Freitag, 29. November 2019

Ein Weihnachtstraum

Ich lese gerne Märchen, doch manche Märchen sind sehr traurig, denn oft spiegeln sie die Zeit in der sie spielen wider, oder auch die Stimmung des Schreibers. 
Hans Christian Anders war ein depressiver Mensch und viele seiner Märchen sind sehr traurig.






Ein Weihnachtstraum


Die alte Frau sitzt in ihrem gemütlichen Sessel und beobachtet die dicken Schneeflocken. Beruhigend ist es das leichte Schweben der Flocken zu beobachten. Ruhe zieht in ihr Herz.
Leise öffnet sich die Tür und ihre Enkelin Steffi kommt ins Zimmer.
Schon zurück vom Schlittenfahren?“
Ja, es war soooo schön, aber nun bin müde und mich friert. Liest du mir eine Geschichte vor?“
Steffi klettert auf den Schoß und kuschelt sich an sie.
Die Oma nimmt das große Geschichtenbuch, das immer griffbereit auf einem kleinen Tischen neben ihr liegt und beginnt zu lesen.
Das Märchen von dem Mädchen mit den Schwefelhölzern.
Als sie die Geschichte zu Ende ist laufen große Tränen über Steffis Gesicht.
Das arme Mädchen, warum hat ihr denn niemand geholfen?“
Nun die meisten Menschen waren früher arm und die wenigen reichen hat es nicht gekümmert.“
Das war aber gemein!“
Die Mutter steckt den Kopf durch die Tür.
Wer will Kakao und Plätzchen.“
Ich!“ jubelt Steffi und für den Moment ist das arme
Mädchen vergessen.

Fest ihren Teddy an sich gedrückt kuschelt sich Steffi in die Kissen und ist bald eingeschlafen.

Steffi erwacht und sieht sich verwundert um. Sie befindet sich in einer fremden Stadt.
Viele Menschen hasten um sie herum und werfen ihr verwunderte Blicke zu. Seltsam sind diese Menschen gekleidet, als stammten sie aus einem anderen Jahrhundert.
Ein eisiger Wind saust durch die Straßen und sie ist froh, dass sie ihre dicke Daunenjacke und die warmen Pelzstiefel anhat
Tief zieht sie die Kapuze ins Gesicht, um sich vor den gierigen eisigen Fingern des Windes zu schützen.
Mit tief gesenktem Kopf eilt Steffi durch die Straßen, da sieht sie ein kleines Licht aufblitzen.
Sie folgt ihm in die enge Gasse und sieht ein kleines Mädchen, spärlich bekleidet mit nackten Füßen, das in der Ecke kauert und ein langes Streichholz hoch hebt.
Mit glücklichem Gesicht starrt es auf die graue zerbröckelte Mauer und streckt voll Wohlbehagen die nackten blau gefrorenen Füße aus.
Nun weiß Steffi wer das Mädchen ist. Es ist das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern und sieht gerade den warmen Kamin, an dem sie ihre Füße wärmen will.
Das Hölzchen erlischt und das Mädchen ist traurig.
Schnell zündet es ein neues Hölzchen an und schon
strahlen ihre Augen.
Steffi weiß, dass sie nun das warme Zimmer mit dem geschmückten Weihnachtsbaum sieht und sie will zu ihr eilen und sie in ihre warm Daunenjacke hüllen, doch ihre Füße sind wie festgewachsen.
Das Hölzchen erlischt und schnell leuchtet das nächste auf.
Das Mädchen aber beginnt zu strahlen und streckt sehnsüchtig die Arme aus.
Nun sieht sie ihre Großmutter und bald wird sie sterben,“ denkt Steffi und will zu dem Mädchen eilen.
Doch sie kann nicht.
Das Licht erlöscht und das Mädchen sinkt zurück und Steffi weint und weint und weint.

Steffi, Steffi wach auf, du hast einen Albtraum!“
Das Mädchen schlägt die Augen auf und sieht in das erschrockene Gesicht ihrer Mutter.
Die Mutter nimmt sie in die Arme und wiegt sie beruhigend.
Es dauert lange bis das Mädchen wieder eingeschlafen ist.

Am nächsten Morgen ist Steffi sehr blass und still.
Die Mutter und die Großmutter sehen sich besorgt an.
Und die Großmutter hat ein schlechtes Gewissen. Sie weiß doch wie empfindsam die kleine Steffi und hätte ihr niemals diese traurige Märchen vorlesen dürfen.

Nach dem Frühstück nimmt sie das Mädchen an der Hand und führt sie in ihr Zimmer
Dort setzt sie sich mit ihr in den Lehnstuhl und fragt leise.
Willst du mir deinen Traum erzählen?“
Und stockend beginnt die Kleine zu erzählen und wieder laufen ihr die Tränen über das Gesicht.
Behutsam wischt die Oma die Tränen ab und sagt leise.

Das Mädchen mit den Schwefelhölzern ist nur ein Märchen und Märchen kann man nicht verändern
Aber Hans Christian Andersen hat diese Geschichte geschrieben um die Menschen zum nachdenken anzuregen.
Wir sollen nicht achtlos an Menschen die in Not sind vorübergehen.
Wir sollen mit offenen Augen durch die Welt gehen und wenn jemand in Not ist, versuchen zu helfen.“

Steffi denkt lange über die Worte ihrer Großmutter nach und dann nimmt sich fest vor, immer mit offenen Augen durch die Welt zu gehen.

© Lore Platz


Montag, 25. November 2019

Möpschen hat ein Geheimnis

1944 in einem eisigen Winter flohen Millionen Menschen aus Pommern, Schlesien und Ostpreußen vor den Russen.
Sie müssen alles zurücklassen und viele starben unterwegs.
Kleinkinder und Kinder trifft es oft als erste.

Seltsam, die Geschichte der Menschen wiederholt sich immer wieder aufs neue, nur die Kulissen ändern sich.









Möpschen hat ein Geheimnis


Eine alte Frau sitzt in einem gemütlichen Zimmer in einem altertümlich etwas abgewetzten Lehnstuhl und ihre Augen sehen traurig ins Leere.
Seit einigen Tag spürt sie, dass die Stimmung im Haus sich geändert hat.
Ihr Enkel und seine Familie hatten sie damals aufgenommen, als ihr geliebter Mann gestorben war.
Achtzig Jahre ist sie nun und soviel ihrer Lieben hat sie schon verloren.
Geblieben sind ihr nur noch ihr Enkel Andreas, seine warmherzige Frau Gisela und die vierjährige Angelika.
Als ihr Mann starb haben sie ihr ein Heim in ihrem Haus angeboten.
Ihr Blick wandert zu dem Mops, der auf der Vitrine steht. Er ist fast so alt wie sie, ein Ohr ist ein wenig abstoßen und die Farbe ist ganz trüb geworden.
Sie schließt die Augen und ihre Gedanken wandern in die Vergangenheit.
Vier Jahre war sie alt, als sie im Oktober 1944 mit ihrer Mutter und Tante Jutta flüchten mussten.
Verlassen mussten ihr schönes Zuhause.
Die Dienstboten hatten sie schon längst verlassen. Ihre Mutter und ihre Tante hatten das nötigste auf den großen Schlitten gepackt.
Sie zogen mehrere Kleider übereinander, denn es war bereits eisig kalt.
Wertvolles konnten sie nicht mitnehmen, denn das würde nur unterwegs Diebe anlocken.
Mama trug nur ihren Ehering um den Hals versteckt unter den vielen Pullovern, die sie trug.
Und Tante Jutta, die gerne töpferte, hatte, nur Möpschen mit genommen und ihn behütet wie einen kostbaren Schatz.
Sie hatte sich sehr gewundert und erst viele viele Jahre später als sie selbst nicht mehr jung am Bett ihrer sterbenden Tante stand, hatte diese ihr leise das Geheimnis von Möpschen ins Ohr geflüstert.
Nachdem die Augen der Tante sich für immer geschlossen hatten, nahm sie die Keramikfigur an sich, wie diese es verlangt hatte.
Und nun war sie seit vielen Jahren die Hüterin des Hundes und irgendwie spürte sie, dass es an der Zeit ist sein Geheimnis zu lüften.
Leise öffnet sich die Tür und das süße Gesicht ihrer Urenkelin späht herein.
Uri, darf ich herein kommen?“
Sicher.“
Die Vierjährige stürzt ins Zimmer und in die Arme ihrer Urgroßmutter.
Ich bin soooo traurig Uri,“ schluchzt sie und umklammert den Hals der alten Frau und drückt ihr nasses Gesicht an ihr Gesicht.
Liebevoll streicht die alte Frau über das seidenweiche Haar der Kleinen und wiegt sie sanft hin und her und als das Schluchzen leiser wird, fragt sie liebevoll.
Warum bist du denn so traurig, mein Schatz.“
Ein Mann hat eben einen Brief gebracht und Papa hat ganz grimmig geschaut und hat zu Mama gesagt
jetzt ist es soweit wir verlieren unser Haus.“
Wieder rollen die Tränen über ihr Gesicht.
Wenn wenn wir kein kein Haus mehr haben müssen wir dann im Garten schlafen.“
Die alte Frau hebt das Kind von ihrem Schoß, steht auf, nimm ihre Hand und meint fröhlich.
Nein das musst du nicht, komm wir wollen deine Eltern wieder fröhlich machen.“
Von der Kommode nimmt sie die Porzellanfigur und geht zusammen mit Angelika ins Wohnzimmer.
Ihr Enkel und seine Frau halten sich umschlungen und fahren auseinander, als sie eintreten.
Gisela wischt sich verlegen die Tränen aus den Augen.
Angelika läuft zu ihrer Mutter und klettert auf ihren Schoß.
Die Großmutter aber setzt die Figur auf den Tisch und sagt forsch.
Ihr werdet euer Haus nicht verlieren, Möpschen wird euch helfen, auch wenn er leider dafür sterben muss.“
Entgeistert starren die jungen Leute auf die Porzellanfigur, die sie oft belächelt hatten weil die Oma sie so behütet hat.
Und nun erzählt die alte Frau von Tante Jutta, die gerne töpferte und deren Lieblingshund der Mops war und als sie den Schwarzsender abhörte und erfuhr, dass die Russen kommen, da hat sie einen Mops geschaffen, in den sie den Familienschmuck mitsamt der Besitzurkunde verstecken konnte.
All die Jahre hat sie ihn behütet.
Anfangs konnte sie ihn nicht verkaufen, denn alle waren arm. Später hatte sie sich eine neue Existenz aufgebaut und brauchte das Geld nicht.
Als sie ihn mir übergab und sein Geheimnis verriet, meinte sie, eines Tages wird die Zeit kommen, da du ihn brauchst, du wirst es spüren.
Ich denke dieser Tag ist jetzt gekommen.
Die Zeiten sind schlecht, deine Firma hat pleite gemacht und du hast deinen Arbeitsplatz verloren. Ihr steht kurz davor das Dach über dem Kopf zu verlieren.
Einen besseren Zeitpunkt kann es nicht geben.
Hol ein großes weiches Handtuch und einen Hammer.“
Die alte Frau wendet sich an ihre Enkelin.
Hast du noch von dem leckeren Kuchen, den du gestern gebacken hast, wie wäre es wenn du dazu für uns alle einen schönen Kakao kochst und Angelika will dir sicher helfen.“
Gisela versteht, dass die Kleine nicht dabei sein soll, wenn die Figur zertrümmert wird und geht mit dem Mädchen in die Küche.
Andreas kommt zurück, wickelt die Porzellanfigur in das weiche Tuch und schlägt drauf.
Die alte Frau schließt die Augen und ein kleiner Schmerz durchzuckt sie, zu lange war die wunderschöne Figur in ihrem Besitz gewesen.






Andreas legt seine Hand auf ihre.
Würde es dir helfen wenn wir einen neuen Mops beschaffen?“ fragt er mitfühlend.
Seine Oma nickt und Tränen glitzern in ihren Augen.
Schon allein wegen Angelika, die ihn sicher vermissen wird.
Bestimmt finden wir einen, der so ähnlich aussieht, aber nun mach schon das Handtuch auf.
Ich bin auch gespannt, wie unser Familienschmuck
aussieht.“
Ehrfürchtig betrachten die beiden das glitzernde Collier, das passende Armband dazu und einige goldene Ringe.
Was denkst du wie viel der Schmuck wert ist.?“
Nun die Diamanten sind echt und das Gold dürfte 24 Karat sein.
Morgen gehen wir zum Juwelier und lassen ihn schätzen, vielleicht kennt er sogar einen Käufer.
Ich denke um die Hypothek abzulösen und deine Schulden zu zahlen, dürfte es reichen.“
Andreas fällt seiner Oma um den Hals.
Na, na zerdrück mich nicht, lass schnell die Scherben verschwinden, ich höre Gisela und Angelika.
Auch Gisela bewundert den Schmuck und Angelika sieht strahlend von einem zum andern und freut sich, dass alle wieder glücklich sind und lachen.

© Lore Platz




Freitag, 15. November 2019

Der Spaziergang

Diesmal sind die Wörter


Regenhut Pfütze verzeihen lausig orange


unterzubringen.


Viel Spaß beim Lesen!







Der Spaziergang


Melanie kommt aus dem Bad und geht zu ihrem Kleiderschrank. Schnell hat sie das Kleid mit dem passenden Mantel ausgesucht.
Doch als sie dann den nächsten Schrank öffnet , da wird es schon schwieriger.
Denn Melanie hat einen Huttick und ihr Mann, der sie deshalb immer liebevoll neckte, hatte ihr extra für ihre Hüte einen Schrank gebastelt.
Kurz schweift ihr Blick zu dem Bild ihres Mannes, der nun schon seit drei Jahren tot ist.
Wie hatte sie gelitten und nach der Beerdigung hatte sie sich in ihrer Wohnung verkrochen wie ein waidwundes Tier und nur noch vor sich hin vegetiert.
Bis dann ihre Freundin Jutta auftauchte und sie aus ihrer Lethargie riss und ihr ordentlich die Leviten las.
Jutta war es auch die sie mit den fünf Damen bekannt machte, die ebenfalls vor kurzem verwitwet waren. Seit drei Jahren trafen sie sich nun regelmäßig in einem Café.
Erst hatten sie sich gemeinsam über die Trauer hinweg geholfen und nun sind sie Freundinnen geworden und trafen sich immer noch einmal in der Woche.

Zu diesem Treffen will Melanie nun gehen. Ihr Blick schweift über die Regale, sollt sie den orangen nehmen, nein der passt nicht zu ihrem Mantel.
Aber der blaue, sie setzt ihn auf und schaut in den Spiegel und dann prustet sie los.
Als sie damals mit diesem Hut nach Hause kam, hatte Georg schallend gelacht und gerufen:
Der ist ja so groß wie ein Wagenrad, aber macht nichts, dann kannst du ihn sowohl als Sonnenhut und als Regenhut benutzen.“
Sie hatte ihm die Zunge heraus gestreckt.

Mit einem wehmütigen Seufzer wendet sie sich ab, nimmt ihre Tasche und verlässt die Wohnung.
Nachdem es die ganze Nacht geregnet hat ist der Himmel heute klar und auch die Sonne wagt sich wieder hervor.
Sie liebt die klare Luft nach dem Regen und schreitet flott dahin, obwohl sie noch genügend Zeit hat.
Schwungvoll umkreist sie eine besonders große Pfütze und muss schmunzeln.
Ihr kleiner Bruder liebte diese Pfützen und hopste und trampelte mit großer Freude darin herum. Einmal war weit und breit keine Wasseransammlung zu finden, obwohl es stark geregnet hatte, da einige Tage vorher frisch geteert und alle unebenen Stellen begradigt worden sind.
Was wurde der kleine Walter wütend, er stampfte mit den Füßen und schrie: „ Ich will mein Quetschebächele haben, ich will mein Quetschebächele haben!!!!!“
Schade dass ihr Bruder mit seiner Familie soweit weg wohnte, so konnte sie ihn nur ab und zu besuchen.
Inzwischen ist Melanie an der Kirche und dem Pfarrheim angekommen.
Angela, deren Mann Pfarrer hier war und plötzlich verstarb, Herzinfarkt, hatte ihnen den Vorschlag gemacht, dass sie sich ein Ehrenamt suchen und tatsächlich hatte es ihnen geholfen mit der Trauer besser zurecht zu kommen.
Angela war es auch, die sie mit dem neuen Pfarrer und der Bürgerhilfe bekannt machte.
Marlies, die Köchin ist und mit ihrem Mann zusammen ein Restaurant führte, arbeitet nun in der Obdachlosenküche.
Patricia, Esther helfen zusammen mit Angela im Pfarrheim aus, organisieren Feste für sozial schwächere Familien und an Weihnachten helfen alle sechs mit und freuen sich über die strahlenden Augen der Kinder.
Renata, eine ehemalige Lehrerin gibt kostenlos Nachhilfe.
Und sie selbst hat sich als Leihoma angemeldet und dies alles wird von der Bürgerhilfe organisiert.
Ach da vorne ist ja ihr Lieblingsladen mit dem sinnigen Namen * Gut behütet* mal sehen, ob es wieder neue Modelle gibt.
Melanie seufzt , ein Hut schöner. als der andere, am liebsten würde sie in den Laden gehen, doch ein Blick auf die Uhr zeigt ihr, dass die Zeit zu knapp ist.
Ihre Freundinnen ziehen sie sowieso immer auf, wegen ihrer Unpünktlichkeit.
Nur ungern trennt sich sich von dem Schaufenster und eilt weiter.





Als sie endlich das Café betritt empfängt sie fröhliches Gelächter und Marlies ruft triumphierend :
Ich habe gewonnen!“
Melanie hängt ihren Mantel an den Haken und sieht fragend in fünf grinsende Gesichter.
Tja wir haben gewettet, um wie viel Minuten du dich verspäten wirst und ich war mit zehn Minuten am nächsten. Es waren genau 11 Minuten und vierzig Sekunden.“
Melanie wird etwas rot, stimmt aber in das fröhliche Gelächter mir ein.
Auch mein Mann hat meine Unpünktlichkeit immer mit Humor genommen, ich hoffe ihr verzeiht mir.“
Marlies winkt ab.
Ich ganz bestimmt, habe ich doch gerade vierzig Euro gewonnen. Aber ich will mal nicht so sein, ich lade euch heute alle ein.“
Nein, das mach ich, schließlich bin ich schuld an der Wette! Aber wie wär‘s, wenn du das Trinkgeld übernehmen würdest. Lieserl würde sich bestimmt freuen, ah da kommt sie ja schon.“
Verschwörerisch zwinkern sich die zwei zu.
Die junge Kellnerin lächelt strahlend als sie an den Tisch tritt.
Sie kennt die Damen nun seit drei Jahren, anfangs waren sie sehr traurig und so freut sich sich umso mehr, wenn sie fröhlich sind wie heute.
Flink nimmt sie die Bestellungen auf und bald hat jede ihren Kaffee und Kuchen.

Patricia schiebt ihren Teller zurück und meint.
Ab Morgen habe ich meine Enkelin bei mir, denn der Kindergarten ist wegen Läusebefall eine Woche geschlossen.“
Ein Glück, dass du gewartet hast, bis wir gegessen,
haben,“ lacht Marlies.
Leute kauft Kämme, es kommen lausige Zeiten,“ ruft Renata und Esther grummelt, „könnt ihr nicht das Thema wechseln mich juckt es schon am Kopf.“
Die ganz Runde lacht schallend.
Ist es nicht wunderbar, dass wir wieder lachen können,“ japst Angela.
Sie sehen sich an und dann greifen sie sich an Händen.
Gemeinsam haben wir es geschafft wieder nach tiefer Trauer ins Leben zurück zu finden,“ meint Patricia feierlich und die anderen nicken.
Da kommt Lieserl mit dem Rausschmeißer,“ ruft Marlies, der es zu feierlich.
Es gehört zu ihrem Ritual, dass sie bevor sie aufbrechen, ein Gläschen Likör trinken.
Melanie holt ihren Geldbeutel und erzählt Lieserl warum sie heute die Zeche bezahlen muss.
Doch wie strahlt das junge Mädchen, als Marlies ihr den Gewinn der Wette in die Hand drückt.
Die Stühle scharren über den Boden, als die lustige Gruppe aufsteht und ihr Mäntel anzieht.
Lachend und schwatzend verlassen sie das Café und mit einem ‚bis nächsten Dienstag‘ trennen sie sich.
Melanie sieht hinauf in den Himmel, wo sich langsam die Sonne verabschiedet, um der Dämmerung Platz zu machen.

In Gedanken sagt Melanie.

Georg, ich habe durch nette Freundinnen einen Weg gefunden, um das letzte Stück ohne dich erträglich zu machen, bis wir uns wiedersehen.

Ein leichter Wind kommt auf und Melanie kommt es vor, als würde eine Hand sanft über ihre Wange streichen.


© Lore Platz

Sicher wollt ihr wissen, was 


aus den Wörtern gezaubert haben.

Anmerkung:

Der kleine Walter war mein Vater und da er in Pirmasens geboren und aufgewachsen ist, dürte es sich um das Wort  -  Quetschebächele  - um die pfälzische Mundart handeln.





Donnerstag, 14. November 2019

Die teuerste Blume der Welt

Gerne lese ich historische Romane und da stolperte ich neulich über die unglaubliche Geschichte der Tulpenzwiebel.
Neugierig geworden recherierte ich ein wenig im Internet und fand erstaunliches über die uns heute so selbstverständliche Tulpe.
Wusstet ihr, dass die Tulpen den ersten Börschenkrach verursachten?












 Tulpen, die teuersten Blumen der Welt

Die Tulpen sind das Wahrzeichen Hollands.
Ursprünglich stammte diese Blumen aus Zentralasien, schmückte im Mittelalter die Gärten am persischen Hof und gelangte später zu den osmanischen Herrschern in Istanbul.
Dort entdeckte sie im Jahr 1554 der Flame Gislain de Busbecq, der eine österreichische Gesandtschaft zum Sultan begleitete.
Er brachte einige der Blumen unter dem Namen „Tulpian“ zu Carolus Clusius einem berühmten Botaniker, der in Wien die kaiserlichen Gärten verwaltete.
Als Clusius 1593 in Leiden in Südholland die botanischen Gärten übernahm begann eine wahre „Tulpomanie“.
Schnell erregte diese exotische wunderschöne Blume die Gier der Reichen und die Tulpe wurde zum Statussymbol der Vermögenden.
Da die Pflanzen sich aber nicht beliebig vermehren ließen, trieb dies die Preise enorm in die Höhe.
Die ersten Spekulanten und Geschäftemacher witterten das ganz große Geschäft. Kredite zu enorm hohen Zinsen wurden vergeben.
Da die schönsten Flammenmuster zufällig durch einen Blattlaus-Virus entstanden sind, konnten sie nicht gezüchtet werden, sondern galten als Einzelstück.
Das trieb die Preise noch höher.
Der Tulpenwahn wurde immer größer.
1633 wurde in der Hafenstadt Hoorn ein Haus für 3 Tulpenzwiebel verkauft.
Und die teuerste Tulpenzwiebel wechselte den Besitzer im Nov. 1636
für 17 280 Gulden, das entspricht heute 17 Millionen Euro!
Doch immer, wenn die Gier zu groß wird, platzt die Seifenblase.

1637 verdoppelten sich die Preise, doch am 7.2.1637 bei
einer Versteigerung in Harlem fanden sich keine Käufer mehr, denn niemand konnte sich noch eine Tulpenzwiebel leisten.
Panik brach aus und jeder wollte seine Zwiebel loswerden. Die Preise fielen um 95%.
Viele verloren ihr gesamtes Vermögen.
Der wohl Prominenteste ist der Maler Rembrandt.
Schließlich verfügt die holländische Regierung am
27.4.1637:
Tulpen sind nur gewöhnliche Blumen und müssen auch als solche behandelt werden.“

So können auch wir gewöhnlich Sterblichen uns an dieser schönen Blume erfreuen.

Die wohl teuerste Mahlzeit verspeiste übrigens 1637 ein Seemann.
Er war zum Fisch essen eingeladen und verspeiste die
25 000 Euro teure Tulpenzwiebel als Beilage.
Der Gastgeber hatte sie wohl auf den Tisch gelegt, um mit seinem Reichtum zu protzen.
Hochmut kommt vor dem Fall!
Ich denke mal, der Seemann wurde nie wieder zum Essen eingeladen.














Dienstag, 12. November 2019

Das geheimnisvolle Licht







Das geheimnisvolle Licht


Sofia saß mit ihren Eltern in der Küche beim Abendbrot.
Draußen heulte und tobte der Sturm um das Haus.
Wütend rüttelte er an den Fensterscheiben, als wollte er Einlass begehren.
Das Licht über dem Küchentisch flackerte und Frau Bergmeister stand auf und murmelte.
Ich werde mal ein paar Kerzen suchen.“
Und ich sehe mal nach dem Not- Strom - Aggregat und du Sofie sieh mal nach, ob auf dem Dachboden die Fenster richtig verschlossen sind.“
Mit diesen Worten verschwand Herr Bergmeister im Keller.
Das Mädchen lief die Treppen nach oben und betrat den Speicher.
Hier oben hörte man das Toben des Sturms noch heftiger.
Sie überprüfte den Riegel an der kleinen Luke und drückte noch mal extra fest dagegen.
Drüben auf der anderen Seite des Bachs sah sie plötzlich ein Licht aufflackern.
Sofia drückte ihre Nase gegen die Scheibe und zwickte die Augen zu.
Da war es wieder!
Im Haus der alten Greta geisterte ein Lichtschein durch die Zimmer und dabei stand das Haus seit zwei Wochen schon leer.
Die alte Frau war gestürzt und lag mit einem komplizierten Bruch im Krankenhaus.



Schon wieder leuchtete es hell auf, als würde ein Irrlicht durch das Haus wandern.
Sofia bekam plötzlich Gänsehaut und verließ schnell den Dachboden.
Der Vater kam gerade von draußen und brachte einen Schwall kalte Luft und wirbelnde Blätter mit herein.
Ich habe noch einmal nach dem Vieh gesehen, alles in Ordnung.“
Als sie in die Küche traten, legte die Mutter gerade den Telefonhörer auf.
Schmunzelnd wandte sie sich ihrer Tochter zu.
Das war Frau Heidenreich, deine Lehrerin. Der Sturm hat das halbe Dach der Schule abgedeckt und für den Rest der Woche ist schulfrei.“
Sofia jubelte und meinte grinsend: „Was sagte Oma immer; es ist nichts so schlimm, als, dass nicht auch was Gutes dabei wäre.“
Später, als das Mädchen im Bett lag und dem Heulen des Sturmes lauschte, fiel ihr das Licht wieder ein.
Gleich Morgen früh, würde sie es ihrem Vater berichten.
Nach einem unruhigen Schlaf voller gespenstischer Irrlichter krabbelte Sofia aus dem Bett.
Während des Frühstücks berichtete sie den Eltern dann von dem Lichtschein im Haus der alten Greta.
Das war bestimmt ein Landstreicher, der Schutz vor dem Sturm gesucht hat. Zu Stehlen gibt es ja nichts bei der armen Alten. Aber ich werde später mal nachsehen,“ versprach der Vater.
Gemeinsam beseitigten sie dann die Schäden, die der Sturm in Hof und Garten angerichtet hatte, dann machte sich der Vater auf den Weg, zu Gretas Haus.
Sofia half ihrer Mutter bei den Vorbereitungen für das Mittagessen.
Da ging die Tür auf und Markus Bergmeister kam herein in Begleitung eines Riesen mit wilden Bart.
Ihr Vater aber grinste. „Wen glaubt ihr wohl habe ich hier mitgebracht?“
Rübezahl!“ entfuhr es Sofia.
Der Hüne lachte dröhnend und die Mutter die ihn mit gerunzelter Stirn betrachtet hatte, rief: „Björn!“
Dieser reichte ihr die Hand.
Ich hoffe, ich bin hier willkommen.“
Aber sicher, setz dich, das Essen ist gleich fertig.“
Das Haus drüben war schon ziemlich baufällig und der Sturm hat ihm den Rest gegeben, deshalb habe ich Björn angeboten, solange bei uns zu wohnen. Oben das Zimmer von Oma ist doch frei.“
Es ist dir doch Recht, Marietta?“
Fragend sah der Gast sein Gegenüber an und meinte dann zögernd.“Es sei denn, du willst mit einem Gauner wie ich es bin nicht unter einem Dach leben.“
Sofias Mutter winkte ab.
Unsinn, du bist und warst immer ein feiner Kerl und deine Jugendeselei hast du doch schon längst wieder gut gemacht.“
Nun wusste Sofia wer der Fremde war.
Der Sohn der alten Greta, der vor zehn Jahren bei Nacht und Nebel verschwunden war und die Kasse seines Lehrherrn mitgenommen hatte.
Der alte Mann hatte ihn nicht angezeigt, sondern immer wieder betont, dass der Junge das Geld nur geliehen hat, um die Welt kennenzulernen und er es bestimmt wieder zurückzahlen wird.
Als dann nach einigen Jahren ein Scheck mit der Summe nebst Zinsen eintraf, dann hat er ihn stolz im Dorf herum gezeigt.
Dies erzählte nun ihre Mutter dem Mann.
Diesem stiegen die Tränen in die Augen.
Der gute alte Schorsch, wie geht es ihm denn?“
Er musste seine Schreinerei schließen, nachdem seine
Augen immer schlechter wurden,aber zum Glück hat er
noch Bärbel und die sorgt für ihn und kümmert sich auch um deine Mutter.“
Sie ist wohl inzwischen längst verheiratet?“ murmelte Björn und spielte mit seiner Gabel.
Marietta schmunzelte: „ Nein, obwohl es ihr an Verehrern bestimmt nicht gefehlt hat, aber wie ihr Vater glaubt sie daran, dass du wieder kommst, wenn du genug von der Welt dort draußen hast.“
Der Hüne reckte seine kräftige Gestalt und seine Augen strahlten.
Sie haben sich nicht in mir getäuscht. 
Ich war jung und hier im Tal war mir alles zu eng und ich träumte von der Welt dort draußen.
Ich habe fast die ganze Welt bereist und viel erlebt, Gutes und Schlechtes, aber meinen Frieden habe ich nicht gefunden. 
Mich plagte das schlechte Gewissen und auch das Heimweh nagte an mir. Erst wenn man etwas verloren hat, weiß mein seinen Wert zu schätzen.
Ich habe etwas Geld gespart, vielleicht kann ich ja die Schreinerei übernehmen, und auch das Haus von Mutter möchte ich wieder herrichten. Und, und...“ jetzt geriet er ins Stottern, „ vielleicht willigt Bärbel ja ein und wird meine Frau.“
Markus schlug ihm auf die Schulter und lachte.
Da hast du dir ja viel vorgenommen, aber willst du denn wirklich hier bleiben?“
Ja, ich weiß jetzt wo ich hingehöre, wenn es auch lange dauerte bis ich das begriffen habe. Denkst du, dass die Dörfler mir wieder vertrauen werden?“
Das werden wir gleich feststellen, begleite mich ins Dorf, wir wollen beim Aufräumen helfen. 
Du kennst ja unsere Leute, anfangs werden sie etwas misstrauisch dir gegenüber sein, aber dann wird die Neugier siegen. Hoffentlich hast du ein paar tolle Geschichten für sie.“
Björn lachte dröhnend: „ Die habe ich!“
Und morgen früh begleitest du die Bärbel und mich ins Krankenhaus zu deiner Mutter,“ bestimmte Marietta, „ aber vorher gehst du zum Frisör, sonst kriegt Greta noch einen Schreck.“
Alle lachten und Björn am lautesten.
Wie Markus voraus gesagt hatte, benahmen sich die Dörfler zuerst sehr reserviert Björn gegenüber, doch als er ohne viele Worte einfach zupackte, wie einer von ihnen, da tauten sie langsam auf.
Und als er dann Bier und Brotzeit für alle spendierte und sie mit lustigen Anekdoten unterhielt, da war das Eis gebrochen.
Später hatte der Heimkehrer noch eine lange Unterredung mit seinem ehemaligen Lehrherrn und dessen Tochter, bei der viele Tränen flossen.

 Wer einige Jahre später in das Dorf kam, der konnte ein schönes großes Haus besichtigen, dass neben einer großen Schreinerei stand.
Auf der Bank vor dem Haus saßen eine alte Frau und ein alter Mann und genossen die Wärme der Sonne.
Glücklich sahen sie ihren Enkeln zu, die im Garten herumtollten.
In der Werkstatt hobelte ein Hüne und lachte mit seinem Gesellen und dem Lehrbuben.
Und durch das offene Küchenfenster konnte man eine hübsche junge Frau sehen, die in ihrer Arbeit immer wieder innehielt, um dem Lachen des Mannes zu lauschen, auf den sie so lange Jahre treu gewartet hatte.

© Lore Platz

Wenn ihr Wilibald den Schneemann kennen lernen wollt, dann drückt auf den Link

Lores Weihnachtszauber



Montag, 11. November 2019

Erinnerungen

Als ich letztes Jahr diese böse Erfahrung im Internet gemacht habe, wollte ich meine zwei Blogs ganz löschen. 
Meine Freunde haben mich davon abgehalten und ich bin froh darüber, warum soll ich mir und auch meinen treuen Lesern die Freude verderben wegen einem bösen Menschen.
Nun habe ich pünktlich zur Weihnachtszeit auch meinen Blog 
Lores Weihnachtszauber wieder eröffnet und werde jeden Tag eine Geschichte einstellen.
Ich  werde sie hier verlinken.

Erinnerungen sind was schönes, besonders wenn man den Menschen geliebt hat.
Mit dieser Geschichte wünsche ich euch einen schönen Start in die neue Woche. 









Erinnerungen

Hannelore ging langsam den Kiesweg entlang und blieb dann vor dem Grab ihrer Oma stehen.
Sie legte den bunten Blumenstrauß ab und zog die gläserne Vase aus der schwarzen weichen Erde inmitten des steinernen Vierecks.
Am nahegelegenen Kompost entsorgte sie die verwelkten Blumen, spülte die Vase aus und füllte sie mit frischem Wasser.
Während sie die Blumen liebevoll arrangierte, liefen ihr die Tränen über das Gesicht.
Oma, ich vermisse dich so, hast dich einfach still und heimlich davon geschlichen, während ich mitten im Examen steckte. Nichts gesagt hast du mir, wie krank dein armes Herz war, wolltest mich nicht belasten.
Aber wenigstens hat der Arzt gesagt, du bist ganz friedlich eingeschlafen. Dabei wollte ich dir doch Lutz vorstellen, du hättest ihn sicher gemocht. Ach Omi, ich lieb dich so!“
Das Mädchen erhob sich, faltete die Hände zu einem stummen Gebet und verließ mit gesenktem Kopf den Friedhof.




Wenig später hielt ihr Auto vor dem kleinen schmucken Häuschen der Oma.
Beide Hände auf dem Lenkrad betrachtete sie den verwilderten Garten, den Apfelbaum an dem noch die Schaukel hing, die der Opa ihr aufgehängt hatte, als sie damals nach der Scheidung ihre Eltern von ihrer Mutter bei
deren Eltern abgeliefert wurde wie ein lästiges Paket.
Weder der Vater noch die Mutter wollten sie in ihr neues
Leben mitnehmen.
Mit unendlicher Liebe hatten sich die Großeltern dem verstörten Kind angenommen.
Nach dem Abitur hatte sie dann weiter entfernt einen Studienplatz bekommen und konnte nur noch gelegentlich zu Besuch kommen, denn das Fahrgeld war teuer und sie hatte auch noch einen Job als Kellnerin in einem Studenten- Cafe.
Als sie im zweiten Semester war, starb der Großvater und sie war sofort nach Hause geeilt, um der Großmutter zur Seite zu stehen.
Als alles erledigt und vorüber war, hatte die Oma sie energisch weg geschickt, denn der Opa würde sich freuen wenn sie ein gutes Examen machte.
War er doch so stolz auf seine kluge Enkelin.
Und sie hatte sich noch mehr in ihre Studien gestürzt, erstens, um zu vergessen, aber auch um ihren Großeltern zu danken, die soviel für sie getan hatten.
Dann hatte sie ihr Examen mit Eins gemacht und gerade ihre Koffer gepackt, Lutz, den sie ihrer Oma vorstellen wollte wartete schon unten in seinem alten VW-Käfer, , da kam das Telegramm.
Verzweifelt und entsetzt hatte sie dagesessen bis Lutz herauf kam und sie in die Arme nahm.
Und statt auf Besuch waren sie zu einer Beerdigung gefahren.
Da kein Testament vorhanden war, hatte ihre Mutter das Haus geerbt und schnellst möglichst verkauft.
Sie hatte ihre Tochter aufgefordert, ihre persönlichen Sachen und das der Oma aus dem Haus zu holen, bevor am Montag die Firma, die das Haus ausräumen würde, kommt.
Hannelore nahm den Schlüssel aus dem Blumentopf neben dem Eingang und betrat das Haus.
Im Flur hingen mehrere Mäntel und Jacken übereinander auf den Hacken. Verschiedene Schuhe lagen kreuz und quer darunter.
Liebevoll lächelnd betrachtete das Mädchen das Chaos. Von Ordnung hielt Oma nie viel.
Eine Wohnung ist keine Schonung, man muss sehen, dass darin das Leben stattfindet,“ pflegte sie zu sagen, wenn der Opa über ihre Unordnung meckerte.
Hannelore ging in die kleine beige geflieste Küche. 
Wie viele gemütliche Stunden hatten sie drei hier verbracht. Opa hatte die Oma immer geneckt,und die sich vergnügt zu wehren gewusst.
Hannelore hatte gekichert und sich gewünscht, auch einmal so eine glückliche Ehe zu führen.
Sie ging hinüber in die kleine Wohnstube, öffnete das Fenster, um die abgestandene Luft hinaus zu lassen.



Eine Biene kam summend herein geflogen, prallte gegen die Wand, dann gegen die Scheibe und fand endlich wieder den Weg in den Garten.
Hannelore strich liebevoll über die Lehne des alten Sessels. Hier hatte die Oma immer gesessen und ihr aus einem alten zerfledderten Märchenbuch vorgelesen, während sie auf dem Fußbänkchen saß, den Kopf an Omas Knie gelehnt und lauschte.
Der Opa war am Tisch gesessen, die geliebte Pfeife im Mund und tat als würde er Zeitung lesen.
In Wirklichkeit hörte er auch zu, aber dass hätte er niemals zugegeben.
Hannelores Blick wanderte zum Schrank, auf dessen unterer Ablage große ziemlich schiefe Stapel alter Zeitungen sich türmten.
In dem Regal darüber lagen kunterbunt durcheinander einige Bücher.
Das Mädchen holte das Märchenbuch heraus und blättert versonnen darin.
Träumst du mal wieder, Sprösschen,“ erklang Lutz Stimme hinter ihr.
Jubelnd fiel sie ihm um den Hals.
Wo kommst du denn her!“
Hab mir frei genommen, konnte dich doch nicht allein
lassen mit dem ganzen Kram hier.“
Grinsend sah er sich um.
Jetzt weiß ich woher du deinen Hang zur Unordnung hast.“
Spielerisch knuffte sie ihn in die Seite.
Nun begannen sie alle Dinge, die Hannelore gern behalten wollte in die Umzugskartons zu packen.
Die Schubladen, die vor Papieren überquollen schütteten sie in einen Wäschekorb.
Den Papierkram wollten sie zu Hause erledigen.
Die Fotoalben und Bücher legten sie dazu.
Zwei Stunden später lümmelten sie erschöpft aber froh auf dem alten Sofa.
Lutz ließ grinsend seinen Blick durch den Raum gleiten.
Gemütlich hier!“
Trotz Unordnung?“ spottete Hannelore.
Lutz küsste sie auf die mit Sommersprossen übersäte Nase, deshalb nannte er sie auch Sprösschen, und erklärte.
Seit ich dich kenne, liebe ich Unordnung geradezu!“
Das Mädchen rammte ihm den Ellbogen in die Seite.
Aua!“
Dann legte sie ihren Kopf an seine Schulter und Lutz schmiegte seine Wange auf ihr Haar.
Hannelore war, als hörte sie ihre Oma kichern.
Oh ja, Lutz hätte der Oma gefallen.

© Lore Platz