Mit dem Ende der Geschichte wünsche ich euch ein schönes
Wochenende.
Er
springt in den Garten, schaut noch einmal bei Hannchen vorbei, doch
der Futternapf ist leer.
Gemächlich
schlendert er durch die Straßen.
Wäre
es nicht schön, wenn Namenlos und Anna sich begegnen könnten?
Unwillkürlich
lenkt er seine Schritte zu „Marions` Puppenstube“.
Am
Straßenrand steht eine große Kastanie und Ramon flitzt den Stamm
hinauf und legt sich auf einen Ast.
Er
döst ein wenig vor sich hin, als er Stimmen hört und den Namen
Anna.
Schnell
springt er auf und steckt den Kopf durch das Blättergewirr.
Auf
der Bank neben dem Schaufenster sitzt eine alte Frau und daneben ein
kleines Mädchen, das den Kopf gesenkt hat und mit den Beinen
baumelt.
Das
Mädchen hat genau so rote Haare wie seine kleine Freundin.
Die
alte Frau streicht liebevoll über den Kopf der Kleinen.
„Liebele,
immer wenn wir an dem Schaufenster vorbei gehen, wirst du traurig.
Ist es wegen der Puppe, die verkauft wurde?“
Anna
nickt und senkt tief den Kopf, damit Oma Jansen ihre Tränen nicht
sehen kann.
Ramon
aber lässt sich wieder auf den Ast sinken und legt eine Pfote über
die andere.
Das
war ja interessant. Das Mädchen sehnte sich genau so nach der Puppe,
wie diese nach ihr.
Es
müsste doch möglich sein, die Beiden zusammen zu führen.
Eine
Bewegung unter dem Baum lässt ihn aufspringen.
Die
alte Frau ist mit dem Mädchen an der Hand weiter gegangen.
Ramon
klettert den Stamm hinunter und folgt den Beiden.
Sie
biegen durch eine Toreinfahrt in einen Hof, in dem ein mehrstöckiges
Mietshaus steht.
Die
alte Frau kramt einen Schlüssel aus der Tasche, schließt auf und
die zwei gehen ins Haus.
Hier
wohnt also Anna.
Der
Kater erkundet den Hof.
In
einer Ecke stehen nebeneinander fünf Mülltonnen.
Alles
ist hier ordentlich und sauber.
Mehrere
Fahrradständer sind an der Hausmauer angebracht, in denen vereinzelt
Räder stehen.
In
der Mitte des Hofes steht eine schöne prächtige Linde und um den
Baum sind Veilchen angesiedelt.
Vögel
turnen auf den Zweigen und erfüllen die Luft mit ihrem fröhlichen
Gezwitscher.
Ramon
überlegt, wie er seiner Freundin Namenlos helfen könnte, damit sie
und Anna zusammen kommen.
Doch
da meldet sich sein Magen.
Erst
wollte er auf Nahrungssuche gehen, dann war immer noch Zeit einen
Plan zu entwerfen.
Schließlich
war er Ramon der König der Straßen und nichts war für ihn
unmöglich!
Am
nächsten Tag kam der Kater wieder durch das Fenster zu Namenlos ins
Zimmer.
Nach
einem Inspektionsgang sprang er zu seiner Freundin auf das Sofa.
„Ich
weiß, wo Anna wohnt,“ verkündet er und beginnt seine Pfote zu
putzen.
„Du
hast es heraus gefunden? Ramon du bist ein Schatz!“
„Natürlich,
meine Rede!“
„Aber
was nützt mir das? Ich kann ja doch hier nicht weg, meint Namenlos
traurig.
„Aber
sicher, ich habe dich hierher gebracht, ich kann dich auch wieder weg
bringen.“
„Ist
das denn auch richtig? Sie waren alle so nett zu mir, ich kann doch
nicht einfach verschwinden.“
„Sicher
kannst du das!“ ruft Bärbel von ihrem Regal herunter.
„Stell
dir vor, du bekommst endlich eine Puppenmutti und einen Namen.
Bleibst du hier, wirst du ewig Namenlos bleiben!
Wenn
man eine Chance erhält, sollte man sie nützen!“
„Ja,
geh nur, wir sind dir nicht böse!“ rufen die anderen Puppen.
Ramon
verneigt sich.
„Meine
Damen, ihr seid bewundernswert und ich bedanke mich, dass ihr meine
kleine Freundin so nett aufgenommen habt.“
Die
Puppen kichern und unter einem vielstimmigen
„Auf
Wiedersehen!“ verlässt Namenlos auf dem Rücken des Katers die
Stube.
Als
Inge wenig später ins Zimmer kommt ist sie vollkommen
überrascht,
als der Platz auf dem die rothaarige Puppe saß, leer ist.
Die
Puppe ist genauso geheimnisvoll verschwunden, wie sie gekommen ist.
Ramon
läuft auf Schleichwegen zur Taubengasse 17 und setzt Namenlos in der
Nähe der Mülltonnen ab.
„Aber
hier kann Anna mich ja gar nicht sehen?“ jammert diese.
„Und
auch kein anderer, oder möchtest du, dass ein Fremder dich
mitnimmt?“
Die
Puppe schüttelt heftig den Kopf.
„Lass
mich nur machen.“
Der
Kater beobachtet aufmerksam die Toreinfahrt.
Jetzt
betritt Oma Jansen mit Anna an der Hand den Hof.
„Ich
komme gleich wieder,“ murmelt Ramon und läuft los.
Mit
stolz erhobenem Schwanz stolziert er auf die Beiden zu und umkreist
sie laut schnurrend.
„Du
bist aber ein Hübscher, dich habe ich ja noch nie hier gesehen,“
gurrt die alte Frau.
Der
Kater schnurrt noch lauter und Anna bückt sich, um ihn zu
streicheln.
Ramon
fasst mit seinen kleinen Zähnchen die Finger des Mädchens und
beginnt daran zu ziehen.
„Was
willst du denn?“
Der
Kater lässt ihre Hand los, läuft einige Schritte in Richtung
Mülltonnen, bleibt stehen und dreht sich um.
„Ich
glaube, er will mir was zeigen?“
„Nun,
dann lauf los,“ lacht Oma Jansen, „ich werde hier warten.“
Anna
folgt dem Kater, der erst vor Namenlos stehen bleibt.
Das
Mädchen stoppt ihren Lauf und starrt auf die Puppe.
Das
war doch die Puppe aus dem Schaufenster?
Sicher
ihr Kleid sah anders aus und auch ihre Nase schien ein wenig
verändert.
Aber
ihr Herz sagte ihr, das war „ihr Puppenkind!“
Sie
hebt die Puppe auf und drückt sie fest an ihr Herz, dann läuft sie
damit zu der alten Frau.
„Oma
Jansen, Oma Jansen, sieh nur, da hinten saß meine Puppe aus dem
Schaufenster!“
„Wie,
was, wo hast du sie gefunden?“ stottert die alte Frau.
Anna
zeigt nach hinten.
„Dort
bei den Mülltonnen, darf ich sie behalten?“
„Ich
denke schon,“ meint Frau Jansen zögernd.
Im
ganzen Block gab es außer Anna kein Kind.
Trotzdem
blieb es rätselhaft, wie ausgerechnet diese Puppe hier her kam.
Doch
als sie in die bangen Augen des kleinen Mädchens sieht, nickt sie.
Anna
jubelt und drückt ihr Puppe ganz fest.
„Ich
werde sie Jennifer nennen!“
Jennifer
strahlt mit ihrer Mutti um die Wette.
Endlich
hatte sie einen Namen und was für einen schönen!
Das
findet auch Oma Jansen.
„Jennifer,
das klingt hübsch. Doch nun komm Kind, wir wollen hinein gehen.“
Sie
setzen sich in Bewegung, doch dann bleibt die alte Frau stehen und
wendet sich zu dem Kater um.
„Irgendwie
werde ich den Gedanken nicht los, dass du hinter der ganzen Sache
steckst. Hast du keine Lust deine kleine Freundin zu begleiten?“
Ramon
sitzt da, den Schwanz um die Vorderpfoten gelegt, als würde ihn die
ganze Sache nichts angehen.
Jennifer
lugt über Annas Schulter.
„Komm
doch mit, Ramon, endlich ein Zuhause, keinen Hunger mehr, keine
Straßenkämpfe. Hast du nicht gesagt, dass es von Jahr zu Jahr
schwerer wird? Denk an die Worte von Bärbel:
„Wenn
man eine Chance bekommt, soll man sie nützen“
Und
dies ist deine Chance auf ein besseres Leben. Komm doch mit!“
Ramon
bewegt sich nicht.
Sein
Blick wandert unschlüssig zwischen der Straße, dem Weg in die
Freiheit und den langsam sich entfernenden Menschen hin und her.
Dann
geht ein Ruck durch seinen Körper und er saust los, flitzt gerade
noch ins Haus, bevor die schwere Eisentür zuschlägt.
Mit
langen Sprüngen rast er die Treppe hinauf und schlängelt durch die
Menschenbeine in die Wohnung.
Er
bleibt stehen und lässt seinen Blick schweifen.
Eine
rotweiße hübsche Katze kommt in den Flur gelaufen, um ihr Frauchen
zu begrüßen und bleibt abrupt stehen, als sie den Kater erblickt.
Ramon
wirft sich in Pose und schreitet in kleinen eleganten Schritten auf
die Katze zu.
Mit
seiner dunkelsten Stimme schnurrt er.
„Halloooo,
meine Hübsche, ich bin Ramon der König der Straßen und wie heißt
du bezauberndes Geschöpf?“
„Ich
heiße Minou,“ meint die Katze schüchtern, „bleibst du bei uns?“
„Mal
sehen, wie ist es denn hier so?“
„Wunderschön,
mein Frauchen ist eine ganz Liebe.“
„Hm
und wie ist das Essen?“
„Herrlich
und abwechslungsreich und im Bad steht eine Kiste für ...“ Sie
wird etwas verlegen, … du weißt schon was,“ murmelt sie
verschämt.
Ramon,
der inzwischen mit Minou ins Wohnzimmer gewandert ist, sieht sich um.
„Das
heißt, ich darf hier meine Spur nicht setzen?“
„Oh,
nein! Da wird Frauchen sehr böse!“ ruft Minou entsetzt.
„Nun,
du wirst mir sicher erklären was hier so üblich ist.
Aber
es gibt keine Luft und keinen Sonnenschein!“
„Oh,
doch wir haben einen sehr schönen Balkon! Komm ich zeig ihn dir.“
Der
Kater folgt Minou hinaus auf den Balkon und bald liegen sie dicht
aneinander geschmiegt in der Sonne und Ramon erzählt von seinem
Vagabundenleben und die Katze, die noch nie die Wohnung verlassen
hatte, lauscht entzückt seinen Abenteuern, die der Schlingel
natürlich noch ausschmückt.
Oma
Jansen blickt lächelnd hinaus auf den Balkon.
„Sie
scheinen sich gut zu verstehen.“
Anna,
die mit Jennifer auf dem Schoß auf dem Sofa sitzt, fragt:
„Meinst
du, der Kater wird hier bleiben?“
„Ich
weiß nicht. Er ist ein Streuner, aber wenn er will, dann kann er
gerne hier bleiben.“
„Das
wäre schön,“ seufzt Anna und drückt ihre Jennifer liebevoll an
ihr Herz und diese schmiegt sich an ihre Puppenmutter und ist
glücklich.
Nun
hat sie einen schönen Namen, war bei ihrer geliebten Anna und ihr
bester Freund hatte ein Zuhause gefunden.
Schöner
konnte es gar nicht werden.
©
Lore Platz
Stimmt, ein gutes Ende, alle haben ihr Glück gefunden
AntwortenLöschenJa, so schön kann ein Katzen Leben sein! 🙋❗❤️😹😺
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