Mittwoch, 31. Juli 2024

Das Findelkind Teil 2 und 3






Siebzig Kilometer entfernt in einer billigen Absteige sitzt ein Mann am Küchentisch und studiert mit gerunzelter Stirn die Zeitung.
Er wirft einen finsteren Blick auf die junge Frau, die mit dem Rücken zu ihm an der Spüle steht.
Was hast du eigentlich mit dem Balg gemacht.“
Unmerklich spannt die junge Frau die Schultern an, dann meint sie lachend.
Es hat auf einmal zu atmen aufgehört und ich habe es im See entsorgt. Warum fragst du?“
Weil hier ein Findelkind gefunden wurde.“
Sie kommt näher und beugt sich über die Zeitung.
Das ist niemals unsere Kleine. Sieh doch die billige Kleidung und da...,“ sie deutet auf eine Zeile, „sie schreiben das Kind hat ein Muttermal auf der rechten Pobacke in Form eines Sterns“
Sie selbst hat das abwaschbare Tattoo angebracht, doch bis das heraus kam, wären sie schon weit weg.
Immer noch misstrauisch knüllt er die Zeitung zusammen.
Trotzdem ist es besser wir verschwinden, pack unsere Sachen zusammen.“

Wenig später sind sie auf der Autobahn und wie immer fährt er viel zu schnell und es gibt deswegen einen Streit zwischen ihnen.
So übersieht er, dass sein Vordermann plötzlich bremsen muss und rast auf das Auto drauf.
Der Wagen überschlägt sich und schlittert über die Fahrbahn, prallt gegen die Leitplanke, kommt wieder auf die Räder und der Kofferraum springt auf.
Eine bunte Reisetasche fliegt in hohem Bogen heraus und landet mitten auf der Fahrbahn.
Durch den Aufprall öffnet sich die Tasche und eine Unmenge von Geldscheinen ergießt sich auf die Autobahn.
Wie es später hieß, bei dem tödlich verunglücktem jungen Paar handelt es sich um die Entführer der kleinen Baroness Evangelina di Graziano.
Von dem Baby fehlt jede Spur, wahrscheinlich hatten sie es umgebracht und irgendwo verscharrt.
Die Baronin di Graziano erlitt einen Nervenzusammenbruch und wurde von ihrem Mann in ein Schweizer Sanatorium gebracht.


Die Elfen schwirren um den Stamm der Buche und beginnen Ästchen und Moos auf den Boden zu werfen.
Was macht ihr da?“
Eine Frau in weißem schlichtem Kleid mit weißen silbrig glänzenden Haaren, die weit über ihre Hüfte fallen erscheint neben dem Baum.
Die Frau ist doch tot und kann die wahre Herkunft des kleinen Mädchen nicht mehr offenbaren, deshalb wollen wir, dass die blaue Kiste gefunden wird,“ erklären die Elfen.
Moira, die Schicksalsfrau schüttelt lächelnd den Kopf.
Ihr meint es gut, doch die Zeit ist noch nicht reif. Ihr dürft das Schicksal nicht ändern, indem ihr eingreift.“
Sie hebt die Hand und Moos und Aststückchen schweben zurück in die Lücke im Baum.
Dann streicht Moira über den Stamm und murmelt:
Hüte dein Geheimnis, bis die Zeit reif ist.“
Zu den Elfen gewandt, die mit enttäuschten Gesichter auf dem untersten Ast der Buche sitzen sagt sie ernst.
Bleibt immer in der Nähe des kleinen Mädchens, passt auf sie auf und behütet sie. Eines Tages wird sie eure Hilfe brauchen.“
 
Sieben Jahre sind inzwischen vergangen.
Mariella hat sich zu einem hübschen klugen Mädchen entwickelt, das von ihrer Pflegemutter sehr viel Liebe bekam.
Der Bauer ein hochfahrender Klotz, begegnet dem Mädchen nur mit Unfreundlichkeit.
Wollte er doch seinen unehelichen Sohn als Erben für den Hof und nun sah es so als würde die Bäuerin ihre Pflegetochter als Erbin einsetzen.
Mariella aber ging dem mürrischen Mann aus dem Weg.
Sie liebte ihre Mutter innig und auch an Beatrice, die wie eine zweite Mutter für sie war, hing sie sehr.
Und Arianne, die Tochter von Beatrice war ihr wie eine Schwester.
Eben wieder laufen die beiden kichernd über den Hof und versuchen eines der kleinen Kätzchen einzufangen.
Signoria Elena liegt auf einem Liegestuhl, eine Decke über den Knien und beobachtet lächelnd das fröhliche Herumtollen der Kinder.
Ein heftiger Husten schüttelt sie.
Seit einer schweren Lungenentzündung im Winter hat sie sich nicht mehr richtig erholt.
Mariella kommt zu ihr, das kleine Kätzchen auf dem Arm.
Sie nur Mama, Pietrona hat Junge bekommen.“
Sie setzte das maunzende kleine Bündel auf der Decke ab.
Das Kätzchen beginnt sofort mit den
Vorderpfötchen zu treten, wobei es das Mäulchen mit den kleinen Milchzähnchen weit aufreißt und miaut.
Die Bäuerin streichelt es und zufrieden rollt sich das kleine Geschöpf zusammen und fängt zu schnurren an.
Signoria Elena sieht liebevoll ihre kleine Pflegetochter an.
Mariella habe ich dir eigentlich schon gesagt wie lieb ich dich habe?“
Ach Mutter so oft! Und ich habe dich doch auch ganz schrecklich doll lieb!“
Sie umarmt ihre Mutter und läuft zurück zu ihrer Freundin Ariane.
Lächelnd sieht die Bäuerin ihr nach, doch dann wird ihr Blick düster.
Sie fühlt, dass ihre Zeit auf Erden bald abgelaufen ist und was wird dann aus dem Mädchen?
Sie weiß, dass ihr Mann nur darauf wartet den Hof zu erben und dass dann seine Geliebte mit ihrem gemeinsamen Sohn hier einziehen wird.
Zwar hat sie ein handschriftliches Testament gemacht, in dem sie Mariella den Hof vermacht hat und Anna und Beatrice als Zeugen unterschreiben lassen.
Somit wäre das Testament rechtsgültig.
Aber was ist, wenn ihr Mann es findet und verschwinden lässt?
Sie muss unbedingt einen Notar kommen lassen.
Doch dazu kommt es nicht mehr.
In der Nacht stirbt sie.
Mariella ist untröstlich, schluchzend wirft sie sich über ihre tote Mutter bis Beatrice sie weg holt.
Alle trauern um die Signoria, war sie doch eine gute Herrin gewesen und bei allen beliebt.
  
Nur der Bauer kann seinen Triumph kaum verbergen.
 
 
 
 
Fortsetzung folgt


6 Kommentare:

  1. Mensch, Lore, das ist eine wahrlich tolle Geschichte. Man ist schon ganz gespannt, wie es weiter geht! LG Martina

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  2. Liebe Lore
    Wie so oft eine wunderbare traurige und spannende Geschichte
    Lieben gruß Joachim

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  3. Liebe Lore,
    wenn ich auch in letzter Zeit nicht immer kommentiert habe,
    so lese ich deine Geschichten mit großem Interesse und
    freue mich immer auf die Fortsetzungen.
    Einen guten Start ins Wochenende wünscht dir
    Irmi

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  4. Da enthüllt sich sogar ein Kriminalfall mit vielen Schicksalen. Spannend!!!
    Liebe Grüße
    Monika

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  5. Also war die Frau, die das Baby abgelegt hat, nicht die Mutter des Kindes. Das war ja das ganz Schlimme am Anfang der Geschichte.
    Liebe Grüße von Monika

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    1. habe jetzt auch heraus gefunden wie man hier antworte kann, das ist das schöne, wenn man endlich mehr Zeit für sich selber hat Liebe Grüße. Lore

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