Mit dem Ende der Geschichte wünsche ich euch ein schönes sonniges Wochenende.
Die
Vögel ringsum rumoren in ihren Nestern und einige sind schon
unterwegs zur Futtersuche.
Doch
ihr fröhliches Gezwitscher, mit dem sie jeden Morgen Frau Sonne
begrüßen, ist heute nicht zu hören.
Eichkätzchen
laufen an den Baumstämmen hinunter und verschwinden, sich immer
wieder ängstlich umsehend, im Unterholz.
Es
liegt eine gespenstische Stille über dem Wald.
Unwirsch
hat mit seiner Bosheit, Angst und Traurigkeit in das fröhliche
glückliche Zauberland gebracht.
Gernot
presst grimmig die Lippen aufeinander.
Er
würde diesem Treiben ein Ende setzen und sollte er dafür mit dem
Leben bezahlen.
Er
stellt sich auf die Zehenspitzen, um einen Blick auf das
Schmetterlingsreich zu werfen.
Auch
hier herrscht eine gespenstische Stille, als wäre das Land in einem
Dornröschenschlaf gefallen.
Ein
Rauschen kündet die Eule an.
Gernot
tritt beiseite, damit sie in die Höhle schlüpfen kann.
Sie
hat den Schnabel voller Blüten und lässt sie auf den Boden fallen.
„Ich
habe euch Frühstück mitgebracht. Mäuse wollt ihr ja sicher nicht
essen,“ lacht sie.
„Igitt!
Wir sollen Mäuse essen!“
Springinsfeld
sitzt auf dem Bett und reibt sich verschlafen die Augen.
„Dummerchen,
ich habe euch frische Blüten mitgebracht, hängen sogar noch
Tautropfen dran.“
„Hmm,
prima!“
Der
Wichtel springt aus dem Bett und stürzt sich auf die Mahlzeit.
Der
Elf steht wieder am Eingang und sieht sinnend hinaus.
Frau
Eule stellt sich neben ihn.
„Wurzel
lässt dir ausrichten, du sollst keine Angst haben. Sie weiß, du
wirst es schaffen. Auch soll ich dich an dein Versprechen erinnern,
was immer das auch ist.“
Gernot
nickt ernst.
„Ich
soll Kalypso nicht töten.“
„Pah!“
Die
Eule schüttelt den Kopf.
„Wir
werden dir die Kobolde vom Leib halten,
Aber
nun iss, bevor der Vielfraß dort hinten dir alles weg isst. Du
brauchst deine ganze Kraft!“
Springinsfeld
läuft rot an und zieht schnell die Hand zurück, mit der er nach der
letzten Blüte greifen will.
Die
Eule beäugt ihn spöttisch.
„Ich
werde jetzt schlafen, weckt mich bevor ihr los zieht.“
Sie
wackelt zu ihrem Bett, dann hebt sie lauschend den Kopf.
„Hätte
nicht gedacht, dass ich das Federvieh mit seinem Gezwitscher einmal
vermissen werde.“
Kopfschüttelnd macht sie es sich bequem und bald verkünden kleine Schnarchtöne,
dass sie schläft.
Nachdem
sich Gernot auch gestärkt hat, setzen sich die beiden Freunde vor
der Höhle auf einen Ast.
Sie
bleiben nicht lange allein.
Ein
Buchfink - Weibchen setzt sich zu ihnen auf einen kleinen Schwatz.
Eine
Goldammer gesellt sich dazu.
Ein
Kleiber klettert vergnügt den Stamm hinauf und hinunter. Er kann
nicht lange still sitzen.
Später
kommt noch ein Rotkehlchen, ein
schüchterner
kleiner Zaunkönig, eine Blaumeise, ein Sperling und eine Lerche.
Der
ganze Baum ist voll mit Vögeln.
Sie
schwatzen und lachen, sprechen Gernot Mut zu
und
veranstalten einen entsetzlichen Lärm.
Der
Elfenkönig befürchtet schon, Frau Eule würde aufwachen.
Doch
seltsamerweise rührt sich nichts in der Wohnung.
So
vergeht die Zeit wie im Fluge und mit einem Blick zum Himmel stellt
Gernot fest, dass die Sonne sich ihrem höchsten Stand nähert.
„Wir
müssen aufbrechen,“ murmelt er.
Sofort
verstummt das fröhliche Geschnatter.
Der
Eichelhäher räuspert sich.
„Wir
wünschen dir viel Glück!“
„Viel
Glück! Viel Glück! Viel Glück!“ ertönt es ringsum und die Vögel
fliegen davon.
Kaum
sind sie weg, steckt Frau Eule ihren Kopf heraus.
„Na
endlich! Es kann doch niemand schlafen bei diesem Lärm,“ brummt
sie, aber sie sieht nicht böse aus.
„Es
wird Zeit mein Junge!“
Gernot
und Springinsfeld klettern auf den Rücken des Vogels und dieser
setzt sie auf dem Waldboden ab.
„Viel
Glück ihr beiden, ich werde in der Nähe
bleiben.“
Die
Eule fliegt davon.
Der
Elfenkönig und sein Freund gehen schweigend nebeneinander durch den
Wald.
Plötzlich
steht ein Fuchs vor ihnen.
„Viel
Glück Gernot, du rettest nicht nur Aurelia, sondern uns alle.“
Er
dreht sich um und verschwindet im Unterholz.
Es
raschelt und die spitze Nase des Fuchses taucht wieder auf.
„Übrigens,
wir werden dir die lästigen Kobolde vom Leibe halten.“
Er
grinst verschmitzt.
„Die
können vielleicht laufen!“
Dann
ist er verschwunden.
Gernot
fühlt sich auf einmal sehr stark.
Das
Vertrauen seiner Freunde gibt ihm Kraft.
Ein
Blick zur Sonne zeigt ihm, dass diese sich immer mehr dem Zenit
nähert.
Er
nimmt Springinsfeld am Arm.
„Komm,
wir laufen das letzte Stück.“
Sie
spurten los und erst, als sie Kalypso angekettet am Felsen sehen,
werden sie langsamer.
Hinter
einem großen Stein gehen sie in Deckung.
Gernot
legt Springinsfeld die Hand auf die Schulter.
„Mein
Freund, ich bin sehr froh, dass du mich begleitet hast. Ich brauche
deine Hilfe!
Während
ich versuche mich so nah wie möglich an den Drachen
heranzuschleichen, musst du ihn ablenken. Bringe ihn aber dazu, dass
er in meine Richtung blickt, damit ich ihm den Sonnenstrahl direkt
ins Auge lenken kann.
Aber
hüte dich vor dem Feuer. Viel Glück!“
Sie
umarmen sich stumm und der Wichtel verschwindet im hohen Gras.
Der
Elfenkönig nimmt die Kristallkugel fest in die Hand und schleicht an
den Drachen heran, bis er fast seine Nase berührt.
Springsinsfeld
springt aus seinem Versteck, hüpft vor dem Drachen herum, wedelt mit
beiden Armen und brüllt.
„Fang
mich doch, du schwerfälliges, dummes Ungetüm.
Niemals
wirst du unser wunderschönes Reich zerstören!“
Grollend
wendet der Drache sein riesiges Haupt hin und her und eine große
Feuerwolke walzt in ihre Richtung.
Der
Wichtel und der Elf können sich gerade noch mit einem kühnen Sprung
hinter einem Felsen in Sicherheit bringen.
Dabei
verliert Gernot die Kristallkugel, die auf den Drachen zurollt.
Er
will ihr nach, da rauscht es über ihm, Frau Eule
stößt
im Sturzflug hinunter, packt den Kristall und wirft ihn Gernot zu.
„Jetzt!“
Der
Elfenkönig rennt los, die Kristallkugel über dem Kopf haltend.
Der
Drache wirft wütend und grollend den Kopf hin und her und reißt
sein riesiges Maul auf.
Gernot
glaubt sein letztes Stündlein hat geschlagen.
Da
schießt aus dem Kristall ein gleißender Strahl mitten in die Augen
des Ungetüms.
Ein
Zittern fährt durch den mächtigen Körper und er beginnt zu
schrumpfen, bis er nur noch die Größe einer Heuschrecke hat.
Das
Feuer aus seinem Maul kann nicht mal mehr einen Grashalm versengen
und die Rauchwolken aus seinen Nüstern sind nicht größer als der
Samen einer Pusteblume.
Gernot
und Springinsfeld fallen sich jubeln in die Arme.
Kalypso
nützt die Gelegenheit und rennt weg.
Mit
seinen kurzen Beinen kämpft er sich durch das hohe Gras.
Auf
einmal wird er hochgehoben, schwebt einen Moment in der Luft und
landet in Wurzels Schürze.
„So,
mein Kleiner, du könntest leicht zu schaden kommen. Ich bringe dich
zu deinem Freund.
Jetzt
hast du auch die passende Größe für das Haustier eines Kobolds.
Hätte
ich schon viel früher machen sollen, dann wäre uns der ganze Ärger
hier erspart geblieben.“
Die
Kräuterhexe eilt mit weit ausholenden Schritten zu der Stelle, an
der die beiden Freunde immer noch ihren Freudentanz aufführten.
„Während
ihr hier herum hüpft wie die Verrückten, hat sich dieser Geselle
aus dem Staub gemacht!“
poltert
Wurzel und öffnet ihre Schürze.
Der
Elf und der Wichtel werden ganz verlegen.
Gernot
reicht ihr mit einer Verbeugung die Kristallkugel.
„Vielen
Dank!“
„Ist
schon gut,“ knurrt diese, „ich habe nur geholfen, aber du hast
durch deinen Mut und deine Beherztheit das Zauberland vor einem
großen Unheil bewahrt.“
Sie
wirft einen grimmigen Blick auf den Wichtel.
„Der
Kleine hat sich auch wacker geschlagen!“
Springinsfeld
hält ihrem finsteren Blick stand und schaut ihr frei und offen
ins Gesicht.
„Wenigstens
ist er nicht so eine Memme, wie deine Blumenelfen,“ brummt sie und
senkt den Kopf, um die Kugel in ihrer Kräutertasche zu verstauen.
Oder
will sie ein Lächeln verstecken?
„So
nun werde ich meinem Patenkind sein neues
Haustier
bringen und ihm kräftig die Leviten lesen.“
Mit
einem kräftigen Stups drückt sie den Drachen, der neugierig aus der
Schürze lugt, zurück und stapft davon.
Gernot
und der Wichtel laufen nun schnell zum Schmetterlingsland.
Das
Tor ist verschlossen und dahinter türmen sich Steine zu einer Mauer
auf.
Sie
rütteln an dem Gitter und rufen, doch nichts rührt sich.
Der
Garten ist wie ausgestorben.
Frau
Eule fliegt heran.
Die
ganze Aufregung heute bringt sie wirklich um ihren Schlaf.
„Wurzel
hat sich schon gedacht, dass ihr Hilfe braucht.“
Eusebia
kichert.
„Sie
hat die herum schleichenden Kobolde aufgescheucht und treibt sie nun
wie eine Herde Schafe zurück ins Koboldreich. In der Haut von
Unwirsch
möchte ich jetzt nicht stecken.
Aber
nun kommt, ich bringe euch über die Mauer.“
Sie
nimmt die zwei Freunde auf ihren Rücken und
setzt
sie im Garten ab.
„Hier
könnt ihr alleine weiter und ich will nun endlich schlafen!“
Mit
rauschenden Flügel fliegt sie über die Mauer und verschwindet im
Wald.
Der
Elfenkönig und der Wichtel aber streifen durch den Garten.
Es
ist ruhig, kein Lebewesen ist zu sehen, kein Laut zu hören.
Selbst
das Schloss ist leer.
Ratlos
setzen sie sich auf die breiten Stufen vor dem Schloss.
„Wo
können sie nur sein? Sie müssen sich irgendwo versteckt haben?“
grübelt Gernot.
Springinsfeld
grinst.
„Lass
uns den Schutzwall vor dem Tor abbauen und möglichst viel Lärm
machen.
Wichtel
sind sehr neugierig.“
Sie
tragen nun Stein für Stein ab und lassen sie polternd neben dem Tor
zu Boden fallen.
Dabei
machen sie mehr Lärm, als nötig.
Als
sie ein Rascheln hinter sich hören, grinsen sie sich an, drehen sich
aber nicht um.
„Springsinsfeld!“
jubelt ein Wichtel.
Es
ist Spoki, sein Bruder, um seinen Hals hängen noch einige
Spinnweben.
Glücklich
umarmen sich die Brüder.
Schnell
wird erzählt, dann laufen sie zum Maulwurfshügel.
Weißbart
späht heraus, doch als er sieht, wer da angelaufen kommt, klettert
er flugs heraus.
Sie
entfernen die restlichen klebrigen Spinnweben,
dann
klettert Spoki zurück, um die Anderen zu holen.
Bald
kommen sie heraus.
Die
Ersten noch zögernd, doch dann geht es ganz schnell.
Aurelia
verlässt als Letzte das unterirdische Gebäude.
Sie
hat sich noch von Spitznase verabschiedet und sich bedankt.
Der
Maulwurf ist froh wieder seine Ruhe zu haben.
Gernot
strahlt , als er seine wunderschöne Braut erblickt und liebevoll
nimmt er sie in die Arme.
Aurelia
beginnt zu singen, so schön und jubilierend wie schon lange nicht
mehr.
Die
kleinen Wesen tanzen ausgelassen durch den Garten.
Die
Vögel im Wald beginnen erst leise dann immer lauter zu zwitschern.
Dazwischen
hört man das zornige „Ruhe!“ von Frau Eule.
Die
Sonne lacht voller Glück auf die kleine Schar herunter.
Schließlich
hat auch sie geholfen, das Zauberland zu retten.
Unwirsch
aber wurde vom großen Elfenkönig ernstlich verwarnt und Wurzel hat
ihm auch ganz schön die Leviten gelesen.
Die
Hochzeit von Aurelia und Gernot wird bald gefeiert und das ganze
Zauberland feiert mit.
Die
Kräuterhexe bekommt ein extra großes Glas Honigmet und
Springinsfeld behauptet, er hätte sie
sogar
Lächeln gesehen.
©
Lore Platz