Mittwoch, 23. Dezember 2020

Herr Oskar und der Engel Fortsetzung

                                    

 

Kurze Zeit später wanderten eine Maus und ein kleiner Engel durch den Wald.

An der Kirche angekommen bat Max den Engel zu warten, denn er wollte erst nachsehen, ob Menschen in der Kirche waren.

Flink schlüpfte die Maus durch die Tür, die einen Spalt geöffnet war und raste kreuz und quer durch die Kirche.

Kunibert betrachtete kopfschüttelnd seinen jungen Verwandten.

Was rast du denn wie ein Verrückter durch die Kirche?“

Ich wollte nur nachsehen, ob Menschen da sind.“

Konrad lachte und sein grauer Schnurrbart hüpfte auf und ab,“ da hättest du doch mich fragen können, hast du nicht an meinen Hinterausgang gedacht.“

Das habe ich in der ganzen Aufregung ganz vergessen,“ kicherte Max.

Dann erzählte er seinem Vetter von dem Engel, der auf die Erde geschickt worden ist, um Pfarrer Gietl zu helfen.

Konrad begann zu strahlen.

Das wird mein schönstes Weihnachtsfest!

Jede Nacht wenn alle schlafen, kommt der Pfarrer in die Kirche und betet und dabei laufen ihm die Tränen übers Gesicht. Wie gerne würde ich ihm helfen, aber nun hol den Engel herein.“

Staunend sah dieser sich in der kleinen aber hübschen Kirche um. Vor dem Altar war die Krippenszene nachgestellt. Darüber hing ein großer Adventskranz und bei drei der Kerzen war der Docht schwarz und Morgen würde die vierte Kerze angezündet.

Gefällt dir unsere Kirche. Max hat mir erzählt warum du hier bist, komm setzen wir uns auf eine Bank und reden darüber.“

Konrad erzählte nun, dass Pfarrer Gietl jede Nacht weinend in der Kirche betet. Und Franziskus erzählt ihm, was die Eule über seinen Vater berichtet hat.

Nun steckten sie die Köpfe zusammen und berateten.

Erschrocken fuhren sie auseinander, als sie Stimmen hören.

Das sind die beiden Frauen, die die Kirche putzen und die Blumen richten,“ flüsterte Konrad.

Die Mäuse verschwanden in Konrads Wohnung. Der Engel aber lief zur Krippe, kniete sich nieder und faltete die Hände.

Ein schlaues Kerlchen,“ grinste Max.



In der Nacht kam der Pfarrer durch die Sakristei in die Kirche, betete und dabei liefen ihm die Tränen über das Gesicht.

Franziskus schlich leise durch die Kirche und setzte sich still neben den Betenden.

Als dieser sich schwerfällig erhob, sah er den kleinen Kerl neben sich.

Was machst denn du so spät noch hier, solltest du nicht Zuhause im Bett liegen. Deine Eltern werden sich Sorgen machen.“

Franziskus kicherte. „Ich bin ein Engel und wurde von Gott gesandt, um dir zu helfen.“

Pfarrer Gietl fuhr sich über die Augen und betrachtete sich den kleinen Gesellen genauer, das weiße Kleidchen und tatsächlich die kleinen Flügel, die hinten am Rücken hervor spitzten.

Träumte er?

Konrad und Max liefen auf der Bank auf sie zu und machten Männchen.

Der junge Mann schlug beide Hände vors Gesicht und murmelte.

Nun macht sich der Schlafmangel bemerkbar. Ich habe Halluzinationen.“

Die Mäuse schlichen sich davon, doch der Engel blieb sitzen.

Du bist ja immer noch da,“ rief der Pfarrer, als er die Hände vom Gesicht nahm.

Franziskus grinste.

Sicher, du glaubst doch an Gott und du glaubst auch an Engel. Warum glaubst du nicht, dass Gott deine Gebete erhört und mich gesandt hat, um dir und deinem Vater zu helfen?“

Ich glaube. Ich brauche erst mal Schlaf. Komm mit, du kannst im Pfarrhaus übernachten, aber lass dich nicht von meiner Haushälterin erwischen.“

Es klopfte an der Tür des Zimmers, in dem der Engel übernachtet hatte und der Pfarrer trat ein.

Hier ich habe dir einige Kleider aus dem Paket für die Kleidersammlung heraus gesucht, die Größe dürfte stimmen. Nach dem Frühstück fahren wir zu meinem Vater, ich habe inzwischen seine Adresse erfahren.“

Der Engel zog die Jeans und den warmen Pullover über und folgte dem jungen Mann. Vor der Küche flüsterte dieser. Ich habe meiner Haushälterin erzählt, du hättest dich verlaufen und ich hätte dich in der Kirche gefunden.“

Rosa hatte den kleinen Jungen sofort in ihr Herz geschlossen und verwöhnte ihn direkt, was dieser sich grinsend gefallen ließ.



Franziskus saß angeschnallt auf der Rückbank des Autos und sah staunend wie die Landschaft an ihm vorüberflog.

Vor einem heruntergekommenen Haus hielt das Auto an und die beiden stiegen aus.

Zweifelnd schaute der Engel auf das baufällige Gebäude.

Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?“

Oliver Gietl nickte sorgenvoll und öffnete die  zerkratzte Haustür.

Der Engel folge ihm die ausgetretenen Stufen nach oben.

Der Pfarrer klingelt. Schlurfende Schritte näherten sich der Tür, die sich langsam öffnet.

Der junge Mann erschrak. Beinahe hätte er seinen Vater nicht erkannt. Die Kleider schlotterten um den einst so stattlichen Mann, die schneeweißen Haaren hingen in Strähnen in das unrasierte Gesicht.

Papa!“ Er nahm den alten Mann in die Arme und beide weinten.

Franziskus setzte sich leise auf das Sofa und am liebsten hätte er auch geweint.

Lange sprachen Vater und Sohn miteinander und alles was zwischen ihnen lag verschwand. Es zählte nur noch das Heute.

Während sein Vater duschte und sich frisch machte, packte sein Sohn einen Koffer.

Sie hatten beschlossen, dass der alte Herr nun im Pfarrhaus bei seinem Sohn leben sollte.

Schon lange hatte er bereut, dass er damals so hart zu seinem Sohn gewesen war, nur sein Stolz hatte ihn daran gehindert sich zu versöhnen. Erst als das Leben ihn in eine harte Schule genommen hatte, war er demütig geworden.

Und Gott hatte zum richtigen Zeitpunkt seinen Engel gesandt.

Als das Auto vor dem Pfarrhaus hielt bemerkt Oliver erst, dass die Rückbank leer war, nur eine kleine weiße Feder lag noch da.

Danke Franziskus,“ flüsterte er.

Rosa nahm den alten Herrn sofort unter ihre Fittiche. Sie würde ihn schon wieder aufpäppeln.


Als Max in den Wald zurück kehrte und seinen Freunden berichtete was sich im Pfarrhaus inzwischen ereignet hatte, waren allen glücklich und zufrieden.



© Lore Platz







 

Montag, 21. Dezember 2020

Pinselchen und Weihnachten



Pinselchen und Weihnachten


Es war Winter geworden im Pinselchens Wald und manchmal auch windig und bitter kalt und weiß vor Schnee und Reif.

Der Wind häufte den Schnee vor dem Eingang der Wohnhöhle und Mama und Papa hatten große Mühe, den Eingang frei zu bekommen und mussten außerdem vorsichtig sein, damit kein Zweibeiner aufmerksam wurde.

Doch heute war ein besonders schöner Wintertag, die Sonne schien, Schneeflocken segelten vom Himmel und landeten auf Pinselchens Pelz und schmolzen durch seine Körperwärme.

Er wollte Flocken fangen, aber das klappte nicht, denn kaum in der Pfote waren sie zu Wasser geworden und seine Enttäuschung war groß.

So setzte er sich auf einen Stamm und beobachtete das Treiben. Seine Freunde gesellten sich dazu und nun saßen sie gemeinsam und blickten mit großen Augen, wie der Schnee mehr und mehr wurde.

Der Fuchs meinte: „Ich lauf lieber heim, ist mir zu kalt“

Und auch die Maus verschwand in ihrem Bau, schnüffelte noch mit dem Näslein nach draußen und dachte sich, nichts ist gemütlicher als bei der Familie, wenn auch langweilig, Hauptsache warm und zu essen gibt es auch was.

So saß Pinselchen ganz alleine auf dem Stamm und staunte über die vielen Flocken, die neben ihm auf dem Baustamm landeten und wie die aussahen. Jede hatte eine andere Form und wunderschön waren sie anzusehen.

Er wollte noch eine Weile zusehen, weil weit hatte er ja nicht nach Hause.

 

 


 

Auf einmal hörte er Stimmen, die kamen immer näher. Da hieß es in Deckung gehen, wer weiß ob das gefährlich ist. So kletterte er schnell auf eine Tanne und beobachtete wer oder was da ankam.

Es war drei Zweibeiner, zwei große und ein kleiner.

Was die wohl hier wollten beim dem Wetter und dem vielen Schnee.

Es gefiel ihm gar nicht, aber neugierig war er doch, also abwarten und lauschen.

Da hörte er auch schon wie die tiefere Stimme sagte: „Hoffentlich gefällt dir endlich bald ein Baum, hab keine große Lust mehr bei der Kälte ewig zu laufen.“

Sie hatten auch so ein komisches Teil dabei mit Zähnen wie der Löwenzahn sie hat. Für was das wohl gedacht war? Dann sagte die höhere Stimme: „ja, ja wir finden schon einen, nein, der ist zu klein, der ist zu breit, da sind die Abstände zwischen den Zweigen zu weit auseinander, der hat keine ordentliche Spitze und Fichten mag ich nicht, die nadeln so schnell.

Pinselchen konnte sich aus all dem keinen Reim machen und bitte was ist nadeln?

Endlich hatten sie ein Bäumchen gefunden, das alle Ansprüche erfüllte. Und dann kam das Löwenzahnding zum Einsatz und ritsch ratsch war die kleine Tanne umgesägt. Der Mann nahm sie unter den Arm und das kleine Kind, also der dritte Zweibeiner hüpfte während dessen laut singend umher. Warf mit Tannenzapfen um sich und kickte Pilze um. Benimmt man sich so im Wald?

Pinselchen tat das Bäumchen leid und so lief er traurig nach Hause und erzählte es den Eltern.

Papa der fast alles wusste, erklärte es ihm.

Die Zweibeiner brauchen den Tannenbaum für Weihnachten. Sie schmücken ihn und wenn das Christkind kommt und die Geschenke bringt legt es diese unter den Baum.

Was ist ein Christkind und was sind Weihnachtsgeschenke?“ wollte Pinselchen wissen.

Das Christkind ist ein wunderschönes kleines Kind, das den Erdenkindern kleine Geschenke macht, wenn sie übers Jahr brav waren.

Es wird begleitet von vielen Engeln, reist auf einem großen Schlitten, den vier Rentiere ziehen und der Nikolaus lenkt.

Außerdem kann dieses Gefährt auch fliegen.

Jetzt konnte Pinselchen nur noch den Kopf schütteln.

So viele Informationen und ob das alles wahr war, obwohl, Papa ist klug und weit herum gekommen.

Papa,“ fragte Pinselchen, „bekomme ich auch ein Weihnachtsgeschenk?“ „Nein, mein Kleiner, das gibt es nur bei den Zweibeinern.“

Schade, dachte Pinselchen.

Aber er hatte eine Idee. Gleich morgen würde er sich mit seinen Freunden treffen und beraten ob sie nicht Weihnachtsgeschenke machen könnten und wie, das wusste sicher das Kräuterweiblein.

Gesagt, getan! Am anderen Morgen traf er sich mit den Freunden und er erzählte ihnen, was er gestern erlebt und was sein Papa ihm erzählt hatte.

Dann liefen sie so schnell die kleinen Beine sie trugen zum Kräuterweiblein und hofften, dass sie zuhause wäre,

Wo sollte sie schon groß sein“,sagte der Fuchs, „bei der Kälte?“

Und tatsächlich stieg Rauch aus dem Kamin auf.

Pinselchen klopfte an die Türe und das Kräuterweibel kam auch gleich, um zu öffnen.

Sie fragte sich, wer wohl zu ihr wollte bei dem vielen Schnee und der Kälte und staunte, als sie die drei Freunde sah.

Was führt Euch zu mir,“ wollte das Weiblein wissen,

Die drei Freunde schlüpften in das Häuschen.

Am Ofen in der Küche hatte es jede Menge Körbe mit Kastanien, Walnüssen, Haselnüssen, Bucheckern, Tannenzapfen, Eicheln und rote Beeren und irgendwelchen Kräutern.

Pinselchen erzählte nun was er im Wald gesehen und dass sein Papa gesagt hatte, die Menschen würden diesen Baum in ihrem Zimmer aufstellen.

Die alte Frau sah die Tiere lächelnd an und erklärte:

Kurz vor Weihnachten holen sich die Menschen einen Baum aus dem Wald und stellen ihn in ihre Stube.

Das Tannenbäumchen wird hübsch geschmückt mit glänzenden Kugeln, Wachskerzen, roten Äpfeln und Schokoladenringen, wenn man sie sich leisten kann, denn Schokolade ist teuer!

Und am Hl. Abend, den 24. Dezember kommt das Christkind mitten in der Nacht und legt den Menschen Geschenke unter den Baum.“

Die Kräuterfrau führte die Tiere zu einem Tisch auf dem eine holzgeschnitzte Krippe aufgebaut war.

Sie zeigte auf das kleine Kind, das in der Futterkrippe lag, bewacht von Ochs und Esel und liebevoll betrachtet von Maria und Josef.

Seht ihr das ist das Christkind.“

Na, dachte Pinselchen ob das auch stimmte.

So ein kleines Kind fliegt mit einem Schlitten durch Schnee und Kälte.

Aber das Kräuterweiblein wird wohl es wissen.

Aber so ganz überzeugt war er nicht.

Mein Papa meint, das Christkind kommt nicht zu den Tieren, aber könnten wir denn nicht auch hier im Wald Weihnachten feiern?“

fragte Pinselchen.

Das ist eine gute Idee, seht mal was ich alles gesammelt habe für die Tiere, damit sie im Winter nicht hungern müssen. Kommt doch Morgen vorbei, dann wollen wir sie im Wald verteilen. Denn der Gedanke von Weihnachten ist anderen Gutes zu tun.“

 


Die alte Frau holte inzwischen einen Teller mit Plätzchen und ließ sie probieren.

Oh, wie lecker waren die !

Das Weiblein packte ein paar Stücke für die Familie der drei Freunde ein. Sie wickelte sie in große Ahornblätter und mit den Zweigen von wilden Wein band sie sie zusammen.

Die drei Freunde verabschiedeten sich und versprachen Morgen wieder zu kommen.

Dann machten sie sich auf den Weg nach Hause, so lange es noch hell war. Sonst würden sich die Eltern wieder Sorgen machen.

Zuhause angekommen, breitete Pinselchen die Schätze aus, da staunte der Rest der Familie und freute sich über die Köstlichkeiten, wenn auch unbekannt, aber was vom Weiblein kam, konnte nie schlecht sein.

Dann saßen sie alle zusammen und Pinselchen erzählte ihnen, was das Weiblein berichtet hatte. Die Geschwister kicherten bis Papa  ein Fauchen ausstieß, dann war wieder Ruhe und Pinselchen konnte zu Ende erzählen und dann war Schlafenszeit und Traumzeit.


© Roswitha Borgfeldt






 

Freitag, 18. Dezember 2020

Der Schneemann, der die Welt kennen lernen wollte - Reizwortgeschichte











Der Schneemann, der die Welt kennen lernen wollte


Herr Knudelich stand aufrecht im Vorgarten eines schmucken kleinen Häuschen und hatte wieder mal einen Traum.
Herr Knudelich war übrigens ein Schneemann und die kleine Birgit, die ihn erschaffen hatte, gab ihm diesen Namen.
Nun stand er also schon einige Zeit hier im Garten und anfangs war es ja noch sehr interessant.
Birgit besuchte ihn jeden Tag und erzählte ihm aufgeregt von einem Nikolaus und einem Christkind und ihren Wünschen an die beiden.
Auch konnte er beobachten wie der Vater der Kleinen heimlich einen Tannenbaum in den Schuppen brachte und ihn dann zusammen mit Birgits Mutter im Haus mit bunten Flitterzeug behängte.
Herr Knudelich gefiel das sehr gut.
Als dann dieses Christkind gekommen war, erzählte ihm Birgit aufgeregt, welche Geschenke es bekommen hatte und zeigte ihm ganz stolz den neuen Rodelschlitten.


Einige Tage später kam dann mitten in der Nacht die ganze Familie, selbst Opa und Oma waren dabei, in den Garten und auf einmal fingen die Sterne an zu explodieren.
Und alle freuten sich und riefen „Aaah“ „Ooooh“
Die Nachbarn kamen herüber und wünschten ein gutes neues Jahr und ein Mann der schwankte so komisch und bot ihm sogar ein Glas Sekt an.
Wusste der nicht, dass Schneemänner nicht essen und trinken.

Aber seit diesem schönen Erlebnis war es ziemlich langweilig hier.
Birgit hatte nun keine Zeit mehr für ihn, denn nach der Schule ging sie mit ihren Freunden zum rodeln.
Herr Knudelich stand also einsam da und betrachtete gelangweilt die Gegend ringsum, die er schon mit geschlossenen Augen erkennen konnte.
Die einzige Abwechslung war der Besuch der Vögel, deren Unterhaltung er lauschte, wenn sie das Futterhäuschen besuchten.
Die Spatzen stritten sich ja meistens und gönnten dem anderen das Futter nicht.
Die Meisen und Finken benahmen sich gesitteter.
Und einmal hörte er eine Kohlmeise klagen, dass ihre gute Freundin, die Schwalbe, in den Süden geflogen sei und sie diese sehr vermisse.
Nun träumte Herr Knudelich davon auch einmal in die weite Welt hinaus zu gehen.
Die Dämmerung hatte inzwischen ihre dunklen Schleier über das Land gelegt und es fing an zu schneien.
Dicke weiße Flocken setzten sich auf den Hut des Schneemanns.
Die Schneeflocken waren ja ein lustiges Völkchen und lachten und schnatterten in einer Tour.
Plötzlich kam der Wind durch den Garten und wirbelte die fröhlichen Flöckchen hoch.
Diese hielten sich an den Händen und tanzten lachend und jubelnd in der Luft.
Eine Weile ging das fröhliche Spiel, dann setzte sich der Wind erschöpft gegenüber von Herrn Knudelich in den Schnee.
Er holte ein paarmal tief Atem und lächelte verlegen.
Man merkt doch, dass man nicht mehr der Jüngste ist, diese kecken jungen Dinge bringen einem ganz schön außer Atem.“
Herr Knudelich schmunzelte.
Da haben sie recht, aber man kann ihnen ja nicht böse sein.“
Ein tiefer Seufzer begleitete diesen Satz.
Der Wind runzelte die Stirn.
Was haben sie denn!“
Ach ich möchte so gerne die Welt kennen lernen und sitze hier fest. Ach könnte ich doch auch so durch die Luft wirbeln wie ihr.“
Nachdenklich betrachtete ihn der Wind, dann rief er.
Ich habe eine Idee, ich helfe ihnen. Zuerst einmal brauchen sie Füße. Bitte erschrecken sie nicht.“
Und er pustete kräftig den Schneemann an und als dieser nach unten sah, hatte er tatsächlich zwei stämmige Füße.

Vorsichtig hob er erst den einen, dann den anderen und machte ein paar Schritte, noch etwas unbeholfen, aber mit der Zeit wusste er wie es ging und raste durch den Garten.
An der verschlossenen Tür zur Straße blieb er stehen.
Das haben wir gleich,“ meinte der Wind und warf sich gegen das Gatter, bis der Riegel raus sprang und der Weg zur Freiheit offen war.
Eine Weile noch begleitete der Wind seinen neuen Freund, doch dann musste er weiter.
Gute Reise und Lebewohl!“
Lebewohl und vielen Dank!“
Nun setzte Herr Knudelich seinen Weg alleine fort und er kam aus dem Staunen nicht heraus, was gab es doch alles zu sehen in der Stadt.
Doch dann wurden die Häuser weniger und vor ihm lag ein freies schneebedecktes Feld.
Vergnügt wanderte er über die Schneedecke und erreichte einen Wald.
Hier wollte er erst einmal ausruhen und so setzte er sich unter einen Baum.
Erschrocken fuhr er zusammen, als er ein Flügelrauschen vernahm und ein leises „Uhuhuhuhh“
Ein großer Vogel ließ sich neben ihm nieder.
Wer bist denn du?“ wollte er wissen.
Ich bin Herr Knudlich, ein Schneemann,“ stellte sich dieser vor.
Ach ja solche Dinger habe ich schon in den Gärten stehen sehen. Wusste gar nicht, dass sie laufen können. Was willst du denn hier im Wald.“
Ich möchte die Welt kennen lernen.“
Wenn es dir Spaß macht, ich will jetzt in mein Bett!“
brummte die Eule, flog auf den Baum und schlüpfte durch ein Loch.
Herr Knudelich schmunzelte, ein seltsamer Vogel und nicht mal vorgestellt hatte er sich.
Doch der Schneemann war nun auch müde und so lehnte er sich zurück an den Stamm und schloss die Augen.
Wer er wohl ist, wo er wohl er wohl herkommt?“
Herr Knudelich öffnete die Augen und bemerkte einige Hasen, die ihn neugierig betrachteten.
Der Schneemann streckte die Arme und gähnte laut, was die Hasen kichern ließ.
Guten Morgen,“ sagte er gutgelaunt.
Guten Morgen,“ tönte es im Chor.
Ich bin Herr Knudelich, ein Schneemann, der die Welt kennen lernen will. Und gestern Abend war ich so müde, dass ich hier erst einmal Rast machte.“
Ich bin Benny, das sind meine Schwester Karla, mein Bruder Rudy und der Kleine ist Felix,“ stellte der Größte der Hasen sich und seine Geschwister vor.
Es raschelte im Baum und Schnee fiel herab.
Ein Eichhörnchen kletterte geschwind den Stamm herunter und sprang in den Schnee.
Nun bin ich aufgewacht vor Hunger und weiß nicht wo ich meine Nüsse versteckt habe,“ seufzte es und lief kopfschüttelnd davon.
Jedes Jahr dasselbe, Miabel vergisst immer wieder, wo sie ihre Nüsse versteckt hat,“ lachte Benny.
Da kommt der Fuchs !“ rief Felix und auf einmal waren die Hasen verschwunden.
Neugierig sah Herr Knudelich dem rotbraunen Gesellen, mit dem buschigen Schwanz, entgegen.
Guten Tag,“ grüßte der Schneemann höflich, als der Fuchs vor ihm stehen blieb.
Ja,ja,“ brummte dieser und hob schnuppernd die spitze Nase.
Hier riecht es doch nach Hasen, ihr habt nicht zufällig welche gesehen?“
Ja, aber das ist schon eine ganze Weile her.“
Schade, dabei hätte ich so eine Lust auf Hasenbraten!“
Verärgert lief der Fuchs weiter.
Herr Knudelich sah ihm grinsend nach, dann erhob er sich,
Zeit weiter zu gehen.
Nun wanderte er viele Tage bergauf, bergab und die Welt gefiel ihm.
Oft hielt er ein Schwätzchen mit den Tieren, denen er begegnete.
Menschen ging er aus dem Weg und wenn er doch einem begegnete, dann bleib er stocksteif stehen.
Eines Tages kam er an einen Bach.
Vergnügt beobachtete er wie das Wasser fröhlich plätschernd über Stock und Stein hüpfte.
Wohin des Weges mein Freund!“ rief er.
In die weite Welt!“
Dahin will ich auch, können wir denn nicht zusammen wandern, allein macht es keinen Spaß!“
Gerne, aber leider bist du viel zu schwer, ich kann dich nicht tragen!“


Inzwischen war die Sonne höher gestiegen und da es bald Frühling wurde, waren ihre Strahlen viel kräftiger und der Schnee ringsum begann zu schmelzen.
Auch an dem Schneemann liefen große Tropfen herab.
Ich weine !“ rief er erschrocken.
Der Bach lachte: „ Nein du schmilzt, es wird Frühling!“
Ach wie schrecklich!“ Nun fing er Herr Knudelich wirklich an zu weinen.
Nein, das ist doch wunderbar!“ meinte der Bach und lachte.
Was soll denn daran wunderbar sein?“ fragte der Schneemann und war einen Moment wirklich beleidigt.
Verstehst du denn nicht, wenn du schmilzt wirst du zu Wasser und dann können wir zusammen die Welt entdecken!“
Und der Schneemann wurde immer kleiner und bald war nur noch eine kleine Pfütze von ihm übrig.
Diese aber setzte sich in Bewegung und floss in den Bach.
Und nun konnten die beiden Freunde, der Schneemann und der Bach die Welt gemeinsam entdecken.

© Lore Platz










Dienstag, 15. Dezember 2020

Niki und das kleine Mädchen

Das ist unsere letzte Reizwortgeschichte für dieses 

Jahr. Ab nächstem Jahr wollen wir dann jeden Monat zwei  

Geschichten schreiben und zwar am 15. und 30.


Reizwörter: Wald, Schneesturm, erfrieren, glitzern

wunderschön



 


 

 

Niki und das kleine Mädchen


Herminchen öffnet die Tür und lugt hinaus. Ein Schwall eiskalter Schnee wirbelt ihr ins Gesicht.

„Mach die Tür zu“, brummt Herrmann.

„Du hast die Ruhe weg,“ faucht seine Angetraute.

„Draußen tobt ein Schneesturm und Niki ist noch unterwegs.“

„Unser Sohn ist schlau, der wird sich schon unterstellen.“

Die Trollin setzt sich hin, lauscht aber immer wieder ängstlich dem Heulen des Sturms.

Sie schreckt auf, als die Tür mit einem Schwung aufgeht und Schnee und Eis in die 

Stube weht. Niki, der aussieht wie ein Schneemann, ruft verzweifelt.

„Papa, Papa, komm schnell, draußen im Wald liegt ein Mädchen, es wird erfrieren.“

Er zieht den Troll an der Hand zur Tür.

„Sachte, sachte, meine Junge, ich muss erst meinen Mantel anziehen und eine Decke brauchen 

wir auch.“

Der Sturm tobt und jault und wirbelt ihnen Schnee und Hagel ins Gesicht. Mühsam kämpfen sie sich vorwärts. Unter einem Baum liegt das Mädchen. Hermann hüllt es in die Decke und sie kämpfen sich zurück zur Höhle. Herminchen nimmt das Kind und rubbelt es kräftig ab, dann zieht es ihm ein Unterhemd von sich an und wickelt es in eine warme Decke.

Während sie in der Kochnische Tee kocht, stehen Hermann und Niki vor dem Bett und betrachten das Mädchen besorgt. Dieses schlägt die Augen auf und schaut sich verwundert um.

„Bin ich im Himmel?“

Hermann lacht dröhnend.

„Sehen wir aus wie Engel?

Das Mädchen zuckt die Schultern.

„Ich bin noch nie einem Engel begegnet, aber wie auf den Bildern seht ihr nicht aus. Wer seid ihr?“

„Wir sind Trolle und Niki ist ein Wichtel, aber es scheint dir wieder besser zu gehen. Hier trink den Tee.“

Das Mädchen setzt sich auf und nimmt die Tasse, die Herminchen ihr reicht.

„Sobald der Schneesturmm sich gelegt hat, werden wir dich zu lieben Menschen bringen, die können dir weiterhelfen. Was wolltest du denn im Wald bei diesem Wetter?“

„Oh, als ich weg ging, war es noch nicht so schlimm. Ich wollte ein paar Tannenzweige holen und 

unser Zimmer schmücken, so wie wir früher unser Häuschen geschmückt haben. Ich wollte Mama eine Freude machen, denn seit Papas Tod weint sie abends immer im Bett, wenn sie denkt ich schlafe schon.“

Und die kleine Christel erzählt ihnen, dass ihr Vater als Holzfäller bei dem geizigen Moosbauer 

gearbeitet hat und letzten Sommer von einem fallenden Baum erschlagen wurde. Darauf hat der Bauer sie aus ihrem Häuschen geworfen, aber ihrer Mutter vorgeschlagen, sie könnte bei ihm als Magd arbeiten. Nun lebten sie in einer Dachkammer und ihre Mutter musste den ganzen Tag schwer arbeiten, deshalb wollte sie ihr eine Freude machen.

„Und nun habe ich mich verlaufen und Mama wird sich große Sorgen machen.“

Tränen laufen über ihr Gesicht und Niki heult laut mit.

„Nun, nun,“ brummt Hermann unbehaglich. 

„Jetzt wollen wir erst mal etwas essen, dann bringen wir dich zu dem Mann ohne Haare und der wird dann schon wissen was zu tun ist.“

Während des Essens erzählen sie von Oma und Opa Schinkel und ihren Enkelinnen und bald ist es Christel als würde sie die Familie schon lange kennen. Am Nachmittag war der Schneesturm müde geworden und zog sich zurück.

Hermann packte das in warme Decken gehüllte Mädchen auf den Schlitten und fröhlich machten sie 

sich auf den Weg zum alten Forsthaus.

Während Hermann das Mädchen vom Schlitten hebt, läutet Niki Sturm. Oma Schinkel öffnet und über ihr Gesicht fliegt ein erleichtertes Lächeln als sie das Mädchen auf dem Arm Hermanns erblickt.

„Welch ein Glück, ihr habt sie gefunden, kommt herein.“

Die vier folgen der alten Frau in die Küche.

„Ein Suchtrupp ist unterwegs.

Deine Mutter hat den Moosbauern gebeten nach ihr zu suchen, doch der wollte nicht und hat auch ihr verboten dich zu suchen. 

Doch deine Mutter ist zum Bürgermeister und nun suchen alle Männer aus dem Dorf nach dir, 

auch mein Mann ist dabei. Ich sage ihnen schnell Bescheid.“

Als sie zurückkommt meint sie bedauernd: 

„Hermann, Herminchen, Niki, mein Mann wird gleich da sein und er bringt noch den Bürgermeister, 

den Förster und die Mutter des Mädchens mit, ihr müsst leider gehen, aber ich habe euch schon einen Korb mit Lebensmittel hergerichtet.“ 

Und sie zwinkert Niki zu, „im Korb ist auch eine große Dose mit Keksen.“

Niki strahlt, doch dann wird er traurig.

„Dann werden wir uns nicht mehr sehen, Christl.“

Das Mädchen umarmt ihn. 

„Ich weiß doch wo ihr wohnt und werde euch 

besuchen.“

„Aber nur bei schönem Wetter,“ lacht Hermann.

Als die Familie das Haus verlassen hat, bittet Frau Schinkel Christl niemand von den Trollen zu erzählen, denn die Menschen würden es nicht verstehen.

„Aber natürlich, sie haben mir das Leben gerettet, ich würde sie niemals verraten, darf ich auch Mama nicht davon erzählen.“

„Vorerst nicht, wir erzählen, du hättest dich im Schneesturm im Wald verlaufen und wärst bei 

unserem Haus gelandet. Es liegt ja direkt an unserem Wald.“

Während der Kaffee durch die Maschine läuft, decken die beiden den Tisch.

Die Haustür wird aufgeschlossen und eine junge verhärmt aussehende Frau stürzt in die Küche und 

umarmt weinend ihre Tochter.

„Ach meine Kleine, wenn ich dich nun auch noch verloren hätte.“

„Mama, ich hatte einen Schutzengel!“

„Ja,“ rief die Oma, „ und dieser Schutzengel hat sie aus unserem Wald direkt zu mir gebracht.“

Dabei zwinkerte sie ihrem Mann zu, der sofort verstand.

Polternd rief er. „Nun wollen wir uns aber setzen, meine Frau hat uns eine gute Brotzeit hergerichtet.“

Bald herrschte eine vergnügte Stimmung, waren sie doch alle froh, dass Christl gesund und munter bei ihnen saß.Das Mädchen musste nun erzählen, warum es eigentlich in den Wald gegangen ist.

Ihre Mutter drückt sie stumm, als sie erfährt, dass Christl ihr eine Freude machen wollte mit ein paar 

Tannenzweigen.

Stürmisch läutete es an der Tür und Herr Schninkel ging hinaus und kam wenig später mit einem 

grobschlächtig grimmig schauenden Mann zurück, dem Moosbauern

Zornig fixierte dieser die kleine Christl, der es ganz bange wurde unter seinem Blick.

„Wie ich sehe habt ihr das Gör wiedergefunden, also Magda kannst wieder kommen, die Kuchl ist kalt und wir warten auf das Essen.“

Die Männer murrten und Herr Schinkel legte dem neben ihm stehenden Bauern die Hand auf die 

Schulter.

  "Die Frau Brandner wird ab heute nicht mehr bei dir Leuteschinder arbeiten sondern bei uns als Stütze meiner Frau."

Boshaft lachend rief der Bauer, „des wird sie net, sie hat an Vertrag bei mir, den muss se einhaltn.“

Christls Mutter sprang auf. 

„In dem Vertrag steht, dass du mir Kost, Logi und einen Stundenlohn von 8.50 € gibst seit einem Jahr 

bin ich nun bei dir und habe noch keinen Cent bisher bekommen!“

Opa Schinkel grinst „und wieviel Stunden arbeitest 

am Tag.“

„12“

„Bürgermeister kann Frau Brandner das einklagen.“

„Sicher,“ lacht dieser, der auch studierter Rechtsanwaltist,  „und außerdem kann der Vertrag mit sofortiger Wirkung aufgehoben werden, da sie ja nie Lohn bekam.“

Der Bauer ballt die Fäuste, stieß einen Fluch aus und stürmt aus de Haus.

Bald verabschieden sich auch der Bürgermeister und der Förster.

Sie versprechen beim Moosbauern die Sachen von Frau Brandner und ihrer Tochter abholen zu lassen.

„Und wir dürfen tatsächlich hier bleiben?“, fragt die junge Frau schüchtern. Und als sie später die wunderschönen Zimmer besichtigten, die nun ihnen gehörten, liefen ihr die Tränen über das Gesicht.

Als alles schlief tritt Magda ans Fenster und sieht hinauf in den glitzernden Sternenhimmel.

Ein Stern blinkt besonders hell.

„Danke, dass du auch von dort oben auf uns aufpasst, 

mein lieber Anderl.“

 

Wie Magda zum ersten Mal der Trollfamilie begegnet 

und wie sie darauf reagiert, das erzähle ich euch ein 

andermal.

 

 

© Lore Platz

 

 

Nun wollt ihr sicher wissen was Martina und Regina 

aus den Wörtern gezaubert haben.


 

Mittwoch, 9. Dezember 2020

Plauderecke

Advenire heißt das lateinische Wort, das Erwartung bedeutet und aus dem sich das Wort Advent abgeleitet hat.
Wir warten auf die Ankunft des Herrn.
Ursprünglich hat man sich durch eine sechswöchige Fastenzeit auf das Weihnachtsfest vorbereitet.
Auf dem Konzil von Lerida im Jahr 524 wurde dann eine vierwöchige Fastenzeit fest gelegt.
Zu dieser Zeit glaubte man noch, dass die Erde viertausend Jahre vor Jesus Geburt erschaffen wurde.

 

 

 




Hat Weihnachten noch den Zauber von früher?


 
Früher war alles besser, hörte ich oft die älteren Leute sagen.
Nun gehöre ich auch schon zu der Generation, die mehr zurück als nach vorne blickt und im Glanz der Erinnerung alles etwas verklärt sieht.
Sicher war nicht alles besser als heute, der Fortschritt bringt ja auch seine Vorteile, aber etwas war früher bestimmt besser, das Weihnachtsfest.
Wenn im Oktober bereits Lebkuchen und Weihnachtsgebäck in den Regalen der Kaufhäuser locken, dann geht doch ein wenig der Vorfreude verloren.
Wie schön war es, wenn unsere Mutter in der Adventszeit mit dem Backen begann und das ganz Haus mit dem Duft von Zimt und Vanille erfüllt war.
Das Backwerk wurde dann in Dosen abgefüllt und diese versteckt. Und erst am Heiligen Abend bekam jeder seinen, mit Leckereien, gefüllten Weihnachtsteller.
Die Adventszeit war überhaupt eine schöne und für mich unvergessliche Zeit.
Während unsere Mutter backte, saßen wir um den Küchentisch herum und sangen oder unser Vater las uns Märchen vor.
Es war wohlig warm, das Holz knisterte im Ofen und der Duft der frisch gebackenen Plätzchen erfüllte den Raum.
Wenn mal ein Blech daneben ging, dann durften wir die leicht angekokelten essen. Das war ein Fest.
Besonders viel Mühe gab sich mein Vater jedes Jahr mit der Krippe. Um den Stall herum baute er eine wundervolle Welt auf, aus Moos, Tannenzweigen und kleinen Ästchen, aus denen er Gatter für die Schafe und sogar eine kleine Brücke bastelte.
Für das Wasser des Baches benutzte er das Aluminiumpapier seiner Zigarettenschachtel.
Es gab viele Weihnachtsfeste, die mir in lieber Erinnerung sind. Aber bei meinem ersten Weihnachtsfest jagte ich meiner fünf Jahre älteren Schwester einen riesigen Schrecken ein.
Ich kam 11 Tage vor dem Hl.Abend zur Welt, damals lag meine Schwester Karin mit Scharlach in der Isolierstation des Krankenhauses und wusste nicht, dass sie inzwischen eine kleine Schwester bekommen hatte.
Als Karin aus dem Krankenhaus entlassen wurde, feierten meine Eltern das Fest für sie nach.
Mit fromm gefalteten Händen und strahlenden Augen schritt Karin singend auf den Baum zu.
Ich lag halb verdeckt dahinter in einem Korb und fing zu schreien an.
Abrupt blieb meine Schwester stehen und mit einem entsetzten „Mutti!“ drehte sie sich um und vergrub ihren Kopf im Kleid unserer Mutter.
Später aber hat sie die lebendige Puppe geliebt.

© Lore Platz


 

 

Montag, 7. Dezember 2020

Niklaus und Weihnachtsmann

Als ich Kind war kam immer der heilige Bischof St. Nikolaus zu uns, doch inzwischen hat sich der Weihnachtsmann hoch aus dem Norden dazu gesellt.
Einen größeren Unterschied als diese beiden Männer gibt es nicht.
Auf der einen Seite der gelehrte feingeistige Bischof und auf der anderen Seite der etwas prollige laute Weihnachtsmann.
Doch beide wollen dasselbe, die Kinder glücklich machen.
Trodzdem stellte ich es mir spannend vor wenn sie sich einmal begegnen. 
Die kleine Erzählung habe ich meinem längeren Märchen Jasper entnommen.
Nun wollen wir wieder gemeinsam das 6. Türchen öffnen.
Viel Spaß beim Lesen!

 
RMzV


6. Türchen

 
Auch St. Nikolaus verabschiedet sich wenig später von Lilofee und Matilda.
Vergnügt spaziert er durch den knirschenden Schnee, genießt die reine kalte Winterluft und als er vor seinem Häuschen ankommt, betrachtet er es froh und zufrieden.
Er klopft sich die Schuhe ab und betritt den Flur. Sorgfältig hängt er den schweren Wintermantel an den Haken, stellt die Stiefel ordentlich nebeneinander und schlüpft in seine Pantoffeln.
In der Stube empfängt ihn wohlige Wärme, die von einem lustig flackernden Feuer im Kamin kommt.
Der Zwerg Purzel kniet davor und legt einige Scheite Holz hinein.
Die Tür öffnet sich und zwei Zwerge jeder einen Arm voll mit Holz kommen zum Kamin und stapeln es sorgfältig daneben auf.
Purzel beobachtet sie dabei aufmerksam und meint zufrieden:
Nun lieber Nikolaus, das dürfte eine Weile reichen. Die Frauen haben einen leckeren Gemüseeintopf gekocht, du brauchst ihn nur noch warm zu machen. Auch ein Teller Plätzchen steht in der Küche und Viktor, der Gärtner hat noch einen Korb seiner besten
Äpfel vorbei gebracht. Wir kommen dann Morgen wieder.“
Danke meine lieben Zwerge, und auch einen herzlichen Dank an eure Frauen. Lebt wohl, bis morgen.“
Die Zwerge verneigen sich und verlassen die Hütte.
Nikolaus sieht sich vergnügt um, schlüpft in seine gemütliche
Hausjacke, setzt die Brille auf die Nase und vertieft sich in sein Buch.

 
Lautes Atmen und knirschende Schritte sind zu hören und Jasper sieht sich unwillkürlich nach einem Versteck um.
Erleichtert atmet er auf, als Bertl zwischen den Bäumen auftaucht.
Der muss erst einmal verschnaufen, so weit war er mit seinen kurzen Beinen gerannt, aber mit strahlenden Augen berichtet er seinem Freund.
Am Waldrand steht eine Hütte, dort wohnt nur ein alter Mann, aber hinter der Hütte ist ein leerer Stall, dort können wir bleiben. Komm mit!“
Der Kobold springt auf den Rücken seines Freundes und weist ihm den Weg.
Im Stall ist es mollig warm und er sieht aus, als wäre er schon lange nicht mehr benutzt worden.
Jasper sinkt ins Stroh.
Der Tag war lange und aufregend gewesen und er merkt jetzt, wie müde er ist.
Bertl öffnet die Stalltür.
Ich werde uns etwas zu essen besorgen!“
Vorsichtig schleicht der Kobold um das Haus und blickt durch das Fenster in die beleuchtete Stube.
Der alte Mann sitzt am Kamin und ist in ein Buch vertieft.
Geduckt schleicht Bertl weiter und betritt durch die unverschlossene Hintertür die Küche.
Angenehm durftet es hier.
Auf dem Ofen steht ein noch warmer Topf mit Gemüse und der Kobold steckt sich schnell einige Stücke in den Mund, dann wischt er achtlos seine Hand an der Hose ab.
Er zieht ein nicht mehr ganz sauberes Taschentuch hervor und häuft von dem Teller, der auf dem Tisch steht einige Lebkuchen
und Plätzchen darauf und verknotet es.
Aus dem Korb mit Äpfeln stibitzt er zwei und verlässt dann leise die Küche.
Die beiden Freund schmausen vergnügt und schlafen dann eng aneinander gekuschelt tief und fest.
Und so bemerken sie auch nicht, wie spät in der Nacht noch ein geheimnisvoller Gast kommt.
St. Nikolaus sitzt gemütlich vor seinem Kamin.
Nachdem die Zwerge nach Hause gegangen sind, hat er von dem Gemüseeintopf, den die Zwergenfrauen für ihn gekocht haben, gegessen.
Nun sitzt er in seinem gemütlichen Sessel mit einer Tasse heißen Tee und einem Teller mit Plätzchen und liest.
Nach einer Weile lässt er das Buch sinken und beobachtet die dichten Schneeflocken die langsam und gleichmäßig vor seinem Fenster im Mondschein vom Himmel fallen.
St. Nikolaus genießt die Ruhe!
Ein lautes Klopfen, die Tür wird aufgerissen und eine vermummte Gestalt begleitet von einem Schwung Schneeflocken stürmt herein, klopft sich polternd die Schuhe und wirft die Tür hinter sich zu.
Die kräftige Gestalt schüttelt sich prustend, schält sich aus der Vermummung, stürzt ins Zimmer, reißt den hl. Mann vom Sessel hoch und zerquetscht ihn fast in einer kräftigen Umarmung.
St. Nikolaus schnappt überrascht nach Luft und sieht sich seinen Besucher genauer an.
Dann lächelt er, der Weihnachtsmann!
Dieser hat sich in den Sessel gegenüber geworfen, die Beine weit von sich gestreckt , die Hände über dem beachtlichen Bauch gefaltet und sieht sein Gegenüber grinsend an.
Lange nicht gesehen, alter Knabe, du guckst ein wenig verdattert?“
Nikolaus schmunzelt.
Ist es ein Wunder? Du stürmst herein wie ein Tornado!“
Hohohohohohooooooooo“ tönt es durch die Stube und der heilige Mann zuckt zusammen.
Ein bisschen ungehobelt war er ja schon, der Kollege vom Nordpol, aber ein herzensguter Kerl, der auch wie er den Kindern an Weihnachten Freude bringen will.
Der Weihnachtsmann wird wieder ernst.
Eines meiner Rentiere ist mir abhanden gekommen und wir konnten seine Spur bis hierher verfolgen. Dir ist nichts ungewöhnliches aufgefallen?“
Ein feines Lächeln zieht über das Gelehrtengesicht des Bischofs.
Im Zauberwald ist nichts gewöhnlich.“
Der Weihnachtsmann grinst, wird aber gleich wieder ernst.
Mach mir ein wenig Sorgen um den Kleinen. Habe Jasper sehr ins Herz geschlossen, seit er damals zu uns kam. Aber seit er mit diesem Bertl zusammen ist, steckt er ständig in irgendeiner Klemme.“
Nikolaus sieht hinaus in das Dunkel der Nacht.
Heute wirst du ihn nicht mehr finden, du kannst gerne in meinem Gästezimmer übernachten.
Danke alter Freund, draußen wartet mein Rentier Danza, hast eine Unterkunft für ihn?“
Ja, hinter dem Haus steht ein leerer Stall, dort kannst du dein Rentier unterbringen.“
Der Weihnachtsmann geht hinaus, nimmt Danza am Zügel und führt ihn um das Haus herum zum Stall.
Als er die Tür öffnet fällt das Mondlicht direkt auf die beiden Schlafenden.
Der Weihnachtsmann dreht sich zu Danza und legt den Finger auf den Mund.
Pass auf, dass sie nicht davon laufen.“
Dann eilt er zum Haus, klopft an die Fensterscheibe und winkt Nikolaus nach draußen.
Wenig später stehen sie vor den schlafenden Übeltätern.
Der Weihnachtsmann räuspert sich laut und erschrocken zucken die Schlafenden zusammen und öffnen die Augen.
Als sie sehen wer vor ihnen steht, springen sie entsetzt auf.
Bertl wird abwechselnd rot und blass und das Geweih von Jasper blinkt aufgeregt.
Der Weihnachtsmann legt seine Stirn in grimmige Falten und donnert:
Diesmal habt ihr es ja wohl gewaltig übertrieben. Das gibt mächtigen Ärger, Knurrjan ist schon dabei sich für euch Strafen auszudenken.“
Die beiden Lausbuben senken beschämt den Kopf.
Doch dann sehen sie das vergnügte Funkeln in den Augen des Weihnachtsmannes und amten erleichtert auf, so schlimm würde es schon nicht werden.
Dieser wendet sich an St. Nikolaus und reicht ihm die Hand.
Nun mein Freund, da ich die beiden Strolche früher gefunden als erwartet, ist es wohl besser gleich nach Hause zu fliegen. Wer weiß, was den für Unsinn noch einfällt. Leb wohl!“
Er setzt sich auf Danza und Bertl klettert auf Jaspers Rücken, dann streut der Weihnachtsmann Sternenstaub und sie fliegen dem Himmel entgegen.
St. Nikolaus sieht ihnen nach, bis sie in den Wolken verschwunden sind.
Dann kehrt er zurück ins Haus und bald verlischt das Licht und Ruhe kehrt ein.



(c) Lore platz