, der mit Luftballons geschmückt war, ein großer runder Tisch gedeckt.
Nelly wurde herzlich begrüßt und da Sedy nicht von ihrer Seite wich, verlor sie auch ein wenig ihre Scheu.
Keines der Kinder machte eine Bemerkung über das lahme Bein von Nelly und hatten auch bald vergessen, dass sie eigentlich „anders“ war.
Später spielten sie einige Spiele am Tisch unter der Aufsicht von Bianca.
Nelly machte eifrig mit und ab und zu lachte sie sogar hellauf.
Ihre Oma, die das Kind nicht aus den Augen gelassen hatte, rührte dieses Lachen zu Tränen.
Wie lange hatte sie das Kind nicht mehr lachen gehört.
Frau Bauer trat neben sie.
Es tut Nelly gut hier unter den Kindern zu sein.“
Frau Larson nickte. „Danke, dass sie uns eingeladen haben.“
Sie sollten öfter zu uns kommen. Sehen sie die meisten der Kinder sind meine Neffen und Nichten. Ich stamme aus
einer großen Familie und alle wohnen in der Nähe. Bei uns ist immer etwas los.“
Nelly und ich sind noch das Einzige, was von unserer
Familie übrig ist,“ murmelte Frau Larson traurig.
Frau Bauer legte ihr den Arm um die Schulter.
Wissen sie was, ab jetzt gehört ihr beide zu unserer Familie. “
Die beiden Frauen umarmten sich.
Sedy weicht nicht von Nellys Seite.“
Frau Bauer runzelte die Stirn.
Wissen sie, ach nein wir wollen du zueinander sagen, ich bin Barbara.“
Betty!“
Also Betty, ich glaube es wäre gut für Nelly, wenn sie einen eigenen Hund hätte.Ein Hund könnte ihr helfen die schlimmen Erlebnisse besser zu verkraften.
Weißt du was, Sedys Mutter hat vor kurzem wieder geworfen. Wir könnten nächste Woche zum Züchter fahren und Nelly kann sich dann einen der Welpen aussuchen. Aber jetzt beginnt das Sack hüpfen. Wir wollen Nelly in unsere Mitte nehmen, denn bei den folgenden Spielen kann sie nicht mitmachen.“
Nelly war nicht traurig darüber, dass sie ausgeschlossen war. Sie fiebert richtig mit und feuerte Petra lautstark an und als Herr Bauer der Länge nach ins Gras fiel, da lachte sie laut auf.

Am Abend, als Frau Larson das Mädchen ins Bett brachte, sah diese so glücklich aus wie schon lange nicht mehr.
Und als sie ihr erzählte, dass sie ein Geschwisterchen von Sedy bekommen würde, da fiel sie ihr jubelnd um den Hals.
Als Nelly sich mit ihrem Teddybären in die Kissen kuschelte murmelte sie, während ihr die Augen zufielen:
Weißt du Petra hat gesagt, ich sei ihre aller, aller beste
Freundin und soll nun jeden Tag zu ihr kommen. 
Wenn ich dann meinen eigenen Sedy habe, dann können die beiden Hund auch miteinander spielen.“
Die letzten Worte konnte Frau Larson kaum mehr verstehen, denn das Kind war eingeschlafen.
Dankbar faltete sie die Hände und sandte ein stummes Gebete zum Himmel.
Nach all der schweren dunklen Zeit, hatte Gott ihr wieder einen Sonnenstrahl gesandt.

© Lore Platz




Mittwoch, 16. August 2023

Ein Tag auf Sommering

 


Das schreiben ist nicht so einfach, wenn man ans Bett gefesselt ist und sich langsam den achtziger nähert. Aber ich wollte natürlich auch nicht, dass ihr ohne eine Geschichte bleibt. (2o23)

Zufällig fand ich eine uralte Geschichte, die ich 1972 geschrieben habe. Es handelt sich um eine wahre Geschichte
Die Erinnerungen einer alten Frau, der ich etwas von meiner Zeit schenkte, da sie sehr einsam war, habe ich zu einem Tag zusammen gefasst und ihr die Geschichte dann zum Geburtstag geschenkt .
Das ganze geschah Anfang der Dreißiger im vorigen Jahrhundert. Der Krieg hat dann später alles zerstört und die Familie musste fliehen.








Ein Tag auf Sommering

Mit einem strahlendem Lächeln begrüßt die Sonne den Tag.
Sie taucht die Welt in ihr goldenes Licht, streift die wogenden Ähren, beleuchtet die grünen saftigen Wiesen, spiegelt sich in dem klaren flink dahin eilendem Bach und leuchtet schließlich auch über Sommering, dem großen behäbigen Einödhof mitten in der herrlichen Landschaft Jugoslawiens.
Die Bewohner von Sommering sind schon munter und verrichten fröhlich ihre morgendlichen Pflichten.
Peter, der Älteste striegelt die Pferde, Johann holt frisches Heu von der Tenne und Adam der Jüngste der Brüder füttert die Schweine.
Andrasch der Knecht verlässt gerade mit einer Schubkarre voll Mist den Stall.
Fröhliche Worte fliegen zwischen den jungen Männern hin und her, doch als Vater Ulrich aus dem Haus tritt, sind sie still.
Denn der Bauer ist ein sehr strenger Mann.
Lena, die älteste Tochter hilft der Mutter in der Küche.
Nun habe ich euch alle Bewohner von Sommering vorgestellt, doch halt da fehlt doch noch jemand?
Richtig! Bibi, die Jüngste kuschelt noch in ihrem Bett und schläft.
Eigentlich heißt sie ja Christine, aber da sie sie Jüngste und somit das Küken der Familie ist, wird sie von allen nur Bibi gerufen.
Lena, die schon sechzehn und etwas eifersüchtig auf das Nesthäkchen ist, blickt immer wieder zur Schlafzimmertür.
Endlich hält sie es nicht mehr aus.
Die Bibi darf noch schlafen, das ist ungerecht. Sie könnte uns ruhig hier helfen,“ mault sie.
Die Mutter lächelt nachsichtig.
Lass sie doch, sie ist doch noch so klein.“
Pah, klein! Sie ist immerhin schon zehn!“
Bä, bääää!“ tönt es durch das offene Fenster und gleich darauf ist ein Kratzen an der Tür zu hören.
In Lenas Augen blitzt es auf.
Ha, nun weiß ich, wie ich die Langschläferin aus dem Bett bringe,“ lacht sie und öffnet die Tür, um Suki, Bibis Schäfchen, hereinzulassen.
Suki bleibt mit schief geneigtem Kopf mitten in der Küche stehen, hebt dann das Näschen, bäät noch einmal herausfordernd und trippelt dann zielstrebig zur Schlafzimmertür, die Lena einladend geöffnet hat.
Tripp, Trapp, Tripp Trapp, klappern die kleinen Hufe über den Steinboden und schon fährt eine raue Zunge über Bibis Gesicht.
Erschreckt zuckt Christine zusammen, blinzelt und mit einem empörten „Suki, lass mich bloß in Ruhe!“ dreht sie sich zur Wand und zieht die Decke über den Kopf.
Doch sie hat nicht mit Sukis Beharrlichkeit gerechnet.
Energisch stößt das kleine Köpfchen gegen den Rücken des Mädchens und als das nicht hilft springt das Schäfchen einfach auf das Bett.
Bibis brauner Wuschelkopf kommt unter der Decke hervor und lachend umarmt sie das Schaf, das sich zufrieden an ihre Schulter kuschelt.
Fröhliches Lachen schallt von der Tür her, denn dort stehen die Mutter und Lena.
Na, Bibi hat Suki es endlich geschafft dich wach zu bekommen?“ schmunzelt die Mutter.
Das Mädchen blinzelt ihr vergnügt zu und springt aus dem Bett.
Zusammen mit Suki, die keinen Schritt von ihrer Seite weicht, eilt sie ins Bad und steht kurze Zeit später frisch gewaschen und gekämmt im Flur, greift sich im vorbei gehen den Eierkorb und läuft leichtfüßig über den Hof.
Die Hennen flattern aufgeregt gackernd von den Nestern als Bibi und natürlich auch Suki sich durch die schmale Tür zwängen.
Das Schaf betrachtet misstrauisch das Federvieh. Warum müssen diese dummen Hühner nur so viel Lärm machen und diese Federn, die durch die Luft fliegen. Hatschi!
Suki tritt vorsichtig zurück, doch als ihr eins dieser unmöglichen Biester auf den Rücken fliegt und ihr mit den Flügeln eine kräftige Ohrfeige versetzt, da ist es mit ihrer Geduld zu Ende.
Sie dreht sich im Kreis, um das Federvieh auf ihrem Rücken los zu werden und landet mitten in den Eiern.
Bibi blickt entsetzt auf den goldgelben Saft, der sich über das Stroh ergießt und schiebt das Schaf energisch aus dem Hühnerstall.
Flink sammelt sie die restlichen Eier ein und verlässt den Hühnerverschlag. Sauber machen will sie später.
In der einen Hand den Korb balancierend und mit der anderen Hand das Schaf abwehren, eilt sie ins Haus.
In der Küche hat sich inzwischen die Familie zum Frühstück versammelt.
Als Bibi mit Suki in die Küche stürmt, runzelt der Vater streng die Stirn.
Bring das Schaf sofort hinaus!“ ordnet er an und schweigend stellt Bibi den Eierkorb auf die Holzbank und zieht Suki am Halsband hinaus.
Sie weiß, dass der Vater das Schaf nicht leiden kann, weil es immer etwas anstellt und schuldbewusst denkt sie an die kaputten Eier.
Und auch der entsetzliche Wintermorgen fällt ihr ein, als Suki den Truthahnküken die in einem Korb am warmen Ofen lagen, einfach die Köpfe und Glieder abgebissen hat.
War das eine Aufregung! Damals wollte der Vater Suki verkaufen, aber glücklicherweise konnte die Mutter ihn besänftigen.
Bibi wird ganz bange bei dem Gedanken und sie zerrt das Schaf in den Stall und verschließt fest die Tür.
Krampfhaft versucht sie das klägliche 'Bäääää' zu überhören.
Und nach dem Frühstück hat sie nichts eiligeres zu tun, als Suki aus ihrem Gefängnis zu befreien.
Übermütig springt das Schäfchen um seine kleine Freundin
herum und versucht immer wieder die leuchtend roten Zopfschleifen zu erwischen.
Die beiden gebärden sich, als hätten sie sich monatelang
nicht mehr gesehen.
Peter, der lässig die Hände in den Hosentaschen, über den Hof schlendert, grinst von einem Ohr zum andern.
Na, Kleines fährst du mit zur Mühle?“
Ja, aber nur, wenn Suki mit darf,“ meint Bibi trotzig.
Peter lacht und zupft sie am Ohrläppchen.
Na, dann kommt ihr Zwei,“ brummt er gutmütig.
Andrasch schirrt gerade die beiden temperamentvollen Rappen Lendsch und Gendsch ein.
Ah die beiden Unzertrennlichen fahren also auch mit,“ feixt er.
Bibi streckt ihm die Zunge raus, was der Knecht mit einem fröhlichem Gelächter beantwortet.
Peter lässt die Peitsche durch die Luft sausen und die Pferde traben los.
Es ist ein wunderschöner Morgen und das Mädchen genießt die Fahrt durch ihre schöne Heimat.
Sie sitzt auf den leeren Mehlsäcken, die Arme um Sukis Hals geschlungen und träumt.
Vorbei geht das lustige Traben der Pferde an dem kleinen Bach, an dessen Ufer die Kühe in der Sonne liegen.
Große mächtige Weiden säumen den Weg und Bibi blinzelt gegen die Sonne und versucht die Nester der Raben zu erspähen.
Eine Lerche flattert aus dem Gebüsch und das Mädchen kneift die Augen zusammen und beobachtet wie der braun gefiederte Vogel jubilierend dem Himmel zu fliegt.
Der Wagen biegt jetzt in den Hof des Müllers ein und Peter springt vom Kutschbock und begrüßt diesen mit einem Handschlag.
Bald sind die Säcke mit Mehl aufgeladen und es geht zurück.
Als sie in den Hof von Sommering einbiegen, führen Adam und Johann gerade den Vollbluthengst Gidran aus dem Stall.
Nervös tänzelt das kräftige Tier zwischen den beiden jungen Männern.
Bibi!“ ruft Adam und winkt dem Mädchen zu.
Gidran braucht Bewegung, hast du Lust?“
Und ob!“ Leichtfüßig springt Bibi vom Wagen und schon sitzt sie im Sattel.
Mit sicherer Hand lenkt sie ihr Lieblingspferd und lässt ihn eine Ehrenrunde im Hof drehen.
Dann aber steht sie plötzlich im Sattel und treibt das Pferde zum Galopp
Gidran setzt über das Gatter und galoppiert den kleinen Waldweg hinunter.
Bald ist Bibi den Blicken ihrer Brüder entschwunden und sie hört auch nicht mehr Sukis verzweifeltes Blöken, die dem halsbrecherischen Tempo nicht folgen kann.
Doch zum ersten Mal vergisst das Mädchen das kleine Schaf.
Dies ist eine ganz andere Bibi.
Wild und unbezähmbar steht sie auf dem Pferderücken.
Die Zöpfe haben sich aufgelöst und der Rock schleudert um ihre Knie.
Bibi fühlt sich frei und glücklich.
Sie reitet bis zur alten Felsengrotte, schlägt einen Bogen und galoppiert in demselben Tempo zurück, begeistert von ihren Brüdern empfangen.
Glücklich und mit hochrotem Gesicht springt sie aus dem Sattel.
Bibi, Bibi!“ tönt die Stimme der Mutter aus der Küche.
Schnell fährt das Mädchen mit den Händen über den Rock und eilt ins Haus.
Vorwurfsvoll sehen die guten Augen der Mutter auf das zerzauste Mädchen.
Du weißt doch, ich will nicht, dass du so wild wie ein Junge reitest,“ tadelt die Mutter sanft.
Bibi nickt etwas schuldbewusst.
Ja, Mutter, aber es war doch so wunderschön!“
Die Mutter lacht und streicht ihr schnell über den Kopf.
Nun lauf und deck schnell den Tisch!“
Bibi nimmt die blaue Tischdecke aus der Schublade und Teller und Besteck aus dem Schrank und eilt hinaus in den Garten.
Es ist inzwischen heiß geworden, aber unter der dicken alten Linde, die ihre weit ausladenden Zweige über den grob gezimmerten Tisch breitet, ist es angenehm kühl.
Flink wirft Bibi die Decke über den Tisch, verteilt Teller und Löffel und schon kommt Lena mit der dampfenden Suppenschüssel.
Kichernd laufen die Mädchen zurück ins Haus und vergessen ganz Suki, die mit neugierig glänzenden Augen das eifrige Schaffen der Mädchen verfolgt hat.
Nun trippelt das Schäfchen näher, hebt schnuppernd das Näschen und klettert mühsam mit den Vorderbeinen auf
die Holzbank.
Ein Sprung und es steht mit den Vorderbeinen auf der Tischkante. Noch ein Sprung und Suki thront mitten auf dem Tisch.
Scheppernd fällt das Geschirr auf den Rasen.
Suki macht einen erschrockenen Satz und landet mit der rechten Vorderpfote in der heißen Suppenschüssel.
Ihr klägliches Schreien lockt die ganze Familie aus dem Haus.
Lena und Bibi befreien das Schaf und Adam verarztet es.
Der Vater hat dies alles mit strenger Miene beobachtet und als die Mutter ihm sacht die Hand auf den Arm legt, dreht er sich um und geht stumm ins Haus.
Die Mutter dirigiert nun die Kinder und bald ist alles wieder in Ordnung.
Adam aber bringt das verletzte Schaf in die Scheune. Bibi kniet sich neben Suki und schlingt die Arme um den wolligen Hals.
Kommst du mit zum Essen?“ fragt ihr Bruder.
Das Mädchen schüttelt den Kopf und Adam verlässt schulterzuckend die Scheune.
Als Peter später nach Bibi schaut, findet er sie tief schlafend, die Arme fest um Sukis Hals geschlungen.
Lächelnd schließt er die Tür.
Es ist später Nachmittag als das Mädchen erwacht.
Erschrocken springt es auf und auch Suki rappelt sich hoch.
Oh Suki!“ ruft Bibi, „ der Vater wird schimpfen, bleib du hier, ich muss ja noch die Kühe melken!“
Sie läuft über den Hof und trifft auf den Knecht, der gerade polternd die Milchkannen auf den Leiterwagen lädt.
Na auch schon wach?“ spottet er gutmütig und Bibi wird puterrot.
Schnell läuft sie an ihm vorbei ins Haus, schlüpft in die groben Holzpantoffeln, bindet sich das Kopftuch um, nimmt die beiden Melkschemel und Milchsiebe und kommt etwas atemlos auf den Hof.
Andrasch wartet bereits auf dem Kutschbock und Bibi wirft die Sachen auf den Wagen und klettert neben ihn.
Ein kurzes Wippen mit der Peitsche und ab geht die Fahrt hinunter zum Bach.
Gemeinsam verladen sie die Milchkannen in das bereit stehende Boot.
Bibi lässt die Pantoffeln am Ufer und watet in den seichten Schlamm und während Andrasch das Boot ins Wasser schiebt, springt sie hinein.
Lachend hilft sie dann dem Knecht in das schaukelnde Boot.
Dieser greift sich die Ruder und bringt sie mit kräftigen Schlägen ans andere Ufer, während Bibi vorne am Bug sitzt und spielerisch die Hände durchs Wasser gleiten lässt.
Andrasch stimmt ein fröhliches Lied an und Bibi fällt mit heller Stimme ein.






Die Kühe heben staunend die Köpfe.
Als das Boot ans Ufer stößt und Andrasch es fest gemacht hat, nehmen sie die Melkschemel und Milcheimer und klettern den Hang hinauf.
Der Abend dämmert schon herauf und graue Nebelschleier breiten sich über das Land, als sie mit den Kühen fertig sind.
Als die letzte volle Milchkanne auf dem Boot verladen ist und sie zurück rudern ans andere Ufer werden sie begleitet von dem dankbaren Muhen der Kühe, die befreit von der Milch sich viel wohler fühlen.
So sind die Tage auf Sommering ausgefüllt mit Arbeit, kleinen Erlebnissen und Freuden.
Als Bibi dann um neun Uhr abends ins Bett kriecht, denkt sie noch kurz vor dem Einschlafen, wie glücklich sie doch ist.
Glücklich auf Sommering!


© Lore Platz






Freitag, 11. August 2023

Elfinchen und Mutter Erde






Elfinchen und Mutter Erde


Vor der Stadt K. breitete sich eine großflächige Grünanlage aus.
Das viele Hektar große Grundstück zu dem auch der angrenzende Wald gehörte wurde von einem wohlgesinnten Bürger dem Naturschutz vermacht.
Sehr zum Ärger seiner Erben, die dachten nach dem Tod des alten Herrn so richtig schalten und walten zu können.
Wollten sie doch das millionenschwere Projekt an einen großen Konzern verkaufen, der dort ein riesiges Hotel mit einer Golfanlage bauen wollte.
Nun aber war hier ein Naturschutzgebiet entstanden, in dem Pflanzen, Käfer, Schnecken, Regenwürmer, Bienen, Hummeln, Schmetterling, Wühlmäuse, Maulwürfe sich frei entfalten konnten und nur ihre natürlichen Feinde fürchten mussten, die ebenso zum Kreislauf der Natur gehörten.
Im nahen Wäldchen tummelten sich Rehe, Füchse, Hasen und Eichhörnchen.



Die Vögel zwitscherten voller Freude ihre Lieder und Frau Eule schimpfte ab und zu, wenn sie nicht schlafen konnte.
Ein kleines Paradies war hier entstanden, wovon es leider in der heutigen Zeit nur noch wenige gibt.





Auf dieser Wiese lebten aber auch die Elfen und ihre Aufgabe war es die Blumen zu pflegen und die kleinen Tiere zu behüten und helfen wenn sie in Not waren.
Elfinchen war eine dieser Elfen.
Sie war die Jüngste und noch nicht lange hier.
Elfen werden ja geboren, wenn ein Tautropfen in einer Blüte von einem Sonnenstrahl geküsst wird.
Eflinchen war sehr eifrig, aber auch sehr tolpatschig und wurde deshalb immer von den anderen Elfen verspottet.
Heute hatte sie die Aufgabe, die schöne blaue Glockenblume mit Tau zu begießen.
Eifrig flog sie hin und her und sammelte viele Tautropfen, die sie dann über die Blume schüttete.
Zuerst war die Blume glücklich und froh und streckte ihre Blüte der Sonne entgegen.
Doch als Elfinchen in ihrem Eifer immer mehr Wasser über sie schüttete, da wurde sie böse und schimpfte.
Nun höre aber auf, ich habe ja schon ganz nasse Füße, du sollst mich tränken aber nicht baden, du dummes Ding!“
In diesem Moment kamen Lupina und Millana vorbei und riefen lachend.
Seht doch, Fräulein Tolpatsch wollte die ihr anvertraute Blume ertränken.“
Die anderen Elfen kamen angeflogen und betrachteten kichernd die kleine Elfe, die mit blutrotem Gesicht und Tränen in den Augen ihre Blume betrachtete.
Die Elfenkönigin kam herbei.
Was ist los hier!“
Lachend erzählten die Elfen ihr von Elfinchens Missgeschick.
Seufzend betrachtete die Königin die kleine Elfe.
Elfinchen, was soll ich nur mit dir machen, gestern hättest du beinahe Herrn Hirschkäfer ein Bein ausgerissen, als er auf den Rücken fiel und du ihm aufhelfen wolltest.
Eduard dem Regenwurm wolltest du aus der Erde helfen und hättest ihn dabei beinahe geköpft.
Am besten, du machst mal eine Pause, bis ich weiß welche Aufgabe du übernehmen kannst.“
Elfinchen drehte sich um und ging mit gesenktem Kopf weg, verfolgt von dem Gelächter der anderen.


Als die anderen Elfen sie nicht mehr hören und sehen konnten, warf sie sich ins Gras und weinte bitterlich.
Eine Hand legte sich auf ihre Schultern und Elfinchen sah durch ihren Tränenschleier hindurch eine nicht mehr ganz junge Frau vor sich stehen.
Ihr erdfarbenes Haar in das Blumen eingeflochten waren durchzogen einige Silberfäden und in ihrem schönen Gesicht hatten sich einige Falten eingegraben.
Elfinchen, warum weinst du denn?“
Ihr kennt mich?“
Ich kenne alle meine Geschöpfe, ich bin Mutter Erde.“
Die Elfe setzte sich auf und starrte ehrfürchtig die hohe Frau an.
Mutter Erde lächelte und setzte sich neben Elfinchen ins Gras.
Willst du mir denn nicht erzählen, was dich bedrückt?“
Die Elfe senkte traurig den Kopf und flüsterte:
Ich bin so ungeschickt, immer passieren mir schlimme Sachen und die anderen Elfen lachen mich aus. Eben habe ich die Blume, die mir anvertraut wurde, beinahe ertränkt.“
Mutter Erde lachte leise.
Wie kannst du zartes kleines Wesen denn die Blumen ertränken. Weißt du nicht, dass, wenn es regnet die Pflanzen viel mehr Wasser abbekommen und es ihnen niemals schadet. Denn Frau Sonne wird später ihre nassen Füße trocknen.“
Elfinchen hob den Kopf und rief empört.
Das stimmt, dann war es aber gemein von der Blume mich zu beschimpfen und von den anderen mich auszulachen!“
Das war es,“ schmunzelte Mutter Erde.
Weißt du Elfinchen, dass ich extra wegen dir hierher gekommen bin?“
Wegen mir?“ staunte die Elfe.
Ja, denn alle hundert Jahre wird eine ganz besondere
kleine Elfe geboren und die darf mir dann hundert Jahre dienen. Willst du das?“
Ja, aber kann ich das denn, ich weiß doch noch so wenig?“
Ich werde dich lehren.
Bellinda, die mir bisher diente und half die Erde zu bewahren, ist nun ins andere Reich gewechselt, um dort ihre wohlverdiente Ruhe zu finden.
Und du wurdest gerade zum richtige Zeitpunkt geboren.“
Was habe ich denn zu tun?“
Die Natur arbeitet in einem ewigen Kreislauf und darin hilft jeder jedem.
Die Bäume im Wald holen sich Gase aus der Luft, Wasser und Nahrung schenkt ihnen die Erde und die Sonne hilft ihnen beim Wachsen.
Die Bäume aber wiederum ernähren die Waldtiere mit Laub, Nüssen und Beeren. Selbst die welken Blätter und kleinen Zweige haben ihre Bestimmung, sie verwandeln sich in organische Stoffe, die von den kleinen Lebewesen, die sich auf dem Boden tummeln, gefressen werden und sich in Pflanzennahrung verwandeln.
So wird alles umgewandelt und nichts ist überflüssig.
Hast du verstanden?
Die Erde ernährt die Pflanzen, die Pflanzen ernähren die Tiere, die Tiere ernähren die Erde.
Das ist ein ewiger Kreislauf.
Ebenso ist es mit dem Wasser. Die Sonne erwärmt das Wasser, unsichtbarer Dampf steigt auf und wird zu Wolken.
Hier verwandelt sich dann das Wasser wieder zu Tropfen und fällt als Regen auf die Erde. Siehst du wie wunderbar die Natur eingerichtet ist.“
Elfinchen nickte und freute sich, dass sie alles verstanden hatte, doch eine Frage quälte sie.
Mutter Erde?“
Ja mein Kind?“
Herr Maulwurf hat neulich sehr geschimpft über die
Menschen und dass die Natur bald untergehen wird!“
Ein dunkler Schatten fiel über das Gesicht von Mutter Erde.
Ja, die Menschen, sie greifen viel zu oft in den natürlichen Kreislauf der Natur ein, aber Herr Maulwurf hat trotzdem nicht Recht, die Natur wird niemals untergehen.
Sie ist stark und besteht schon seit tausenden von Jahren, und hat sich bisher immer von den Wunden und Schmerzen, die die Menschen ihr zugefügt haben wieder erholt.
Und wenn diese es gar zu toll trieben, dann haben sich Feuer, Wasser und Wind zusammen getan und den Menschen gezeigt, dass die Natur die Stärkere ist.
Früher lebten die Menschen mit der Natur im Einklang, doch mittlerweile haben sie die Liebe zur Natur verloren!“
Mutter Erde deutete auf die Hochhäuser der weit entfernten Stadt.
Sie leben in großen Betonbauten, weit weg von der Natur. Und wenn man etwas nicht kennt, wie soll man es dann auch schätzen.
In jeder Generation werden Menschen geboren, die die Natur missachten, ausbeuten, vergiften, zerstören.
Aber es werden auch Menschen geboren die das nicht zulassen.
Das ist wohl der Kreislauf der Menschen, dass die Guten immer gegen die Bösen kämpfen müssen.
Wenn die Menschen noch klein sind, dann sind sie noch reinen Herzens und hier beginnt eine sehr wichtige Aufgabe für dich.
Du musst dich in die Herzen und Träume dieser kleinen Menschen einschleichen und ihnen über die Natur erzählen und wie wichtig diese auch für das Überleben der Menschheit ist.“
Mutter Erde schwieg und ließ versonnen ihren Blick über das schöne Land vor ihren Augen streifen.
Auch Elfinchen schwieg, soviel hatte sie nachzudenken über all das was sie erfahren hatte und dann lächelte sie und freute sich, dass sie Mutter Erde bei der wichtigen Arbeit helfen durfte und sie fühlte sich glücklich.
Diese wandte sich nun an die kleine Elfe.
Hast du dich entschieden, willst du mir die nächsten hundert Jahre helfen, die Natur zu bewahren?“
Elfinchen nickte mit strahlenden Augen.
Mit einer weit ausholenden Bewegung zeigte Mutter Erde auf das schöne Land vor ihnen.



Als der Besitzer dieses Grundstücks noch ein kleiner Junge war, gab es die große Stadt noch nicht.
Hier waren nur einige kleine Häuser und in einem davon lebte der Junge mit seinen Eltern und den Großeltern.
Sein Großvater streifte mit ihm jeden Tag durch die herrliche Natur und zeigte ihm die Pflanzen, welche heilen können und welche giftig sind. Auch nahm er ihn oft mit in dem Wald und und erklärte ihm den Kreislauf der Natur und wie wichtig die Bäume für diese und das Klima sind. Und wenn ein Baum abgeholzt würde, dann müsse man sofort einen neuen pflanzen, damit das Gleichgewicht erhalten bliebe.
Und die Großmutter erzählte ihm Geschichten von Elfen und Wichteln, die sich bemühten die Natur zu bewahren, ebenso die Tiere, die alle ihre Aufgabe hatten, um das Gleichgewicht zu erhalten.
Und wenn der Junge schlief, dann schickte ich ihm Bellinda in seine Träume, die ihm berichtete von ihren Aufgaben und wie wichtig die Natur auch für die Menschheit sei.
Und wir alle haben ein Samenkorn in sein Herz gepflanzt, das zu einer großen Liebe für die Natur heran wuchs.
Als dann die Stadt immer größer wurde und die Grundstückspreise enorm stiegen, dann sollte auch er sein Grundstück hergeben. Doch er weigerte sich und blieb bescheiden in seiner kleinen Hütte wohnen.
Das brachte ihm viel Ärger und Beschimpfungen und es wurde ihm vorgeworfen, dass er dem Fortschritt im Wege stand.
Doch ihn kümmerte das nicht.
Als er fühlte, dass die Zeit gekommen war, um ins andere Reich zu wechseln, da ließ er einen Notar kommen und vermachte dieses herrliche Stück Erde dem Naturschutzverband.



Aber nun komm, wir wollen nach deiner Blume sehen.“
Mutter Erde erhob sich und nahm Elfinchen an der Hand und zusammen schritten sie über die Wiese.
Die Glockenblume stand aufrecht da und reckte froh ihr Gesicht der Sonne entgegen, die ihr längst schon die nassen Füße getrocknet hatte.
Die Elfenkönigin schwebte auf sie zu und verneigte sich ehrfürchtig vor Mutter Erde.
Auch die anderen Elfen kamen herbei.
Der Blick der Königin fiel auf Elfinchen und sie runzelte die Stirn.
Elfinchen ist ihnen doch nicht lästig gefallen?“
Nein, ich fand sie weinend auf der Wiese, da sie hier verhöhnt und ausgelacht wurde.“
Nun Elfinchen ist mein Sorgenkind, sie hat bisher keine, der ihr gestellten Aufgabe richtig gemacht,“ meinte die Elfenkönigin, der es eigen wurde unter dem strengen Blick der Erdenmutter.
Habt ihr denn überhaupt nicht bedacht, dass Elfinchen die Jüngste hier ist und noch nicht alles wissen kann.
Doch anstatt ihr zu helfen und ihr beizubringen, was sie wissen muss wurde sie nur verlacht und verspottet.
Da ist es doch nicht verwunderlich, dass sie nur unsicherer wurde und noch mehr Fehler machte.
Ihr wisst warum ich gekommen bin?“
Ihr seid auf der Suche nach der besonderen Elfe, die euch helfen soll?“
Die Elfenkönigin war froh, dass Mutter Erde das Thema gewechselt hatte.



Die anderen Elfen aber drängten sich nach vorne, denn sie hofften, dass Mutter Erde eine von ihnen erwählen würde.
Diese aber lächelte und deutete auf Elfinchen.
Ich habe sie gefunden.“
Elfinchen?“ stammelte die Elfenkönigin erstaunt und auch die Elfen starrten fassungslos auf die Kleine, die unter all den Blicken rot wurde und sich an Mutter Erde drängte.
Ja, Elfinchen ist diese besondere Elfe,“ erklärte Mutter Erde.
Sie nahm die Elfe an der Hand, drehte sich um und wanderte mit ihr über die Wiese, bis sie in den Wolken verschwanden.

© Lore Platz (2021)